11 Infektionskrankheiten Flashcards
Der Trend zu Fernreisen ist in Deutschland weiter ungebrochen. Eine 45-jährige Touristin, seit 2 Wochen aus Mexiko zurückgekehrt, kommt mit anhaltendem Fieber über 39 °C, Benommenheit, Gliederschmerzen und Obstipation zu Ihnen.
Wie gehen Sie diagnostisch vor?
Bei dieser Anamnese würde man an eine Infektionskrankheit denken. Nach einer gründlichen körperlichen Untersuchung werden als Standard folgende Untersuchungen eingeleitet:
• Blut-, Stuhlkulturen
• Serologie auf häufige Infektionskrankheiten
• Sonografie des Abdomens
• Röntgen-Thorax
Außer Fieber und Obstipation fallen bei der Patientin eine Bradykardie, Hauterscheinungen auf Bauch und Flanke und eine mäßige Splenomegalie auf.
Woran denken Sie und wie sichern Sie Ihren Verdacht?
Es könnte sich um Typhus oder Parathyphus in einem relativ frühen Stadium, ca. 10 Tage nach der Infektion, handeln. Die Erreger sind Salmonella typhi oder paratyphi.
Da in den ersten 3 Wochen eine Bakteriämie besteht, fertigt man wiederholt Blutkulturen an. Der Erregernachweis aus dem Stuhl gelingt erst nach der 2. Krankheitswoche. Die serologische Diagnostik (Gruber-Widal-Reaktion) ist von untergeordneter Bedeutung, da erst 2–3 Wochen nach Infektion signifikante Titerbewegungen (mind. 2-fache Titerbestimmung) zu erwarten sind.
Bei der Bewertung der Titeranstiege ist zu bedenken, dass Salmonellen der verschiedenen Gruppen O-Antigene gemeinsam haben. Frühere Impfungen können niedrige Basistiter hinterlassen.
Klinisch richtungweisend sind neben dem Auftreten von Roseolen an der Haut das Fehlen von eosinophilen Leukozyten im Blutausstrich bei Leukopenie trotz septischen Krankheitsbilds.
Die abgenommenen Blutkulturen ergeben einen positiven Befund (Salmonella typhi). Was veranlassen Sie als Nächstes?
Die Patientin wird auf einer Infektionsabteilung isoliert. Weiterhin ist eine Meldung an das Gesundheitsamt zu veranlassen.
Als wirksame antibiotische Therapeutika gelten:
• Ciprofloxacin, Levofloxacin (Gyrasehemmer)
• Cephalosporine der 3. Generation
Die Therapie wird meist 10–14 Tage nach Entfieberung fortgesetzt, um einem Dauerausscheidertum vorzubeugen. Dennoch kommt es 2–3 Wochen nach Therapieende häufig zu Rezidiven.
Gibt es zur Prophylaxe eine Impfung gegen Typhus?
Eine dreizeitige orale Schutzimpfung mit einem attentuierten Lebendstamm verleiht für ca. 1 Jahr einen 60- bis 80-prozentigen Impfschutz. Die Impfung ist gut verträglich und sollte ca. 14 Tage vor Beginn einer Reise abgeschlossen sein.
Auch ein parenteraler Totimpfstoff (Vi-Polysaccharid-Impfung) steht zur Verfügung mit einer Ansprechrate von 55–75%. Die Schutzdauer liegt bei 2–3 Jahren.
Merke: Parallele Antibiotikatherapie oder Malariaprophylaxe machen die Schluckimpfung wirkungslos!
Die sog. Salmonellosen sind wesentlich häufiger als ein Typhus. Nennen Sie Kernpunkte der Diagnose und der Therapie.
Es gibt mehr als 2.000 Spezies von enteritischen Salmonellen. Sie werden über die O-Antigene in Gruppen eingeordnet und über H-Antigene als spezielle Typen gekennzeichnet (z. B. S. typhimurium). Die Aufnahme der Keime erfolgt durch kontaminierte Lebensmittel bei einer Inkubationszeit von ca. 8–48 Stunden. Der Beginn der Erkrankung erfolgt mit Durchfällen meist in noch erkennbarem Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme.
Die Diagnose gelingt über eine Stuhlkultur, bei Fieber evtl. auch Blutkultur. Der Nachweis von Antikörpern im Blut gelingt eher nicht. Die Krankheitsdauer beträgt ca. 4–7 Tage, wobei eine Ausscheidung der Erreger über den Stuhl ca. 30 Tage möglich ist.
Die Therapie ist symptomatisch mit Flüssigkeitsersatz – bei Fieber Cotrimoxazol oder Chinolone.
Wie erkrankt man an einer bakteriellen Ruhr? Beschreiben Sie Pathophysiologie und Klinik dieser Infektionskrankheit.
Die bakterielle Ruhr ist eine durch Shigellen, vor allem durch Shigella dysenteria und Shigella sonnei, verursachte meldepflichtige Darminfektion. Der Mensch, als Erkrankter oder Ausscheider, stellt das alleinige Erregerreservoir dar. Der direkte Kontakt mit durch Shigellen verunreinigten Händen oder Gegenständen spielt in Europa die wichtigste ätiologische Rolle. Die Erkrankung betrifft vorwiegend Kinder.
In der 1- bis 3-tägigen Inkubationszeit vermehren sich die Shigellen im unteren Dünndarm und Dickdarm. Durch ihr Exotoxin und Enterotoxin induzieren sie in den ersten Krankheitstagen Abdominalkrämpfe, Fieber, wässrige Durchfälle, Übelkeit und Erbrechen. Anschließend rufen sie durch eine Invasion der Darmschleimhaut eine fibrinös-ulzeröse Kolitis mit blutig- schleimigen Durchfällen hervor.
Neben der Korrektur des Elektrolyt- und Wasserhaushalts werden therapeutisch Ampicillin i. v. oder Chinolone eingesetzt.
Das Vollbild der Erkrankung dauert ca. 1–2 Wochen und heilt dann meist aus. Vital gefährdet sind während dieser Zeit durch die Exsikkose vor allem alte Patienten und Kinder. Die Shigellen-Ausscheidung sistiert in der Regel nach einem Monat, Dauerausscheider kommen vor.
Zu welchen Komplikationen kann es im Verlauf einer Shigellose kommen? Wie können wir davon ausgehen, dass es sich bei der erwähnten klinischen Symptomatik um eine bakterielle Ruhr und nicht um eine Amöbiasis handelt?
Die Hauptkomplikationen der bakteriellen Ruhr können in fünf Punkte untergliedert werden:
• Schock und Exsikkose durch Elektrolyt- und Wasserverlust (besonders relevant bei Kindern und alten Menschen)
• Perforation von Darmulzerationen mit nachfolgender Peritonitis
• von Darmulzera ausgehende Bakteriämie durch Darmbakterien (z. B. Streptokokken, E. coli)
• Shigellen-Rheumatoid: Arthritis der großen Gelenke, häufig begleitet von Urethritis und Konjunktivitis, häufig bei HLA-B27-positiven Patienten
• durch Shiga-Toxin induziertes HUS
Im Gegensatz zur Amöbiasis, bei der Antikörper zu finden sind, hat die Serologie bei der Shigellenruhr keine Aussagekraft. Vielmehr beweist der bakteriologische (Rektalabstrich mit Wattebausch) und biochemische Nachweis von Shigellen im frischen Stuhl die Diagnose.
Können Sie bei der Ruhr die Shigellen im Serum nachweisen?
In der Regel beschränkt sich die Erkrankung auf eine Schädigung der Darmschleimhaut. Allerdings können Darmulzera auftreten, die dann sekundär eine Bakteriämie begünstigen. Shigellen können im Allgemeinen nicht im Serum nachgewiesen werden.
Zurzeit grassiert in Zentralafrika aufgrund der großen Flüchtlingsströme eine Durchfallerkrankung, die im Mittelalter auch in Europa wütete. Welcher Erreger ist dafür verantwortlich?
Es handelt sich um die Cholera, die vor allem durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen wird. Erreger sind gramnegative bewegliche Stäbchen, sog. Vibrionen (z. B. Subtyp El-Tor).
Welche klinische Charakteristik weist die Cholera auf?
Nach einer Inkubationszeit von meist 1–3 Tagen treten Erbrechen und anschließend Diarrhö auf (› Tab. 8.1).
Tab. 8.1 Klinik und Therapie der Cholera
Übertragungsweg : oral (z. B. Trinkwasser)
Inkubationszeit : 12 h–3 Tage, maximal 10 Tage
Symptome : anfangs Erbrechen, dann Durchfälle, schließlich charakteristische „Reiswasserstühle“
Folgen : Exsikkose, Hypokaliämie, Azidose, Schock, Koma
Therapie : Flüssigkeitsersatz (parenteral), Antibiotika sekundär
Dauerausscheider : möglich (auch symptomlos)
Beschreiben Sie kurz die pathophysiologischen Mechanismen der Choleraerkrankung im Dünndarm.
Nach oraler Aufnahme der Choleravibrionen werden die beiden Enterotoxine der Bakterien an unterschiedlichen Stellen des Dünndarms wirksam.
Ein Toxin bindet sich an Rezeptoren der Zelloberfläche und behindert den aktiven Na+-Transport in die Zellen.
Ein weiteres Toxin aktiviert die Adenylatzyklase der Dünndarmepithelien, was zur AMP-Bildung aus ATP führt. Der Anstieg des AMP-Gehalts bedingt dann eine vermehrte Sekretion von Chlorid aus den Epithelzellen unter Mitnahme von Wasser, Na+, K+ und Bikarbonat.
Histologisch sind außer einem Ödem keine spezifischen Veränderungen an der Dünndarmschleimhaut festzustellen.
Was ist die wichtigste therapeutische Maßnahme bei einem Patienten mit Cholera?
Der Flüssigkeitsersatz steht an erster Stelle (oral: WHO-Lösung). Manchmal muss eine parenterale Infusionstherapie mit bis zu 20 l/d erfolgen. Die Gabe von Antibiotika (z. B. Ciprofloxacin) ist sekundär und verkürzt
die Zeit der Infektiosität, selten den Verlauf der Erkrankung.
Bitte beschreiben Sie die WHO-Formel für eine orale Rehydratation.
Bei Zeichen der Exsikkose ist Flüssigkeitsersatz entscheidend (› Tab. 8.2). Die Wasserresorption wird durch Glukose gefördert.
Tab. 8.2 WHO-Formel für orale Rehydratation
WHO-Formel (oral)/l Wasser : Vereinfachte Formel/l Wasser
3,5 g NaCl 3/4 Teelöffel Salz
2,5 g NaHCO3 1 Teelöffel Bikarbonat
1,5 g KCl 1 Becher Orangensaft
20 g Glukose 4 nicht gehäufte Teelöffel Zucker (oder Reisschleim)
Was wissen Sie über eine Choleraimpfung?
Eine Impfung gegen Cholera wird für Touristen nicht generell empfohlen. Sie kann jedoch sinnvoll für Langzeitaufenthalte oder bei Hilfseinsätzen in Endemiegebieten mit schwierigen hygienischen Bedingungen sein.
Die Cholera-Impfung (Schluckimpfung) enthält abgetötete Vibrionen und einen Teil des Choleratoxins und soll einen begrenzten Schutz für einige Monate bieten.
Merke: Da die Impfung keinen sicheren Schutz gegen eine Infektion bietet, ist die Einhaltung einer konsequenten Nahrungsmittel- und Trinkwasserhygiene der wirksamste Schutz vor Erkrankung. Tropenregel: „Cook it, boil it, peel it or forget it“.
Welche Yersiniose war im Mittelalter sehr gefürchtet?
Der Erreger der berüchtigten Lungen- und Beulenpest ist Yersinia pestis. Die Übertragung erfolgt durch blutsaugende Ektoparasiten (Floh) von Nagetieren (Ratten) auf den Menschen. Heutzutage ist die Erkrankung sehr selten. Über regionale Ausbrüche der Pest wurde allerdings 1996 in Indien berichtet.
Welche Yersiniosen sind auch heute noch in Europa relativ häufig anzutreffen? Welche klinischen Symptome sind häufig?
Vor allem in Osteuropa (Rumänien, Albanien) ist Yersinia enterocolitica (und Y. pseudotuberculosis) noch relativ häufig.
Kennzeichnend sind:
• Anthropozoonose (fäkale Übertragung – Haustiere), gramnegative Stäbchen
• appendizitisähnliche Symptome, Ileitis, Lymphadenitis mesenterialis
• Folgekrankheiten: Yersinien-Arthritis (HLA-B27-assoziiert), Erythema nodosum
• Diagnose: Histologie (Lymphknoten-PE) und Serologie
• Therapie: Tetrazykline, Gyrasehemmer
Yersiniosen werden in schweren Fällen oder bei Risikopatienten mit Fluorchinolonen, Cephalosporinen der 3. Generation oder Tetrazyklinen behandelt. Welchen Wirkmechanismus und welches Nebenwirkungsprofil weisen Tetrazykline auf?
Tetrazykline sind bakteriostatisch wirkende Antibiotika, die die bakterielle Proteinsynthese hemmen. Sie werden gastrointestinal gut resorbiert und weisen eine gute Gewebepenetration auf. Besonders wirksam sind sie gegen Yersinien, Hämophilus, Bakteroides, Rickettsien, Chlamydien und Mykoplasmen. Schwach wirksam sind sie gegen Staphylokokken oder Streptokokken.
Nebenwirkungen:
• Proktitis, Stomatitis, Vaginitis (Störung der Schleimhaut ora)
• Einlagerung in Knochen und Zähne (keine Gabe von Tetrazyklinen in der Schwangerschaft und bei Kindern!)
• Photosensibilisierung, Dermatosen, Exantheme
• Leberfunktionsstörungen (Transaminasenanstieg), Übelkeit, Erbrechen
Eine Familie mit zwei Kindern kam vor 1 Woche aus Bulgarien vom Urlaub zurück. Die Mutter des 8-jährigen Jungen berichtet, dass ihr Kind vor 2 Tagen starke Halsschmerzen mit Fieber um die 38 °C bekam. Der Junge war sofort schwer krank. Im Rachen zeigen sich grau-weiße Beläge mit Mundgeruch. Die Beläge lösen sich teilweise. Seit gestern sind Husten und Luftnot dazugekommen. Der zweite Sohn hätte ebenfalls seit heute über Halsschmerzen geklagt.
Woran müssen Sie denken?
Von der Anamnese her ist eine Diphtherie wahrscheinlich. Es handelt sich um eine Tröpfcheninfektion mit dem Exotoxinbildner Corynebacterium diphtheriae (grampositives Stäbchen). Corynebacterium diphtheriae verursacht nur dann Erkrankungen, wenn es mit einem lysogenen β-Phagen infiziert ist und dadurch Toxine bilden kann.
Das Keimreservoir ist der Mensch. Die Erkrankung ist in Osteuropa noch endemisch. Die Inkubationszeit beträgt 1–6 Tage. Betroffen sind vor allem Säuglinge und Kinder.
Welche wichtigen klinischen Erscheinungsbilder der Diphtherie gibt es?
Es gibt die Tonsillendiphtherie, die Nasen-, Kehlkopf und Wunddiphtherie (› Tab. 8.3). Sehr selten ist die Nabel- oder Hautdiphtherie.
Tab. 8.3 Klinische Erscheinungsbilder der Diphtherie
Tonsillendiphtherie : Pseudomembranen, faulig-süßer Geruch
Nasendiphtherie : serös-eitriges Sekret, besonders Säuglinge
Kehlkopfdiphtherie : Aphonie und „bellender Husten“ (echter Krupp)
Wunddiphtherie : Pseudomembranen, massives Ödem
Welche toxisch bedingte Sekundärschädigung ist klinisch bedeutsam?
Die diphtherische Myokarditis stellt eine gefährliche Komplikation dar. Das Diphtherietoxin kann zu degenerativen Myokardveränderungen, nachfolgend Myolysen und Abräummyokarditiden führen.
Es kann zu Vorhofflimmern, Kammertachykardien oder Überleitungsstörungen bis zum AV- Block III. Grades kommen. Die Schädigungen des Myokards können zum plötzlichen Herztod führen. Bettruhe und regelmäßige EKG-Kontrollen sind wichtig.
Welche Maßnahme erfordert die klinische Diagnose einer Diphtherie?
Der Verdacht einer Diphtherie zwingt bereits zur Gabe eines Antitoxins (vom Pferd 500–2.000 IE/kg KG i. m. – Vortestung [Intrakutantest] zum Ausschluss einer Überempfindlichkeit erforderlich). Antibiotika (Penicillin, Eryhtromycin) sind nur unterstützend wirksam und verhindern die Vermehrung der Keime.
Bei Diphtherie wird häufig Erythromycin eingesetzt. Was wissen Sie über das Antibiotikum Erythromycin?
Erythromycin ist ein Makrolid-Antibiotikum, das gegen viele Keime eine bakteriostatische Wirkung aufweist (z.B. Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Corynebakterien und Legionellen). Wirkmechanismus ist die Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese. Nach oraler Gabe wird Erythromycin gut resorbiert und in verschiedene Kompartimente verteilt. Die Verträglichkeit ist gut. Es wird z. B. bei folgenden Infektionen angewendet:
• Erysipel
• Lues
• Gonorrhö
• Mykoplasmenpneumonie
• Mittel der Wahl bei der Legionella-Pneumonie Unerwünschte Wirkungen sind:
• gastrointestinale Störungen bei hoher Dosierung
• reversible Lebertoxizität
• reversibler Gehörverlust
• lokale Reizungen bei parenteraler Gabe
Was wissen Sie zur Ornithose? Welches klinische Bild weist diese Infektionskrankheit auf?
Die Ornithose wird durch Chlamydia psittaci verursacht. Von infizierten Vögeln, besonders Tauben, Papageien und Enten, erreichen die Chlamydien durch Staub-, Kot- oder Federpartikel die Schleimhäute des oberen Respirationstrakts.
Nach bakteriämischer Streuung in die Lunge, aber auch in Leber und Milz entsteht eine vorwiegend lymphozytäre entzündliche Reaktion mit Ödem und hämorrhagischem Exsudat. Hauptmanifestationsort ist die Lunge, wobei es zu interstitiellen Infiltrationen kommt.
Folgende klinische Symptomatik setzt 6–14 Tage nach Infektion abrupt ein (> 45 % inapparenter Verlauf):
• Schüttelfrost, Fieber
• Übelkeit, Durchfall
• Lichtscheu und Kopfschmerzen
• trockener Husten, Auswurf (gelegentlich blutig)
• Myalgien
• Nasenbluten (ca. 25 % der Fälle)
• Herzrhythmusstörungen, relative Bradykardie
Wie diagnostizieren Sie eine Ornithose? Welche Behandlungsmaßnahmen sind zu ergreifen?
Eine genaue Anamneseerhebung, insbesondere mit der Frage nach Vogelkontakten, ist für die Diagnose einer Ornithose von außerordentlicher Bedeutung. Neben der möglichen Anzüchtung von Chlamydien mittels Zellkulturen und im Tierversuch (Beimpfung von Mäusen) wird die Diagnose serologisch gestellt (mind. vierfacher Titeranstieg in der Komplementbindungsreaktion oder im Immunfluoreszenztest).
Die Röntgenthoraxaufnahme zeigt ausgeprägte interstitielle Lungeninfiltrationen, die im Gegensatz zu den eher spärlichen physikalischen Untersuchungsbefunden stehen.
Therapeutisch sind Tetrazykline oder Makrolide über 2–3 Wochen Mittel der Wahl. Häufig ist der Patient nach 2–3 Tagen fieberfrei. Patienten mit unkomplizierter Erkrankung entfiebern auch ohne antibiotische Therapie spontan nach 10–14 Tagen.
Was ist ein Morbus Weil? Beschreiben Sie die Pathogenese und Klinik dieses Krankheitsbildes.
Der Morbus Weil ist eine meldepflichtige Anthropozoonose, die durch Leptospiren (Leptospira icterohaemorrhagiae) verursacht wird. Die Leptospiren gelangen mit dem Urin von Ratten, Mäusen und anderen Tieren ins Wasser, wo sie die Haut von Menschen an kleinen Läsionen penetrieren. Im Sommer und Herbst sind die Erkrankungen am häufigsten.
Die klinische Symptomatik beginnt nach der Inkubationszeit von 5–20 Ta- gen mit einer septikämischen Phase mit plötzlich einsetzendem hohem Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen (besonders Waden) und beidseitiger Konjunktivitis. Danach kommt es zu einer temporären Entfieberung. Ein erneuter Fieberanstieg nach einigen Tagen kündigt die Phase des Organbefalls an. Häufig tritt eine atypische Meningitis, Nephritis, Hepatitis mit Ikterus und Karditis auf. Diese Verlaufsform wird dann als Morbus Weil bezeichnet, wobei Leber- und Nierenversagen nicht selten sind.
Wie diagnostizieren Sie eine Leptospirose? Welche Chemotherapeutika setzen Sie ein?
Die Anamnese spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnosestellung der Leptospirose. Tierkontakt, Baden in freien Gewässern sowie Arbeit auf schlammigen und feuchten Böden (z.B. Bauern, Kanalarbeiter) vermitteln wichtige Hinweise.
Die klinische Symptomatik und vor allem die Serologie sichern die Diagnose. Der Titeranstieg beginnt erst in der 2. Woche der Erkrankung. Ein Erregernachweis aus Blut und Liquor über Blutkultur und Tierversuch ist in der septikämischen Phase möglich. Später („Organphase“) kann man versuchen, die Leptospiren aus dem Urin zu isolieren.
Eine frühzeitige Therapie mit hoch dosiertem Penicillin G oder mit Doxyzyklin ist schon bei Erkrankungsverdacht erforderlich. Die Antibiotikatherapie verliert an Effektivität, wenn bereits die Phase des Organbefalls eingetreten ist. Es besteht Meldepflicht.
Penicilline sind Ihnen sicher ein Begriff. Können Sie einige Indikationen für den Einsatz von Penicillin nennen? Kennen Sie Nebenwirkungen?
Penicilline sind die am häu gsten verwendeten Antibiotika. Sie hemmen die Zellwandsynthese von Bakterien und wirken hauptsächlich auf Keime in der Proliferationsphase. Sie entwickeln eine bakterizide Wirkung.
• Penicilline mit schmalem Spektrum: Penicillin G, Depotpenicilline (Benzathinpenicillin), Oralpenicilline (Penicillin V) und die Penicillinase-resistenten Substanzen (Oxacillin, Flucloxacillin) gehören zu den Antibiotika mit schmalem Keimwirkungsspektrum und besitzen folgende Indikationen:
– Penicillin G – Endocarditis lenta (Staphylo-, Strepto-, Meningo- und Gonokokken)
– Benzathinpenicillin zur Rezidivprophylaxe des akuten rheumatischen Fiebers
– Oralpenicilline – bei Streptokokkenangina
– Dicloxacillin – Furunkulose (Staphylokokken)
• Penicilline mit breitem Spektrum (nicht bei Staphylokokken) sind die Ampicilline und die „Pseudomonas“-Penicilline (Azlocillin, Piperacillin und Mezlocillin). Einige Indikationen sind:
– Amoxycillin – chronische Bronchitis (Haemophilus influenzae)
– Azlocillin – Pseudomonas-Infekte
– Ampicillin – Harnwegsinfekte
– Piperacillin – Enterokokken, Bakteroides-Spezies
Das größte Risiko bei der Therapie mit Penicillinen besteht im Auftreten von allergischen Reaktionen (Urtikaria, Exantheme bis hin zum anaphylaktischen Schock).
Ein 33-jähriger Patient berichtet über eine lästige Entzündung im Bereich des Penis seit 2–3 Wochen. Schmerzen bestehen eigentlich nicht. Hauptsächlich stört ihn, dass die Entzündung nicht richtig abheilt. Er möchte von Ihnen eine Salbe. Einer Untersuchung willigt er nur ungern ein. Sie sehen folgenden Befund (› Abb. 8.1).
Erläutern Sie die Ätiologie und Pathogenese der Lues und beschreiben Sie die übliche klinische Stadieneinteilung.
Die Lues ist eine durch den Erreger Treponema pallidum sexuell oder intrauterin übertragene meldepflichtige Erkrankung, die sich klinisch in verschiedenen Phasen manifestiert (› Tab. 8.4).
Tab. 8.4 Klinische Stadieneinteilung der Lues
0 : Infektion und Inkubationszeit
I : Primärkomplex
II : syphilitische Exantheme und Generalisation
III : organische und dermatologische Spätmanifestationen
Bei der Lues der Erwachsenen bleiben die ersten Stadien oft unbemerkt oder werden fehlgedeutet. Nach 3–4 Wochen Inkubationszeit äußert sich die Syphilis durch einen meist solitär auftretenden Primäraffekt (Stadium I). Dieser besteht aus einem Knötchen, das rasch zerfällt und zu einem Ulkus führt, das von einem indurierten Ödem umgeben ist. Der Primäraffekt als Stelle des Eindringens der Treponemen ist keineswegs nur am Genitale, sondern auch an anderen Körperstellen (Mund, Rachen) zu finden. Durch eine zusätzliche Lymphangitis und Lymphadenitis entsteht der Primärkomplex, der 5–6 Wochen nach Infektion spontan verschwindet.
Das zweite Stadium kündigt sich ca. 8 Wochen nach der Infektion durch Fieber, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen an. Nach weiteren 2 Wochen kann sich ein syphilitisches Exanthem mit generalisierten Lymphknotenschwellungen, Haarausfall, Mundschleimhautveränderungen (Plaques mu- queuses) und Condylomata lata in der Genital- und Analregion ausbilden. Nach 4–5 Monaten klingt das Exanthem ab, und es kann ein Leukoderm auftreten.
Im dritten Stadium der Erkrankung, nach 2–5 Jahren, sind neben der Haut auch innere Organe betroffen. Es finden sich Gummata bzw. Granulome, die z. B. in der Leber und im Gehirn vorkommen. Eine Spätlues imitiert viele virale, internistische bzw. neurologische Erkrankungen.
Wie wird die Diagnose der Syphilis gesichert? Wie sieht die Therapie aus?
Die Diagnostik der Lues ist vom Stadium abhängig. Neben dem klinischen Befund im Stadium I wird ein sog. Reizserum aus der Tiefe des Ulkus gewonnen. Mittels Dunkelfeld- oder Phasenkontrastmikroskopie können die Treponemen nachgewiesen werden. Serologische Reaktionen werden frühestens 2 Wochen nach der Infektion positiv.
Die bekanntesten Reaktionen sind:
• Treponema-pallidum-Hämagglutations-Test (= TPHA) (= Suchreaktion)
• Fluoreszenz-Treponemen-Antikörper-Absorptions-Test (= FTA-ABS = Bestätigungsreaktion)
• Veneral Disease Research Laboratory Test (= VDRL) (= quantitative Titerbestimmung zur Verlaufs- und Therapiekontrolle)
Im Stadium II lassen sich die Erreger meist leicht aus den nässenden Effloreszenzen (Condylomata lata) nachweisen. Es besteht große Ansteckungsgefahr. Die Serologie ergänzt die klinische und mikroskopische Diagnose.
Im Stadium III ist ein direkter Erregernachweis fast aussichtslos. Wieder geben der klinische Befund und die Serologie die entscheidenden diagnostischen Hinweise.
Während aller Stadien der Lues können Veränderungen im Liquor cerebrospinalis zu finden sein. Die Syphilis cerebrospinalis ist sowohl durch eine basale Meningitis als auch durch Gummata an Nervenscheiden gekennzeichnet, die sich durch ziehende Schmerzen ausdrücken können. Weiterhin sind Tabes dorsalis, Optikusatrophie und progressive Paralyse im Rahmen einer Neurolues bekannt.
Für die Therapie ist Penicillin Mittel der Wahl. Frühzeitige Medikation von Penicillin G vermeidet eine Generalisation der Erreger und unterbindet die Ansteckungsgefahr. Eine regelmäßige klinische Inspektion und Verfolgung des Titerverlaufs der Seroreaktionen geben Auskunft über die Wirksamkeit der Therapie.
Bei bekannter Penicillin-Überempfindlichkeit kommen alternativ Erythromycin, Chloramphenicol oder Tetrazykline in Betracht. 1–2 Tage nach Therapiebeginn besteht keine Infektiosität mehr.