7+8/12 (GoA; Auftrag und Geschäftsbesorgung, Verwahrung) Flashcards
Geschäftsbesorgung
- jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln
- > (-) bei bloßer Gefälligkeit (Abgrenzung auf §§ 677 ff zu übertragen - zu diskutieren als “Anwendbarkeit der GoA-Vorschriften)
- > (-) bei höchstpersönlichen Handlungen (bspw. Testamentserrichtung)
- §§ 104 ff. (-), GoA-Handeln als tatsächliches Handeln (hM)
pro: wird von § 682 vorausgesetzt
Fremdheit des Geschäfts
- wenn es dem Rechts- oder Interessenkreis eines anderen zugehört
- > objektiv fremdes Geschäft: wenn es bereits nach äußerlichen Kriterien dem Rechts- oder Interessenkreis eines anderen angehört
- > auch-fremdes Geschäft: nach hM auch ein fremdes Geschäft, wenn dessen Besorgung zumindest auch im Rechtskreis oder Interessenkreis des Geschäftsherrn liegt
- -> Sonderfall: Nachkommen einer öffentlich-rechtlichen Pflicht: wenn zusätzlich zu Rechts- oder Interessenkreis des Geschäftsherrn auch einer öffentlich-rechtlichen Pflicht nachgekommen wird
- > subjektiv fremdes Geschäft: nach hM fremdes Geschäft, wenn zwar objektiv eigenes bzw neutrales Geschäft geführt wird, aber der nach außen erkennbare Wille des Geschäftsführers auf ein Tätigwerden für einen anderen gerichtet ist
P: Bestimmung der maßgeblichen Voraussetzungen des Fremdgeschäftsführungswillens
- hM: Differenzierung zwischen
-> objektiv fremden
-> subjektiv fremden
-> auch-fremden
Geschäften - Elemente:
1. Fremdgeschäftsführungsbewusstsein (vgl. § 687 I)
2. Fremdgeschäftsführungswille ieS (vgl. § 687 II)
Fremdgeschäftsführungswille: Objektiv und subjektiv fremde Geschäfte
- objektiv fremdes Geschäft: wenn der Geschäftsführer um das Geschäft als objektiv fremdes wusste (keine detaillierte Kenntnisse erforderlich), wird FFW vermutet (widerlegt durch Hinweise auf Verfolgung eigener Interessen)
- subjektiv fremdes Geschäft: Wille, für einen anderen tätig zu werden, muss nach außen erkennbar geworden sein
- > Beweislast bei Geschäftsführer
P: Fremdgeschäftsführungswille: Auch-fremde Geschäfte
- eA (hM; hL): FFW ergibt sich wie beim objektiv fremden Geschäft aus den Umständen -> Vermutung
pro: relativ eindeutig nach den konkreten Umständen in vielen Fallkonstellationen bestimmbar
pro: Problematische Fallgruppen auch durch Rspr. gebildet, um pauschaler Altruismusskepsis der mM mit differenzierter Betrachtung begegnen zu können (s. weitere Karten zu “P: FFW: …”) - aA (mM): im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Geschäftsführer primär im eigenen Interesse tätig wird, und erst dann an den anderen denkt
P: GoA bei hoheitlicher Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht des Geschäftsherrn
- grds.: GoA auch zwischen Verwaltungsträger und Privatpersonen, soweit öffentlich-rechtlich die Übernahme eines bestimmten Geschäfts und dessen Kosten nicht abschließend regelt
con: gegen die Anwendbarkeit spricht Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (keine zusätzlichen Abgaben) - > dagegen con: wenn zudem auch eine privatrechtliche Pflicht vorliegt, kann Geschäftsherr nicht durch das Tätigwerden eines Verwaltungsträgers begünstigt sein
con: Vorrang der öffentlich-rechtlichen Vorschriften - aber: nur soweit einschlägig - Fremdes Geschäft
con: Verwaltungsträger erfüllt nur öffentlich-rechtliche Pflicht - > dagegen con: auch Interesse des Geschäftsherrn (Auch-fremdes Geschäft)
con: § 681 S. 1: Geschäftsherr als Herr des Verfahrens, was bei öffentlich-rechtlicher Pflichterfüllung nicht anzunehmen sei - FFW
con: Hoheitsträger hat keinen FFW, weil er sich in seiner hoheitlichen Tätigkeit keinem (Geschäftsherrn) unterordnen will
P: FFW: bei Aufwendung im Hinblick auf künftigen Vertragsschluss (insbes. gewerblicher Erbensucher)
- eA (BGH): kein Aufwendungsersatzanspruch, da mit Ablehnung des Vertragsschlusses mit dem Erbensucher
pro: negative Vertragsfreiheit - aA (mM): Anspruch (+)
pro: Erbensucher konnte davor gar keine vertragliche oder sonstigen Beziehungen mit dem Erben aufnehmen
pro: durfte vermuten, dass dieser auch das Erbe antreten würde
pro: ratio des § 241a I Alt. 2 (Verbraucherschutz) passt nicht, da auch hier im Vorfeld kein Vertragsschluss möglich war
P: FFW: Geschäftsführer erfüllt zugleich eigene Verpflichtungen ggü Dritten (bspw. Subunternehmer-Konstellation)
- eA (BGH): Vermutungsregel des auch-fremden Geschäfts, jedoch GoA nicht anwendbar, soweit Vertrag zwischen dem Geschäftsführer und dem Dritten deren Beziehung abschließend und umfassend regelt (insb. Entgelt)
- aA (Lit): Ausschluss des FFW, wenn und soweit vertragliche Regelung zwischen Drittem und Geschäftsführer besteht
pro: Vorrang der Privatautonomie
pro: Primär Handeln zur Erfüllung eigener Verpflichtung anzunehmen
P: FFW: Aufgrund nichtigen Vertrages bzw. unerkannt unwirksamer (Endrenovierungs-) Klausel
- BGH: auch-fremdes Geschäft -> Vermutung
pro: soll subjektiv auch dem Rechts- und Interessenkreis des anderen dienen
con: aA
con: Differenzierende Rspr. zu unwirksamen Mietvertragsklauseln (s.u.) kann im Ergebnis nicht überzeugen (warum sollen Fälle unterschiedlich behandelt werden?) - aA (Lit): (-), unabhängig vom Wissen um die Nichtigkeitsgründe
pro: Leistender will seiner vermeintlichen Verpflichtung nachkommen
pro: GoA soll Bereicherungsrecht nicht unterlaufen - > insbesondere auch bei unerkannt unwirksamer (Endrenovierungs-) Klausel, wenn Mieter renoviert: erfüllt damit vermeintliche Verpflichtung aus dem Mietvertrag -Renovierungspflicht ebensowenig fremdes Geschäft wie Mietzinszahlungspflicht (auch BGH - differenziert also zwischen Erbringung einer Sachleistung und Entgeltpflicht)
FFW: Begleichung einer Schuld, die mehrere betrifft
Echte Gesamtschuld
- kommt Begleichung der Schuld nicht anderen zugute, liegt bereits kein fremdes Geschäft vor
- werden auch die anderen von ihrer Verbindlichkeit frei, liegt ein auch-fremdes Geschäft vor
- Vermutung des FFW?
con: Schuldner will sich regelmäßig nur von seiner eigenen Schuld befreien
con: spezieller Rückgriffsregel des § 426
Unechte Gesamtschuld (iE haftet ein Schuldner im Innenverhältnis (Letztverantwortlichkeit), bspw. Schädiger und Haftpflichtversicherer; Arbeitgeber und Arbeitnehmer über innerbetrieblichen Schadensausgleich)
- eA (RG, mM Lit): §§ 677, 683 S. 1, 670 (+)
- aA (hLit): Innenausgleich über § 255 analog oder § 426 (unter Aufgabe des ohnehin nur ungeschriebenen TBM der Gleichrangigkeit)
pro: normativ betrachtet wird der Letztverantwortliche durch die Leistung des anderen nicht von seiner Ersatzpflicht befreit (weil gerade mangels Gleichstufigkeit keine Gesamtschuld vorliegt)
FFW: Selbstaufopferung im Straßenverkehr
- Nach hM wird der Fremdgeschäftsführungswille in solchen Fällen nur dann vermutet, wenn der Kraftfahrer bei dem Unfall nicht haftbar gewesen wäre; ansonsten sei davon auszugehen, dass das Ausweichmanöver allein im eigenen Interesse (nämlich zur Vermeidung der Haftung) erfolgt sei
- Nach geltendem Recht kann der Halter sich gegenüber einem nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer gem. § 7 II StVG nur noch mit höherer Gewalt (= betriebsfremde und von außen kommende Ereignisse) entlasten
- > GoA-Anspruch idR (-), da höhere Gewalt in den seltensten Fällen vorliegt und Halter sodann haftet (-> Vermeidung also als eigenes Geschäft)
- Im Verhältnis zwischen zwei Kraftfahrern hat das Kriterium des unabwendbaren Ereignisses dagegen seine Bedeutung behalten (vgl. § 17 III StVG - bereits unabwendbares Ereignis lässt Haftung entfallen)
- > Anspruch aus §§ 677, 683 S. 1, 670 möglich
- Zudem zu problematisieren: Ersatzfähigkeit von Schäden im Rahmen der GoA (s. “P: Umfasst der Aufwendungsersatzanspruch bei §§ 683, 677, 670 auch Schäden des Geschäftsführers?”)
Ohne Auftrag
- weit zu verstehen: nicht nur Auftragsverhältnis, sondern jedes Rechtsgeschäft, durch das der Geschäftsführer ggü dem Geschäftsherrn zur Ausführung des Geschäftes berechtigt oder verpflichtet ist
Berechtigung
- sonstige: insbesondere gesetzliche Bestimmungen
- > Organhandeln im GesR (§§ 35 GmbHG, 78 AktG), Elterliche Geschäftsführung für Kinder (§§ 1626, 1629)
- > (-) bei Notwehr, Notstand, Selbsthilfe (aber: §§ 683, 684 möglich)
§ 683 S. 1: Interesse und Wille des Geschäftsherren
- Interesse: nach objektiven Kriterien aus der Sicht eines verständigen Dritten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen
- wirklicher Wille: tatsächlich geäußerter Wille (Kenntnis des Geschäftsführers unerheblich), aber § 116 analog
- > guter Glaube an Berechtigung ist nicht geschützt
- mutmaßlicher Wille: anhand objektiver Maßstäbe zu ermitteln, sodass er zumeist mit dem Interesse des Geschäftsherrn zusammenfällt
- “und”: Ausnahme des kumulativen Vorliegens, wenn wirklicher Wille vorliegt (Vorrang des individuellen Willens vor objektivem Interesse, pro: Privatautonomie)
§§ 683, 679: Unbeachtlichkeit des entgegenstehenden Willens
- Rechtspflicht - bloße sittliche Verpflichtung reicht nicht aus
- Suizidentenfälle
- > § 679 (-), aber § 823 ggf (+), insofern sich der Gerettete die Handlungen des Retters zurechnen lassen muss, da dieser sich durch den Suizidversuch herausgefordert fühlen durfte, einzuschreiten
- öffentliches Interesse: da Erfüllung einer Rechtspflicht fast notwendig im öffentlichen Interesse liegt, ist ein gesteigertes öffentliches Interesse notwendig
- > Verkehrssicherungspflichten
- > öffentlich-rechtliche Pflichten
- nicht rechtzeitig: insb. bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen: Geschäftsherr darf nicht schlechter stehen als bei pflichtgemäßem Tätigwerden der zuständigen Behörde (entspr. Verwaltungsmaßnahme müsste vollstreckbar/unmittelbar ausführtbar sein)
P: Anwendung des § 680 (Privilegierung des Nothelfers) bei professionellen Nothelfern
- eA (hM, BGH): teleologische Reduktion des § 680
-> BGH: jedenfalls hinsichtlich der Haftung aus § 839 iVm Art. 34 S. 1 GG für Amtsträger, die berufsmäßig Gefahren abwehren
pro: sonst übliche Vergütung, aber Haftungsprivilegierung (stünde besser als bei vertraglichem SV, wo § 276 gilt)
pro: Telos passt nicht, da sich professionelle Helfer auf Einsätze spezialisiert vorbereiten
pro (hM): BGH-Gedanke auch auf sonstige professionelle Helfer zu übertragen - aA: Haftungsprivilegierung
pro: Wortlaut statuiert keine Ausnahme
P: Umfasst der Aufwendungsersatzanspruch bei §§ 683, 677, 670 auch die Vergütung bei einem Tätigwerden des Geschäftsführers in seinem beruflichen Aufgabenfeld?
- hM: übliche Vergütung gem. § 1835 III analog
pro: anders als beim Auftrag fehlt gerade die Einigung über die Unentgeltlichkeit
pro: historisch: umfassender Verweis ins Auftragsrecht als Redaktionsversehen, da zur Zeit der GoA-Festsetzung die Vereinbarung einer Entgeltlichkeit auch beim Auftrag noch als Möglichkeit im Raum stand
pro: § 685 regelt Schenkungsfall speziell
pro: wird wie Vormund im öffentlichen Interesse tätig
-> auch möglich: Begriffserweiterung der “Aufwendung” in § 670 für die Fälle der GoA
-> auch möglich: Subsumtion der Arbeitsleistung unter den herkömmlichen Aufwendungsbegriff aus § 670
=> iE: nur methodischer Streit, der nicht entschieden werden braucht - aA: (-)
Berechtigung zur Übernahme der Geschäftsbesorgung
- § 683 S. 1: Übernahme im objektiven Interesse und mit wirklichem (maßgeblich, wenn vorhanden) oder mutmaßlichem Willen des Geschäftsherrn
- §§ 683 S. 2, 679: Erfüllung einer Pflicht im öffentlichen Interesse oder einer gesetzlichen Unterhaltspflicht
- Genehmigung der Geschäftsführung durch den Geschäftsherrn (§ 684 S. 2)
Rechtsnatur des Auftrags
- hM: unvollkommen zweitseitig verpflichtender Vertrag
- > auch Auftraggeber können Pflichten treffen (Vorschusspflicht, Aufwendungsersatzpflicht), die jedoch nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Geschäftsbesorgung stehen (§§ 320 ff nicht anwendbar)