9. Diagnostisches Interview Flashcards

1
Q

Wann brauchen wir diagnostische Interviews?

A

Bsp.:
Anamnese: Erkundung des Falls (z. B. Krankengeschichte)
Exploration: Erkundung des subjektiven Lebensraums und Besonderheiten Auswahlgespräch: Diagnostik der Eignung/Passung von Bewerber*innen Klinisches Interview: Diagnostik der psychischen Störung

Diagnostisches Interview ist der Überbegriff für Methoden zur Erhebung von diagnostisch relevanten Informationen mittels Gespräch. Mit Begriffen wie Anamnese, Exploration, Einstellungsgespräch oder Auswahlgespräch kann der Verwendungszweck oder die Zielsetzung eines diagnostischen Interviews näher bestimmt werden. Diagnostische Interviews unterscheiden sich durch den Grad ihrer Standardisierung.

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2
Q

Unstrukturierte Interviews (meist un-/ teilstandardisiert)

A
  • Keine festgelegte Struktur/ Reihenfolge
  • Oft globale, subjektive Bewertung durch Interviewer*in
     z.B. im Rahmen der Eignungsdiagnostik (nach Rastetter, 1999, S.19):
  • Interviewer*innen haben allgemeine Informationen über den Anlass des Interviews (z.B.
    Anforderungen des Arbeitsplatzes)
  • Interviewerinnen sind nicht geschult und haben oft Vorinformationen über die Bewerberinnen
  • Interviewerinnen beurteilen schon während des Gesprächs die interviewten Personen
    hinsichtlich der relevant erscheinenden Merkmale (z.B. Eignung für Arbeitsplatz)
    z.B. im klinischen Bereich z.B. unstrukturierte, explorative Erstgespräche durch Psycholog
    innen,
    mit „klinischer Urteilsbildung“
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3
Q

Unstrukturierte Interviews (meist un-/ teilstandardisiert)

Vorteile

A
  • Unverzichtbar, wenn keine speziellen und
    abgesicherten Testverfahren für eine psychologische Fragestellung existieren
  • Ermöglicht Herausarbeitung einer Fragestellung im Erstinterview (individuell angepasster Gesprächsverlauf)
  • Möglichkeit zum direkten persönlichen Austausch
  • Hohe Akzeptanz bei Interviewten
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4
Q

Unstrukturierte Interviews (meist un-/ teilstandardisiert)

Nachteile

A
  • Problematische Objektivität (geringere
    Interraterreliabilität als bei strukturierten Interviews)
  • Eigendynamik des Gesprächsverlaufs, schlechte Vergleichbarkeit zwischen Interviews (z. B. bei der Bewerber*innenauswahl)
  • Starker Einfluss des/der Interviewers/ Interviewerin auf geäußerte Inhalte, ihre Interpretation und Bewertung
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5
Q

Strukturierte Interviews

A
  • Vorgabe von Form (nicht Wortlaut!), Inhalt und Zeitpunkt der Fragen Fragegerüst vorgegeben
  • Evtl. auch detaillierte Vorgabe der Antwortalternativen
  • Schriftlich vorgegeben: ähnelt Fragebogen
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6
Q

Strukturierte Interviews
- Vorteile

A
  • hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse
  • weitgehende Unabhängigkeit von Interviewer*in
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7
Q

Strukturierte Interviews

Nachteile

A
  • Geringe Flexibilität
  • Bewerberinnen bzw. Patientinnen fühlen sich evtl. nicht ernst genommen - Interviewleitfaden erstellen bedeutet hohen Aufwand
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8
Q

Teilstrukturierte Interviews

A
  • Anzusprechende Themen werden festgelegt
  • Genaue Reihenfolge der Fragen innerhalb der Themenblöcke wird dem/ der
    Interviewer*in überlassen
  • Versuch, die Nachteile von strukturierten und unstrukturierten Interviews zu
    vermeiden und ihre Vorteile zu kombinieren
    Beispiel
    Erstgespräch mit Patient*innen ist meist teilstrukturiert
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9
Q

Probleme bei der Durchführung eines Interviews

A

Interviewter erweist sich insgesamt als wenig gesprächig → Wie kann zum Reden motiviert werden?
Interviewte
r ist zwar meist auskunftsbereit, scheint aber bei einem Thema abzublocken; gibt vor, sich nicht mehr richtig erinnern zu können und liefert vage Antworten → Was kann unternommen werden, um das Eis zu brechen?
Interviewerin muss ein sehr heikles Thema angehen → Wie kann das Thema am besten angesprochen werden?
Interviewte
r schweift immer wieder vom Thema ab → Wie kann jemand sanft und doch wirkungsvoll dazu gebracht werden, die Fragen ohne Umschweife zu beantworten?
Lösung: Anwendung von Gesprächs- und Fragetechniken!

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10
Q

Grundelemente der Zuwendung

A
  • eine offene Haltung einnehmen
  • Zum/zurKlient*inneigenunterstreichtAufmerksamkeit
  • Augenkontakt halten und einen zugewandten freundlichen Blickzeigt Interesse - weitgehend entspannt bleibenvertrauensfördernd, gibt Sicherheit
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11
Q

Aktives Zuhören

A
  • Sich auf die Person gegenüber einlassen, konzentrierendurch offene Körperhaltung ausdrücken
  • Empathie ausüben, sich in die Situation des/ der Sprecher*in versetzen
  • Geduld haben und den/ die Interviewte*n ausreden lassen
  • Pausen aushalten (Zeichen für Angst, Ratlosigkeit, Unklarheiten?)
  • Bestätigende kurze Äußerungen (nicken, „mhm“, „ja“, Blickkontakt)
  • Nachfragen bei Unklarheiten
  • Mit der eigenen Meinung zurückhaltend sein: Zuhören heißt nicht gut heißen
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12
Q

Aktives Zuhören – Zusätzlich:

A
  • Paraphrasieren
  • Interviewer*in greift Äußerungen des/der Interviewten auf - Verwendung eigener Worte
  • Zusammenfassen
  • am Ende eines Themenblocks
  • Signal, dass Interviewerin Interviewten verstanden hat
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13
Q

Unbedingte Wertschätzung

A
  • Positives Klima: Respekt und Aufmerksamkeit
  • Über Ziele, Fragestellung und Ablauf des Gesprächs informieren
  • Notwendigkeit von heiklen Fragen begründen und nicht um das Thema herumreden - Überleitungen von einem Thema zum anderen
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14
Q

Fragekategorien

A
  • Offene vs. geschlossene Fragen
  • Alternativfragen
  • Mehrfach- oder Kettenfragen
  • Geschlossene W-Fragen (wo, wer, wann, wie häufig…)
  • Paraphrasierung; Reflexion
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15
Q

Frageformen

A

(unterscheiden sich durch das Frageziel) - Initialfrage
- Rhetorische Frage
- Meinungsfrage
- Motivfrage
- Gegenfrage
- Referenzfrage
- Skalierende Frage - Suggestivfrage - Wunderfrage

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16
Q

Erkennen von Widerstand

A

Verbalisierter Widerstand („Darüber will ich nicht reden!“) Indirekter Widerstand
‒ Verspätetes Erscheinen zum Interview
‒ Nonverbale Anzeichen dafür, dass das Thema unangenehm ist
‒ Gähnen
‒ Erröten
‒ Auf die Uhr schauen ‒ Blickkontakt meiden ‒ Schweigen
‒ „Sich nicht erinnern können“
‒ Thema wechseln, ablenkende Bemerkungen machen ‒ Unpräzise Angaben, Auslassungen

17
Q

Umgang mit Widerstand

A

Verständnis zeigen! Abwarten und Verschieben des
Themas
Fragen umformulieren
Gefühle der Klienten ansprechen mit indirekter Widerstandsmethode konfrontieren

18
Q

Interventionsmöglichkeiten beim Abschweifen vom Thema

A

Auf die Ausgangsfrage zurückkommen
Äußerungen des Probanden nutzen für Überleitung auf die eigentliche Frage Vermehrt geschlossene Fragen stellen
Paraphrasieren, dabei das Wichtige aufgreifen
Nonverbale Signale geben, dass die Äußerungen nicht wichtig sind
‒ Mit dem Anfertigen von Notizen aufhören
‒ Aktive Verstärker (Nicken, „hm“ etc.) aussetzen Nonverbale Verstärker bei angemessenen Antworten Unterbrechen, wenn gar nichts geht

19
Q

Interviewfehler

A
  • zu global, zu abstrakt statt einfache und präzise Fragen
  • zu viel auf einmal gefragt
  • Unterbrechung von Gedankengängen
  • Angst, den Gesprächsfluss zu unterbrechen: Gesprächsführung wird durch eloquente
    Klienten übernommen
  • Unkritische Übernahme von Problemerklärungen des Klienten
  • Zu straffe Führung anhand von FrageschemataPassivität des Klienten
  • Suggestivfragen/Vorgaben ohne Wahlmöglichkeit
20
Q

Klinisches Interview

A

Durchführung:
meist strukturiert (Leitfaden) aber nicht voll standardisiert gemäß Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) und International Classification of Diseases (ICD)
 Klassifikationssysteme zur Diagnostik (psychischer) Störungen der American Psychiatric Association (DSM) oder der World Health Organization (ICD)
Auswertung: voll standardisiert (klare Auswertungsvorschrift)
Interpretation: Abgleich mit DSM oder ICD, Absicherung durch störungsspezifische Tests

21
Q

(Halb-)standardisierte und strukturierte Durchführung durch Strukturierte Klinische Interviews (SCID oder DIPS):

A

Fragenformulierungen sind teilweise oder vollständig vorgegeben
Kategorien zur Bewertung der Antwort vorgegeben (z.B. Verlust von Interesse an
„allen“ oder „fast allen“ Aktivitäten an „jedem“ oder „fast jedem“ Tag) Strukturierung durch Gruppierung der Fragen nach Störungen
Beginnt meist mit einem Screening
Verzweigungsregeln bestimmen, mit welchen Fragen in Abhängigkeit von Antworten
zu einem Fragenkomplex weitergemacht wird

22
Q

Interviews in der Eignungsdiagnostik

A

Strukturierte Durchführung durch „Multimodales Einstellungsinterview“ (Schuler, 1992) Struktur vorgegeben
Fragenformulierungen sind teilweise vorgegeben
Aufbau: 8 Blöcke, Herzstücke sind biografiebezogene Fragen und Fragen in Bezug auf stellenbezogene situative Anforderungen und Erfahrungen im Umgang mit diesen
Konkrete Fragenentwicklung durch Anforderungsanalyse: Schilderung der kritischen Ereignisse in der Vergangenheit und darin gezeigtem Verhalten (Critical Incident Technique)
Interpretation: Vergleich der Beurteilungen mit Anforderungsprofil

23
Q

Multimodales Interview

A
  1. Gesprächsbeginn
  2. Selbstvorstellung des Bewerbers ?
  3. Berufsinteressen und Berufswahl ?
  4. Freier Gesprächsteil ?
  5. Biographiebezogene Fragen ?
  6. Realistische Tätigkeitsinformationen
  7. Situative Fragen ?
  8. Gesprächsabschluss
    ( ohne Fragezeichen Gesprächsteile werden nicht interpretiert!)
24
Q

Critical Incident Technique (Flanagan, 1954)

A
  • Anforderungsanalyse auf der Verhaltensebene: Beschreibung der Tätigkeitsanforderungen über erforderliches Verhalten bei der Arbeitsausführung
  • Möglichst genaue Beschreibung erfolgskritischer Verhaltensereignisse:
  • Besonders erfolgreiches/erfolgloses Verhalten - SituationVerhaltenKonsequenz
  • Arbeitsgruppe fasst Ereignisse zusammen und leitet tätigkeitsrelevante Verhaltensanforderungen ab
25
Q
A