5. Klassifikation psychischer Störungen Flashcards

1
Q

Was heißt eigentlich Krankheit?

A
  • Es gibt keine allgemein gültigen Definitionen für Gesundheit und Krankheit, beide sind vielschichtige Konstrukte.
  • Allgemeines Krankheitsparadigma (nach Baumann & Perrez, 2005) :

• Probleme:
– Psychische Störungen sind selten eindeutig auf bestimmte biologische Dysfunktionen/Defekte zurückzuführen
– Diagnosen stigmatisieren
– Vielschichtigkeit geht verloren bei kategorialer Entscheidung
• Aber: Dimensionale und kategoriale Betrachtungsweise stehen nicht im Widerspruch, sondern können nebeneinander genutzt werden

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2
Q

Psychische Störungen?

A
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3
Q

Definition psychische Störung im DSM-5

A
  • “A mental disorder is a syndrome characterized by clinically significant disturbance in an individual’s cognition, emotion regulation, or behavior that reflects a dysfunction in the psychological, biological, or developmental processes underlying mental functioning. Mental disorders are usually associated with significant distress or disability in social, occupational, or other important activities. An expectable or culturally approved response to a common stressor or loss, such as the death of a loved one, is not a mental disorder. Socially deviant behavior (e.g., political, religious, or sexual) and conflicts that are primarily between the individual and society are not mental disorders unless the deviance or conflict results from a dysfunction in the individual, as described above.”
  • APA (2013), S. 20
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4
Q

Krank oder gesund?

A

• Wo ziehen wir die Grenze zwischen „normalem“ und „abnormem“ Verhalten bzw. „gesund vs. krank“, „psychisch unauffällig“ vs. „psychisch gestört“ oder „klinisch bedeutsam vs. nicht bedeutsam“?

Abnorm oder psychisch gestört ist das...
• Unpassende (subjektive Norm)
• Verwerfliche (Idealnorm)
• sozial Abweichende (Sozialnorm)
• Schädliche (funktionale Norm)
• Ungewöhnliche (statistische Norm) à in Psychologie und Sozialwissenschaften: oft dimensionale Beschreibungen, „abnorm“ = selten
-> Problem der Grenzziehung

• Die dimensionale Betrachtungsweise allein ist für den klinischen Kontext nur begrenzt hilfreich:
– kategoriale Entscheidungen ermöglichen Auswahl von Interventionen
– Kategoriale Entscheidung über Störung beinhaltet weitere Faktoren (Beginn, Verlauf, Persistenz, subjektives Leid…)
– à häufig wenig Konvergenz zwischen kategorialen Diagnosen und dimensionalen Skalen
• Siehe: Wittchen & Hoyer, Kapitel 2

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5
Q

Beispiel Depression

A

• BDI-V (Schmitt & Maes, 2000)
• Kann man anhand dieses
Fragebogens eine Depressions- Diagnose stellen?

  • Mittelwerte des BDI-V als Funktion von Alter und Geschlecht
  • 5% der Männer und 3% der Frauen geben sich als völlig symptomfrei an (BDI-V-Wert von 0)
  • Schmitt et al. (2006),

• Was würde passieren, wenn wir alle Personen ab einem bestimmten Grenzwert (= Cut-off) als depressiv klassifizieren würden?
– Sensitivität:AnteilderPositiven(=vomInstrumentalsmitDepression eingeschätzt) an den Richtig Positiven (=mit Depression)
à Welcher Anteil mit Depression wird vom Instrument erkannt
– Spezifität:AnteilderNegativen(=vomInstrumentalskeineDepression eingeschätzt) an den Richtig Negativen (=keine Depression)
à Welcher Anteil ohne Depression wird vom Instrument erkannt

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6
Q

Dimensional vs. kategorial

A

• Fazit:
– Mit rein dimensionalen Selbst- und Fremdbeobachtungs-Skalen können wir keine
kategorialen Entscheidungen treffen, ob eine bestimmte Störung vorliegt – Dimensionale Skalen sind aber sehr hilfreich für:
• Objektivierende Beschreibung von Beschwerden
• Feststellung des Schweregrads
• Ggf. Screening nach bestimmten Störungen (=Feststellung der Wahrscheinlichkeit,
dass eine Störung vorliegt oder ausgeschlossen werden kann)

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7
Q

Ziele von Klassifikationssystemen psychischer Störungen

A
  • Verlässliche (reliable) Diagnosen
  • Wissenschaftliche Erforschung psychischer Störungen
  • Interdisziplinäre wissenschaftliche Kommunikation
  • Verknüpfung von Diagnosen mit Interventionsentscheidungen
  • Definition von Kontraindikationen
  • Prognosen (Remission, Rückfallrisiko…)
  • Internationale Kommunikation
  • Versicherungsrechtliche, juristische und abrechnungstechnische Fragen
  • Qualitätssicherung
  • Verbesserungen der Ökonomie von Diagnostik und Therapie
  • Entwicklung von Screening- und Diagnoseverfahren
  • Lehre
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8
Q

Was wäre wünschenswert?

A

• Wünschenswert wäre ein empirisch-basiertes nosologisches System zur Klassifikation
– Nosologie: Krankheitslehre, Versuch einer natürlichen, konsistenten, eindeutigen und logischen Ordnung von Krankheiten nach einheitlichen Gesichtspunkten
• Mögliche Gesichtspunkte zur Einteilung: – Symptome und Syndrome
– Verlauf
– Ätiologie
– Intensität
-> Nicht vorhanden! Vor allem ätiologische Einteilungsversuche sind schwierig, da dafür die wissenschaftlichen Erkenntnisse fehlen.
-> Realität: Expertengruppen finden Konsens darüber, was in operationaliserte Klassifikationssystem Eingang findet und was nicht

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9
Q

Unzureichende Systeme

A

• Bis 1950 sind viele unterschiedliche und miteinander inkompatible Klassifikationssysteme psychischer Störungen entstanden
• Folgen:
– keine einheitliche und verlässliche Kommunikation möglich – Keine systematische internationale Forschung möglich

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10
Q

Deskriptive Klassifikationssysteme

A

• Lösung: Einführung von deskriptiven
Klassifikationssystemen mit expliziten Kriterien
• Diagnosen sind dabei als hypothetische Konstrukte zu verstehen.

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11
Q

Beispiel: Beschwerden, Klagen, Verhaltensweisen

A

Ich bin nur noch mies drauf. Was mir früher Spaß gemacht hat, interessiert mich nicht mehr, dabei haben sich vorher alle gewundert, wie extrem gut drauf ich immer war. Auf der Arbeit mache ich ständig Flüchtigkeitsfehler. Das Essen schmeckt mir nicht mehr und ich liege jede Nacht wach.

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12
Q

Beispiel: Symptome, Befunde

A

niedergedrückte Stimmung, Verlust von Interesse, vorher extremes Energieniveau und überschwängliche Stimmung, Konzentrationsstörungen, Appetitverlust, Schlafstörungen

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13
Q

Beispiel: Syndrom

A

-> Depressives Syndrom und manisches Syndrom

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14
Q

Beispiel: Diagnose

A

+ manische Episode in der Vergangenheit
+ Schweregradeinschätzung
+ Verlauf (seit über 2 Wochen)
-> F 31.3 bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige Episode (nach ICD-10)

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15
Q

Das DSM-III und spätere Versionen

A

• 1980 Vorstellung des DSM-III (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders)
• Neu: Atheoretischer Ansatz mit weitgehendem Verzicht auf alle empirisch unzureichend gesicherten ätiologischen Annahmen
• Spätere Versionen: – DSM-IV
– DSM-IV-TR – DSM-5
Dominiert in Forschung

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16
Q

Exkurs: Multiaxiales System in DSM-IV-TR

A

• Achse I – Klinische Syndrome
• Achse II – Persönlichkeitsstörungen, spezifische Entwicklungsstörungen (geistige Behinderung)
• Achse III – Körperliche Störungen und Zustände (nach ICD-10)
• Achse IV – Psychosoziale und umweltbedingte Probleme
– Z.B.: Ausbildungsprobleme, Wohnungsprobleme, wirtschaftliche Probleme, in der Regel der vergangenen 12 Monate
• Achse V – Höchstes Niveau der psychosozialen Anpassung im letzten Jahr (GAF = Global Assessment of Functioning)
– Beurteilung auf Skala von 0 - 100

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17
Q

Aufgabe des multiaxialen Systems in DSM-5

A

• Im DSM-5 wird das multiaxiale System wieder aufgegeben
– Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass die drei Achsen zu trennen seien
• Separate Einschätzung von psychosozialen Faktoren (früher IV)
– Es soll keine getrennte Klassifikation psychosozialer- und Umweltprobleme entwickelt werden, sondern vielmehr z.B. Z-Diagnosen (ICD-10) genutzt werden
• Achse V war nicht klar genug, statt dessen soll das WHODAS (WHO Disability Assessment Schedule) genutzt werden, das auf der WHO-International Classification of Functioning basiert
• Einführung von teilweise dimensionaler Beschreibung der Persönlichkeitsstörungen (allerdings ohne Bezug zu empirisch validierten Persönlichkeitsdimensionen)

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18
Q

ICD-10

A

• ICD: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems
– Ist für alle Krankheiten konzipiert
– Kapitel F: Psychische- und Verhaltensstörungen
– Verbindlich für das Gesundheitssystem
àICD-10-GM (GM = „German Modification“)
• ICD-10 (1992) nahm weitgehend den DSM-III-Ansatz auf
– Entspricht weitgehend in Prinzipien, Aufbau und Diagnosen dem DSM-IV, es gibt aber Unterschiede
– Die ICD-10 ist nicht so ausführlich wie das DSM-5 und die Diagnosen werden nicht so operationalisiert und trennscharf dargeboten wie im DSM-5

19
Q

Störungsgruppen im ICD-10 und DSM-5

A
20
Q

Kapitel F 0 –

A

Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen

  • Psychische Erkrankungen mit (nachweisbarer) Ätiologie einer zerebralen Erkrankung, einer Hirnverletzung oder einer anderen Schädigung, die zu einer Hirnfunktionsstörung führt.
  • Die zugrunde liegende Krankheit oder sonstige Ursache soll mit zusätzlicher Schlüsselnummer codiert werden.

• F00 - Demenz bei Alzheimer-Krankheit
• F01 - Vaskuläre Demenz
• F02 - Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
• F03 - Nicht näher bezeichnete Demenz
• F04 - Organisches amnestisches Syndrom, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope
Substanzen bedingt
• F05 - Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt
• F06 - Andere psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung
des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit
• F07 - Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder
Funktionsstörung des Gehirns
• F09 - Nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung

21
Q

Kapitel F 1 –

A

Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

  • Störungen unterschiedlichen Schweregrades und mit verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern; die Gemeinsamkeit besteht im Gebrauch einer oder mehrerer psychotroper Substanzen (mit oder ohne ärztliche Verordnung).
  • Die verursachenden Substanzen werden durch die dritte Stelle, die klinischen Erscheinungsbilder durch die vierte Stelle kodiert; diese können je nach Bedarf allen psychotropen Substanzen zugeordnet werden. Es muss aber berücksichtigt werden, dass nicht alle Kodierungen der vierten Stelle für alle Substanzen sinnvoll anzuwenden sind.
  • F10 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol
  • F11 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide
  • F12 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide
  • F13 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika
  • F14 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Kokain
  • F15 - Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein
  • F16 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Halluzinogene
  • F17 - Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak
  • F18 - Psychische und Verhaltensstörungen durch flüchtige Lösungsmittel
  • F19 - Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen
  • F1x.0 - Akute Intoxikation [akuter Rausch]
  • F1x.1 - Schädlicher Gebrauch
  • F1x.2 - Abhängigkeitssyndrom
  • F1x.3 - Entzugssyndrom
  • F1x.4 - Entzugssyndrom mit Delir
  • F1x.5 - Psychotische Störung
  • F1x.6 - Amnestisches Syndrom
  • F1x .7 - Restzustand und verzögert auftretende psychotische Störung
  • F10.8 - Sonstige psychische und Verhaltensstörungen
  • F10.9 - Nicht näher bezeichnete psychische und Verhaltensstörung
22
Q

Kapitel F 2 –

A

Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen

  • In diesem Abschnitt finden sich die Schizophrenie als das wichtigste Krankheitsbild dieser Gruppe, die schizotype Störung, die anhaltenden wahnhaften Störungen und eine größere Gruppe akuter vorübergehender psychotischer Störungen. Schizoaffektive Störungen werden trotz ihres wissenschaftlich umstrittenen Status weiterhin aufgeführt.
  • F20 - Schizophrenie
  • F21 - Schizotype Störung
  • F22 - Anhaltende wahnhafte Störungen
  • F23 - Akute vorübergehende psychotische Störungen
  • F24 - Induzierte wahnhafte Störung
  • F25 - Schizoaffektive Störungen
  • F28 - Sonstige nichtorganische psychotische Störungen
  • F29 - Nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose
23
Q

Kapitel F 3 –

A

Affektive Störungen

  • Störungen deren Hauptsymptome in einer Veränderung der Stimmung oder der Affektivität entweder zur Depression - mit oder ohne begleitende(r) Angst - oder zur gehobenen Stimmung bestehen
  • F30 - Manische Episode
  • F31 - Bipolare affektive Störung
  • F32 - Depressive Episode
  • F33 - Rezidivierende depressive Störung
  • F34 - Anhaltende affektive Störungen
  • F38 - Andere affektive Störungen
  • F39 - Nicht näher bezeichnete affektive Störung
24
Q

Kapitel F 4

A

– Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen

  • Heterogene Sammelkategorie mit hoch versorgungsrelevanten Störungen à häufigste Störungsgruppe in ambulatenr Psychotherapie (mit F3)
  • F40 - Phobische Störungen
  • F41 - Andere Angststörungen
  • F42 - Zwangsstörung
  • F43 - Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
  • F44 - Dissoziative Störungen [Konversionsstörungen]
  • F45 - Somatoforme Störungen
  • F48 - Andere neurotische Störungen
25
Q

Kapitel F 5

A

– Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren

  • Störungen bei denen primär körperliche Funktionen beeinträchtigt sind
  • F50 - Essstörungen
  • F51 - Nichtorganische Schlafstörungen
  • F52 - Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch eine organische Störung oder Krankheit
  • F53 - Psychische oder Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert
  • F54 -Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • F55 - Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen
  • F59 - Nicht näher bezeichnete Verhaltensauffälligkeiten bei körperlichen Störungen und Faktoren
26
Q

Kapitel F 6 –

A

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

• Dieser Abschnitt enthält eine Reihe von klinisch wichtigen, meist länger anhaltenden Zustandsbildern und Verhaltensmustern. Die spezifischen Persönlichkeitsstörungen (F60), die kombinierten und anderen Persönlichkeitsstörungen (F61) und die Persönlichkeitsänderungen (F62) sind tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen. Sie verkörpern gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen. Solche Verhaltensmuster sind meistens stabil und beziehen sich auf vielfältige Bereiche des Verhaltens und der psychologischen Funktionen. Häufig gehen sie mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit einher.

  • F60 - Spezifische Persönlichkeitsstörungen
  • F61 - Kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen
  • F62 - Andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer Schädigung oder Krankheit des Gehirns
  • F63 - Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
  • F64 - Störungen der Geschlechtsidentität
  • F65 - Störungen der Sexualpräferenz
  • F66 - Psychische und Verhaltensstörungen in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung und Orientierung
  • F68 - Andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
  • F69 - Nicht näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörung
27
Q

Kapitel F 7 –

A

Intelligenzminderung

  • Ein Zustand von verzögerter oder unvollständiger Entwicklung der geistigen Fähigkeiten;
  • Eine Intelligenzstörung kann allein oder zusammen mit jeder anderen psychischen oder körperlichen Störung auftreten.
  • Der Schweregrad einer Intelligenzstörung wird übereinstimmungsgemäß anhand standardisierter Intelligenztests festgestellt.
  • Intellektuelle Fähigkeiten und soziale Anpassung können sich verändern. Sie können sich, wenn auch nur in geringem Maße, durch Übung und Rehabilitation verbessern. Die Diagnose sollte sich immer auf das gegenwärtige Funktionsniveau beziehen.
  • Sollen begleitende Zustandsbilder, wie Autismus, andere Entwicklungsstörungen, Epilepsie, Störungen des Sozialverhaltens oder schwere körperliche Behinderung angegeben werden, sind zusätzliche Schlüsselnummern zu benutzen.

• F70 - Leichte Intelligenzminderung
• F71 - Mittelgradige Intelligenzminderung
• F72 - Schwere Intelligenzminderung
• F73 - Schwerste Intelligenzminderung
• F74 - Dissoziierte Intelligenz
• F78 - Andere Intelligenzminderung
• F79 - Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung
à Die im ICD-10 angegebenen Schwellenwerte für die einzelnen Schweregrade sind allenfalls grobe Orientierungspunkte (und folgen keiner psychodiagnostischen oder empirischen Systematik)
à Intelliegnzminderung beginnt ca. 2 Standardabweichungen unterhalb des Populationsdurchschnitts (IQ = 100)

28
Q

Kapitel F 8

A

– Entwicklungsstörungen

• Die in diesem Abschnitt zusammengefassten Störungen haben folgende Gemeinsamkeiten:
– Beginn ausnahmslos im Kleinkindalter oder in der Kindheit;
– eine Entwicklungseinschränkung oder -verzögerung von Funktionen, die eng mit der biologischen Reifung des Zentralnervensystems verknüpft sind;
– stetiger Verlauf ohne Remissionen und Rezidive.
• In den meisten Fällen sind unter anderem die Sprache, die visuell-räumlichen Fertigkeiten und die Bewegungskoordination betroffen. In der Regel bestand die Verzögerung oder Schwäche vom frühestmöglichen Erkennungszeitpunkt an. Mit dem Älterwerden der Kinder vermindern sich die Störungen zunehmend, wenn auch geringere Defizite oft im Erwachsenenalter zurückbleiben.

  • F80 - Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache
  • F81 - Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten
  • F82 - Umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen
  • F83 - Kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen
  • F84 - Tief greifende Entwicklungsstörungen
  • F88 - Andere Entwicklungsstörungen
  • F89 - Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung
29
Q

Kapitel F 9 –

A

Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

  • F90 - Hyperkinetische Störungen
  • F91 - Störungen des Sozialverhaltens
  • F92 - Kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen
  • F93 - Emotionale Störungen des Kindesalters
  • F94 - Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
  • F95 - Ticstörungen
  • F98 - Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
30
Q

Was bedeutet Differentialdiagnostik?

A

• Differentialdiagnostik: Abgrenzung eines Krankheitsbildes von einem anderen möglicherweise ähnlichen Krankheitsbild mithilfe von entsprechenden Kriterien (Ein- und Ausschlusskriterien)
• BeispielàHauptsymptom: morgendliches Früherwachenàdifferentialdiagnostische Hypothesen
– Schlafstörung (ànur Schlaf ist beeinträchtigt)
– Depression (àdeutliche affektive Beeinträchtigung)
– Substanzabhängigkeit (àproblematischer Substanzkonsum)
– Folge körperlicher Einflussfaktoren (àchronischer Rückenschmerz) –…

31
Q

Beispiel Differential- diagnostik von affektiven Störungen nach ICD-10

A
32
Q

Diagnosevergabe

A
  • Nur in Einklang mit den gelisteten Kriterien àUnterscheide gesicherter vs. Verdachtsstatus
  • Jede erkennbare Störung wird diagnostiziert
    àUnterscheide Haupt- und Nebendiagnosen, Zusatzkodierungen zu Untersuchungsanlässen und biopsychosozialen Zusatzbelastungen (ICD-10 Kapitel X, Y, Z) beachten
  • Differenzialdiagnostik beachten!
    àUnterscheide übergeordnete Störungen, die Einzelsymptome erklären von zahlreichen spezifischeren Diagnosen
  • Hilfsmittel: Strukturierte diagnostische Interviews
    à DIPS (Schneider & Margraf, 2011), SKID-I/II (Wittchen, Zaudig, Fydrich, 1997), IPDE (Mombour et al., 1996), DIA-X (Wittchen & Pfister, 1997),
    CIDI (Wittchen & Semler, 1990)
33
Q

Kritik an Klassifikation

A
  • Etikettierung/Labeling à trägt zu Stigmatisierung bei (Extrembeispiel: „antipsychiatrische“ Bewegung)
  • Informationsverlust à statt detaillierter Beschreibung des Einzelfalls Reduktion auf klassifikatorisches Label („hier haben wir eine Depression“)
  • Verwechslung von Deskription und Erklärung à „Die Depression führt zu Schlafstörungen“ aber Schlafstörungen sind Symptom von Depression
  • Verschleierung basaler Dimensionen à klassifikatorisch schwierige Abgrenzung von Angst und Depression könnte auf zwei unabhängigen Dimensionen beruhen, die den vermeintlichen Kategorien zugrundeliegen
  • Reifikation künstlicher Entitäten à häufige Verwendung des Labels verschleiert, dass es sich um ein operationalisiertes Konstrukt handelt (Wo ist das „Es“ im Gehirn?, Suche nach dem Depressionsgen)
  • Diagnosen sind sich wandelnde Konstrukteàabhängig von sozialen Kontextfaktoren (z.B. Homosexualität, premenstrual dysphoric mood disorder (DSM-5), diagnostische Schwellenwerte) àAuswirkungen auf Vergleichbarkeit im Rahmen kumulativer Forschung
  • Neue Diagnosen mitunter fraglicher Validität à z.B. Mild Neurocognitive Disorder (DSM-5) statt „leichter Vergesslichkeit“?
  • Eingeschränkte Therapierelevanzàklassifikatorische Diagnosen sagen wenig über funktionale Bedingungen (auslösende, aufrechterhaltende Faktoren) aus, die hohe Therapierelevanz besitzen und im deutschen Abrechnungssystem gefordert sind à nur ein kleiner Teil von psychotherapeutischer Fallkonzeption
34
Q

Probefragen

A

• Ein Patient von Ihnen hat einen Depressionsfragebogen ausgefüllt und sein Wert liegt unter dem Cut-off für eine klinisch bedeutsame Symptomatik. Der Cut-off zeigt in Studien eine gute Sensitivität (.92) und Spezifität (.91).
– Was bedeuten die Werte für Sensitivität und Spezifität im Beispiel?
– Können Sie daraus schlussfolgern, dass Ihr Patient keine Depression hat? Begründen Sie Ihre Antwort kurz!
• Nennen Sie beispielhaft drei Ziele diagnostischer Klassifikationssystem psychischer Störungen und erläutern Sie sie kurz.
• Welche Normen zur Grenzziehung zwischen krank und gesund gibt es?
• Was ist gemeint mit dem atheoretischen Ansatz bezogen auf diagnostische Klassifikationssysteme?
• Grenzen Sie sie Begriffe Symptom, Syndrom und Störung voneinander ab
• Nennen Sie beispielhaft Störungen, die im ICD-10 Kapitel F im Unterkapitel „F4 Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“ zu finden sind!
• Was ist Differentialdiagnostik? Geben Sie ein Beispiel!
• Nennen Sie Kritikpunkte und Proargumente bzgl. klassifikatorischer Diagnostik?
• Warum steigert klassifikatorische Diagnostik im Vergleich mit ätiologiebasierten Klassifikationssystemen die Reliabilität von Diagnosen?
• Nennen Sie 2 strukturierte diagnostische Interviews!

35
Q

Ein Patient von Ihnen hat einen Depressionsfragebogen ausgefüllt und sein Wert liegt unter dem Cut-off für eine klinisch bedeutsame Symptomatik. Der Cut-off zeigt in Studien eine gute Sensitivität (.92) und Spezifität (.91).
– Was bedeuten die Werte für Sensitivität und Spezifität im Beispiel?
– Können Sie daraus schlussfolgern, dass Ihr Patient keine Depression hat? Begründen Sie Ihre Antwort kurz!

A

Sensitivität: Anteil der positiven an den richtig positiven mit Depressionen
-> welcher Anteil mit Depression wird vom Instrument erkannt
Spezifität: Anteil der negativen mit den richtig negativen
-> welcher Anteil ohne Depression wird vom Instrument erkannt

Nein, da dimensionale Betrachtungsweisen nicht aussagen ob eine Störung vorliegt oder nicht, sondern nur den Schweregrad anzeigen

36
Q

Nennen Sie beispielhaft drei Ziele diagnostischer Klassifikationssystem psychischer Störungen und erläutern Sie sie kurz.

A
  • Verlässliche Diagnosen
  • Verknüpfung von Diagnosen mit Interventionsentscheidungen
  • Definition von Kontraindikationen
  • Prognosen ( Remission, Rückfallrisiko)
  • Internationale Kommunikation
  • Lehre
  • Verbesserung der Ökonomie der Therapie und Diagnostik
  • Qualitätssicherung
37
Q

Welche Normen zur Grenzziehung zwischen krank und gesund gibt es?

A
Unpassend (subjektive Norm) 
Verwerflich (Idealnorm) 
sozial abweichend (Sozialnorm) 
Schädlich (funktionale Norm) 
Ungewöhnlich (statistische Norm)
38
Q

Was ist gemeint mit dem atheoretischen Ansatz bezogen auf diagnostische Klassifikationssysteme?

A

Weitgehender Verzicht auf alle empirisch unzureichend gesicherten ätiologischen Annahmen

39
Q

Grenzen Sie sie Begriffe Symptom, Syndrom und Störung voneinander ab

A

Symptom: Ausgewählte spezifisch und explizit definierte Aspekte
Syndrom: Eine überzufällig häufige, theoretisch und empirisch sinnvolle Symptomkombination
Störung: Einbeziehung von Zusatzkriterien (Beginn, Verlauf, Ausschlusskriterien)

40
Q

Nennen Sie beispielhaft Störungen, die im ICD-10 Kapitel F im Unterkapitel „F4 Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“ zu finden sind!

A

Phobische Störungen
Andere Angststörungen
Zwangsstörung

41
Q

Was ist Differentialdiagnostik? Geben Sie ein Beispiel!

A

Abgrenzung eines Krankheitsbildes von einem anderen möglicherweise ähnlichen Krankheitsbild mithilfe von entsprechenden Kriterien
Beispiel:
Hauptsymptom: morgendliches Früherwachen
Schlafstörung: nur Schlaf ist beeinträchtig
Depression: deutliche affektive Beeinträchtigung
Substanzabhägigkeit: problematischer Substanzkonsum

42
Q

Nennen Sie Kritikpunkte und Proargumente bzgl. klassifikatorischer Diagnostik?

A

Kritik: Etikettierung/ Labeling, Informationsverlust
Pro: Explizite deskriptive Kriterien, Standardisierung diagnostischer Entscheidungen

43
Q

Warum steigert klassifikatorische Diagnostik im Vergleich mit ätiologiebasierten Klassifikationssystemen die Reliabilität von Diagnosen?

A

ähnliche Ätiologie bei unterschiedlichen Störungsbildern -> reliabler zu messen

44
Q

Nennen Sie 2 strukturierte diagnostische Interviews!

A

DIPS, SKID