05 Gastrointestinaltrakt Flashcards
Beschreiben Sie die Pathophysiologie und Symptomatik einer Achalasie des Ösophagus.
Es handelt sich um eine neuromuskuläre Störung der glatten Muskulatur der Speiseröhre. Diese beruht auf einer Abnahme der Ganglienzellen des Auerbach-Plexus (Plexus myentericus) sowohl im tubulären Ösophagus als auch im Bereich des unteren Ösophagussphinkters. Die Peristaltik in den unteren 2⁄3 der Speiseröhre ist aufgehoben und der Schluckakt verläuft nicht mehr regelrecht. Der untere Ösophagussphinkter ist unfähig, während des Schluckakts zu erschlaffen. Die Erkrankung ist selten (1/100.000 Einwohner).
Im Vordergrund der Symptomatik steht eine allmählich über Jahre zunehmende Dysphagie zuerst für feste, später auch für flüssige Speisen. Weiteres Leitsymptom ist die Regurgitation von Nahrungsbestandteilen, die noch nicht mit Magensäure in Kontakt getreten sind. Das Endstadium der Achalasie ist durch einen Megaösophagus gekennzeichnet. Als Spätfolge kann im tubulären Ösophagus ein Karzinom entstehen.
Wie sieht die konservative Behandlung einer fortgeschrittenen Achalasie aus?
Nach radiologischer („Sektglasform“), endoskopischer und manometrischer Sicherung der klinisch-anamnestischen Diagnose „Achalasie“ und nach bioptischem Ausschluss eines Karzinoms ist die Therapie der Wahl die Ballondilatation (pneumatische Dehnung, Dehnungsdruck 300– 450 mmHg über 30–60 s). Die langfristige Erfolgsquote beträgt bei der Dilatation ca. 60 %. Komplikationen sind Perforationen (2–4 %) und Fieberschübe als Folge kleiner Läsionen. Nach einer Dilatationsbehandlung kann die Gabe des Kalzium-Antagonisten Nifedipin (30 min vor dem Essen) hilfreich sein, da er u. a. an der Ösophagusmuskulatur spasmolytisch wirkt. Bei Therapieversagen ist eine extramuköse Myotomie möglich. In Studien wird die endoskopisch-intrasphinktäre Botolinumtoxin-Injektion untersucht.
Was ist die wichtigste Differenzialdiagnose zur Achalasie?
Die wichtigste Differenzialdiagnose ist das kardianahe Ösophaguskarzinom. Ein wichtiger Hinweis darauf ist die rasche Progredienz der Schluckstörung. Häufige Endoskopien und Biopsien sind daher notwendig. In Zweifelsfällen ist eine chirurgische Intervention zur Diagnosesicherung angezeigt, bei der gleichzeitig eine therapeutische Myotomie (nach Gottstein- Heller) durchgeführt werden kann.
Ein 70-jähriger Patient klagt seit 2 Monaten über Leistungsabfall, Gewichtsverlust von 7 kg und seit ungefähr 1 Woche über zunehmende Schluckbeschwerden und ein Kloßgefühl im Epigastrium.
Was meinen Sie dazu?
Bei einer Symptomatik wie dieser muss man an einen malignen Prozess entweder des Ösophagus, der Kardia oder des Magens denken. Zur Diagnosestellung bietet sich die Ösophagogastroskopie an. Während der Untersuchung kann man eine Gewebeprobe des verdächtigen Gebiets entnehmen, sodass man schon frühzeitig eine Histologie des Tumors erhält. Risikofaktoren für die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms sind:
• Refluxösophagitis • Achalasie
• Alkoholabusus
• Verätzungen
• Mangelernährung (Vitamin-, Eisenmangel)
• Z.n. Bestrahlung z.B. eines Mammakarzinoms
• Papillomaviren (HPV 16)
• Nikotinabusus
Wie entstehen Stressläsionen im Sinne einer akuten Gastritis? Welches klinische Bild würden Sie hier erwarten?
Unter akuten Stressläsionen versteht man unterschiedlich ausgeprägte entzündliche Magenschleimhautveränderungen, die u. a. häufig nach schweren operativen Eingriffen, Traumen, Verbrennungen und Schock auftreten. Über einen Zusammenbruch der Magenschleimhaut-Schutzmechanismen kommt es zu einem Ödem, einer Leukozyteninfiltration in die Mukosa und Gewebeeinblutungen. Dies führt zu meist multiplen oberflächlichen Erosionen, die massiv bluten können. Folgende Symptome sind möglich:
• Oberbauchschmerzen (von leichten epigastrischen Beschwerden bis hin zum akuten Abdomen)
• Gefühl der körperlichen Schwäche
• Appetitlosigkeit, Nausea und Vomitus
• Bluterbrechen
Nennen Sie die histologische Definition von Erosionen der Magenschleimhaut im Gegensatz zum Ulkus ?
Erosionen sind Defekte der Magenschleimhaut, die maximal bis zur Muscularis mucosae reichen (› Abb. 3.1). Ein Ulkus überschreitet die Muscularis mucosae. Häufig treten Erosionen im Sinne von Stressläsionen z. B. bei Intensivpatienten auf. Erosionen können zu einer akuten gastrointestinalen Blutung führen.
Welche Klassifikation kennen Sie für die chronische Gastritis?
Der chronischen Gastritis lässt sich kein typisches Beschwerdebild zuordnen. Häufig ist sie asymptomatisch. Sie kann nur durch eine Endoskopie mit Biopsie und Histologie diagnostiziert werden. Unterschieden werden:
• Korpusgastritis = Autoimmungastritis = Typ A ist vor allem im Fundus und Korpus lokalisiert. Es kommt zu einer Bildung von Antikörpern gegen Parietalzellen und Intrinsic-Faktor. Durch den Mangel an Intrinsic- Faktor kann sich eine Vitamin-B12-Mangelanämie (perniziöse Anämie) ausbilden.
• Antrumgastritis = Typ B beginnt im Antrum mit aszendierender Ausbreitung und wird durch Helicobacter pylori hervorgerufen. Häufig tritt sie im fortgeschrittenen Alter auf.
Merke: Gastritis Typ B ist die häufigste Form der chronischen Gastritis. Gastritis Typ C bezeichnet chemisch-toxische Gastritiden. Sie sind meist in Pylorusnähe lokalisiert und werden z. B. durch NSAR oder Gallereflux aus dem Duodenum in den Magen verursacht.
Was sind die Symptome einer Refluxkrankheit?
Refluxsymptome sind Sodbrennen, Druckgefühl hinter dem Sternum, Schluckbeschwerden und saures Aufstoßen, aber auch extra-ösophageale Symptome wie z. B. Reizhusten und Heiserkeit. Man unterscheidet bei der GERD (gastroesophageal reflux disease) in NERD (non-erosive reflux disease) und ERD (erosive reflux disease). Patienten mit NERD haben Refluxsymptome ohne endoskopischen oder histologischen Nachweis einer Refluxösophagitis, während bei Patienten mit ERD makroskopisch oder mikroskopisch entzündliche Veränderungen zu sehen sind. Die Ursachen der Refluxkrankheit sind multifaktoriell (› Tab. 3.1). Entscheidend sind eine Störung im Verschlussmechanismus des unteren Ösophagussphinkters und ein aggressives Refluat. Begünstigende Faktoren sind:
• Nikotin
• tierische Fette
• Alkoholkonsum
• hohe Magensäureproduktion
• Medikamente (z. B. Nitrate, Anticholinergika)
Tab. 3.1 Refluxursachen
Art des Refluxes : Ursachen
primärer Reflux : gestörter Verschlussmechanismus des unteren Ösophagussphinkters unklarer Ätiologie
sekundärer Reflux :
• Z. n. operativen Eingriffen (Kardiaresektion)
• Magenausgangsstenose
• chronisches Erbrechen
• Schwangerschaft (im letzten Trimenon)
Welche anatomische Störung oder Erkrankung des Magens tritt bei Patienten mit Reflux fast immer begleitend auf?
Eine Hiatushernie findet sich fast regelhaft bei Patienten mit Reflux. Unter einer Hiatushernie versteht man die Verlagerung von Anteilen des Magens in den Thoraxraum. Eine symptomlose Hiatushernie oder axiale Gleithernie findet sich bei 50 % aller Menschen über 50 Jahre. Bei paraösophagealen Hiatushernien schiebt sich ein Teil des Magens mit dem peritonealen Bruchsack neben die Speiseröhre in den Thorax, wobei die Lage der Kardia und die Funktion des unteren Ösophagussphinkters normal sind.
Kennen Sie das Mallory-Weiss-Syndrom?
Das Mallory-Weiss-Syndrom beschreibt Längseinrisse am ösophagokardialen Übergang (Mukosa und Submukosa). Alkoholismus und Refluxkrankheit gelten als prädisponierende Faktoren. Erbrechen führt häufig zu Schleimhauteinrissen, die heftig bluten können (ca. 10 % aller Magenblutungen). Die Diagnosestellung erfolgt endoskopisch.
Eine „spontane“ Ruptur des Ösophagus durch akute Druckbelastung (Würgen, Erbrechen) nennt man Boerhaave-Syndrom. Mögliche Folge ist ei- ne Mediastinits mit Sepsis.
Was ist ein Protonenpumpenhemmer und welche Indikationen kennen Sie?
Protonenpumpenhemmer werden in der Therapie der Refluxösophagitis und der gastroduodenalen Ulkuskrankheit als Mittel erster Wahl sehr häufig eingesetzt. Sie inhibieren die H+/K+-ATPase der Belegzellen und führen zu einer lang anhaltenden und weitgehend kompletten Hemmung der Säureproduktion. Unter der Standarddosis (z. B. 20 mg Omeprazol oder Esomeprazol, 30mg Lansoprazol, 40mg Pantoprazol) heilt bei ca. 80 % der Patienten eine erosive Ösophagitis ab. Mögliche Nebenwirkungen sind: • Diarrhö • Hautausschläge und Juckreiz • Kopfschmerzen und Schwindel • Hör- und Sehstörungen • Blutbildveränderungen • Transaminasenanstieg • Gynäkomastie
Und was wissen Sie über H2-Rezeptorenblocker?
H2-Rezeptorenblocker wie Cimetidin (Tagamet®) und Ranitidin (Zantic®) hemmen die durch Histaminwirkung bedingte vagale und humorale Säuresekretion.
Die Wirkung beruht auf einer kompetitiven Verdrängung des Histamins vom Rezeptor. Beide Pharmaka sind bei Erkrankungen des oberen GI-Trakts, bei denen eine Verringerung der Magensäuresekretion angestrebt wird, als Mittel der zweiten Wahl indiziert. Beispiele sind:
• Magen- und Duodenalulzera
• Rezidivprophylaxe von Ulzera
• Prophylaxe von Stressläsionen Unerwünschte Wirkungen können sein:
• Müdigkeit, Schwindel, Verwirrtheit
• Gynäkomastie, Laktorrhö
• Exantheme, Haarausfall
• Durchfall
• Transaminasenanstieg
Kurze Frage – kurze Antwort:
Kennen Sie den Begriff Barrett-Ösophagus?
Der Barrett-Ösophagus ist eine Folge eines schweren gastroösophagealen Refluxes. Das Plattenepithel des Ösophagus wird durch Zylinderepithel vom intestinalen Typ ersetzt. Es besteht ein Risiko für die Entwicklung eines Adenokarzinoms. Das Krebsrisiko ist beim Long-Segment-Barrett (Länge der Metaplasie > 3 cm) 30-fach erhöht.
Erläutern Sie bitte in wenigen Stichpunkten Epidemiologie, Symptome, Diagnostik und Therapie des Ösophaguskarzinoms.
Tab. 3.2 Synopsis Ösophaguskarzinom
Epidemiologie : 6 Fälle/100.000 Einwohner, 5 % aller Tumoren des GI-Trakts
Symptome : Dysphagie (erst bei Verlegung von des Lumens)
Diagnostik:
• Endoskopie mit Biopsie • CT und Endosonografie
Therapie:
• Ösophagektomie (Magenhochzug) evtl. vorher neoadjuvante Radiochemotherapie
• palliative Radiochemotherapie
• palliativer Passageerhalt durch endoskopische Stenteinlagen oder Lasertherapie
Prognose :
• ohne LK-Filiae: 5-Jahres-Überleben ca. 55 %
• bei LK-Filiae: 5-Jahres-Überleben ca. 10–15 %
Ein 30-jähriger Patient kommt abends in die Notfallambulanz. Er gibt an, dass er seit dem Morgen unter starken Bauchschmerzen leide. Die Schmerzen hätten unter dem Rippenbogen begonnen und sich nach und nach auf den ganzen Bauch ausgedehnt. Jetzt seien sie unerträglich geworden. Bei der Erhebung der allgemeinen Anamnese gibt der Patient an, dass er in den letzten 2 Monaten vermehrt unter Stress gelitten habe. Vor einigen Wochen habe er schon einmal Schmerzen unter dem Rippenbogen verspürt, die er aber als Gastritis gedeutet habe. Magengeschwüre seien nie diagnostiziert worden, und auch sonst sei er immer gesund gewesen. Bei der klinischen Untersuchung stellen Sie fest, dass der Bauch des Patienten bretthart und extrem druckdolent ist. Es besteht Abwehrspannung, die sich auch durch Ablenkung des Patienten nicht überwinden lässt. Im Epigastrium bemerken Sie eine deutliche Verhärtung.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Welche Untersuchung ist für Diagnose und Therapieeinleitung entscheidend?
Anamnese und klinische Untersuchung sprechen für die Perforation eines Hohlorgans im Epigastrium. Zur Erhärtung der Diagnose empfiehlt sich eine Röntgenaufnahme des Abdomens im Stehen und in Linksseitenlage.
Beschreiben Sie die Klinik eines Magenulkus.
Ein Magenulkus ist ein umschriebener Defekt der Magenwand, der im Gegensatz zur Erosion über die Muscularis mucosae hinausgeht. Patienten mit einem Ulcus ventriculi klagen z. B. über:
• Schmerzen im Epigastrium, die bevorzugt postprandial bzw. nach einer Latenz von mehreren Stunden auftreten
• Appetitmangel
• Übelkeit, Erbrechen
• Völlegefühl
• Druckgefühl unter dem Sternalfortsatz
Differenzialdiagnostisch sollten immer eine Cholezystolithiasis, ein Herzinfarkt und vor allem ein Magenkarzinom ausgeschlossen werden.
Was fällt Ihnen zum Ulcus duodeni ein?
Das Duodenalgeschwür befällt häufig Männer jüngeren Alters und tritt bevorzugt im Frühjahr und Herbst auf. Bei der Pathogenese wirken folgende Mechanismen zusammen:
• Säure- und Pepsinhypersekretion bei beschleunigter Magenentleerung:
Eine Parietalzellvermehrung führt zu einer erhöhten Gastrinfreisetzung aus dem Antrum mit der Folge einer vermehrten Magensäurebildung.
• Gestörte Säureneutralisation im Bulbus duodeni: Durch eine verminderte Bikarbonat- und Schleimsekretion des Duodenums wird die Magensäure nicht ausreichend im Bulbus duodeni (häufig Ulkusort) neutralisiert.
• Nervale Einflüsse bzw. psychische Faktoren: Schließlich ist auch ein erhöhter Vagotonus für eine verstärkte Säuresekretion verantwortlich. Typisch sind deshalb nächtliche Schmerzen bei Patienten mit Ulcus duodeni (nachts: erhöhter Vagotonus).
• Die fehlerhafte Funktion der Schleimhautschutzmechanismen (Schleimbildung, Epithelregeneration, Durchblutung) und das Überwiegen der aggressiven gegenüber den defensiven Mechanismen werden auch beim Duodenalulkus, ähnlich wie beim Magenulkus, mehr oder minder vorausgesetzt.
• Eine Infektion mit Helicobacter pylori wird mit der Ulkusentstehung ursächlich in Zusammenhang gebracht (99 % der Patienten mit Ulcus duodeni sind HP-positiv gegenüber 75 % der Patienten mit Ulcus ventriculi). Psychologische (Persönlichkeitsstruktur) und soziologische (Exil, Auswanderung) Parameter tragen zur Entstehung und Unterhaltung eines Duodenalulkus bei.