6. Vom Umgang mit psychisch Kranken und Nicht-Einwilligungsfähigen Ethik in der Psychiatrie. Zwang Flashcards
Ethik in der Psychiatrie
Definitionen psychischer Erkrankung
- „Beeinträchtigungen der normalen Funktionsfähigkeit des menschlichen Erlebens und Verhaltens, die sich in emotionalen, kognitiven, behavioralen, interpersonalen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen äußern und die von der jeweiligen Person nicht oder nur begrenzt beeinflussbar sind“
(Bastine 1998, S. 19)
- „Beeinträchtigungen der normalen Funktionsfähigkeit des menschlichen Erlebens und Verhaltens, die sich in emotionalen, kognitiven, behavioralen, interpersonalen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen äußern und die von der jeweiligen Person nicht oder nur begrenzt beeinflussbar sind“
- …Ein klinisch bedeutsames Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Muster (….), das bei einer Person auftritt und das mit momentanem Leiden (…) oder einer Beeinträchtigung (…) oder mit einem stark erhöhten Risiko einhergeht, zu sterben,
Schmerz, Beeinträchtigung oder einen tiefgreifenden Verlust an Freiheit zu erleben
(Saß et al. 1996, S. 944)
-> Veränderte Selbstwahrnehmung und verminderte Selbstregulationskompetenz
Ethik in der Psychiatrie
Die Behandlungspflicht und –legiUmaUon basieren auf IndikaUon und informierter Einwilligung
Ethik in der Psychiatrie
Das Prinzip der Autonomie
- Autonomie als moralisches Recht: Würde als Resultat der Freiheit zur Selbstgesetzgebung mittels der Vernunft
-> Verpflichtung, selbstbestimmte Entscheidungen des Patienten nicht zu übergehen
-> Verpflichtung zur Befähigung des Patienten zur selbstbestimmten Entscheidung - Autonomie als Kompetenz setzt Selbstbestimmungs- bzw. Einwilligungsfähigkeit voraus
- Grad der Selbstbestimmung kann variieren
Ethik in der Psychiatrie
Aufklärung und Einwilligung bei psychisch Kranken
Einwilligungs- bzw. Selbstbestimmungsfähigkeit Unterscheidung:
- selbstbestimmter / freiverantwortlicher Wille
auf der Grundlage von sorgfältiger Reflexion und Abwägung eigener Argumente und Werte
- natürlicher Wille
unreflektierte Äußerung aktueller Wünsche
Ethik in der Psychiatrie
Verantwortliche Bestimmung der Einwilligungsunfähigkeit (Selbstbestimmungsfähigkeit)
Verantwortliche Bestimmung der Einwilligungsunfähigkeit (Selbstbestimmungsfähigkeit)
Selbstbestimmungsfähigkeit besteht bei Existenz der Fähigkeiten zum
* Verstehen therapierelevanter Informationen: Understanding
* Einschätzung der eigenen Erkrankung incl. der Folgen der hierfür bestehenden Therapieoptionen: Appreciation
* Rationale Informationsverarbeitung: Reasoning
* Treffen und Kommunizieren einer diesbezüglichen Entscheidung: Evidencing a choice
Ethik in der Psychiatrie
Einwilligungsfähigkeit
Einwilligungsfähigkeit
Juristische Voraussetzungen: der Patient muss auf der Grundlage der ärztlichen Aufklärung
(1) die Bedeutung, Tragweite und Risiken der ärztlichen Maßnahme erkennen und verstehen („Einsichtsfähigkeit“) und
(2) sich darüber ein eigenes Urteil bilden und nach dieser Einsicht handeln kann (Steuerungs- bzw. Urteils- und Handlungsfähigkeit)
Ethik in der Psychiatrie
Spannungsverhältnis von Autonomie und Fürsorge: Zwang
Anwendung von Zwang:
- freiheitsentziehende Unterbringung in Kliniken und anderen stationären Einrichtungen
- unfreiwillige Behandlung psychischer und somatischer Erkrankungen
- medikamentöse Ruhigstellung bei herausforderndem Verhalten
- freiheitsentziehende Maßnahmen (z.B. strukturelle Zwänge, Einsatz von Bettgittern oder Fixierungsgurten).
Zweck von Zwangsmaßnahmen:
- Schutz vor ernsthafter Eigengefährdung
- Schutz von Drittpersonen (Fremdgefährdung)
- Behandlung einer Krankheit oder Störung
Ethik in der Psychiatrie
„Zwangsmaßnahmen kommen nur in Betracht, wenn die betroffene Person in ihrer Fähigkeit zur Selbstbestimmung so stark eingeschränkt ist, dass sie keine freiverantwortliche Entscheidung zu treffen vermag.“
Ethik in der Psychiatrie
Zwang als ultima ratio:
Ethik in der Psychiatrie, Pyramide
Grundgesetz
BGB § 1906a Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen
- (1) Widerspricht eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in die ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen, wenn
- 1.die ärztliche Zwangsmaßnahme zum Wohl des Betreuten notwendig ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
- 2.der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geisfgen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
- 3.die ärztliche Zwangsmaßnahme dem nach § 1901a zu beachtenden Willen des Betreuten entspricht,
- 4.zuvor ernsthai, mit dem nöfgen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks versucht wurde,
den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen, - 5.der drohende erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere den Betreuten weniger belastende
Maßnahme abgewendet werden kann, - 6.der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchfgungen
deutlich überwiegt und - 7.die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen eines stafonären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, durchgeführt wird.
Psychisch-Kranken-Gesetze bzw. Landesunterbringungsgesetze der Bundesländer (im Rahmen der Gefahrenabwehr)
- Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung als Schutzmaßnahme bei Anhaltspunkten für Selbstgefährdung oder Gefährdung bedeutender Rechtsgüter
- Voraussetzungen:
- psychiatrische Erkrankung
- Selbst- oder Fremdgefährdung * Ärztliches Attest
- Ziel: Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung