2/10 (§§ 243-244a; 240; 249; 250) Flashcards
Besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243); Diebstahl mit Waffen; Wohnungseinbruch- und Bandendiebstahl; Nötigung (§ 240); Raub (§ 249); Schwerer Raub (§ 250)
Aufbauschema § 243
I.-III. Prüfung § 242
IV. Strafzumessung: besonders schwere Fälle (§ 243)
- Regelbeispiele des § 243 I 2 Nr. 1-7
- Vorsatz bezüglich 1. (§§ 15, 16 I 1 analog)
- § 243 II
- Entfallen der Indizwirkung (selten)
- Unbenannter besonders schwerer Fall (§ 243 I 1) bei nicht gegebenem Regelbeispiel (“wenn das Gesamtbild der Tat einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist”)
§ 243 I 2 Nr. 1 (Einbruch)
- umschlossener Raum: jedes Raumgebilde, das dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, und das mit Vorrichtungen umgeben ist, die das Eindringen von Unbefugten abwehren sollen
- > es muss für den Täter ein tatsächliches Hindernis bestehen, das das Eindringen Unbefugter nicht unerheblich erschwert
- Einbrechen: das gewaltsame Öffnen von Umschließungen, die ein tatsächliches Hindernis bilden
- > setzt die Anwendung nicht unerheblicher körperlicher Kraft voraus
- > Handeln “von draußen” auch umfasst (Betreten nicht erforderlich)
- Einsteigen: Täter gelangt unter Überwindung von ein tatsächliches Hindernis bildenden Umschließungen auf einem zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmten Wege in den geschützten Raum
- Eindringen mit einem falschen Schlüssel: falsch ist jeder Schlüssel, der im Augenblick der Tat zur Öffnung des betreffenden Verschlusses nicht oder nicht mehr bestimmt ist
- > nicht darunter fällt der bestimmungswidrige Gebrauch eines echten Schlüssels (gefunden oder entwendet)
- > darunter fällt ein entwidmeter Schlüssel, also wenn der Berechtigte dem Schlüssel die Bestimmung zum ordnungsgemäßen Öffnen von Räumen entzogen hat
- anderes Werkzeug: muss ebenso auf Schließmechanismus einwirken (Schlüsselersatzfunktion)
- zur Ausführung der Tat: Diebstahlsvorsatz muss bereits im Moment des Einbrechens, Eindringens etc vorliegen
§ 243 I 2 Nr. 2 (Verschlossenes Behältnis)
- Verschlossenes Behältnis: ein zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden (Behältnis), und das gegen ordnungswidrigen Zugriff gesichert ist (verschlossen)
- Schutzvorrichtung: jede von Menschenhand geschaffene Einrichtung, die ihrer Art nach geeignet und dazu bestimmt ist, die Wegnahme einer Sache erheblich zu erschweren
- Besondere Sicherung gegen Wegnahme: Zweckbestimmung der Vorrichtung muss (zumindest auch) darin liegen, die Sache gerade gegen die Wegnahme besonders zu sichern
- > P bei Verpackungen und Umhüllungen
- > Nicht, wenn Täter Schlüssel zum Öffnen benutzen darf (aber (+), wenn Täter nur Verwahrungsbefugnis für Schlüssel)
- > Verschlossenes Behältnis muss nicht vor Ort überwunden werden, sondern bloße Mitnahme mit Vorsatz des Aufbrechens reicht
- > Sicherungsetikett: zwar andere Schutzvorrichtung, schlägt aber erst beim Ausgang Alarm und “schützt” daher nicht vor Wegnahme (da erst nach Vollendung derselben)
§ 243 I 2 Nr. 3: gewerbsmäßig
= wer durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will
- > bei Vorliegen dieser Absicht reicht einmalige Tatbegehung aus
- > bei Beteiligung: § 28 II analog
§ 243 I 2 Nr. 4: Gottesdienstbezug
Sachen müssen unmittelbar dem Gottesdienst oder der religiösen Verehrung dienen
§ 243 I 2 Nr. 5: Sache von Bedeutung
bedeutende Sachen müssen allgemein zugänglich und öffentlich sein
§ 243 I 2 Nr. 6: Hilflosigkeit & Ausnutzen
- > Hilflosigkeit: besondere Schwächezustände (Krankheit, Ohnmacht) –> bloßer Schlaf oder hohes Alter allein genügt nicht;
- > Ausnutzen: Täter setzt gerade die durch die Hilflosigkeit bedingte Lockerung des Eigentumsschutzes zur leichteren Durchführung der Tat ein
§ 243 II: Geringwertigkeit
- Geringwertigkeit: Verkehrswert der Sache unter 25/30/50 €
- Bezug auf die Tat: objektiv und subjektiv
- P: Vorsatzerweiterung bzw. Vorsatzverengung: A bricht ein und will etwas Geringwertiges, nimmt aber etwas nicht Geringwertiges; A bricht ein und will etwas nicht Geringwertiges, nimmt aber etwas Geringwertiges
eA: beide Male Diebstahl in besonders schwerem Fall
con: Rückanwendung des Regelbeispiels
aA: getrennte Perspektive
-> eA ebnet Unterschiede ein: nur, wenn es sich um unwesentliche Abweichung vom Tatplan handelt, ist Wegnahme nicht Geringwertiger Sache vom Vorsatz umfasst
Versuch: “§§ 242, 22 iVm 243” (nicht: “§§ 243, 22”)
- Versuch des Grunddelikt + vollendetes Regelbeispiel
- Regelbeispiel ist voll verwirklicht, sodass seine Indizwirkung eintreten kann -> versuchter Diebstahl in besonders schwerem Fall - Versuch des Grunddelikts + “Versuch” des Regelbeispiels
eA: versuchter Diebstahl in besonders schwerem Fall (BGH)
pro: tatbestandsähnlicher Charakter des § 243
pro: Wille des Gesetzgebers (Umwandlung des § 243 von Qualifikation in Regelbeispiel)
aA: nur versuchter Diebstahl (Lit)
pro: Wortlaut des § 22: nur TB
pro: Gleichsetzung des bspw. nur versuchten Einbruchs und eines vollendeten Einbruchs
pro: Indizwirkung nur beim Vorliegen des Regelbeispiels
pro: Parallele zu 3. - Vollendetes Grunddelikt und versuchtes Regelbeispiel
- nur vollendetes Grunddelikt - reiner Wille zum Regelbeispiel reicht für Entfaltung der Indizwirkung nicht aus; § 243 verlangt objektives Vorliegen
- Versuchsbeginn: Abstellen auf den Tatbestand allein des § 242 (regelmäßig unmittelbar bevorstehender Gewahrsamsbruch)
§ 244: Waffe
Gegenstände, die objektiv gefährlich, also geeignet sind, nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Zustand erhebliche Verletzungen zuzufügen - zusätzlich: funktionsfähig und einsatzbereit
-> abstrakte Gefährlichkeit bildet Strafgrund
§ 244: Waffe im technischen Sinn (§ 1 II Nr. 2a WaffG)
Waffen, die “die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen beseitigen oder herabsetzen”
- > auch Gaspistolen
- > auch Schreckschusswaffen (str., Verletzungspotential bei aufgesetztem Schuss)
P: § 244: Gefährliches Werkzeug
- Abstrakt-objektive Betrachtungsweise: allein anhand von generalisierenden Kriterien nach objektiver Beschaffenheit: Waffenersatzfunktion / waffenähnlicher Charakter
pro: Gesetzeswortlaut (Waffe zählt zu “gefährlichem Werkzeug”, und Waffe rein objektiv auszulegen, somit auch der Oberbegriff)
- > dagegen con: nicht zwingend
pro: Wille des Gesetzgebers
1a: Rein abstrakt-objektive Betrachtungsweise (Rspr): im Falle des Einsatzes gegen Personen aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen
pro: Annäherung an Strafgrund der (objektiv zu bestimmenden) abstrakten Gefährlichkeit
con: zu weit / unbestimmt
con: oftmals automatische Hochstufung (bspw. durch Werkzeuge beim Einbruchsdiebstahl)
pro: Korrektur möglich: Vorsatz dahingehend, dass man das Bewusstsein hat, den Gegenstand gebrauchsbereit bei sich zu führen (dagegen con: allgemeine Vorsatzlehre lässt ständiges Begleitwissen genügen)
1b: Situationsbezogene abstrakt-objektive Betrachtungsweise (wohl hL): aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen UND deren Beisichführen in der konkreten Situation aus der Sicht eines objektiven Betrachters keine andere Funktion erfüllen kann, als zu Verletzungszwecken eingesetzt zu werden ( normal/bestimmungsgemäß/ alltäglich/sozialtypisch)
pro: restriktive Interpretation möglich
con: spekulativ / nicht hinreichend bestimmt (“normal”?)
- Konkret-subjektive Betrachtungsweise (Rengier): Täter muss dem Mittel die Qualität als gefährliches Werkzeug durch einen Widmungsakt erst verleihen -> Täter will mitgeführten Gegenstand bei der Tat so verwenden, dass dieser im Falle des Einsatzes nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung im konkreten Fall erhebliche Verletzungen hervorrufen kann
pro: Bestimmtheit Art 103 II GG
pro: anerkannte Kriterien des § 224 I Nr. 2
pro: Vermeidung von Wertungswidersprüchen bei § 250 I, II (s. dort) -> einheitliche Auslegung aller gefährlichen Werkzeuge anhand § 224 I Nr. 2
con: Wortlaut, Systematik (s.o. - Verwendungsabsicht nur in Nr. 1 b) normiert)
- > dagegen con: Merkmal “Gefährlich” kann auch subjektivierend ausgelegt werden
con: Wille des Gesetzgebers
§ 244: Beisichführen
wenn dem Täter das Mittel während des Tathergangs zur Verfügung steht, dh so in seiner räumlichen Nähe ist, dass er es jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten benutzen kann
- > irgendein Zeitpunkt genügt
- > Täter muss aktive räumliche Zuordnung herstellen
- > ab Versuchsstadium
- > in Beendigungsphase? Hinsichtlich Art 103 II bedenkliche Ausweitung der Tatbestandsphase über Wegnahme hinaus; unbestimmter Zeitraum bis Beeindigung; § 252 (Räuberischer Diebstahl)
- > Andere Beteiligte sind ausreichend (Täter muss jedoch Vorsatz haben und diese müssen mit Waffe unmittelbar bei der Tatdurchführung mitwirken)
- > auch, wenn Waffe/gefährliches Werkzeug Diebstahlsobjekt ist (hM)
P: § 244: Zum Waffentragen verpflichtete Täter
eA: teleologische Reduktion des abstrakten Gefährdungsdelikts
pro: vermuteter Gefährlichkeitszusammenhang sei nicht ohne Weiteres gegeben, wenn man immer eine Waffe bei sich trage
pro: es müsse eine besondere Beziehung zur Tat bestehen
pro: Bewusstsein fraglich, dass man bei der Tat eine Waffe gebauchsbereit habe
aA: Anwendung des § 244 I Nr. 1a Var 1 (hM)
pro: Gefährlichkeit ist dieselbe
§ 224 I Nr. 1b: Sonstige Werkzeuge und Mittel / P: Scheinwaffen
- Gegenstände, die bei ihrem geplanten Einsatz nur einfache Körperverletzungen herbeiführen können; Fesselungs- oder Knebelwerkzeuge
- P: Scheinwaffen als Waffen iSd § 244 I Nr. 1 a) ?
- > pro: Wortlaut: Wille zur Gewalt und Wille zur (bloßen) Drohung sind gleichgestellt
- > pro: erhöhte kriminelle Energie
- > pro: Opfer soll bereits vor der Drohung mit Gewalt geschützt werden
- > pro: ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers
- > pro: neben § 244 I Nr 1a würde 1b fast überflüssig, würden Scheinwaffen nicht miteinbezogen
- > früher con: § 250 I Nr. 1 a) gleich auszulegen -> 5 Jahre Mindeststrafe -> heute: auf 3 Jahre gesenkt
- Grenzen bei Scheinwerkzeugen
- > (-) wenn Gegenstand aus Sicht eines objektiven Betrachters nach seinem äußeren Erscheinungsbild als offensichtlich ungefährlich und deshalb nicht geeignet erscheint, mit ihm auf den Körper eines anderen in nicht unerheblicher Weise einzuwirken
- -> Bsp. Labello-Fall: Drohung mit gegenstandsbezogenem Täuschungselement (-> § 244 I Nr. 1b) bleibt möglich)
- Absicht ist erforderlich, reicht aber auch aus (keine tatsächliche Drohung etc)
- > kann auch während des Tathergangs gefasst werden
P: Teilrücktritt im Rahmen des § 244 I Nr. 1 / § 250
eA: nicht möglich (Rspr): Beisichführen zu irgendeinem Zeitpunkt nach Versuchsbeginn genügt; Täter müsse von der Tat als Ganzer zurücktreten
aA: möglich (hM): Rücktrittsvorschriften passen zwar angesichts der schon vollendeten Qualifikation nicht, aber
pro: entspricht dem Grundgedanken der tätigen Reue
- > solange (Teil)Rücktritt von abstrakten Gefährdungsdelikten möglich, wie es bei bloß abstrakten Gefahren geblieben ist
§ 244: Wohnungseinbruchsdiebstahl
- Nebenräume sind dann mitgeschützt, wenn sie mit dem eigentlichen Wohnbereich unmittelbar verbunden und daher so integriert sind, dass insgesamt eine in sich geschlossene Wohneinheit vorliegt
- § 123 wird konsumiert; § 303 grds. auch
§ 244 I Nr. 2, 244a: Bande
= der Zusammenschluss von mindestens 3* Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen (künftige ungewisse Taten müssen umfasst sein - nur bereits bestimmte Taten reichen nicht aus)
-> Gefährlichkeit durch Bandenabrede
- mit BGH nun hM
pro: allgemeiner Wortgebrauch
pro: spezifische Gefahr ab 3, dass man sich als Mitglied gegen zwei andere durchsetzen muss - > ausreichend auch, wenn einer nur untergeordnete Hilfstätigkeiten ausführt
P: § 244 I Nr. 2, 244a: Mitwirkungserfordernis
- es reicht aus, wenn der Täter als Bandenmitglied und ein anderes Bandenmitglied in irgendeiner Weise zusammenwirken (auch bloß Gehilfe oder Anstifter)
1. eA: befürwortet weite Auslegung
con: Gefährlichkeit der Bandenabrede liegt nicht nur in Organisations-, sondern auch in Ausführungsgefahr
pro: zwei Tatbeiträge fließen dennoch in der Tatausführung zusammen, sodass Eigentum und Gewahrsam erhöht gefährdet werden (Ausführungsgefahr kann auch durch vorbereitende/örtlich entfernte Tathandlungen begründet werden)
pro: insbesondere moderne Diebesbanden werden erfasst
2. eA: besondere Aktionsgefahr im Ausführungsstadium nötig (Anwesenheit von mind. zwei Mitgliedern)