6. Diagnostik in der Kognitiven Verhaltenstherapie Flashcards
Kognitive Verhaltenstherapie
Die Verhaltenstherapie ist eine auf der empirischen Psychologie basierende psychotherapeutische Grundorientierung. Sie umfasst störungsspezifische und -unspezifische Therapieverfahren, die aufgrund von möglichst hinreichend überprüftem Störungswissen und psychologischem Änderungswissen eine systematische Besserung der zu behandelnden Problematik anstreben. Die Maßnahmen verfolgen konkrete und operationalisierte Ziele auf den verschiedenen Ebenen des Verhaltens und Erlebens, leiten sich aus einer Störungsdiagnostik und einer individuellen Problemanalyse ab und setzen an prädisponierenden, auslösenden und/oder aufrechterhaltenden Problembedingungen an. Die in ständiger Entwicklung befindliche Verhaltenstherapie hat den Anspruch, ihre Effektivität empirisch abzusichern
Prinzipen Kognitive Verhaltenstherapie
Verlauf
Horizontale Verhaltensanalyse
• Störungsübergreifende Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Problemen und Störungen (=funktionale Bedingungsanalyse)
• Es gibt dazu diverse ähnliche Modelle unterschiedlicher Autoren:
– S-O-R-K-C-Verhaltensgleichung (Kanfer & Saslow 1969; 1974)
– die Analyse von Verhalten-in-Situationen (ViS) im Rahmen des Problemanalyse- Ansatzes (Bartling et al., 1998)
• Am bekanntesten und am häufigsten genutzt: S-O-R-K-C-Verhaltensgleichung
• Margraf & Schneider (2009), Kap. 21
• Verhaltensanalyse = Diagnostische Ansätze, die sich an lernpsychologischen Annahmen zur Erklärung von Verhalten orientieren, die annehmen, dass…
– problematisches Verhalten (Reaktion)
– gesteuert wird durch die vorausgehenden Stimuli
– sowie durch die nachfolgenden Konsequenzen („consequences“: Belohnung oder Bestrafung), die mit einer bestimmten Kontingenz auftreten
– und dabei noch beeinflusst werden von spezifischen biologisch-physiologischen sowie psychosozialen Eigenschaften der Person (Organismus)
• Lerntheorien und lerntheoretischen Annahmen:
– Klassisches und operantes Konditionieren, Modelllernen, law of effect, Verstärkerpläne
Law of Effect
Bezeichnung für ein von THORNDIKE (1874-1949) aufgestelltes Gesetz, das besagt, daß Handlungen, auf die ein befriedigender Zustand folgt, besonders gut im Gedächtnis behalten und auch häufiger ausgeführt werden.
Die idee, die konsequenz die auf eine handlung folgt, egal mit welcher Wahrscheinlichkeit, eine handlung wieder gezeigt wird
Hinweisreize
• Auch beim operanten Lernen spielen Reize, die dem Verhalten vorausgehen, eine wichtige Rolle.
• Diese Reize können anzeigen, ob einem bestimmten Verhalten eine bestimmte Verstärkung folgen wird (positiver diskriminativer Hinweisreiz) oder nicht (negativer diskriminativer Hinweisreiz).
• Beispiele:
– Kinder lernen, bei welchem Elternteil das Verhalten „Betteln“ zum gewünschten Ereignis führt und bei welchem nicht.
– Autofahrer beachten diskriminative Hinweisreize, z. B. in Form der bekannten „Blitzkästen“: In ihrer Nähe werden Geschwindigkeitsbeschränkungen eher beachtet, da die Kästen anzeigen, dass dem unerwünschten Verhalten mit höherer Wahrscheinlichkeit negative Konsequenzen folgen werden.
S-O-R-K-C-Verhaltensgleichung
—> Horizontale Komponente = Zeit
S-O-R-K-C-Verhaltensgleichung
Die Organismus-Variable
• In früheren verhaltensanalytischen Ansätzen nur biologisch-physiologische Einflussfaktoren
• Mittlerweile aber auch weitere Variablen:
– Schemata, Einstellungen, Überzeugungen, Kompetenzen, Defizite und Prädispositionen aufgrund der Lebenserfahrungen
– Verhaltensrelevante zeit- und situationsstabile Persönlichkeitseigenschaften (Intelligenz, Selbstkonzept, Kontrollüberzeugungen)
– Sozialisationsbedingungen
• àAlle biologisch-physiologischen und psychosozialen Faktoren, die den Verhaltensspielraum einer Person beeinflussen im Sinne relativ stabiler Persönlichkeitsvariablen (= trait-Einflüsse, Dispositionen)
à Schnittpunkt mit vertikaler Verhaltensanalyse/Problemanalyse (situationsüberdauernde Ziele und Motivstrukturen, die Problemverhalten mitbedingen)
S-O-R-K-C Komponente, Verhaltensanalyse (Fallkonzeption)
Kontingenz
- Kontiguität: räumlich-zeitliche Nähe von Reizen und Reaktionen
- Kontingenz: Zusammenhang im Auftreten zweier Ereignisse = Wahrscheinlichkeit, mit der ein Reize (oder ein Verhalten) eintritt wenn ein anderer Reiz gegeben ist
- Verstärkerpläne:
- unterschiedliche Kontingenz der Verstärker
- Kontinuierlich (Verhalten wird schnell aufgebaut, geringe Löschungsresistenz)
- Intermittierend (Verhalten wird langsam aufgebaut, hohe Löschungsresistenz)
- Verstärkung nach Zeit oder Reaktion • Intervallplan
- Quotenplan
Vorgehen bei der Verhaltensanalyse
• Definition des Problemverhaltens
• R: Beschreibung des Problemverhaltens
– Kognitiv: begleitende Gedanken
– Emotional: begleitende Gefühle
– Physiologisch: körperliche Begleiterscheinungen
– Behavioral: das beobachtbare Verhalten in der Situation, Verhaltensdefizite und Verhaltensexzesse
• S: Was sind die vorausgehenden internen und externen Stimuli?
• C: Welche kurzfristigen und langfristigen Konsequenzen folgen auf das Problemverhalten?
– Zeitliche Ordnung und Orientierung am Law of Effect
• O: Welche situationsübergreifenden Faktoren steuern das Verhalten noch?
Wichtigste Frage zur Verhaltensanalyse
• Welche Faktoren steuern das Problemverhalten bezüglich der Entstehung und Aufrechterhaltung?
– vorausgehende Bedingungen und nachfolgende Konsequenzen – Unabhängig von klassifikatorischer Diagnostik!
Beispielsweise:
– negative oder positive Verstärkung
– Bestrafung
– Löschung / indirekte Bestrafung
– Klassische Konditionierung
– Kognitive Steuerung durch dysfunktionale Annahmen oder selektive Aufmerksamkeit
– Wechselseitige Interaktion mit physiologischen Prozessen
Der Einbezug von störungsspezifischem Wissen
Eine störungsübergreifende Verhaltensanalyse muss wenn möglich durch störungsspezifisches Wissen und störungsspezifische Erklärungsmodelle optimiert werden
– à der Therapeut orientiert sich dabei an den Befunden, die nach aktuellem Forschungsstand die Störung am besten erklären und diese fließen in die Verhaltensanalyse ein
• Spezifische Hypothesen
• Gezielte Informationserhebung
• à wenn die Diagnose eng umschrieben ist, und gut abgesicherte Modelle existieren, kann die Orientierung an diesen sogar allein ausreichend sein
-> gleichzeitig bietet die Verhaltensanalyse die Möglichkeit, den Fall ganz individuell zu betrachten und auch spezifische Besonderheiten und nicht zu klassifizierende Probleme abzubilden
Horizontale und
vertikale Verhaltensanalyse
Analyse von Regeln und Plänen
- Übergeordnete Regeln, Pläne, Ziele, Überzeugungen, Schemata
- identifizierbare Ziel-Strategie-Komplexe à Welchen übergeordneten Zielen oder Bedürfnissen dient das Verhalten?
- persönliche Motive, z. B. Macht, Anschluss, Leistung, Autonomie, Genuss, Sicherheit, Anerkennung