5. Zertifikate Flashcards
Allgemeines Zertifikate
- Zertifikate = markorientiertes Instrument / Mengenlösungen
- Grundgedanke: Die insgesamt zulässige Umweltbelastung für einen Bereich wird festgelegt und in handelbare Zertifikate aufgeteilt (cap and trade)
Erstausgabemechanismus
- 2 Varianten der Erstausgabe von Zertifikaten (die in der Praxis meist kombiniert werden)
- Grandfathering (freie Zuteilung)
→ Unternehmen erhalten die Zertifikate kostenlos auf Basis ihrer bisherigen Emissionen
- Um Umweltqualität zu verbessern, müssen die Zertifikate mit der Zeit an Wert verlieren - Auktionsverfahren
- Gewünschte Emissionsmenge wird auf eine entsprechende Anzahl an Zertifikaten aufgeteilt
- Zertifikate an Meistbietenden versteigert
➔ Vergabemechanismus beeinflusst Distribution, aber nicht Allokation der Emissionen
- Zertifikatspreis und optimale Emissionsmengen sind in beiden Fällen gleich
Vor- und Nachteile
Grandfathering (freie Zuteilung)
+ Ökonomische Härte wird vermieden und UN werden nicht plötzlich belastet
+ Leichtere politische Durchsetzbarkeit
- UN mit besonders umweltfreundlichen Technologien werden benachteiligt
- Vor der Einführung haben UN einen Anreiz möglichst viel zu emittieren
Vor- und Nachteile
Auktionsverfahren
+ Die Zertifikate wandern zu den UN, bei denen sie den meisten Nutzen stiften
+ Stark emittierende UN müssen von Anfang an die Kosten dafür tragen
- UN werden einmalig mit einem hohen unerwarteten Kostenschub konfrontiert
- Schwierigere politische Durchsetzbarkeit
Kosteneffizienz δ_Ki / δVi = p_z
Zielsetzung der UN: Minimierung der umweltbezogenen Gesamtkosten Ci
- Grenzkosten der Schadstoffreduktion entsprechen im Gewinnmaximum des UN genau dem Zertifikatspreis
- Wie bei der Abgabenlösung: Schadstoffe werden dort vermieden, wo dies mit den geringsten Kosten möglich ist
- Ergebnis ist unabhängig davon, ob das UN bereits im Besitz der Zertifikate ist oder nicht
Ökologische Treffsicherheit
- Summe der Emissionen bei entsprechenden Kontrollmechanismen ebenso fix wie bei Auflagen
- Verteilung der Emissionen auf die einzelnen UN bleibt diesen selbst überlassen
→ regionale Immissionen stehen nicht fest - Kommt es nicht auf die räumliche Verteilung der Schadstoffe an: die Zertifikatslösung erfüllt das Kriterium ebenso wie Auflagenlösung perfekt
- Kommt es auf die räumliche Verteilung an: es besteht die Möglichkeit, die Zertifikate regional zu begrenzen
Ökologische Treffsicherheit ÖT: ÖT_Abgaben < ÖT_Zertifikate < ÖT_Auflagen
Wohlfahrtsoptimum
- Wohlfahrtsoptimum bei Mengenlösung wenn: Umweltbehörde gibt genau so viele Zertifikate aus, dass gilt Zertifikatspreis = Grenznutzen
- Gleicher (hoher) Informationsbedarf wie bei Abgaben
- Umweltbehörde muss kennen:
→ Grenzschadensfunktion
→ Aggregierte Grenzkostenfunktion der Schadstoffvermeidung
→ Ein Wohlfahrtsoptimum ist theoretisch möglich, kann in der Praxis aber kaum erreicht werden
Sonstige Kriterien
- Dynamische Anreizwirkung gegeben: je weiter Emissionen durch umwelttechnischen Fortschritt reduziert, desto mehr Ausgaben für Zertifikate können gespart werden
- Doppelte Dividende aus Staatseinnahmen durch Zertifikatehandel, ABER: Sind die Zertifikate einmal im Besitz der UN, erfolgen keine weiteren Zahlungen an die öffentliche Hand
→ Keine doppelte Dividende mehr - Möglicher, zukünftiger Vorteil eines Zertifikate-Systems: Integrationsmöglichkeit von „negativen Emissionen“
Maßnahmen der dynamischen Anpassung des ökologischen Ziels
- Flexible Anpassung der auktionierten Menge (Cap)
- Abwertung der Zertifikate mit der Zeit
- Zeitlich befristete Gültigkeit der Zertifikate
- Erweiterung des Geltungsbereichs (Unternehmen, die Zertifikate halten müssen) bei konstanter Zertifikatsmenge
Praxisbeispiel: EU-Emissionshandel
Eingeführt im Rahmen des Kyoto-Protokolls mit dem Ziel, die Summe der absoluten Treibhausgas-Emissionsmenge der EU-Mitgliedsstaaten auf ein definiertes Niveau abzusenken
Phase 1: Trial Period
- Begrenzung von: CO2Emissionen
- Vergabe nach grandfathering Prinzip
- Massive Überallokation von Zertifikaten →Wertverlust der Zertifikate
Phase 2: Kyoto Period
- Begrenzung von: CO2Emissionen
- Versteigerung von bis zu 10% der Zertifikate
- Fehlende Emissionsberechtigung durch internationalen Ausgleich
Phase 3: Post-Kyoto Period
- Einbezug anderer klimaschädlicher Substanzen
- Versteigerung ersetzt mehr und mehr das grandfathering
- Senkung der Gesamtobergrenze von Emissionen pro Jahr (um 1,74%)
Phase 4
- Senkung der Gesamtobergrenze von Emissionen pro Jahr (um 2,2%)
- Ausbau Marktstabilitätsreserve (MSR)
- Ab 2023: Volumen der Reserve = Versteigerungsmenge des Vorjahres
- MSR: Eingeführt für Abbau des Überschuss der Zertifikate & erhöhte Preisstabilität
→ Überschussmenge der Zertifikate > 833 Mio.: Versteigerungsmenge des Jahres um 24% des Überschusses verringert
→ Überschussmenge der Zertifikate < 400 Mio.: Jährliche Versteigerungsmenge um 100 Mio. erhöht
Handel
- 1 Zertifikat= Berechtigung zur Emittierung von 1 t CO2
- Handel kann direkt zwischen Unternehmen oder über Vermittler stattfinden
- Marktplätze für Emissionsberechtigungen zB: European Energy Exchange (EEX) in Leipzig
Bewertung
Ökologische Treffsicherheit:
- Leakage-Effekt: Nicht treffsicher mit Hinblick auf Begrenzung der weltweiten Klimaerwärmung
- Auch in EU Treffsicherheitgering, da viele emittierende Sektoren (wie Verkehr) nicht berücksichtigt
Effizienz:
- Eingeschränkt durch Beschränkung der im Handel einbezogenen Emissions-Äquivalente
- Reduziert durch günstigere Vermeidungsmöglichkeiten außerhalb der EU/ günstigere Einsparungsmöglichkeiten in anderen Sektoren
- Könnte erhöht werden durch Verringerung vonRestriktionen & Ausweitung des Geltungsbereiches
Fazit:
- Geeignet, um Umweltschutz zu geringen Kosten zu ermöglichen & umwelttechnischen Fortschritt zu induzieren
- Noch weit von idealtypischemSystem entfernt