1. Übersicht, Grundlagen psychologischer Diagnostik Flashcards
Was ist psychologische Diagnostik?
Definition
Abfolge von massnahmen zur gewinnung diagnostischer relevanter informationen und deren integration zur beantwortung einer fragestellung.
•„Psychologische Diagnostik ist eine Teildisziplin der Psychologie. Sie dient der Beantwortung von Fragestellungen, die sich auf die Beschreibung, Klassifikation, Erklärung oder Vorhersage menschlichen Verhaltens und Erlebens beziehen. Sie schließt die gezielte Erhebung von Informationen über das Verhalten und Erleben eines oder mehrerer Menschen sowie deren relevanter Bedingungen ein. Die erhobenen Informationen werden für die Beantwortung der Fragestellung interpretiert. Das diagnostische Handeln wird von psychologischem Wissen geleitet. Zur Erhebung von Informationen werden Methoden verwendet, die wissenschaftlichen Standards genügen.“
Grafik
Wichtige Merkmale
- verschiedene (zu diagnostizierende) Merkmalsträger
- Sammlung von (diagnostischen) Informationen
- Zielgerichtetheit - konkrete Fragestellungen
- Trennung von Fakten und Bewertungen
- grundwissenschaftliche Fundierung
- wissenschaftliches„Methodenarsenal“
Der Diagnostische Prozess
- Schritt: Auftraggeber
- Identifikation des Auftraggebers: Wer? Was? - Schritt: Fragestellung/Auftrag:
-Klärung des Auftrags und definieren einer Fragestellung
-die Auftragsklärung sollte schon ein rückgekoppelter Prozess sein
-> ist der Auftrag ethisch vertretbar?
(Richtlinien für gutachten, Sorgfaltspflicht, Verantwortung gegenüber Pat.: Vertrauensverhältnis, Aufklärung und informierte einwilligung
-> sind institutionelle und gesetzliche Rahmenbedingungen erfüllt?
(inst. Rahmenbedingungen: Klärung mit Arbeitgeber, Gesetz. Rahmenbedingung: Klärung über Normpyramide, einfache Gesetze wie Schweigepflicht
-> ist die Fragestellung unklar?
(fokus der frage Individuum vs Bedienung, zeitliche Stabilität der disagnose, Konsequenzen der Diagnose wollen wir eine Person auswählen oder wollen wir Veränderungen über die zeit messen? - schritt: Hypothesenbildung und Bearbeitung
• Formulierung spezifischer psychologischer Fragen, um das in der Fragestellung formulierte Problem zu lösen
• dabei Berücksichtigung von Vorinformationen, von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Wissen um Rahmenbedingungen, spezifisches Bedingungswissen
• Hinweise zur Hypothesenbildung:
– ein Sachverhalt pro Hypothese
– als Frage formulieren
– Trennscharfe Hypothesenformuliere
– auf Bezug zur globalen Fragestellung achten
(Modelle der Hypothesenbildung: Verhaltensgleichung, KSAs+P, Klinische Klassifikationssysteme)
- Schritt: Planung der Datenerhebung und Auswahl der verfahren
• 2 Aspekte: strategische Planung („Was soll erhoben werden?“) und taktische Planung („Wie kommt man an die Informationen?“)
• Auswahl der Verfahren
– Ist das Verfahren zur Beantwortung der Fragestellung geeignet? Hauptgütekriterien beachten!
– Ist das Verfahren für die zu untersuchende Person angemessen? - schritt: Datenerhebung und Auswertung
• Aufklärung: Prinzip der informierten Einwilligung
• gute Arbeitsbedingungen schaffen
• Standardisierung der Untersuchungsbedingungen für Vergleichbarkeit der Ergebnisse
• bei Testauswertung auf Objektivität und Vertraulichkeit der Ergebnisse achten - Schritt: Datenkombination
- entscheindungstheorie der diagnostik - schritt: bericht/ diagnose / Entscheidung:
- güte diagnostischer Entscheidungen: prädikative Validität, Basisquote, selektionsquote
Die Fragestellung
- Ist der Auftrag ethisch vertretbar?
- Sind institutionelle und gesetzliche Rahmenbedingungen erfüllt?
- Ist die Fragestellung klar?
- Ist die Fragestellung prinzipiell beantwortbar?
- Kann ich die Fragestellung sinnvoll beantworten?
Hypothesen
• Formulierung spezifischer psychologischer Fragen, um das in der Fragestellung formulierte Problem zu lösen
• dabei Berücksichtigung von Vorinformationen, von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Wissen um Rahmenbedingungen, spezifisches Bedingungswissen
• Hinweise zur Hypothesenbildung:
– ein Sachverhalt pro Hypothese
– als Frage formulieren
– Trennscharfe Hypothesenformuliere
– auf Bezug zur globalen Fragestellung achten
Modelle der Hypothesenbildung
Verhaltensgleichung: V = f(U, O, K, E, M, S)
• Umgebungsvariablen (z.B. Wohnsituation, Zeit)
• Organismusvariablen (z.B. körperl. Belastbarkeit, Alter, Ernährung, Beeinträchtigungen, Behinderungen)
• Kognitive Variablen (z.B. Intelligenz, Konzentration, Wissen, Kreativität)
• Emotionale Variablen (z.B. emotionale Stabilität, Umgang mit Belastungen, emotionale Bindungen)
• Motivationale Variablen (z.B. Motive, Interessen, Werte)– Soziale Variablen (z.B. soziale Kompetenzen, Normen,
Pflichten)
• Verhaltensgleichung: V = f(U, O, K, E, M, S)
• KSAs+P
– Knowledge (Allgemeinwissen, spezifisches Wissen)
– Skills (erlernbare/trainierbare Verhaltensweisen)
– Abilities (stabile kognitive Leistungen)
– Personality (emotionale, motivationale und soziale Persönlichkeitseigenschaften)
• Klinische Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-V)
Planung der Datenerhebung
• 2 Aspekte: strategische Planung („Was soll erhoben werden?“) und taktische Planung („Wie kommt man an die Informationen?“)
• Auswahl der Verfahren
– Ist das Verfahren zur Beantwortung der Fragestellung geeignet? Hauptgütekriterien beachten!
– Ist das Verfahren für die zu untersuchende Person angemessen?
Allgemeines Prozessmodell
Das Prozessmodell des
Problemlösens
Das 7-Phasen-Modell im
Selbstmanagement-
Ansatz
Diagnostische Teilschritte (Reimer und Rüger, 2012)
• „Eine zeitgemäße psychodynamische Diagnostik integriert die bewährten psychodynamischen Ansätze und gelangt damit abschließend zu einer psychodynamischen Fallformulierung, aus der sich auch eine diagnostische Klassifikation und eine individuelle Behandlungsplanung ableiten lässt.“ (Reimer & Rüger, 2012, Kap. 3, S 41)
• Die wichtigsten diagnostischen Teilschritte:
– 1.ErfassungderEingangsszene
– 2.BeschreibungdesklinischenBildesundderaktuellen Lebenssituation
– 3.BiografischeAnamnese
– 4.ErfassungderPsychodynamik
– 5.FormulierungderpsychodynamischenDiagnoseundder Klassifikation
– 6.TherapeutischeZielsetzungundBehandlungsplanung
Science-Informed Case Conceptualization
Zusammenfassung diagnostischer Prozess
• Diagnostischer Prozess: hypothesengeleiteter, rückgekoppelter wissenschaftlicher Prozess zur Beantwortung angewandter Fragestellungen
• Fragestellung und Planung
– Auftragsklärung: Verantwortbarkeit, Rahmenbedingungen, Klarheit, Beantwortbarkeit, eigene Kompetenz und Neutralität
– Hypothesenbildung und –bearbeitung: Ableitung spezifischer psychologischer Fragen auf der Basis grundwissenschaftlicher Erkenntnisse
– Planung der Datenerhebung (Was? Wie?): Ziel haben, Voraussetzungen schaffen, Verfahren auswählen (zur Beantwortung Fragestellung geeignet? für Person angemessen?)
Arten von Daten
• „maximum performance“ = Fähigkeits- und Leistungstests
– Intelligenztests
– spezielle Fähigkeitstests – Entwicklungstests
– Schultests
• „typical performance“ = Erfassung Persönlichkeit i.e.S.
– L-Daten: ohne Zutun und ohne Beeinflussung der betroffenen Person registrierbare Daten aus dem täglichen Leben (z.B. Dokumentenanalyse, Verhaltensbeobachtung, Fremdbeurteilung)
– Q-Daten: Auskünfte der betroffenen Person über sich selbst (z.B. Inhalte aus Interview/Exploration, Fragebögen)
– T-Daten: Ergebnisse von Tests, bei denen keine mit der Messintention übereinstimmende Augenscheinvaliditaẗ besteht (z.B. physiologische Messungen, projektive Verfahren, reaktionszeitbasierte indirekte Tests)
Durchführung
- Aufklärung: Prinzip der informierten Einwilligung
- gute Arbeitsbedingungen schaffen
- Standardisierung der Untersuchungsbedingungen für Vergleichbarkeit der Ergebnisse
- bei Testauswertung auf Objektivität und Vertraulichkeit der Ergebnisse achten
Fähigkeits- und Leistungstests
- Leistungen: Handlungen, die nach einem Gütemaßstab bewertbar sind
- Kompetenz-Performanz-Problem
- Fähigkeit vs. Fertigkeiten und Wissen
- Übungseffekte
Intelligenztests
-sehr gute verhersagen in wichtigen lebensbereichen, erimttelt zeitstabile kennwerte, haben korrelationen mit schul ausbikdungs und berufs erfolg, erlauben sowohl die spezifische erfassung eines kernbereiches zb schlussfolgerndes denken als auch die breite erfassung von intelligenz
Ausgewählte Intelligenztests für Erwachsene
- Wechsler Intelligenztest für Erwachsene (WIE)
- Intelligenz-Struktur-Test (IST-2000-R)
- Wilde Intelligenz-Test (WIT-2)
- Kognitiver Fähigkeitstest (KFT4-12+R)
- Berliner Intelligenzstrukturtest (BIS, BIS-HB)
Ausgewählte Intelligenztests für Kinder
- Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder (HAWIK-IV)
- Hannover-Wechsler-Intelligenztest für Vorschulalter (HAWIVA-III)
- Adaptives Intelligenzdiagnostikum (AID 2)
- Kaufman Assessment Battery for Children (K-ABC)
- Snijders-Oomen nonverbale Intelligenztests
Spezielle Fähigkeitstests
•
Spezielle Fähigkeitstests
diverse Tests zur Messung spezifischer Fähigkeitsaspekte
• Tests zur Messung spezifischer Intelligenzkomponenten
• Raven Matrizentests (fluide Intelligenz)
• Mehrwachwahl-Wortschatz-Intelligenztest
• Lern- und Gedächtnistests
• Kreativitätstests
• Tests zur auditiven Wahrnehmung
• Auch Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests
Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests
ach als Allgemeine Leisngsess beeichne, da sie
die allgemeinen Voraussetzungen für das Erbringen von
die allgemeinen Voraussetzungen für das Erbringen
kognitiven Leistungen erfassen sollen
von kognitiven Leistungen erfassen sollen
Aufmerksamkeitstests
Sollen erfassen, wie schnell und genau ein proband kritische reize entdeckt
Konzentrationstests
- Konzentrationstests bestehen aus einfachen Aufgaben (klar wahrnehmbare Reize, einfach zu erinnernde Regeln) und sind Speed-Tests
- Durchstreich- oder Markierverfahren
- aus Vielzahl ähnlicher Reize sollen Zielreize anhand vorgegebener Merkmale gesucht und angestrichen bzw. markiert werden
- irrelevante Reize (Distraktoren) sollen gar nicht bzw. anders bearbeitet werden
- Indikatoren: Tempo/Menge, Auslassungsfehler, Verwechslungsfehler
Entwicklungstests
- Ziel ist typischerweise die Überprüfung des Entwicklungsstandes von Vorschulkindern
- allgemeine Entwicklungstests
- Intelligence and Development Scales (IDS; Grob et al., 2010) fur̈ 5 bis 10-jaḧ rige Kinder
- Wiener Entwicklungstest (WET; Kastner-Koller & Deimann, 1998; 2. Auflage: 2002) für Kindergartenkinder
- Griffiths-Entwicklungsskalen (GES; Brandt & Sticker, 1983) für unter 2-jährige Kinder
- spezifische Entwicklungstests, z.B. Frostigs Entwicklungstest (FEW) zur visuellen Wahrnehmung