06 Gastrointestinaltrakt Flashcards

1
Q

Eine 45-jährige Frau kommt zu Ihnen in die Praxis und klagt über Gewichtsabnahme und einen massigen hellen Stuhl.
Wie würden Sie diagnostisch vorgehen, um die Verdachtsdiagnose einheimische Sprue zu sichern?

A

Beim nicht-tropischen Spruekranken werden ein Stuhlgewicht von über 250 g/d und ein Stuhlfettgehalt über 8 g/d gemessen. Folgende funktionsdiagnostische Untersuchungen untermauern die Verdachtsdiagnose:
• D-Xylose-Test (Kohlenhydratmalabsorptionsbestimmung)
• H2-Atemtest nach Laktosegabe (beim Vollbild einer Sprue besteht meist auch ein Laktasemangel)
In der MDP (= Magen-Darm-Passage) sind segmentierte und dilatierte Dünndarmschlingen mit fehlendem Schleimhautrelief zu beobachten. Gesichert wird die Diagnose der Zöliakie durch einen positiven IgA-anti- Transglutaminase (Anti-TG)-Antikörper-Test und mikroskopische Untersuchung einer Dünndarmschleimhautbiopsie. Typische Befunde sind:
• Zottenreduktion bzw. -atrophie der Dünndarmschleimhaut
• Kryptenhyperplasie mit Abflachung des Oberflächenepithels
• Vermehrung intraepithelialer Lymphozyten

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2
Q

Sie haben die Diagnose einer einheimischen Sprue gesichert. Welches diätetische Behandlungskonzept leiten Sie ein?

A

Da die Schleimhautveränderungen der einheimischen Sprue durch eine allergische Reaktion gegenüber der Gliadinfraktion des Glutens („Klebereiweiß des Weizens“) hervorgerufen werden, ist die lebenslange Einhaltung einer glutenfreien Kost obligat. Ab 2012 müssen glutenfreie bzw. glutenhaltige Speisen im Verkauf gekennzeichnet sein. Dabei ist der Verzehr folgender Nahrungsmittel verboten:
• Weizen, Gerste, Roggen, Hafer bzw. daraus hergestelltes Brot, Kekse und Kuchen
• Fleisch- und Gemüsekonserven
• Milch und Milchprodukte bzw. daraus hergestellte Produkte (z. B. auch Schokolade)
• Trockensuppen
Erlaubt sind Mehlprodukte aus Hirse, Reis und Mais. Mineralien, insbesondere Kalzium und Vitamine (besonders Vit. A, D, E, K) sollten oral substituiert werden. Eine ausreichende Zufuhr dieser Stoffe durch die Nahrung ist bei glutenfreier Kost kaum möglich.

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3
Q

Welche Ursachen liegen bei einer erworbenen Laktoseintoleranz des Erwachsenen vor? Nennen Sie einige klinische Symptome.

A

Folgende Ursachen führen durch Laktasemangel im Bürstensaum der Dünndarmmukosa zur Laktoseintoleranz des Erwachsenen:
• Restzustand nach hereditärem Defekt
• Folge von Erkrankungen der Dünndarmschleimhaut, z. B. Sprue, nach Magenresektion oder totaler Gastrektomie
Klinisch äußert sich die Milchzuckerunverträglichkeit nach Milchgenuss und Laktosezufuhr durch Blähungen, Flatulenz, Bauchkrämpfe und Durchfälle.

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4
Q

Beschreiben Sie eine funktionsdiagnostische Untersuchung, die Sie bei Verdacht auf Laktoseintoleranz durchführen.

A

Zum Nachweis des Laktasemangels kann der Laktosetoleranztest durchgeführt werden. Beim Laktosetoleranztest werden zunächst 50g Laktose oral gegeben. Danach werden je 25 g Glukose und Galaktose verabreicht (insges. 100g Zucker). Nach Laktosegabe bleibt der Glukoseanstieg wegen Laktasemangels aus (BZ-Anstieg < 20 mg/dl), jedoch steigt der Blutzucker nach der Gabe von Glukose und Galaktose an (BZ-Anstieg > 20 mg/dl). Dies beruht auf der enzymatischen Aktivität der vorhandenen glukose- und galaktosespaltenden Enzyme im Dünndarm.

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5
Q

Wo ist das Dickdarmkarzinom am häufigsten lokalisiert? Wie äußert es sich im fortgeschrittenen Stadium?

A

Das Dickdarmkarzinom ist am häufigsten (ca. 80 %) im Rektosigmoid lokalisiert (› Abb. 3.4). Folgende Symptomatik kann dabei auftreten:
• Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Schmerzen
• Ileus
• chronische Eisenmangelanämie
• Bleistiftstühle
• Wechsel von Obstipation und Durchfall
• rektale Blutungen und Blutbeimengungen (häufig)
Durch die rektal-digitale Untersuchung können ca. 30 % der Dickdarmkarzinome erfasst werden.

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6
Q

Bei welcher Lokalisation eines Dickdarmkarzinoms tritt die klinische Symptomatik früher auf? Beim rechtsseitigen oder beim linksseitigen Dickdarmkarzinom?

A

Die klinische Symptomatik tritt im Allgemeinen beim linksseitigen Dickdarmkarzinom, besonders des Rektosigmoids, früher auf als beim rechtsseitigen (› Abb. 3.4). Dies lässt sich dadurch erklären, dass im Colon descendens die größte Menge an Wasser und Elektrolyten resorbiert wird und es somit zur Eindickung des Stuhls kommt. Der eingedickte Darminhalt kann die durch das Karzinom entstandene linksseitige Darmstenose schlecht passieren, wodurch möglicherweise Beschwerden (Meteorismus, Flatulenz, Ileus) ausgelöst werden. Im Colon ascendens werden dagegen nur wenig Wasser und Elektrolyte dem Stuhl entzogen, sodass ein relativ weicher Stuhl eine karzinombedingte Stenose passiert.

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7
Q

Beschreiben Sie die Dukes-Klassifikation des Kolonkarzinoms.

A

Neben dem TNM-System ist die Dukes-Klassifikation eine weitere Stadieneinteilung des Kolonkarzinoms (› Tab. 3.8).
Tab. 3.8 Stadien beim Kolonkarzinom
Stadium : Definition
A : Tumor ist auf Kolon- und Rektumwand begrenzt
B : infiltrierender Tumor ist in das umgebende Gewebe eingebrochen
C : Metastasierung in Lymphknoten
C1 : regionäre LK (perirektal, mesenterial) befallen
C2 : paraaortale LK befallen
D : Fernmetastasen (häufig Leber)

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8
Q

Welche Karzinom-Lokalisation hat die schlechteste Prognose?

A

Karzinome im Analbereich bzw. tiefen Rektumbereich haben die schlechteste Prognose. Es kommt rasch zu einer lymphogenen Metastasierung. Diese kann analog zur Gefäßversorgung in mesenteriale, iliakale und inguinale Lymphknoten erfolgen.

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9
Q

Was besagt ein Karnofsky-Index von 30 %?

A

Der Karnofsky-Index ist ein gebräuchliches Schema zur groben Beurteilung des Allgemeinzustands von onkologischen Patienten. Dabei wird der Allgemeinzustand des Patienten in 10%-Abständen von 10 bis 100% quantifiziert (› Tab. 3.9). Ein Karnofsky-Index von 30 % besagt, dass der onkologische Patient dauernd bettlägerig ist und deswegen eine geschulte Pflegekraft braucht. Ein Karnofsky-Index von 100 % bedeutet, dass ein Patient keine Beschwerden hat, kein Hinweis auf Tumorleiden besteht und seine Aktivität normal ist.
Tab. 3.9 Karnofsky-Index
100 % volle Aktivität
90–80 % einige Einschränkungen/Beschwerden
60–70 % arbeitsunfähig, jedoch selbstversorgend
40–50 % regelmäßige Hilfe notwendig
< 40% Pflegefall
10% moribund

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10
Q

Was versteht man unter einer Dickdarmdivertikulose? Wo ist sie meist lokalisiert?

A

Dickdarmdivertikel sind Ausstülpungen der Darmschleimhaut durch Gefäßlücken der muskulären Darmwand. Es handelt sich um sog. Pseudodivertikel (d. h., nicht alle Wandschichten sind beteiligt), besonders bei Sigmadivertikeln (2⁄3 aller Fälle). Die Mehrzahl der älteren Menschen weist eine Divertikulose auf. Eine einfache Divertikulose ist im Allgemeinen asymptomatisch. Die Hauptlokalisationen sind das Sigma und das Colon descendens.

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11
Q

Zu Ihnen in die Ambulanz kommt eine 65-jährige leicht adipöse Patientin aufgrund von Schmerzen im linken Unterbauch. Die Beschwerden seien schon mehrfach aufgetreten, aber nicht so stark wie jetzt, und bisher seien sie auch immer wieder von selbst weggegangen. Sie gibt an, schon immer „Last mit der Verdauung“ gehabt zu haben. Sie messen eine Temperatur von 38,8 oC rektal. Bei der klinischen Untersuchung ertasten Sie eine druckschmerzhafte Walze im linken Unterbauch. Neben dem Druck- besteht ein deutlicher Loslass-Schmerz.
Wie lautet Ihre klinische Diagnose? Welche Diagnostik leiten Sie ein? Und welche Differenzialdiagnosen berücksichtigen Sie?

A

Der klinische Befund spricht für eine Sigmadivertikulitis. Die Symptome sind ähnlich wie die einer Appendizitis. Aus diesem Grund wird sie auch als „Linksappendizitis“ bezeichnet. Meist tritt sie bei alten Menschen auf. Es handelt sich um eine bakterielle Entzündung der Divertikelwand, die fast immer im Sigma lokalisiert ist. Zur Basisdiagnostik gehören neben Anamnese und Untersuchung eine Blutabnahme (Leukozytose, CRP-Erhöhung, BSG-Beschleunigung) und ein Ultraschall (Darstellung wandverdickter Kolonabschnitte mit schießscheibenartigem Querschnitt, evtl. freie Flüssigkeit in der Bauchhöhle). Bei Verdacht auf eine Perforation oder eine Abszessbildung oder bei unklarem Bild ist eine CT des Abdomens indiziert.
Wichtige Differenzialdiagnosen sind das Dickdarmkarzinom, gynäkologische Erkrankungen und v. a. bei jüngeren Patienten chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.

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12
Q

Welche pflegerischen oder diagnostischen Maßnahmen sollten bei einer akuten Divertikulitis vermieden werden?

A

Im akuten Schub einer Divertikulitis ist die Darmschleimhaut sehr vulnerabel. Es sollten daher keine hohen Einläufe und keine endoskopische Diagnostik erfolgen, da es zu einer Darmperforation kommen kann. Ebenfalls sind starke Laxanzien zu vermeiden. Bei Verdacht auf einen Abszess, einen Ileus, eine Fistelbildung oder bei prolongiertem Krankheitsverlauf ist eine chirurgische Intervention (Sigmaresektion) anzustreben.

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13
Q

Was ist die Langzeittherapie der Divertikulose und Divertikulitis?

A

Die Therapie besteht in einer ballaststoffreichen und faserreichen Kost mit reichlicher Flüssigkeitszufuhr und Bewegung. Bei Entzündungszeichen ist eine parenterale Ernährung mit antibiotischer Therapie (z. B. Ciprofloxacin + Metronidazol) indiziert. Bei Komplikationen (Abszess, Perforation) oder rezidivierenden Entzündungsschüben ist die Darmresektion indiziert. Diese wird, wenn möglich, im symptomfreien Intervall durchgeführt

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14
Q

Was sind die Leitsymptome einer gastrointestinalen Blutung?

A

Die gastrointestinale Blutung äußert sich meist in Bluterbrechen (Hämatemesis) oder Teerstühlen (Melaena). In ca. 80 % der Fälle liegt die Blutungsquelle im oberen Intestinaltrakt. Bei der unteren GI-Blutung ist die Hämatochezie (rote Darmblutung) häufig das Leitsymptom. Diagnostisches Kernstück ist die Notfallendoskopie. Häufige Blutungsursachen sind bei der oberen GI-Blutung:
• peptische Läsionen (Ulcera duodeni/ventriculi)
• gastroduodenale Erosionen
• Refluxösophagitis
• Varizen (Ösophagus/Magenfundus)
• Mallory-Weiss-Syndrom (= Schleimhauteinrisse im Ösophagus-Kardia- Bereich nach heftigem Erbrechen)

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15
Q

Nennen Sie eine endoskopische Klassifikation für eine Ulkusblutung.

A
Tab. 3.10 Endoskopische Einteilung der Blutungsaktivität nach Forrest
Forrest-Typ Definition
Ia arterielle spritzende Blutung
Ib Sickerblutung
IIa inaktive Blutung mit sichtbarem Gefäßstumpf
IIb Koagel auf Ulkusläsion
IIc Hämatin auf Ulkusläsion
III Läsion ohne Blutungszeichen
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16
Q

Nennen Sie mindestens drei Medikamente, die zu einer akuten Ulkusblutung führen können.

A
Schmerzmittel werden zunehmend rezeptfrei konsumiert und können eine Blutung verursachen. Typische ulzerogene Substanzen sind:
• ASS
• Ibuprofen
• Diclofenac
• Glukokortikoide
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17
Q

Worin besteht die Therapie der Ulkusblutungen vom Typ Forrest Ia und Ib?

A

Die spritzende Blutung (Ia) stellt eine Indikation zur Sofortintervention dar. Nach Stabilisierung des Kreislaufs kann ein versierter Endoskopiker eine Blutung mit Laser- bzw. Thermokoagulation zum Stillstand bringen. Bei Erfolglosigkeit wird der Patient zur Operation (operative Ulkusumstechung + extraluminäre Gefäßligatur der A. gastroduodenalis) übergeben.
Sickerblutungen (Ib) sistieren in 80 % der Fälle spontan. Die verbleibenden Blutungen lassen sich mit einer endoskopischen Sklerosierungstherapie, Laser- oder Thermokoagulation zum Stillstand bringen. Aufgrund der hohen Rezidivrate ist eine engmaschige Überwachung unbedingt nötig.

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18
Q

Was ist die häufigste Ursache für Darmblutungen bei kleinen Kindern?

A

Die Darminvagination ist die häufigste Blutungsursache bei kleinen Kindern. In 10 % der Fälle bildet sich die Invagination spontan zurück, 80 % der Fälle lassen sich durch einen Kontrasteinlauf reponieren. Die übrigen Fälle müssen operiert werden.

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19
Q

Definieren Sie das Krankheitsbild „Hepatitis“ und nennen Sie einige ätiologische Faktoren.

A
Die Hepatitis ist eine Entzündung der Leber unterschiedlicher Genese, die u.a. durch Hepatomegalie, Gelbsucht und abdominelle Beschwerden gekennzeichnet ist. Bei schweren Verläufen kann auch die Lebersyntheseleistung eingeschränkt sein. Folgende Faktoren können zu einer Hepatitis führen:
• infektiös:
– Hepatitisviren A, B, C (= Non-A/Non-B), D, E
– Gelbfieber, Coxsackieviren, Herpesviren wie EBV und CMV 
– Malaria
– Salmonellen
– Morbus Weil, Brucellose
• toxisch:
– Alkohol
– Methyldopa – Halothan
– Isoniazid
• endogen bzw. metabolisch: 
– autoaggressive Hepatitiden 
– Glykogenosen
– Kollagenosen
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20
Q

Wie äußert sich klinisch eine akute Virushepatitis?

A

Die klinische Symptomatik der Virushepatitiden A, B, C, D, E ist mehr oder minder ähnlich. Man unterscheidet zwischen einem Prodromalstadium und einem Stadium der hepatischen Organmanifestation.
• Prodromalstadium: Reicht von 27 Tagen bei der Hepatitis A bis zu mehreren Wochen und Monaten bei der Hepatitis B. Prodromalstadium ist nicht gleichzusetzen mit Inkubationszeit.
– Allgemeinerscheinungen: Müdigkeit, katarrhalische Symptome, Kopfschmerz, Fieber meist < 39 °C
– gastrointestinale Symptome: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Diarrhö, Erbrechen
– Dunkelfärbung des Harns bzw. Stuhlentfärbung und Übergang in die ikterische Phase
– evtl. Arthralgien, Exantheme
• Stadium der hepatischen Organmanifestation: 4–8 Wochen, kürzer bei Hepatitis A.
– beim ikterischen Verlauf (1⁄3 der Fälle) Gelbsucht und langsame Zurückbildung der Prodromalsymptome
– anikterischer Verlauf in 2⁄3 der Fälle
– druckempfindliche und vergrößerte Leber
– Splenomegalie und LK-Schwellungen
Die extrahepatischen Manifestationen, die bei den Virushepatitiden unterschiedlich in Art und Häufigkeit auftreten, können neben den Gelenken (Immunkomplexsyndrom mit Arthralgien und eventuellem Exanthem in 5–10 % aller Hepatitis-B-Patienten) auch die Hämatopoese (aplastische Anämie) oder das Gefäßsystem (z.B. Panarteriitis nodosa, besonders assoziiert mit Hepatitis B) betreffen.

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21
Q

Wie stellen Sie sich die Ätiologie der chronisch aggressiven Hepatitis B vor?

A

Das Hepatitis-B-Virus verfügt nicht über eine direkt zytotoxische Wirkung. Durch eine antikörperabhängige und zellvermittelte Immunabwehr kann der Organismus die viralen Antigene, die zum Teil auch an den Leberzellmembranen exprimiert sind, erkennen und meist durch Zerstörung der Wirtszelle eliminieren. Dadurch wird die Symptomatik ausgelöst.
Gelingt keine vollständige Viruselimination, besteht die Möglichkeit, dass das pathologische Geschehen mit weiterer Leberzellinfektion, weiterer Virusreplikation und immunologisch bedingter Zellzerstörung chronifiziert. Weiterhin wird vermutet, dass autoallergische Mechanismen auf ein leberspezifisches Protein bei der chronisch aggressiven Hepatitis eine bedeutende Rolle spielen. Bei vielen HbsAg-Trägern wird im Krankheitsverlauf das Virusgenom in die DNA der Leberzelle integriert.
Folgende morphologische Veränderungen sind für eine chronisch aggressive Hepatitis typisch:
• Mottenfraßnekrosen, chronisch-entzündliche Infiltration sowohl im Leberparenchym als auch im portalen und periportalen Bereich
• gestörte Läppchenarchitektur
• Brückenbildung zwischen Portalfeldern und Zentralvenengebiet
• schließlich Übergang in eine Zirrhose

22
Q

Beschreiben Sie eine häufige Laborkonstellation der Leberenzyme bei akuter Virushepatitis.

A
Bei der akuten Virushepatitis ist die zytosolische GPT im Serum stärker erhöht als die mitochondriale GOT (De-Ritis-Quotient GOT/GPT < 1), da die Mitochondrien in der Regel weniger betroffen sind (bei der Alkoholhepatitis ist es umgekehrt).
Die LDH (LDH-5 = Leber- und Skelettmuskeltyp), ein weiteres im Zytoplasma vorhandenes Enzym, ist bei akuten und schweren Leberschädigungen zu Beginn stark erhöht. Die γ-GT steigt bis zur 2. Woche nach Erkrankungs- beginn nur wenig an, bis zur 4. Woche ist meist eine weitere Erhöhung zu beobachten. Beim ikterischen Verlauf sind das Serum-Bilirubin und das Urobilinogen und Bilirubin im Urin erhöht. Weiterhin kommt es zu einem Anstieg des Serum-Eisens und evtl. einem Anstieg der BSG und des CRP.
23
Q

Beschreiben Sie die Bestandteile des Hepatitis-B-Virus und machen Sie bezüglich der serologischen Parameter Aussagen zur Infektiosität.

A

Das Hepatitis B-Virus, auch Dane-Partikel genannt, ist ein DNA- Virus, das hauptsächlich durch menschliches Blut übertragen wird. Das Virus besteht aus einer äußeren Hülle (Surface-Antigen = HBsAg) und einem Kern (Core-Antigen = HBcAg), der das HBeAg (Envelope-Antigen), virale DNA und DNA-Polymerase enthält. Im Laufe einer Infektion bilden sich Antikörper gegen diese Virusbestandteile.
Neben dem Nachweis des HBsAg ist das Auftreten von IgM-Anti-HBc als Hinweis auf eine frische Hepatitis-B-Infektion zu werten (› Tab. 3.11, › Abb. 3.5). Solange das HBs-Antigen nachweisbar ist, besteht eine potenzielle Infektiosität. Eine sichere Infektiosität liegt bei Nachweis von virusspezifischer DNA-Polymerase, HBc-Antigen und HBe-Antigen vor. Normalerweise besteht bei unkompliziertem Verlauf einer Hepatitis B eine Infektionsgefahr für die Umgebung bis maximal 6–8 Wochen nach Beginn der ikterischen Phase.

24
Q

Was ist Hepatitis B Synopsis ?

A

Tab. 3.11 Hepatitis-B-Synopsis
Hepatitis-B-Marker :Interpretation
HBsAg : Hepatitis-B-Surface-Antigen (früher: „Australia- Antigen“)
bereits ca. 14 Tage vor Eintreten der klinischen Symptomatik bis 6 Wochen nach der Erkrankung nachweisbar, bei chron. Hepatitis länger als 6 Mon. nachweisbar; Träger oft symptomfrei
Anti-HBs : Antikörper gegen Hepatitis-B-Surface-Antigen
nachweisbar 4–5 Monate nach Erkrankungsbeginn, zeigt reaktive Immunität bzw. Rekonvaleszenz an
HBcAg : Hepatitis-B-Core-Antigen
im Blut nicht nachweisbar, Antigen ist an die Leberzelle gebunden (Leberbiopsie)
HBeAg : Hepatitis Be-Antigen
(e = Virus-Core-Bestandteile)
zeigt die Anwesenheit von Dane-Partikeln im Blut an, Indikator für Infektiosität, Persistenz bei chronischer Hepatitis
Anti-HBe : Antikörper gegen Hepatitis-Be-Antigen
bei Vorhandensein ist der Patient in der Regel nicht mehr infektiös
HBV : Hepatitis-B-Virus
nachweisbar in Blut und Serum (meist nicht notwendig)

25
Q

Was ist das Delta-Virus und welche Rolle spielt es bei einer Hepatitis-B-Infektion?

A

Das Delta-Virus bzw. das Hepatitis-D-Virus (HDV) ist ein defektes RNA-Virus (Viroid), das sich nur in Anwesenheit des Hüllproteins eines Hepatitis-B-Virus (HBsAg) in der Leber vermehren kann. Es wird wie das HBV durch parenterale Inokulation bzw. durch Intimkontakte oder perinatal (= vertikal) übertragen. Voraussetzung für eine Infektion mit dem HDV ist eine akute oder persistierende HBV-Infektion. Die Superinfektion mit HDV kann einen fulminanten Verlauf nehmen oder auch in eine schwere chronische Hepatitis übergehen.

26
Q

Welche Hepatitisform neigt am ehesten zur Chronifizierung?

A

Die Hepatitis C (früher Non-A-Non-B) nimmt in 30–50 % einen chronischen Krankheitsverlauf. Es handelt sich um ein RNA-Virus (Flavi- Virus), das parenteral, sexuell oder perinatal übertragen wird. Anti-HCV wird im Serum erst 1–5 Monate nach Infektion positiv. Epidemiologische Daten weisen darauf hin, dass in Europa 0,2–2% der Gesamtbevölkerung anti-HCV-positiv sind.

27
Q

Welchen Stellenwert besitzt die immunsuppressive oder immunmodulatorische Therapie bei der chronischen Hepatitis?

A

Eine autoimmune Hepatitis kann durch eine immunsuppressive Kombinationstherapie mit Azathioprin und Kortikosteroiden gebessert werden. Bei den chronischen Hepatitisformen B, C und D, die virusinduziert sind, ist eine immunsuppressive Therapie nicht wirksam. Durch Gabe von α-Interferon (› Kap. 10) als Immunmodulator gelingt es bei ca. 40 % der Patienten mit chronischer Hepatitis B, die Virusreplikation zu beenden. Es kommt zu einer Serokonversion von HBeAg zu Anti-HBe. Alternativ werden in der Behandlung der chronischen Hepatitis B Lamivudin (Hemmung der reversen Transkriptase) und Adefovir (bei Resistenz gegen Lamivudin) eingesetzt. Die chronische Hepatitis C kann durch eine Kombinationstherapie mit PEG-Interferon-α2b (PEG = pegyliertes Interferon = Abbauschutz vor Proteasen) und Ribavirin in 45–75 % der Fälle (je nach Genotyp-Infektion) ausgeheilt werden.

28
Q

Sie haben eben die autoimmune Hepatitis genannt. Können Sie uns dazu noch etwas mehr sagen?

A

Die autoimmune Hepatitis ist eine wichtige Differenzialdiagnose zu den Virushepatitiden. In 80% der Fälle sind Frauen betroffen bei einer Manifestation vor dem 30. Lebensjahr. Die klinischen Bilder der Hepatitiden entsprechen sich. Diagnostisch entscheidend sind die negative Virusdiagnostik und der Nachweis typischer Antikörper:
• ANA (antinukleäre Antikörper), SMA (smooth muscle antibodies) und pANCA (antineutrophile zytoplasmatische Antikörper mit perinukleärem Verteilungsmuster) beim Typ I
• LKM (liver kidney microsome)-Antikörper beim Typ II.
Während die Prognose ohne Therapie schlecht ist, liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei einer immunsuppressiven Behandlung bei > 90 %.

29
Q

Geben Sie eine kurze Definition der Leberzirrhose.

A

Die Leberzirrhose ist der Endzustand eines bindegewebigen Umbaus der Leber. Es handelt sich um eine irreversible Zerstörung der Läppchenstruktur. Die Ursachen für eine Leberzirrhose sind heterogen (toxisch, infektiös, autoimmun). Klinisch kann eine Zirrhose stumm sein, die klinische Manifestation erfolgt oft erst zum Zeitpunkt der Dekompensation. Funktionelle Folgen sind Leberinsuffizienz, portale Hypertension und die Bildung porto-systemischer Shunts zwischen Portalgefäßen und Lebervenen.

30
Q

Was ist eine primäre biliäre Zirrhose?

A

Die primäre biliäre Zirrhose ist das Spätstadium einer chronischen, nichteitrigen, destruierenden Cholangitis. Die Genese ist unklar. Diskutiert werden autoimmune Prozesse, eine immunsuppressive Therapie ist jedoch unwirksam. Patienten mit Zöliakie sind gehäuft betroffen, weiterhin besteht eine Assoziation zu Kollagenosen, Hashimoto-Thyreoiditis und der rheumatoiden Arthritis. Die Erkrankung tritt meist bei Frauen zwischen 40 und 60 Jahren auf. Diagnostisch wegweisend sind anhaltender Juckreiz, laborchemische Zeichen einer Cholestase (Erhöhung von AP, γ-GT und Bilirubin), eine IgM-Erhöhung und vor allem das Auftreten von Antikörpern gegen Mitochondrien (AMA). Von den vier AMA-Subtypen sind Anti-M2- Antikörper spezifisch für dieses Krankheitsbild. Es gibt keine kausale Therapie, die Prognose ist deshalb schlecht.

31
Q

Können Sie noch eine andere primär cholestatische Lebererkrankung und deren Besonderheiten nennen?

A

An der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) erkranken vor allem Männer (m : w = ca. 3 : 1). Es besteht eine starke Assoziation zur Colitis ulcerosa (80% der PSC-Patienten). Klinisch und laborchemisch besteht wie bei der PBC eine Cholestase, bei den Patienten mit PSC sind jedoch pANCA (antineutrophile zytoplasmatische Antikörper mit perinukleärem Fluoreszenzmuster) nachweisbar. Diagnostisch wegweisend ist der Nachweis perlschnurartiger Veränderungen der Gallengänge in der ERCP oder MRCP. Auch für diese Erkrankung gibt es keine kausale Therapie.

32
Q

Was denken Sie: Wie viel Alkohol muss ein Erwachsener täglich zu sich nehmen, um an einer Leberzirrhose zu erkranken?

A

Unter Leberzirrhose versteht man einen narbigen und irreversiblen Umbau der Leber mit Zerstörung der typischen Läppchenstruktur und dadurch weitgehendem Ausfall der Leberfunktion.
Als Grenze für die Entstehung einer Leberzirrhose gilt bei Männern eine tägliche Alkoholaufnahme von ca. 60 g; bei Frauen liegt dieser Grenzwert bei ca. 30 g. 2 l Bier oder 1 Flasche Wein entsprechen 60 g Alkohol. Die individuellen Unterschiede bei Alkoholmenge und Zeitdauer bis zum Auftreten einer Leberzirrhose sind jedoch erheblich (allerdings glauben die Menschen jedes Bundeslandes in der BRD mehr zu „vertragen“ als andere Regionen).

33
Q

Gibt es nur alkoholbedingte Leberzirrhosen, oder kennen Sie andere Ursachen?

A

Gründe für eine Leberzirrhose können sein:
• toxisch: Alkohol (60% in Europa und USA), Barbiturate, Isoniazid, Chloroform etc.
• infektiös: v.a. Hepatitiden B, C und D (30% in Europa und USA)
• biliär: chronische Cholangitis, primärbiliäre Zirrhose
• vaskulär: Lebervenenthrombose (Budd-Chiari-Syndrom) oder chronische Rechtsherzinsuffizienz
• metabolisch: Morbus Wilson, Mukoviszidose, Glykogenosen, Siderosen

34
Q

Zählen Sie mindestens zehn klinische Befunde auf, die Sie bei einem Leberzirrhotiker durch die körperliche Untersuchung erheben können. Nennen Sie einige lebensbedrohliche Komplikationen!

A

Beim Vorliegen einer Leberzirrhose sind folgende klinische Befunde zu erheben:
• Lackzunge
• Mundwinkelrhagaden
• Feminisierung bei Männern (Gynäkomastie, Hodenatrophie)
• Ikterus
• Meteorismus
• Spider-Nävi
• Aszites
• Caput medusae
• Hämatome
• Palmarerythem
• Dupuytren-Kontraktur
• Beinödeme
Lebensbedrohliche Komplikationen entstehen durch:
• Blutungen aus Ösophagus-oder Magenfundusvarizen: Durch Kollateralwege, die sich das portalvenöse Blut sucht, bilden sich submuköse Varizen im Ösophagus oder Magenfundus. Bei Rupturierung kommt es zu schwallartigem Bluterbrechen (häufigste Komplikation der Leberzirrhose). Eine Ösophagusvarizenblutung ist mit einer Letalität von ca. 40 % behaftet.
• Leberinsuffizienz: Durch eine mangelhafte Entgiftungsfunktion der Leber kommen toxische Substanzen in den systemischen Kreislauf (Ammoniak, Indole etc.), die hauptsächlich aus dem Darm stammen. Dadurch entsteht die sog. hepatische Enzephalopathie. In ca. 25 % der Fälle von Leberzirrhosen tritt nach längerem Krankheitsverlauf der Tod im Leberkoma ein. Eine verringerte Bildung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren (Faktoren II, VII, IX, X) und des Faktors I (Fibrinogen) führt zur vermehrten Blutungsneigung (besonders bedeutsam in Zusammenhang mit der Ösophagusvarizenblutung).
• primäres Leberzellkarzinom: Bei einer Leberzirrhose ist das Risiko für die Entstehung eines Karzinoms um das 35-Fache gegenüber der Normalbevölkerung gesteigert.
• erhöhtes Infektionsrisiko: Mangel an Proteinen (Komplementfaktoren und Antikörpern), die von der Leber zur Infektabwehr gebildet werden (vor allem gegen bakterielle Erreger von Pneumonien).

35
Q

Wie äußert sich eine hepatische Enzephalopathie (HE)? Welche therapeutischen Richtlinien oder Möglichkeiten gibt es?

A

Es fallen je nach Stadium der HE folgende Symptome auf:
• Stadium 0: asymptomatisch, nur durch pathologische psychometrische Tests erfassbar
• Stadium I: beginnende Schläfrigkeit, Stimmungsschwankungen, Verlangsamung, Benommenheit, Flapping-Tremor (Prüfung bei ausgestreckten Armen und dorsal-flektierten Händen mit gespreizten Fingern = grob- schlägiger Fingertremor = Asterixis)
• Stadium II: stärkere Schläfrigkeit und Apathie, veränderte Schriftproben und EEG, Flapping-Tremor
• Stadium III: Patient schläft fast immer, ist jedoch weckbar, Korneal- und Sehnenreflexe erhalten, Flapping-Tremor noch vorhanden, einsetzender Foetor hepaticus, EEG-Veränderungen
• Stadium IV: Leberausfallkoma mit tiefem Schlaf, keine Reaktion auf Schmerzreize, erloschene Kornealreflexe, Foetor hepaticus, meistens Ausfall des Flapping-Tremors, EEG-Veränderungen.
Als therapeutische Möglichkeiten stehen zur Verfügung:
• Eiweißreduktion auf unter 60 g/d
• Laktulose 3 × 10–40 ml/d: Laktulose säuert den Stuhl an, dadurch werden sowohl NH3-produzierende Darmbakterien reduziert als auch das gut resorbierbare NH3 in das schlechter resorbierbare NH4+ überführt, außer- dem wirkt Laktulose laxierend.
• Neomycin 2–4 g/d zur Darmsterilisation: Darmbakterien bilden Ammoniak und Indole.
• Laxanzien: Die Verweildauer des Stuhls sollte möglichst kurz sein.
• parenterale Ernährung (Kohlenhydrate) + komplexe Aminosäuren

36
Q

Kennen Sie die Child-Klassifikation?

A

Die Child-Klassifikation dient der Schweregradeinteilung der Leberzirrhose anhand von fünf klinischen, sonografischen und laborchemischen Parametern. Sie sagt etwas aus über die Prognose der Erkrankung (› Tab. 3.12). Die einzelnen Punkte werden addiert. 5–6 Punkte entsprechen dem Stadium Child A, 7–9 Punkte Child B und 10–15 Punkte Child C.
Tab. 3.12 Child-Klassifikation
1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte
Albumin i. S. (g/dl)
> 3,5 2,8–3,5 < 2,8
Bilirubin i. S. (mg/dl)
< 2,0 2,0–3,0 > 3,0
Quick (%)
> 70 40–70 < 40
Aszites
0 leichtgradig mittelgradig
Enzephalopathie
0 I–II III–IV

37
Q

Definieren Sie bitte portale Hypertension.

A

Als portale Hypertension wird eine bleibende Steigerung des Pfortaderdrucks > 13 mmHg bezeichnet (Referenzbereich 3–13 mmHg). Be- sonders aussagekräftig ist der Druckgradient zwischen unterer Hohlvene und Pfortader. Er sollte 5 mmHg nicht überschreiten. Infolge der Druckerhöhung bilden sich venöse Kollateralen mit hohem Blutungsrisiko:
• Ösophagusvarizen (bei Werten > 10 mmHg)
• Rektumvarizen
• Bauchwandvarizen (Cruveilhier-Baumgarten-Syndrom, Caput medusae)
• Milz-Niere (Splenomegalie, spontaner lienorenaler Shunt, Aszites)

38
Q

Welche pathophysiologischen Mechanismen führen bei der Leberzirrhose zur Entstehung eines Aszites?

A

Ein Aszites wird sonografisch ab ca. 50ml und klinisch ab ca. 1.000 ml fassbar. Folgende Mechanismen sind bedeutsam:
• Gesamteiweißerniedrigung (besonders Albumin): Eine verminderte Proteinsynthese führt zur Senkung des kolloidosmotischen Drucks
• intravasale Druckerhöhung im Pfortadergebiet (portale Hypertension)
• Obstruktion der postsinusoidalen Lebervenen
• gesteigerte Lymphproduktion durch erhöhten Druck in den Lebersinusoiden (meist durch Regeneratknoten)
• verminderte Na-Ausscheidung und ein daraus resultierender erhöhter Na-Körperbestand mit konsekutiver Wassereinlagerung durch:
– renale Na-Retention bei sekundärem Hyperaldosteronismus durch verminderten Aldosteronabbau in der Leber
– Aktivitätssteigerung des Sympathikus und Minderdurchblutung der Niere, die zu einer gesteigerten Reninbildung führen ( erhöhte Aldosteronsekretion)
– Beeinträchtigung des renalen Prostaglandinmetabolismus
Auch die reduzierte Wirkung des atrialen natriuretischen Faktors (ANF) und eine häufig auftretende Endotoxinämie können zur Aszitesbildung bei Leberzirrhose beitragen. Aszites bei Leberzirrhose deutet auf eine schlechte Prognose hin.

39
Q

Welche differenzialdiagnostischen Erwägungen sind aus dem Aszitespunktat zu ziehen?

A

Es wird der Eiweißgehalt des Aszitespunktats bestimmt. Dabei unterscheidet man zwischen einem Transsudat und einem Exsudat.
Als Transsudat bezeichnet man eine Flüssigkeit, die < 30 g/l Eiweiß enthält. Das spezifische Gewicht ist < 1,016 g/l und der Serum/Aszites-Albumin- Quotient > 1,1 g/dl. Ein solcher Befund findet sich bei folgenden Erkrankungen:
• Leberzirrhose
• Rechtsherzinsuffizienz
• Panzerherz
• Pfortaderthrombose
• Budd-Chiari-Syndrom
Das meist zellreiche, hämorrhagische oder chylöse Exsudat hat einen Eiweißgehalt > 30 g/l. Das spezifische Gewicht ist größer als 1,016 g/l und der Serum/Aszites-Albumin-Quotient < 1,1 g/dl. Ein solcher Befund findet sich bei folgenden Erkrankungen:
• Neoplasien
• Pankreatitiden
• Infektionen(z.B.Tbc)
Der Nachweis von Cholesterin < 48mg/dl und Fibronektin < 7,5mg/dl im Punktat spricht für einen Stauungsaszites (Transsudat). Bei Werten darüber und einem LDH > 500 U/l liegt eher ein maligner oder entzündlicher Aszites vor.

40
Q

Beschreiben Sie die klinische Symptomatik einer akuten Cholezystitis.

A

Die akute Cholezystitis tritt o als Komplikation eines Zystikussteins auf. Meist ist eine Infektion mit E. coli am Entzündungsgeschehen beteiligt. Symptome sind:
• starke Schmerzen im rechten Oberbauch mit Ausstrahlung in die rechte
Schulter, kolikartige Schmerzanfälle
• hochgradige Empfindlichkeit und Abwehrspannung im rechten Oberbauch
• Übelkeit und Erbrechen, Fieber
• erschwerte Atmung
• Ikterus (meist › 3 mg/dl Bilirubin)
Eine gefürchtete Komplikation, die schnell zu einer Verschlechterung des klinischen Bildes führt, ist die Perforation der Gallenblase mit nachfolgender Peritonitis.

41
Q

Nennen Sie eine häufige Komplikation einer Cholezystolithiasis.

A

Die typische Komplikation der Cholezystolithiasis ist die Cholezystitis. Die Behandlung besteht in der Regel in der Cholezystektomie, wobei sich die Frühoperation (1–4 Tage nach stationärer Aufnahme) durchgesetzt hat. Eine parallele antibiotische Therapie ist unumgänglich (z. B. mit Ciprofloxacin, bei V. a. Anaerobierinfektion zusätzlich mit Metronidazol). Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer.

42
Q

Was ist die Standarddiagnostik bei V. a. Cholezystolithiasis?

A

Das sog. Murphy-Zeichen im Rahmen der klinischen Untersuchung kommt bei Entzündung vor (= schmerzbedingter Stopp der Inspiration bei gleichzeitiger Palpation unter dem Rippenbogen). Die Diagnose kann auch sonografisch mit einer Sensitivität und Spezifität von über 95 % gestellt werden. Durch den Nachweis der Beweglichkeit der Gallensteine können sie von wandständigen Prozessen und Tumoren abgegrenzt werden. Weiterhin kann evtl. eine Vergrößerung der Gallenblase oder ein Aufstau des Ductus choledochus festgestellt werden. Mittels sonografischer Hochfrequenz-Signalanalyse kann festgestellt werden, ob es sich um Cholesterinsteine (80 %) handelt und ob diese verkalkt sind.

43
Q

Bitte berichten Sie über die Differenzialdiagnosen eines Ikterus.

A

Tab. 3.13 Differenzialdiagnosen Ikterus
Ikterus
Prähepatisch Hepatisch Cholestatisch
indirektes Bili
↑ (↑) –
direktes Bili*
- ↑ ↑
Bili im Urin
- ↑ Urin dunkel ↑ Urin dunkel
Urobilinogen im Urin
↑ ↑ -
GOT und GPT
- ↑↑ ↑
AP, γ-GT, GLDH
- ↑ ↑↑
LDH/HBDH
< 1,3 > 1,64 –
Haptoglobin
↓ - -
Stuhl
dunkel hell oder dunkel hell
Juckreiz
nein evtl. ja
*Quotient direktes Bili/Gesamt-Bili > 0,5 spricht für posthepatische Cholestase

44
Q

Sie haben Dienst in der Notaufnahme. Zu Ihnen kommt ein 45-jähriger Patient mit heftigen Oberbauchschmerzen, die plötzlich aufgetreten sind und gürtelförmig in den Rücken ausstrahlen. Er hat mehrfach erbrochen. Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich ein Druckschmerz im Epigastrium. Auskultatorisch fällt eine spärliche Peristaltik auf. Der Blutdruck des Patienten liegt bei 100/60 mmHg. Im Verlauf von Anamnese und Untersuchung gibt der Patient zu, „gelegentlich einen über den Durst zu trinken“.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und welche Differenzialdiagnosen ergeben sich?

A

Die Symptomatik spricht für eine akute Pankreatitis. Typisch sind sowohl Schmerzlokalisation, -charakter und -ausstrahlung als auch die Alkoholanamnese. Begleitend bestehen häufig ein Subileus sowie eine Hypovolämie, die zur Hypotonie führt.
Einige wichtige Differenzialdiagnosen sind: Ulcus ventriculi/duodeni (u.U. mit Perforation), Cholelithiasis, Hinterwandinfarkt, dissezierendes Aortenaneurysma.
Das Cullen-/Gray-Turner-Zeichen beschreibt bläuliche Flecken periumbilikal und im Flankenbereich.

45
Q

Nennen Sie weitere Ursachen einer akuten Pankreatitis.

A

Die häufigste Ursache einer akuten Pankreatitis sind Gallenwegserkrankungen (Choledocholithiasis, Cholangitis). Kleine Steine führen beim Abgang vor allem im Bereich der Papilla Vateri zu einem Stau des Pankreassekrets, wodurch der entzündliche Prozess eingeleitet wird. Seltener lösen Infektionen (z.B. Mumps), Sto wechselstörungen (Hyperlipidämie), Traumen, Medikamente (z.B. Kortikoide) oder Autoimmunerkrankungen eine akute Pankreatitis aus.

46
Q

Nennen Sie eine für die akute Pankreatitis charakteristische Laborkonstellation.

A

• hohe Leukozytose (> 20.000/μl)
• Lipase-Anstieg (empfindlichster Parameter–Norm: 20–160U/l); Amylase-Anstieg (Norm: 20–100 U/l) im Serum und Urin (spezifische Pankreas-isoamylase-Bestimmung)
• Erhöhung von LDH und CRP als Hinweis auf einen nekrotisierenden Verlauf
• Hyperglykämie, Hypokalzämie, Kreatinin-Anstieg im Serum (häufig bei Oligurie)
• Proteinurie
Die Enzymwerte sind unter den Laborwerten für die Diagnose einer Pankreatitis am wichtigsten, da diese den pathologischen Übertritt von Pankreasenzymen ins Blut zeigen. Ihre Höhe gibt allerdings keine Hinweise auf Verlauf und Prognose der Erkrankung.

47
Q

Welche therapeutischen Maßnahmen leiten Sie bei leichtem bis mittlerem Schweregrad einer akuten Pankreatitis ein?

A

Neben Bettruhe ist eine Ruhigstellung des Pankreas durch folgende Maßnahmen notwendig:
• orale Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz bei Beschwerden
• Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution parenteral (mindestens 3–4 l/24 h)
• Gabe eines Protonenpumpenhemmers (Blockierung der Magensäureproduktion, Stressulkusprophylaxe)
• Anlage einer Magenverweilsonde bei Erbrechen oder Subileus
• Schmerzbekämpfung mit Pethidin oder Buprenorphin (nicht Morphium, da Papillenspasmus und Verstärkung der Pankreatitis die Folge sein können)
• Thrombembolieprophylaxe
• Verabreichung eines gallegängigen Antibiotikums bei nekrotisierenden oder bilären Verlaufsformen (z. B. Imipenem oder Ciprofloxacin, jeweils kombiniert mit Metronidazol)

48
Q

Welche Rolle spielt das Kalzium bei einer akuten Pankreatitis?

A

Durch die akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse wird das umgebende Fettgewebe aufgrund der Freisetzung von Gallensalzen und proteolytischen Enzymen (z.B. Pankreaslipase, Elastase) nekrotisiert. Kalzium lagert sich unter „Kalkseifenbildung“ in das nekrotische Fettgewebe ein. Mit Zunahme der Fettgewebsnekrosen, d.h. der Verschlimmerung des Krankheitsbildes, werden eine zunehmende intrazelluläre Kalziumverschiebung, eine Abnahme des plasmaproteingebundenen Kalziums und ein vermehrter enzymatischer Abbau von Parathormon beobachtet. Das Zusammenspiel dieser Vorgänge führt zu einer Hypokalzämie, die bei akuter Pankreatitis einen prognostisch wichtigen Parameter für den Schweregrad darstellt. Weiterhin sind tetanische Symptome aufgrund der Hypokalzämie möglich. Eine Serum-Kalziumwert < 2 mmol/l ist prognostisch ungünstig.

49
Q

Welche Untersuchungsmethode bringt Aufschluss über die Ursache und die Komplikationen einer rezidivierenden oder chronischen Pankreatitis?

A

Stenosen, Steine und Tumoren lassen sich durch die ERCP nachweisen (endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikogra e). Hierbei erfolgt unter endoskopischer Sicht über ein Duodenoskop die Sondierung der Papilla Vateri. Nach Gabe eines Kontrastmittels lassen sich Gallen- und Pankreasgänge darstellen.

50
Q

Was ist das Courvoisier-Zeichen und auf welches Krankheitsbild weist es hin?

A

Als Courvoisier-Zeichen wird das gleichzeitige Auftreten folgen- der Symptome bei Pankreastumoren (besonders im Pankreaskopf) bezeichnet:
• palpable prallelastische schmerzlose Gallenblase
• Okklusionsikterus
Im Unterschied zum schmerzhaften Okklusionsikterus, z. B. bei der Choledocholithiasis, ist die Schmerzlosigkeit beim Pankreaskarzinom durch das langsam progrediente stenosierende Geschehen bedingt. Meist liegt ein Adenokarzinom des Gangepithels vor. Bei Diagnosestellung bestehen in ca. 80 % der Fälle bereits Metastasen.

51
Q

Nennen Sie einige Untersuchungen aus dem labormedizinischen oder apparativen Bereich, die Ihnen Hinweise auf einen Pankreaskopftumor geben können.

A

Gallenwegsokklusion bzw. retrograde Leberschädigung drücken sich durch folgende Laborparameter aus: Bilirubinanstieg, Erhöhung der alkalischen Phosphatase (Norm: 50–170 U/l) und γ-GT, mäßige Erhöhung von GOT und GPT.
Sonografisch lassen sich größere Tumoren sowie Folgeerscheinungen wie z.B. ein erweitertes Gallengangsystem darstellen. Kleinere Tumoren sind mithilfe der Endosonografie oder der „One stop-shop“-MRT (= MRT mit MRCP und MR-Angiografie) zu erkennen (90% Trefferquote). Alternativ kommen Spiral-CT und ERCP in Betracht. Tumoren mit einem Durchmesser < 1 cm sind präoperativ nicht nachweisbar.
Bei fortgeschrittenen Stadien lassen sich Komplikationen wie Stenosen und Verdrängungen mit der Endoskopie oder radiologisch in der Magen- Darm-Passage darstellen.

52
Q

Nennen Sie einen endokrin aktiven Pankreastumor und beschreiben Sie seine klinische Symptomatik.

A

Ein Gastrinom ist häufig im Pankreas (80 %) lokalisiert, seltener im Duodenum oder im Antrum. Durch exzessive Gastrinausschüttung werden die säurebildenden Belegzellen des Magens andauernd stimuliert. Dies führt zu einer säurebedingten Schleimhautschädigung in Magen und Duodenum. Als Folge entwickeln sich:
• multiple, rezidivierende, o atypisch lokalisierte Ulzera mit Ulkusblutung und Schmerzen
• wässrige Durchfälle, Steatorrhö (säurebedingte Lipase-Inaktivierung) 60–70 % der Tumoren sind maligne. Eine Assoziation mit Hypophysenadenomen und Nebenschilddrüsenadenomen (= Wermer-Syndrom = multiple endokrine Neoplasie, Typ I) ist relativ häufig.