ADHS Flashcards
Störungen - Definition
Eine psychische Störung im Kindes- und Jugendalter ist dadurch charakterisiert, dass sie das betroffene Kind bzw. den Jugendlichen darin beeinträchtigt, seine alterstypischen Entwicklungsaufgaben erfolgreich zu bewältigen.
Störungen – Häufigkeiten
Große Varianz, erklärbar z.B. durch
- Quelle – Selbst, Fremd
- WHO/ICD/CBCL/etc.
- Nebenprodukt, eigene Frage, eine oder mehrere Störungen
- Geschlechtseffekte u.ä.
Klassifikationssysteme
- ICD-10 / 11
- DSM-5
ICD-10 bzw 11
International Classification of Diseases der WHO (= World Health Organisation)
- Fassung:
- Frühsommer 2018 vorgestellt:
- gaming disorder aufgenommen
- PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung) weniger ausdifferenziert
- Störungen der Geschlechtsidentität nicht mehr als mentale Störung
- „Hyperkinetische Störung“ durch ADHS ersetzt
DSM-5
- Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
- der APA (American Psychiatric Association)
- Fassung
Störungsbild von ADHS (DSM-5; ICD-11)
- 3 Kardinalsymptome:
- Aufmerksamkeit: Ablenkbarkeit, Unorganisiertheit, insb. wenn fremdbestimmt
- Hyperaktivität: Mangelnde Anpassung der motorischen Aktivität an situative Anforderungen
- Impulsivität: Unbedachtes Handeln, Unfähigkeit abzuwarten, erstem Handlungsimpuls folgen
ADHS - Unaufmerksamkeit
- Beachtet häufig Einzelheiten nicht
- Flüchtigkeitsfehler
- scheint häufig nicht zuzuhören
- kann Arbeiten/Pflichten nicht zu Ende bringen
- Schwierigkeiten, zu organisieren
- vergeßlich
ADHS - Hyperaktivität
- Zappelt/rutscht auf Stuhl herum
- steht häufig in Klasse oder in Situationen auf, in denen Sitzenbleiben erwartet wird
- Schwierigkeit, ruhig zu spielen
ADHS - Impulsivität
- Platzt häufig mit Antworten heraus, bevor Frage zu Ende gestellt
- kann nur schwer warten, bis an Reihe
- Unterbricht und stört andere häufig
Störungsbild von ADHS (DSM-5; ICD-10/11)
2 Dimensionen:
- Aufmerksamkeit
- Motorische Aktivität / Impulsivität
-> Beeinträchtigung in Alltags-Anforderungen, die Aufmerksamkeit und Impulskontrolle benötigen
ADHS - für Schulkontext relevante Aspekte
- durchschnittlich festgestellter IQ bis zu 15 Punkte reduziert
- > Method. Problem: bitte als Lehrkraft bei Dissens mit Eltern beachten!
- Gefahrenblind -> wichtig für Ausflüge…
ADHS - Diagnose
- Vor 7. Lebensjahr/seit DSM-5 [2013] vor 12. Lebensjahr
- Mind. 6 Monate
- Mind. 2 Lebensbereiche
- 6 Symptome, ab 17 J 5 Symptome
- Folgeprobleme wie Schulleistungsprobleme
- Auffällig bzgl. sonstigem Entwicklungsstand
ADHS - Vorsicht
- both: over- and under-diagnosed (bzgl. overdiagnosed, insb. bei Jungs)
- 4 Vignetten: DSM-IV; nur Schule; nur 3 der 6 Symptome, Symptome der GAD (Unruhe, Nervosität)
- > um die 20% dennoch ADHS und Medikamente
- > Umgekehrt in ADHS Bedingung nur 79% ADHS diagnostiziert
Was, wenn nicht „ADHS“?
-> Z.B.
- Persönlichkeitsmerkmal / Altersgemäß
- Konflikte/innere Anspannung
- Schulische Überforderung/Intelligenzminderung
- (Andere) Neurologische Störungen
- Nebenwirkung von Medikamenten
- Oppositionelle, Affektive/Angst-Störungen
- Konzeptuell unklar: ADHD-like symptoms als Folge von pathogener Betreuung -> Phänokopie: Early pathogenic care: Überaktivität des Stress Systems (zu viel Cortisol) bewirkt Dysfunktion der Gehirnareale wie präfrontaler Cortex und Hippocampus, die auch bei ADHS zentrale Rolle spielen
- Kindesmissbrauch
- Abgrenzung zu RAD (reactive attachment disorder) durch „indiscriminate cuddling“
Komorbide Störungen bzw. Folgestörungen
- Oppositionelle Verhaltensstörungen und aggressive oder dissoziale Störungen des Sozialverhaltens (bis zu 90%)
- Lernstörungen und Schulleistungsdefizite (80% 2 Noten unter Durchschnitt)
- Beziehungsprobleme
- Selbstwertproblematik
- Depressive Störungen (15-20%)
- Angststörungen (25-40%)
- Ess-Störungen
- Tic-Störungen
- Substanzmissbrauch
- Persönlichkeitsstörungen
ADHS - Verlauf
(1) dev. delay – graduelle Verbesserung (30%) (Allerdings bei „outgrow“ mögl.weise nur nicht mehr altersgemäße Items, s.u. Verlauf)
(2) Ongoing impairment in adulthood (40%)
(3) Developmental decay – other serious psychopathology (30%)
-> rel. stabil, aber anderes Störungsbild:
Kleinkindalter: Regulationsstörungen (Schlaf, Essen, Stimmung): u.a. exzessives Weinen, Ein- und Durchschlafstörungen; Fütterstörungen
Kindergarten und Grundschulalter: zuerst ADHS, dann auch oppos.
Jugendalter: motorische Unruhe reduziert sich, Unaufmerksamkeit und Impulsivität weniger
Erwachsene: großer Anteil (s.o.) Restsymptomatik.
ADHS - Prävalenz
- Große Varianz – u.a. abhängig von Erfassungskriterien (ICD vs. DSM)
- Worldwide prevalence: 5.2% laut Metaanalyse von Polanczyk & Rohde von 102 Studien mit 172.000 Kindern, die NICHT überwiesen wurden
- Methodische Unterschiede: US - 6.2% [7.8% lt CDC]- meist DSM vs. Europa - 4.6% - meist ICD – verlangt alle 3 Dimensionen!
- Regionale Unterschiede: • Afrika (8.5%) • Südamerika (11.8%) • Japan und Finnland niedrigste • Jamaica und Thailand höchste Raten.
ADHS - Zunahme?
- Diagnose? Nein, wenn unselegierte Stichproben!
- Medikation? Ja
- How educational policy determines diagnosis and treatment -> Zshang mit No child left behind
ADHS - Genetische Anteile:
- Eltern zu 50-60% ebenfalls betroffen
- Molekulargenetische Studien -> Störungen des NeurotransmitterStoffwechsels
- Adoptionsstudien/Zwillings-Studien
- > „heritability is well established“
- > „Parenting doesn‘t cause ADHD, genes do“
ADHS - Interaktionen!
- Interaktion mit elterlichem Engagement
- Gen das Wunsch nach Videokonsum steigert
- > Ultimativ korreliert aber der Videokonsum!
ADHS - Ursach- vs. verlaufsbeeinflussende Faktoren neben Genen
Schädigungen des Zentralnervensystems:
- Schwangerschafts-/Geburtskomplikationen; Frühgeburt
- geringes Geburtsgewicht
- Alkohol und Nikotin in Schwangerschaft, mütterlicher BMI
Psychosozial:
- Vorhandensein beider Eltern vs. alleinerziehend!
- Häufung bei geringem sozioökonomischem Status und ungünstigen familiären Bedingungen -> Hinweise auf Überforderung/ Stress der Bezugspersonen
Nahrungsmittelallergien/Zucker
ADHS - Bedeutung psychosozialer Faktoren
- gelten nicht als ursächlich, sondern verlaufsbeeinflussend, und Bedeutung ist größer für komorbide oppositionelle Verhaltensstörung
- eventuell vermittelt über aus Stress resultierendem ungünstigerem Erziehungsverhalten, wobei Interaktionen nach Medikation positiver werden
- Kontrollierbare Attributionen für Symptome -> destruktiver Kreislauf
ADHS - Behandeln?
- Unbehandelt größeres Risiko für Drogenmissbrauch im Erwachsenenalter (vermittelt über deviante Peergroups nach Ausschluss aus anderen)
- Alkoholrisiko bei 17j mit ADHS nur in Kombination mit wenig effektivem elterlichen Monitoring
ADHS - Interventionen: Zu Medikation
-> APA: VT als „first-line-treatment“
ABER: Vorsicht: wenn VT nicht stringent/nicht vorhanden, dann später Risiko für „Selbstmedikation“
ADHS - Interventionen: Praktische Ratschläge
- Routinen
- Einfache Sprache
- Ruhiges Verhalten als Modell
- Gesunder Lebensstil mit Ernährung und Bewegung
-> Verlauf kann beeinflusst/Komorbide Störungen reduziert/verhindert werden
ADHS - Interventionen: Multimodale Ansätze mit Kind
- Medikation
- Verhaltenstherapie
- Kognitiv: u.a. Selbstinstruktion und Selbstregulation –> weniger wirksam als VT
- Spieltherapie (s. Rogers)
- Aufmerksamkeitstrainings,
- Soziale Kompetenztraining
- ADHS-Camps
Interventionen: Multimodale Ansätze mit Eltern/Familie sowie Lehrkräften
- Monitoring
- Elterntraining notwendig
- Prinzipien der VT und humanistische Ansätze (Einstellung ändern!)
- Pädagogische Verhaltensmodifikation
- Elternbetreuung bei Hausaufgaben
- Unterstützung bei Folgeproblemen/komorbide soziale Schwierigkeiten
Interventionen: Multimodale Ansätze - Strukturierung der Umwelt
- Rhythmus
- Sitzordnung
- Tisch-/Raum-gestaltung
- Ablenkungsobjekte
ADHS - Fazit
Zwar genetische Komponente, zwar chronische Störung, aber
- muss nicht (nur) genetisch sein
- doch deutlich modifizierbar und Folgeprobleme können verhindert werden
- Interventionen sollten sich in erster Linie an Eltern und Lehrkräfte richten
- Eltern und Lehrkräfte sollten eigentlich die Verhaltenstrainings mit Kindern machen
- > aber direkt an Kinder addressierte Verhaltenstrainings durch externe Profis haben auch Effekte
Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und Störung des Sozialverhaltens - DSM-IV
Muster wiederkehrender negativistischer, trotziger, ungehorsamer und feindseliger Verhaltensweisen:
- Negative Emotion
- Widersetzen sich aktiv Anweisungen
- Schuld auf andere schieben
- Boshaft, nachtragend
- Mind. 6 Mon.
- häufiger als bei peers
- Beeinträchtigungen
- immer im häuslichen Bereich, ev. zusätzlich draußen
- häufig komorbid zu ADHS
- Vor 8. Lebensjahr
Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und Störung des Sozialverhaltens - Familienfaktoren
- Alter der Mutter
- Adoption
- Pränantale Drogen-Exposition
- Verschiedene Pflegefamilien
- Sexueller Missbrauch; häusliche Gewalt
- Elterliche Psychopathologie
- Eheliche (Un-) Zufriedenheit
- Erziehungsstil
Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und Störung des Sozialverhaltens - Coercion model von Patterson
- inconsistent discipline
- irritable, explosive disc./harsh, angry
- Rigid discipline
- Low supervision & involvement
Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und Störung des Sozialverhaltens - Interventionen
-> Arbeit mit Kindern allein reicht nicht
- > Komponenten können aber sein:
- kognitive Umstrukturierung, insbesondere„hostile attribution bias“
- Trainings in Emotionswahrnehmung und –ausdruck
- Trainings in Bewältigungsstrategien
-> Elterntraining; je früher, desto besser; Komponenten s.o. plus positive Familienaktivitäten
Überlegungen zu allgemein „oppositionellem Verhalten“ aus Reaktanztheorie von Brehm
- > auch für „normale“ SchülerInnen zentral
- Bedeutung von „relativer“ und implizierter Bedrohung
- Bedeutung von Legitimität der Einschränkung
- > Sprache/Formulierung von Zielen
Komorbid Lernstörungen
- Rechenstörung (Dyskalkulie) im ICD-10
- Umschriebene Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten (…).
- Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten, wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten …
Komorbid Lernstörungen
- Lese-Rechtsschreibstörung
-> unter anderem phonologische Bewußtheit
Komorbid Lernstörungen - Interventionen
- Kulturell: Würfelspiele, Dri-Chinisi …
- Programme
- Externe Therapien
- Gemeinsam: erst mal bei Vorläuferfertigkeiten ansetzen
- Absolute Verbesserung möglich (meist aber nicht relative Verbesserung)