3/10 (§ 251; 252; 253, 255; 316a; 239, 239a, 239b; 241; 123) Flashcards

Raub mit Todesfolge (§ 251); Räuberischer Diebstahl (§ 252); Erpressung (§§ 253, 255); Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a); Freiheitsberaubung (§ 239); Erpresserischer Menschenraub (§ 239a) und Geiselnahme (§ 239b); Bedrohung (§ 241); Hausfriedensbruch (§ 123)

1
Q

Prüfung § 251 (Raub mit Todesfolge)

A

I. § 212 (wenn Tötungsvorsatz verneint wird; bei fernliegendem Tötungsvorsatz weglassen)

II. § 249 (oder § 252 oder § 255)

III. § 250

IV. § 251

  1. Verweis auf das strafbare Grunddelikt
  2. Eintritt und Verursachung des Todeserfolgs iSd Bedingungstheorie
  3. Objektive Zurechnung
  4. Spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen Grunddelikt und Todeserfolg
  5. Leichtfertigkeit bzw. Vorsatz hinsichtlich des Todeserfolgs und des Gefahrverwirklichungszusammenhangs

V. § 222

Ist Tötungsvorsatz zu bejahen, so empfiehlt sich, mit II zu beginnen und bei V § 222 durch die §§ 212, 211 zu ersetzen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

§ 251: Spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen Grunddelikt und Todeserfolg

A
  • Tatbestandsspezifische Gefahr muss sich im Erfolg niederschlagen
  • P: Anwendung tödlicher Nötigungsmittel in der Beendigungsphase: s. Streit bei §§ 244, 250
  • > eA: Phase der Beutesicherung genauso gefährlich und tatspezifisch (BGH)
  • -> auch, wenn Handlungen, die zum Tod eines anderen führen, nur der Beutesicherung dienen sollen (BGH)
  • > aA: Beendigungsphase wie bei § 244 keine qualifikationstaugliche Tatphase (Rengier ua Lit)
    pro: Tatgeschehen des § 249 mit Wegnahme abgeschlossen; Beutesicherung reicht für Todesverursachung “durch” den Raub nicht aus
    pro: Klare Grenzziehung zwischen Raub und Räuberischem Diebstahl (§ 252)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

§ 251: Leichtfertigkeit

A

= grobe Fahrlässigkeit

  • > qualifizierte Pflichtwidrigkeit: besonders sorgfaltswidriges Handeln
  • > qualifizierte Vorhersehbarkeit: bei Handeln muss der Todeserfolg hochgradig wahrscheinlich erscheinen oder sich aufdrängen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

§ 251: Konkurrenz mit Tötungsdelikten

A
  • “wenigstens leichtfertig”: Tötungsvorsatz umfasst, sodass § 251 mit §§ 212, 211 ideal konkurriert
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

§ 251: P: Versuch und Rücktritt (insb.: Rücktritt vom erfolgsqualifiziertem Versuch)

A
  1. Rücktritt vom erfolgsqualifiziertem Versuch (versuchtes Grunddelikt, Eintritt des Erfolges)
    - eA: nicht möglich, mit Eintritt der schweren Folge sei § 251 materiell vollendet
    pro: Wertungswiderspruch, wenn Täter zurücktreten könne, obwohl Erfolg des § 251 vorliegt, nur weil er auf Wegnahme verzichtet
    pro: Wortlaut des § 24, wonach als “die Tat” versuchtes Grunddelikt plus qualifizierender Erfolg verstanden werden kann
    con: Grundsatz der allgemeinen Akzessorietät der Qualifikation vom Grunddelikt
    - aA: möglich (hM)
    pro: Wortlaut des § 24, wonach Täter von einem nur versuchten Grunddelikt zurücktreten kann
    pro: ohne Grunddelikt (bei Rücktritt) fehlt Anknüpfungspunkt für Erfolgsqualifikation
  2. Rücktritt von der versuchten Erfolgsqualifikation: Möglichkeit eines Teilrücktritts (hL)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

§ 251: TuT

A
  1. Beteiligungsform bestimmt sich allein nach der Mitwirkung am Grunddelikt
  2. Haftung für qualifizierende Folge muss bei jedem Beteiligten getrennt nach seiner Fahrlässigkeit/Vorsatz geprüft werden

-> insbesondere Vorsatz-Prüfung hinsichtlich der für den tödlichen Verlauf relevanten Nötigungshandlungen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

§ 252: Aufbau und Grundlegendes

A

I. Tatbestandsmäßigkeit

  1. Objektiver TB
    a) Vortat: vollendeter, noch nicht beendeter Diebstahl (auch bei Diebstahl als Element eines Raubes)
    b) Auf frischer Tat
    c) “Betroffen”
    d) Nötigungsmittel
  2. Subjektiver TB
    a) Vorsatz
    b) Besitzerhaltungsabsicht

II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikationen (“Gleich einem Räuber” -> §§ 250, 251 finden entsprechende Anwendung)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

§ 252: P: auf frischer Tat

A
  • eA: enge Sicht: verlangen einen engen zeitlichen und örtliche Zusammenhang zum Tatort (noch in unmittelbarer Nähe des Tatorts und alsbald nach der Tat)
    pro: Sicherstellen der Nähe des § 252 zur tatbestandlichen Situation des Raubes (“gleich einem Räuber”)
  • aA: weite Sicht: gesamte Beendigungsphase
    pro: Systematik: Rechtsgedanke des § 32 II
    pro: auch so bleibt Nähe zum Raub erhalten, wenn bei diesem die Zeit/Ort wie in jüngster Rechtssprechung nicht mehr nur an Zahlengrößen bestimmt wird
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

§ 252: P: betroffen

A
  • eA: nur derjenige, der von einer anderen Person wahrgenommen oder bemerkt wird
    pro: weiter Wortlaut von “betroffen” nicht mit Art 103 II GG vereinbar
  • aA: auch derjenige, der durch schnelles Zuschlagen oder einen anderen Überraschungsangriff dem Bemerktwerden zuvorkommt (hM)
    pro: Bestimmung von “Betroffen” aus Tätersicht möglich
    pro: Telos § 252: Bekämpfung der Verteidigung des ungesicherten Gewahrsams mit Raubmitteln; Täter nicht weniger gefährlich
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

§ 252: Subjektiver Tatbestand

A
  • dolus directus 1. Grades
  • > Voraussetzung: noch vorhandener unmittelbarer Besitz iSv Gewahrsam (reine Fluchtsicherung nicht erfasst)
  • > Absicht der Besitzerhaltung muss nicht einziger Beweggrund für Nötgungshandlung sein (verlängerte Zueignungsabsicht)
  • > Verhinderung der Gewahrsamsentziehung muss zumindest nach Tätervorstellung gegenwärtig oder unmittelbar bevorstehen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

§ 252: TuT (insb.: P: Diebstahlsgehilfe als (Mit)Täter von § 252, wenn er zur Besitzsicherung Nötigungsmittel verwendet?)

A
  • Täter des § 252 muss an der Vortat beteiligt sein und seinen Besitz verteidigen
  • normale Zurechnung (der objektiven (!) TBM) über § 25 II möglich
  • bei mittäterschaftlicher Begehung reicht nicht eigenhändiger Besitz aus, sofern der Wille vorhanden ist, den gemeinsamen Mitbesitz zu erhalten
  • Hat der Täter zum Zeitpunkt der Nötigungshandlung den Besitz vollständig an Dritten übertragen, scheidet § 252 aus (Wortlaut)
  • P: Diebstahlsgehilfe als (Mit)Täter von § 252, wenn er zur Besitzsicherung Nötigungsmittel verwendet?
    eA: ja, durch Wortlaut gedeckt (BGH)
    aA: nein, muss (Mit)Täter des § 242 sein (hL)
    -> pro: Herstellung des notwendigen Gleichgewichts zwischen § 252 (“gleich einem Räuber”) und § 249, wonach für beide Tatbestände Täterschaft bezüglich Nötigung und Diebstahl vorausgesetzt ist
    -> pro: Erhaltungsabsicht bei § 252 als verlängerte Zueignungsabsicht
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

§ 253: Grundlegendes und Aufbau

A

I. Tatbestandsmäßigkeit

  1. Objektiver Tatbestand
    a) Nötigungsmittel
    aa) Gewalt (gegen eine Person) ODER
    bb) Drohung mit einem empfindlichen Übel
    b) Nötigungserfolg: (irgendeine) Handlung, Duldung, Unterlassung
    c) Nötigungsbedingte Vermögensverfügung (str.)
    d) Vermögensschaden (wie bei § 263)
  2. Subjektiver TB
    a) Vorsatz
    b) Eigen- oder fremdnützige Absicht der stoffgleichen Bereicherung
  3. Objektive RW der erstrebten Bereicherung und entsprechender Vorsatz*

II. RW
III. Schuld

  • Nötigungsmittel des § 240
  • § 255: Qualifikation mit den Nötigungsmitteln des § 249; besonders schwerer Fall bei Nötigungsmitteln der §§ 250, 251
  • I.2. bis III. : identische Prüfungspunkte wie bei § 263

*bei fälligem und einredefreiem Anspruch (vgl. parallel: § 242): nur Nötigung möglich

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

§ 253: Nötigungsmittel

A
  • grds. wie § 240
  • auch Drohung durch Unterlassen möglich
  • Gegenwärtige Gefahr: s. § 34: wenn bei natürlicher Weiterentwicklung der Dinge der Eintritt eines Schadens sicher oder höchstwahrscheinlich ist, falls nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

§§ 253, 255: P: Erfordernis einer Vermögensverfügung (normlogische Abgrenzung iSv Spezialität vs. Exklusivität in Bezug auf § 249)

A
  • eA: Verfügungslehre/Exklusivitätsthese: willentliches Verhalten nötig, durch das der Genötigte bewusst sein Vermögen unmittelbar mindert - vis absoluta (kein Raum für eigene Willensbetätigung) scheidet somit aus
    pro: wenn § 255 durch vis absoluta+compulsiva weit verstanden wird, ist § 249 praktisch überflüssig (eigenständiger Anwendungsbereich nur bei Raub einer wertlosen Sache)
    pro: Systematik: § 255 würde auf die Vorschrift des lex specialis verweisen (auch Überschrift: Gleichwertiges Nebeneinander; Lex specialis wäre vor der allgemeinen Regelung)
    pro: ansonsten werde Privilegierung der bloßen Gebrauchsanmaßung unterlaufen (§ 249 erfordert Zueignungabsicht - würde diese entfallen, dann könnte nach aA aber trotzdem noch aus §§ 253, 255 bestraft werden) (dagegen con: Privilegierung sei bei nötigungsbedingter Gebrauchsanmaßung nicht indiziert)
    pro: Charakter des Selbstschädigungsdelikts (“Freikaufcharakter” der Erpressung) bleibt erhalten und kann von Fremdschädigungsdelikt wie §§ 242, 249 abgegrenzt werden
  • aA: Rechtsprechung/Spezialitätsthese: keine Vermögensverfügung erforderlich; auch bei vis absoluta sind §§ 253, 255 anwendbar
    pro: Verfügung laut Gesetzeswortlaut nicht erforderlich (dagegen con: auch bei § 263 ungeschriebenes TBM)
    pro: warum anderer Gewaltbegriff (hins. vis absoluta vs compulsiva) als bei §§ 240, 249, wenn dadurch gerade die massivere Gewaltanwendung ausgesondert wird? (dagegen con: vis absoluta nicht notwendigerweise brutaler oder gefährlicher, bspw. bei bloßem Einsperren)
    pro: aus kriminalpolitischen Gründen sollen lückenlos alle durch qualifizierte Nötigungsmittel herbeigeführten Vermögensschädigungen gleich bestraft werden können
    con Spezialität (des Raubes): dann wäre Eigentum(sschutz) ein Unterfall des Vermögens(schutzes), obwohl nach ganz hM wertlose Sachen zwar Eigentumsschutz, aber gerade keinen Vermögensschutz genießen
  1. wA: differenzierende Lehre: Verfügung nur bei Sacherpressung, nicht aber bei Forderungserpressung nötig
    pro: Verfügungsmerkmal hat nur da sinnvoll Platz, wo es um die Abgrenzung zwischen Sacherpressung und Raub gehe
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Dreieckserpressung

A
  • Lagertheorie
  • Befugnistheorie
  • Ermächtigungstheorie
  • nach Verfügungslehre: wie Dreiecksbetrug
  • nach Rechtsprechung: ähnliche Konstruktion mit “Vorliegen eines Näheverhältnisses” (Annäherung an Verfügungslehre in diesen Konstellationen)
    => identische Ergebnisse
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

P: Abgrenzung zwischen § 249 und § 255 (Abgrenzung in der Anwendung dieser Straftatbestände)

A

1) Bei Verfügungslehre: Abgrenzung (zwischen Verfügung und Wegnahme) anhand der inneren Willensrichtung des Opfers (jedenfalls ein willentliches Verhalten, das bewusst eine Vermögensminderung herbeiführt)
- eA: Wegnahme stets, wenn es in der Zwangslage für den Genötigten gleichgültig ist, wie er sich verhält, die Sache also unabhängig von seiner Mitwirkung dem Zugriff des Täters preisgegeben ist oder wenn er keine reellle Wahlmöglichkeit oder Verhaltensalternative hat [Bspw. geladene Waffe wird an den Kopf gehalten]
con: Problem des freien Willens und Vernachlässigung des Freikaufcharakters der Erpressung
- aA: notwendige Mitwirkung wird um objektive Komponente ergänzt, wonach ein unentbehrlich abgenötigtes Opferverhalten, das lediglich eine Gewahrsamslockerung bewirkt und dem Täter die Möglichkeit zur erzwungenen Wegnahme eröffnet, bereits eine die Wegnahme ausschließende Vermögensverfügung darstellt (bspw. Preisgabe des Safeschlüssels) -> Kriterium der Unmittelbarkeit soll im Erpressungsbereich also entfallen
con: in bloßer Gewahrsamslockerung liegt nicht zugleich ein (erzwungenes) Einverständnis in die Wegnahme
- wA: allein entscheidend, ob Opfer mit faktischem (wenn auch gegen seinen Willen) Einverständnis den Gewahrsam überträgt oder den Gewahrsam unwillentlich verliert

2) Bei Rechtsprechung: allein das äußere Erscheinungsbild der Tat ist mögliches Abgrenzungkriterium
-> Wegnahme: Raub
-> Hingabe: Erpressung
[jedoch Hingabe kein (!) TBM der Erpressung; lediglich Abgrenzungskriterium der Konkurrenzfrage, da Erpressung für Rspr. das allgemeinere Delikt ist]

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Sicherungserpressung

A
  • Anschlusserpressung, die lediglich der Sicherung des Vorteils nach einem Aneignungs- oder Bereicherungsdelikt dient, hat keine selbständige Bedeutung und wird als Nötigung bestraft (sofern keine Schadensvertiefung damit einhergeht)
  • kein eigentlicher Sicherungscharakter, wenn die Vortat als Eingehungsbetrug [konkrete Vermögensgefährdung durch Vertragsschluss] den erzwungenen Verzicht auf die (später fällige) Forderung nur vorbereitet und es nichts Erlangtes zu verteidigen gibt
  • -> hier kann – muss aber keineswegs – das spätere Verhalten einen selbstständigen Vermögensschaden herbeiführen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Verwerflichkeitsklausel § 253 II

A
  • Wie § 240 II
  • Normalerweise angesichts des rechtswidrigen Zwecks der Tat gegeben
  • Ausnahme der fehlenden Verwerflichkeit (insbes. bei erlaubtem Übel und innerem Zusammenhang mit der erstrebten Bereicherung)
  • > Drohung mit Strafanzeige, falls nicht Betrag an Wohltätigkeitsorganisation gezahlt wird
  • > Drohung mit Kündigung, um mehr Arbeitslohn zu erhalten
  • > Drohung mit Abbruch der Geschäftsbeziehungen, um Preisnachlässe zu erhalten
19
Q

Schwere räuberische Erpressung

A
  • vgl. Merkmale des § 250
  • besonders: Beisichführen: vom Vorsatz umfasstes räumliches Griffbereithalten und zeitlich zumindest vorübergehendes während der Tatausführung Haben
  • > die allgemeine Möglichkeit des Zugriffs (bspw. Waffen wären in der Wohnung) reicht nicht
20
Q

§§ 253, 255: Konkurrenzen: § 263

A
  • Konkurrenzen insbesondere, da für Drohung auch die bloß vorgetäuschte Ernstlichkeit ausreicht - Differenzierung:
  • > dient die Täuschung nur der Ermöglichung der Drohung, so hat sie keinen eigenständigen Unrechtsgehalt: § 263 ist TBlich erfüllt, aber Gesetzeskonkurrenz
  • > Enthält die Täuschung einen selbständigen Unwert, ist Idealkonkurrenz gegeben (Entführer gibt vor, Eltern das Kind zurückzugeben, ohne dies jemals geplant zu haben)
21
Q

P: § 239: Schutzgut (aktuelle vs. potentielle Fortbewegungsfreiheit)

A
  • hM: Schutz der potentiellen Fortbewegungsfreiheit (jedoch: Schutz nur vor Einsperren, nicht vor Aussperren)
    pro: Wortlaut
    pro: Umfassender Rechtsgutsschutz
  • > uA 1: aktueller Fortbewegungswille muss zumindest bildbar sein (Schutz von Schlafenden/Bewusstlosen erst ab Zeitpunkt des Aufwachens)
  • > uA 2: umfassender Schutz des gesamten potentiellen Fortbewegungswillens
  • mM: Schutz nur der aktuellen Fortbewegungsfreiheit
    pro: früher Vollendungszeitpunkt und Pönalisierung von Versuchsunrecht
  • zudem: gewisse Erheblichkeitsschwelle angesichts der Dauer
22
Q

§ 239: Tathandlungen; P: faktischer Zwang

A
  • Einsperren = jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines Raumes zu hindern
  • Beraubung der Freiheit auf andere Weise = Einsatz eines Mittels, das geeignet ist, einem anderen die Fortbewegungsfreiheit zu nehmen
  • > auch List (rechtsgutsbezogene Täuschungen; bspw. Täter verheimlicht dem Eingesperrten vorhandene Ausgänge) - abzugrenzen vom tatbestandsausschließendem Einverständnis (wenn Opfer noch Bewusstsein hat, frei über Fortbewegung zu sein)
  • Faktischer Zwang
  • > maßgeblich ist, ob nach den konkreten Einzelfallumständen die Überwindung der Barriere für Leib oder Leben unzumutbar gefährlich ist (bspw. durch glaubhafte Drohung mit Gefahr für Leib/Leben bei Verlassen des Ortes (+), aber (-) bei einfacher Nötigung)
23
Q

Aufbau § 239a - Erpresserischer Menschenraub

A
  • Vorab: Prüfung anderer Erpressungstaten (§§  253, 255, 250) - trotz Verneinung derselben kann § 239a Var. 1 erfüllt sein (da lediglich Erpressungsabsicht erforderlich)

§ 239a I 1. Var.

I. TBM
1. Obj TB: Entführen oder sich bemächtigen (eines anderen Menschen)
2. Subj TB
a) Vorsatz
b) Absicht zu einer Erpressung
aa) Nötigungsmittel
bb) Erstrebter Nötigungserfolg (Vermögensverfügung oder nach aA auch Duldung der Vermögensschädigung)
cc) Im Rahmen eines Zwei- oder Drei-Personen-Verhältnisses
II. RW
III. Schuld

§ 239a I 2. Var.

I. TBM
1. Obj TB
a) Entführen oder Sich-Bemächtigen ohne Erpressungsabsicht
b) Begehen einer zumindest versuchten (str.) Erpressung unter Ausnutzung der durch a) geschaffenen Lage
2. Subj TB
a) Vorsatz
II. RW
III. S
24
Q

Aufbau § 239b - Geiselnahme

A
  • Vorab: Prüfung anderer Taten, insb. §§  255, 249 oder §§ 211 ff., 223 ff., 239  I, III Nr.  1, 240 - trotz Verneinung derselben kann § 239b Var. 1 erfüllt sein (da lediglich Drohungsabsicht erforderlich)

§ 239b I 1. Var.

I. TBM
1. Obj TB: Entführen oder sich bemächtigen (eines anderen Menschen)
2. Subj TB
a) Vorsatz
b) Absicht zu einer Nötigung (qualifizierte Nötigungsabsicht)
aa) Nötigungsmittel: qualifiziert durch Drohung mit Tod etc
bb) Erstrebter Nötigungserfolg: beliebig
cc) Im Rahmen eines Zwei- oder Drei-Personen-Verhältnisses
II. RW
III. Schuld

§ 239a I 2. Var.

I. TBM
1. Obj TB
a) Entführen oder Sich-Bemächtigen ohne qualifizierte Nötigungsabsicht
b) Begehen einer zumindest versuchten (str.) Nötigung durch Drohung mit einem qualifiziertem Übel unter Ausnutzung der durch a) geschaffenen Lage
2. Subj TB
a) Vorsatz
II. RW
III. S
25
Q

§ 239a I 1. Var.: Entführen

A

= Ortsveränderung gegen oder ohne Willen des Opfers durch Gewalt, Drohung oder List*, die das Opfer in eine hilflose Lage versetzt, also wenn sich das Opfer in der konkreten Situation dem ungehemmten Einfluss des Täters ausgesetzt sieht

*= Verhalten, das darauf abzielt, unter geflissentlichem und geschicktem Verbergen der wahren Zwecke oder Mittel die Ziele des Täters durchzusetzen

26
Q

§ 239a I 1. Var.: Sich-Bemächtigen

A

= Begründung physischer Herrschaft über das Opfer, also die Erlangung der Verfügungsgewalt über den Körper eines anderen, sodass dieser dadurch an einer freien Bestimmung über sich selbst gehindert wird
-> auch durch bloßes In-Schach-Halten mit Schusswaffe oder bei “Ersatzgeisel”

27
Q

§ 239a I 1. Var.: Erpressungsabsicht

A
  • > entscheidend ist Tätervorstellung bei der Vornahme der Handlungen des obj TB
  • > reine Raubabsichten genügen nicht
  • > zeitlicher Zusammenhang: Erpressung (und damit auch Verfügung!) soll während der Dauer der Zwangslage erfolgen
    pro: Wortlaut “ausnutzen” (der Lage)
28
Q

§ 239a I 1. Var. - P: restriktive Auslegung im 2-Personen-Verhältnis

A

P: § 239a umfasst viele räuberische Erpressungen durch den weiten Wortlaut des “Sich-Bemächtigens” mit ungleich höherer Mindeststrafandrohung

  • eA (hM): restriktive Auslegung des § 239a I Var. 1
    pro: § 239a soll keine klassischen Erpressungsfälle erfassen
    pro: zu hoher Mindeststrafrahmen für solche Taten
    pro: bei § 239a drohen wegen der frühen Vollendung (bloße Erpressungsabsicht genügt!) im Stadium der §§ 255, 22 erfolgende Rücktritte ins Leere zu laufen
  • > Lösung des Großen Senats:
  • Zweiaktiges Delikt, wie in § 239a/b I Var. 2 ersichtlich
  • Zweiter Akt ist in § 239a/b I Var. 1 ins Subjektive vorverlagert
  • > Erfordernis eines funktionalen Zusammenhangs zwischen diesen beiden Teilakten
  • > Tatbestand des § 239a/b I Var. 1 keine eigenständige Bedeutung, wo Bemächtigungsakt und abgenötigte Handlung in einem Akt begründet liegen
  • > dies ändert sich erst, wenn die Bemächtigungssituation eine gewisse Stabilisierung erreicht hat, auf deren Grundlage dann weitere Nötigungen erfolgen (sollen) (“stabile (Zwischen-)Lage”)
  • mM (Lit): das geschaffene Herrschaftsverhältnis muss über einen gestreckten Zeitraum aufrecht gehalten werden
    pro: nur dann erreiche die Nötigungshandlung eine neue Qualität, die den Strafrahmen des § 239a rechtfertige
    con: unklare Kriterien
    con: reine Dauer der Nötigungshandlung scheint nicht geeignet, wesentlich erhöhten Unrechtsgehalt zu begründen
  • mM (Lit): wenn kein Nötigungserfolg vorliegt/bezweckt ist, der über denjenigen der §§ 253, 255 hinausgeht, dann sind diese als mildere Gesetze lex specialis zum allgemeinen § 239a
    con: §§ 253, 255 erfüllen nicht alle TBM des § 239a, sodass diese nicht lex specialis sein können
29
Q

“Stabile Zwischenlage” in Drei-Personen-Verhältnissen

A
  • nicht wirklich problematisch, da in Drei-Personen-Verhältnissen ohnehin idR gegeben
    pro: durch Sich-Bemächtigen des Opfers und Nötigungsabsicht bzgl. des Dritten liegt idR ein neuer Unrechtsgehalt (natürliche Zweistufigkeit)
30
Q

§ 239a I Var. 2 - Ausnutzungstatbestand

A
  • Unterschied zu Var. 1 vor allem darin, dass der Täter im Augenblick der Tathandlung (Entführen/Sich-Bemächtigen) die Erpressungsabsicht (noch) nicht gehabt hat
  • Täter muss die von ihm geschaffene Lage tatsächlich ausnutzen (-> obj TBM)
  • hM: Versuch genügt
    pro: Wortlaut auch in Überschriften “Erpressung” etc meint immer Versuch mit
31
Q

§ 239b I Var. 1 / 2 - Entführungs- und Bemächtigungstatbestand sowie Ausnutzungstatbestand

A
  • Unterschied zwischen § 239a I Var. 1 und § 239b I Var. 1 nur im subj TB (Erpressungsabsicht vs. qualifizierte Nötigungsabsicht)
  • § 239b I:
  • > Jeder Nötigungserfolg, jedoch qualifiziertes Nötigungsmittel
  • > Nötigungserfolg muss während der Zwangslage erstrebt sein - (angestrebter) Teilerfolg genügt nur, wenn er aus der Sicht des Täters ggü dem erstrebten Endzweck als eigenständige Vorstufe selbständige Bedeutung hat (Abnötigung einer schriftlichen Erklärung, nach Freilassung bestimmtes Verhalten zu zeigen, wohl (+), rein mündliche Erklärung(-))
  • > Restriktive Auslegung im Zwei-Personen-Verhältnis (s. § 239a I Var. 1)
32
Q

Erfolgsqualifikation §§ 239a III, 239b II

A
  • Erfolgsqualifikation Todeserfolg, vgl. § 251
  • > wenigstens leichtfertig: Idealkonkurrenz zwischen §§ 212, 211 und §§ 239a III, 239b II
  • > qualifikationsspezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang
  • -> bspw. Tod infolge einer (als typische Folge tatbestandsspezifischen) Befreiungsaktion
  • > leichtfertig als grobe Fahrlässigkeit, dh dem Täter muss sich die Möglichkeit des Todes des Opfers geradezu aufdrängen
33
Q

Tätige Reue, §§ 239a IV, 239b II

A
  • Verzicht auf erstrebte Leistung = Abkehr von Erpressungs- oder Nötigungsabsicht
  • > selbst in auswegloser Situation des Täters; keine Freiwilligkeit erforderlich
  • -> kriminalpolitische Gründe: Geiselnahme soll in jedem Fall unblutig beendet werden
  • in seinen Lebenskreis zurückgelassen = wenn der Täter dem Opfer ermöglicht, den Aufenthaltsort wieder frei und ungehindert zu bestimmen
34
Q

Konkurrenzen: § 239a und § 239b

A
  • > typischerweise Bedrohung mit dem Tod -> § 239b-TB auch erfüllt -> wenn Geiselnahme allein erpresserischen Gründen dient, dann tritt § 239b subsidiär hinter § 239a zurück
  • -> ansonst: Tateinheit
  • § 239a/b I Var. 1 und (versuchte) Erpressung / Nötigung: Tateinheit
35
Q

§ 241: “Bedrohung”

A
  • grds. wie Drohungsbegriff bei § 240
  • > allerdings: “Be”-Drohung: ausreichend, wenn der Täter beim Bedrohten den Eindruck der Ernstlichkeit erwecken will; ohne Bedeutung ist, ob das Opfer die fehlende Ernsthaftigkeit erkennt
36
Q

§ 253: Vermögensnachteil

A
  • grds. wie Vermögensschaden bei Betrug
  • > auch bloße Vermögensgefährdung, insbesondere Fälle von Erpressung der PIN bzw. anderer Zugangsdaten, wenn Bankkarte im Besitz des Erpressers (BGH)
  • -> con (Rengier): Aufgabe des Unmittelbarkeitskriteriums
  • > bloße Erpressung einer Gewahrsamslockerung: Vermögensnachteil (-), aber bei späterer Wegnahme Vollendung eines (schweren) Raubes
37
Q

Relevante Konstellationen der normlogischen Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung (Erforderlichkeit einer Vermögensverfügung / Spezialität vs. Exklusivität)

A
  1. Irrelevant bei klaren Raubfällen
    - > nach Exklusivitätsthese kann keine räuberische Erpressung vorliegen (da Wegnahme eine Vermögensverfügung ausschließt)
    - > nach Spezialitätsthese braucht eine räuberische Erpressung nicht geprüft werden, da sie das allgemeinere Delikt ist
  2. Irrelevant bei klaren Erpressungsfällen
    - > wenn keine Wegnahme gegeben ist (§ 249 (-)), ist in aller Regel eine Verfügung gegeben, sodass sowohl nach Exklusivitätsthese als auch nach Spezialitätsthese eine räuberische Erpressung vorliegt
  3. Relevant bei fehlendem Raub trotz Wegnahme(handlung)
    - > vor allem denkbar bei fehlender Fremdheit des Tatobjekts oder fehlender Zueignungsabsicht (gewaltsame Gebrauchsanmaßung)*
    - -> Exklusivitätsthese verneint eine räuberische Erpressung (Vermögensverfügung notwendig)
    - -> Spezialitätsthese bejaht diese, sofern weitere TB-Voraussetzung gegeben sind

*Hefendehl/Perron problematisieren Abgrenzung auch bei tatbestandsausschließendem Einverständnis (keine Wegnahme) iVm einer Dreieckserpressung (Pizzafall)

38
Q

§ 316a: Angriff auf die Entschlussfreiheit

A

= wenn Täter nötigungsgleiche, d. h. zumindest faktisch nötigende Mittel einsetzt und das Opfer den objektiven Nötigungscharakter der Handlung wahrnimmt; die feindliche Willensrichtung des Täters muss das Opfer nicht erkennen (BGH)

  • > Autofalle (+): Barrikaden etc., die zum Anhalten zwingen
  • > Bloße Täuschung (-) (bspw. Anhalter) vs. psychische Autofalle (+): wenn Opfer aufgrund der StVO/§ 323 c StGB zum Anhalten etc. verpflichtet zu sein scheint
39
Q

§ 316a: Führer eines Kfz

A

= wer das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist (BGH)

  • > DIFFERENZIERE bei verkehrsbedingtem (immer Führer) vs. nicht verkehrsbedingtem Halt (abhängig von Motorbetrieb)
  • > und überhaupt zu differenzieren nach lächerlicher BGH-Detailrechtsprechung
  • > insb. (-) bei Konstellationen, in denen der Täter durch Täuschung oder List sein gutgläubiges Opfer an einen bestimmten (einsamen) Ort lockt, wo es nach Abschluss der Fahrt überfallen werden soll (früher str.)
40
Q

§ 316a: Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs

A

= wenn der Täter sich eine Gefahrenlage zunutze macht, die dem fließenden Straßenverkehr eigentümlich ist,

  • > d.h. der Führer/Mitfahrer ist im Zeitpunkt des Angriffs noch in einer Weise mit der Beherrschung seines Kraftfahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt, sodass er gerade deshalb leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden kann
  • -> wiederum genaue Prüfung der Fallkonstellation (bspw. (-), wenn Führer mit laufendem Motor, angezogener Handbremse und ohne eingelegten Gang stehenbleibt, um zu telefonieren)
    (bspw. auch (+), wenn Nötigungslage vor Fahrt bestand, sich aber während oder durch die Fahrt noch verfestigt)
41
Q

§ 123: geschützte Orte

a) Wohnung
b) Geschäftsräume
c) befriedetes Besitztum
d) abgeschlossene Räume zum öffentlichen Dienst
e) abgeschlossene Räume zum öffentlichen Verkehr

A

a) Wohnung = Räumlichkeiten, die bestimmungsgemäß (auch nur vorübergehend) zur Unterkunft von Menschen dienen (auch möglich: Nebenräume und bewegliche Sachen wie Wohnwagen, Wohnmobile und Zelte)
b) Geschäftsräume = Räumlichkeiten, die dem Betrieb gewerblicher, wissenschaftlicher, künstlerischer oder ähnlicher Tätigkeiten dienen
c) befriedetes Besitztum = Grundstücke, die in äußerlich erkennbarer Weise mittels zusammenhängender (nicht notwendig lückenloser) Schutzwehren gegen das beliebige Betreten durch andere gesichert, daher (in gewisser Weise) „eingefriedet‟, „eingehegt‟ sind
d) abgeschlossene Räume zum öffentlichen Dienst = Räume, in denen Tätigkeiten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften ausgeübt werden (Behörden-, Gerichts- und Schulgebäude, Universitäten)

e) abgeschlossene Räume zum öffentlichen Verkehr = Räume, welche dem öffentlichen (d. h. hier: den allgemein zugänglichen, insoweit also auch den „privat‟ betriebenen) Personen- und Gütertransportverkehr dienen
- > insbesondere die beweglichen Transportmittel selbst (Bus, Straßenbahn, Zug, Flugzeug)
- > ferner die dazugehörenden Gebäude (Wartesäle, Bahnhofshallen)

42
Q

§ 123: Tathandlungen

A

a) Eindringen = Betreten gegen den Willen des Berechtigten
- > Betreten mit erschlichenem Einverständnis: tatbestandsausschließendes Einverständnis (rein faktische Betrachtung)
- > Betreten mit genereller Zutrittserlaubnis aber zu widerrechtlichen/unerwünschten Zwecken
- -> hM: kein Eindringen, wenn hypothetisch hinzugedachter Berechtigter Betreten verweigern würde (bspw. äußerlich erkennbarer Bankräuber)
pro: Berechtigter muss sich an generellem Einverständnis festhalten lassen

b) Verweilen: subsidiär zu Eindringen (insb. wenn Betreten befugt erfolgte) - echtes Unterlassungsdelikt

43
Q

§ 123: Tathandlungen

A

a) Eindringen = Betreten gegen den Willen des Berechtigten