9/10 (Straftaten gegen die Ehre; §§ 153-162; 164; 145d; 138, 139; Straftaten gegen die öffO; §§ 113-115) Flashcards
Straftaten gegen die Ehre; Aussagedelikte (§§ 153–162); Falsche Verdächtigung (§ 164); Vortäuschen einer Straftat (§ 145d); Nichtanzeige geplanter Straftaten (§§ 138, 139); Straftaten gegen die Staatsgewalt und öffentliche Ordnung; Widerstand und Tätlichkeiten gegen Vollstreckungsbeamte (§§ 113–115)
Ehrdelikte: Systematik
I. § 186 (üble Nachrede)
-> ehrverletzende Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten, die nicht erweislich wahr sind
II. § 187 (Verleumdung)
-> Qualifikation des § 187
III. § 185 (Beleidigung)
- > Auffangtatbestand
- -> ehrverletzende Tatsachenbehauptungen dem Betroffenen gegenüber
- -> ehrverletzende Werturteile gegenüber dem Betroffenen oder gegenüber Dritten
Ehrdelikte: Passive Beleidigungsfähigkeit (Ehrträger)
I. Lebende Menschen
-> e con § 189 (Verunglimpfung Verstorbener)
II. Personengemeinschaften als solche
- > pro: § 194 III, IV (eigene Verbandsehre)
- > über die in § 194 III, IV hinaus genannt unter den Voraussetzungen:
1. Personengemeinschaft muss eine rechtlich anerkannte (auch wirtschaftliche) gesellschaftliche Funktion erfüllen („soziale Funktion‟) und
2. einen einheitlichen Willen bilden können - > Abgrenzung von zu allgemein gefassten Gruppen (bspw. “die Studenten” oder “Richter” nicht umfasst; auch nicht “die Polizei”, falls nicht Bezug zu örtlicher Stelle hergestellt wird)
III. Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung
- Klare Umgrenzung und Überschaubarkeit des betroffenen Personenkreises und
- Bezug auf bestimmte, individualisierbare Personen, die deutlich aus der Allgemeinheit hervortreten, insbesondere nicht bloß allgemeine Werturteile
- > Beachtung der konkreten Tatsituation, durch die als allgemein getarntes Werturteil auf abgrenzbare Personengruppe bezogen wird
- > Anwendung und Auslegung im Lichte des Art. 5 I GG
Ehrdelikte: Kundgabe
= eine zur Kenntnisnahme durch einen anderen bestimmte ehrverletzende Äußerung (Kundgabehandlung), die vom Adressaten wahrgenommen werden muss (Kundgabeerfolg)
-> hM: Erfassung des ehrenrührigen Sinns
- Vorsatz zur Kundgabe!
- > (-) bspw. bei Tagebuchaufzeichnungen
- im engsten Familienkreis (-) bzgl. §§ 185, 186 (Beleidigungen Dritter),
- > teleologische Reduktion, Art. 5 I, Art. 2 I iVm Art. 1 I GG (Bereich vertrautlicher Kommunikation ohne Furcht vor Bestrafung - solange in der Familie tatsächlich Vertraulichkeit besteht)
Ehrdelikte: Üble Nachrede, § 186: Prüfung
I. TB
1. Obj TB
a) Ehrenrührige Tatsache
= Ausdruck der Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung
b) In Beziehung auf einen (beleidigungsfähigen) anderen
c) Kundgabe durch Behaupten oder Verbreiten gegenüber einem Dritten
2. Subj TB: Vorsatz
II. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbarkeit (Nichterweislichkeit der Tatsache)
-> in dubio pro reo gilt nicht (Formulierung: “wenn nicht…”; Beweislast trägt Täter)
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld
V. Qualifikationen (§§ 186 Var. 2, 188 I)
Ehrdelikte: Verleumdung, § 187: Prüfung
- Qualifikation zu § 186
I. TB
- Obj TB
a) Unwahre ehrenrührige Tatsache
b) In Beziehung auf einen (beleidigungsfähigen) anderen
c) Kundgabe durch Behaupten oder Verbreiten gegenüber einem Dritten - Subj TB Vorsatz
a) Wissentlichkeit bezüglich der Unwahrheit
b) Im Übrigen genügt dolus eventualis
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikationen (§§ 187 Var. 2, 188 II i. V. m. I)
Ehrdelikte: Beleidigung, § 185: Prüfung
I. TB
- Obj TB: Kundgabe eigener Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung (= Beleidigung) durch
a) eine – unwahre (str.) – ehrenrührige Tatsachenbehauptung dem Betroffenen gegenüber oder
b) ein ehrverletzendes Werturteil - Subj TB: Vorsatz
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikation (§ 185 Var. 2)
Ehrdelikte: Beleidigung, § 185: Tatbestand
- Beleidigung = Kundgabe eigener Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung
- > Durch herabsetzende Äußerungen wird der personale und/oder sozialen Geltungswert des Betroffenen gemindert und dadurch der (personale/soziale) verdiente (!) Achtungsanspruch verletzt
- -> keine Ehrverletzung, wenn Gegenüber die Äußerungen “verdient”
- Kein Verbreitungsdelikt (eigener Ausdruck)
- > (-) bei Wieder- oder Weitergabe von ehrkränkenden Äußerungen ohne jede persönliche Identifikation mit dem beleidigenden Inhalt
- Nicht nach dem subjektiven Empfinden des Täters oder Beleidigungsopfers zu bestimmen, sondern danach, wie der objektive Sinngehalt der Äußerung aus der Sicht eines unbefangenen Erklärungsempfängers zu verstehen ist
- > Im Lichte des Art. 5 I GG auszulegen
Ehrdelikte: Beleidigung, § 185: Tatbestand: Tatsachenbehauptung
- Erwiesen wahr: (-)
- Erwiesen unwahr: (+)
- Irrtum / Unklar
- > mM: § 186 analog (Beweislastregel zulasten des Täters)
- > hM: Unwahrheit als echtes TBM wie bei § 187
pro: Beweislastregel zulasten des Täters als Analogie problematisch (Art. 103 II GG)
Ehrdelikte: Rechtsfertigung: Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193
- Berechtigte Interessen
- Interessenabwägung
a. Geeignetheit
b. Erforderlichkeit
c. Angemessenheit
zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen - Subjektives Rechtfertigungselement
-> hM: dolus directus 1. Grades
Aussagedelikte: Uneidliche Falschaussage, § 153: Prüfung
- Aussagedelikte als Straftaten gegen die Rechtspflege (abstrakte Gefährdungsdelikte)
I. TBM
1. Obj TB
a) Täterkreis
aa) Zeuge oder Sachverständiger
bb) Ausnahme bei § 154: Eidesunmündige (§ 60 Nr 1 Var. 1 StPO) und eidesunfähige Personen (§ 60 Nr. 1 Var. 2 StPO)
b) Zuständige Stelle
aa) Gericht
bb) andere zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle ((-) bei StA und Polizei, §§ 161a I 3, 163 III StPO)
c) Tathandlung
aa) falsche uneidliche Falschaussage (§ 153), die
bb) der Täter beschwört (dann § 154)
2. Subj TB: Vorsatz
II. RW
III. S
IV. Besondere Strafzumessung: §§ 157 I, 157 III, 158
Aussagedelikte: Uneidliche Falschaussage, § 153: objektiver Tatbestand
- im Rahmen des jeweiligen Verfahrensrechts Status als Zeuge oder Sachverständiger ( (-) bei Beschuldigtem/Angeklagtem)
- Gericht: staatlich und inländisch
- P: Bestimmung von “falsch aussagt”
- > hM: objektive Theorie: inhaltlich keine Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten
pro: objektive Bestimmung in §§ 164, 263
pro: § 160 nur durch obj Theorie erklärbar - > aA: subjektive Theorie: wenn Aussage von Vorstellungsbild und Wissen des Aussagenden abweicht, auch wenn sie objektiv zutrifft
con: Wertungswiderspruch: nicht falsch, wenn realitätswidriges Geschehen geschildert, von dessen Richtigkeit die Person aber subjektiv überzeugt ist - > wA: Pflichttheorie: wenn prozessuale Wahrheitspflicht verletzt ist, also wenn Zeuge nicht das beste ihm erreichbare Wissen / Erinnerungsbild wiedergibt
con: § 161, Gleichstellung falscher und sorgfaltspflichtwidrig falscher Aussage - auch (+), wenn unvollständige Aussage als vollständige hingestellt wird
- Vollendung mit Abschluss der Vernehmung
Aussagedelikte: Meineid, § 153: objektiver Tatbestand
- alle, auch Beteiligte Parteien am Zivilprozess (§ 452 ZPO)
- > bezüglicher dieser Personen: keine Qualifikation
- “Falsch schwören”: falsche Aussage ist Voraussetzung (§ 153) plus wesentliche äußere Formen der Eidesleistung (vgl. § 64 StPO, § 481 ZPO)
Aussagedelikte: Falsche Versicherung an Eides statt, § 156
- Zur Abnahme eidesstattlicher Versicherung zuständig 2. Zur Abnahme im konkreten Fall und Verfahren befugt 3. Versicherung nicht rechtlich völlig wirkungslos
- Tathandlung: vgl. § 153 und jeweilige Verfahrenspflichten
Aussagedelikte: Aussagenotstand, § 157
- keine Form von §§ 34, 35: hier auch legale Aussageverweigerung möglich (§§ 52, 55 StPO)
- analoge Anwendung auf nahestehende Personen str.
- “um … zu”: subjektive Sichtweise
- Gefahr der Bestrafung muss gerade aus wahrheitswidriger Aussage resultieren (Widerstreits zwischen Zeugniszwang und drohender Selbstbezichtigung)
- > daher (-) wenn Zeuge nur zum Zweck der Entlastung falsch aussagt (!) -> einschlägig nur bei belastender Aussage!
Aussagedelikte: Berichtigung einer falschen Angabe, § 158
- weite Anwendung
- § 24 hat keine eigenständige Bedeutung
- keine Freiwilligkeit erforderlich
- Gedanke der tätigen Reue
- bloßer Widerruf nicht ausreichend, sondern es braucht die Rücknahme der früheren falschen Aussage und das Ersetzen durch die richtige