09 Bewegungsapparat, Weichteile Flashcards

1
Q

Es kommt eine ältere Dame in Ihre Praxis. Sie berichtet über Gelenkschmerzen, die besonders in den Fingern seit Monaten bestehen. Ihnen fallen beim Händeschütteln die Hände auf, woraufhin Sie Röntgenaufnahmen anfertigen lassen.
Beschreiben Sie die Hände und die Röntgenaufnahmen (› Abb. 6.1). Für welche Diagnose sprechen die Bilder?

A

An den Händen fällt eine Ulnardeviation der Finger auf. Die Röntgenaufnahme zeigt Knochendestruktionen, Ankylosen und Fehlstellungen. Die Gelenkspalten sind verschmälert. Es handelt sich wahrscheinlich um eine rheumatoide Arthritis (RA, primär chronische Polyarthritis).

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2
Q

Im Rahmen der Diagnostik und Verlaufsbeobachtung einer RA spielen die radiologischen Veränderungen eine bedeutende Rolle. Nennen Sie einige dieser Veränderungen.

A

Radiologisch sichtbare Veränderungen treten erst nach längerer Krankheitsdauer auf. Somit sind Frühstadien einer RA oft konventionell-radiologisch nicht zu erfassen.

Die folgende Einteilung nach Steinbrocker beschreibt die nach Schweregrad geordneten Röntgenstadien der RA:
• Stadium I: eventuelle gelenknahe Osteoporose
• Stadium II: zusätzlich beginnende Knorpel- und Knochendestruktion
• Stadium III: zusätzlich beginnende Subluxationen/Fehlstellungen
• Stadium IV: Gelenkzerstörungen und -deformierungen, Gelenkluxationen, Ankylosen

Dem Befall des Atlas-Axis-Gelenks der Wirbelsäule kommt wegen der möglicherweise fatalen Folge einer Subluxation eine besondere Bedeutung zu, sodass bei aktiver RA und Schmerzen im Halsbereich eine radiologische Diagnostik der Halswirbelsäule erfolgen sollte. Magnetresonanztomografisch kommen Knochenerosionen schon ca. 2 Jahre, bevor sie konventionell-radiologisch sichtbar werden, zur Darstellung.

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3
Q

Beschreiben Sie den klinischen Verlauf, den die Patientin erwarten könnte.

A

Sehr häufig klagen die Patienten zu Beginn der Erkrankung einer rheumatoiden Arthritis (= RA) über Morgensteifigkeit besonders der Finger und über schmerzhafte Schwellungen hauptsächlich der Fingergrund- und Mittelgelenke.

Die Beschwerden beginnen charakteristischerweise symmetrisch und betreffen zunächst die kleinen Gelenke an Händen und Füßen. Bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf sind auch große Extremitäten- und Wirbelsäulengelenke betroffen.

Manchmal kommt es schon als Frühsymptom durch die begleitende Vaskulitis und Gelenkschwellung zur Beeinträchtigung von Nerven und dadurch zu Parästhesien und Durchblutungsstörungen. Weiterhin kann eine erhöhte Schweißneigung der Handinnenflächen vorliegen. Fieber und deutlicher Leistungsabfall sind im Rahmen einer Frühsymptomatik selten und nur bei hoch aktiven Krankheitsverläufen zu sehen. Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer an einer RA. Eine familiäre Häufung ist zu beobachten.

Merke: Bei bis zu 70% der Patienten verläuft die Krankheit schwer progredient. Nach 10 Jahren liegt die Quote der Erwerbsunfähigkeit bei ca. 50 %. Auch die Lebenserwartung ist eingeschränkt. Deshalb ist eine frühzeitige effektive Therapie unbedingt angeraten.

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4
Q

Was wissen Sie über die neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien der rheumatoiden Arthritis?

A

Die neuen (2010) Klassifikationskriterien ermöglichen die frühere Einordnung von Arthritiden als rheumatoide Arthritis und daher die frühere Therapie der RA.

Die Kriterien kommen zur Anwendung, wenn eine eindeutige klinische Synovitis in mindestens einem Gelenk festgestellt wurde und diese Synovitis nicht besser durch eine andere Erkrankung erklärt werden kann.

In den neuen Kriterien basiert die Klassifikation einer gesicherten RA auf mindestens 6 (von 10 möglichen) der individuellen Punkte in den vier Kategorien:
• Anzahl und Lokalisation der betroffenen Gelenke (0–5)
• Serologie: Rheumafaktor, APCA (0–3)
• Akute-Phase-Parameter: CRP, BSG (0–1)
• Symptomdauer < 6 Wochen, ≥ 6 Wochen (0–1)

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5
Q

Was sind Rheumafaktoren? Sind Rheumafaktoren für eine RA pathognomonisch?

A

Bei den Rheumafaktoren (= RF) handelt es sich um Autoantikörper verschiedener Ig-Klassen, die gegen das Fc-Fragment des IgG gerichtet sind.

Nachgewiesen werden Rheumafaktoren durch den Latexfixationstest (= mit IgG beschichtete Latexpartikel agglutinieren bei Anwesenheit von RF) und den Waaler-Rose-Test (= mit IgG beladene Schaferythrozyten agglutinieren bei Anwesenheit von RF).

Rheumafaktoren sind initial in 40 % der Fälle nachzuweisen, jedoch werden sie im weiteren Krankheitsverlauf (> 6 Monate) in ca. 80 % positiv.
Allerdings sind sie nicht pathognomonisch, da sie sowohl bei klinisch Gesunden vorkommen als auch häufig im Rahmen von Kollagenosen (z. B. Lupus erythematodes diss.) oder Infektionen (z. B. Tbc, Lues) auftreten.

Deutlich spezifischer (Spezifität > 95 %) für die RA sind CCP-Ak (Antikörper gegen cyclic citrullinated peptide). Ein negativer Antikörpertest schließt jedoch eine RA nicht aus (seronegative RA).

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6
Q

Was verstehen Sie unter sog. Basistherapeutika bei der medikamentösen Behandlung dieser Patientin mit RA?

A

Im Gegensatz zu den schnell wirksamen und symptomatisch orientierten Antiphlogistika bzw. Analgetika sollen die Basistherapeutika („disease modifying anti-rheumatic drugs“ = DMARDs) mehr oder weniger direkt den autoaggressiven Entzündungsprozess bei der RA unterbinden. Therapieziel ist eine Remission oder eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität.

Die Basistherapeutika wirken sich günstig auf den Verlauf der Erkrankung aus und sollten frühzeitig eingesetzt werden. Kennzeichen dieser Medikamente ist, dass es je nach Substanz bis zu einigen Monaten dauern kann, bis die Wirkung eintritt, sodass zu Beginn der Behandlung eine zusätzliche symptomatische Therapie mit Antiphlogistika und/oder Steroiden notwendig ist. Aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen erfordert der Einsatz von Basistherapeutika regelmäßige Kontrolluntersuchungen.

Basistherapeutika sind:
• Methotrexat NW: Knochenmarkshemmung, Leukopenie, Nephrotoxizität etc.
• Azathioprin NW: Pankreatitis, Knochenmarkshemmung, Hepatitis mit oder ohne Cholestase
• Leflunomid NW: Leberschäden, arterielle Hypertonie, interstitielle Pneumonie
• Sulfasalazin NW: allergische Exantheme, Alveolitis, Alopezie, Pankreatitis
• Hydroxychloroquin NW: Netzhautveränderungen, Knochenmarkaplasien, Korneatrübung
• Cyclophosphamid NW: hämorrhagische Zystitis
• Anti-TNFα-Therapeutika(Infliximab, Adalimumab, Etanercept) NW: erhöhte Infektneigung, Reaktivierung einer Tbc
• Anakinra (Interleukin-1-Rezeptorantagonist) NW: entsprechend der TNFα-Blocker-Therapie

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7
Q

Welche rasch wirksame symptomatische Behandlung würden Sie bei einem Patienten mit florider RA veranlassen ?

A

Während eines akuten Schubs einer RA kann die Entzündungs- und Schmerzsymptomatik durch Kälteanwendung verringert werden. Ziel ist es, möglichst rasch die Bewegungsfähigkeit zurückzuerlangen, um Gelenkversteifungen und Kapselschrumpfungen zu vermeiden.

Medikamentös werden in der Akutsituation zur symptomatischen Therapie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Glukokortikoide eingesetzt. Bei den NSAR unterscheidet man unselektive Zyklooxygenasehemmer (COX-1/2-Inhibitoren) wie z. B. Ibuprofen und Diclofenac von den selektiven COX-2-Inhibitoren wie z. B. Etoricoxib (Arcoxia®). Der Vorteil der selektiven COX-2-Hemmer liegt in der deutlich geringeren Häufigkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen. Unselektive Zyclooxygenasehemmer erhöhen das Risiko für die Entwicklung eines Magen- oder Duodenalulkus um den Faktor vier, in Kombination mit der Einnahme von Glukokortikoiden steigt das Risiko um den Faktor 15. Einzelne COX-2-Inhibitoren wurden jedoch wegen eines möglicherweise erhöhten Herzinfarktrisikos wieder vom Markt genommen.

Bei einem schweren Schub einer RA werden Glukokortikoide überlappend bis zum Wirkungseintritt der Basistherapeutika eingesetzt. Steroide sollten möglichst nicht zur Langzeittherapie verwendet werden. Eine niedrig dosierte Steroidtherapie (5 mg Prednisolon/d) kann jedoch im Einzelfall bei hoch aktiver CP ergänzend zu einer Basistherapie hilfreich sein.

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8
Q

Schildern Sie den Schmerzcharakter und die Symptomatik der Arthritis beim rheumatischen Fieber ?

A

Ungefähr 3 Wochen nach einer Streptokokken-Pharyngitis oder -Tonsillitis kommt es zu Fieber und einer Polyarthritis, die besonders die großen Gelenke (z. B. Knie, Sprunggelenk) betrift . Typisch ist, dass diese Arthritis von Gelenk zu Gelenk wandert. Die betroffenen Gelenke sind heiß, geschwollen und äußerst schmerzhaft (die Patienten liegen meist völlig bewegungslos im Bett).

In der Regel bildet sich die Arthritis in wenigen Wochen zurück, ohne Bewegungseinschränkungen zu hinterlassen. Röntgenologisch finden sich im Gegensatz zur RA keine Gelenkdestruktionen oder Erosionen.

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9
Q

Erläutern Sie das diagnostische Vorgehen beim Verdacht auf ein rheumatisches Fieber.

A

Die Diagnose des rheumatischen Fiebers stützt sich zum einen auf Laboruntersuchungen und zum anderen auf den klinischen Befund bzw. die Anamnese. Kennzeichnend ist ein konstant hoher Antistreptolysin-Titer (> 300 IE), der im Gegensatz zur Streptokokken-Angina nicht abfällt. Das Titermaximum findet sich meist am Ende der arthritischen Symptome.

Weitere Streptokokken-Antikörper, deren Titerbewegungen im Serum bestimmt werden, sind: Anti-Hyaluronidase, Anti-Streptokinase und Anti-Desoxyribonukleotidase B.

Während der Arthritis oder Karditis beim rheumatischen Fieber sind die Entzündungsparameter (BSG, C-reaktives Protein usw.) im Serum stark positiv und können somit zur Beurteilung des Verlaufs und des Schweregrads des Entzündungsprozesses herangezogen werden.

Zur Diagnose werden die sog. Jones-Kriterien (› Tab. 6.1) eingesetzt, die sich aus fünf Hauptkriterien und einigen Nebenkriterien zusammensetzen.
Bei Vorliegen von zwei Hauptkriterien oder einem Hauptkriterium und zwei Nebenkriterien ist ein rheumatisches Fieber sehr wahrscheinlich.

Tab. 6.1 Jones-Kriterien
Hauptdiagnosekriterien
• Karditis
• wandernde Polyarthritis
• Chorea minor
• Erythema anulare rheumaticum 
• subkutane Knötchen
Nebenkriterien
• Fieber
• Arthralgien
• erhöhte BSG, erhöhtes CRP oder Leukozytose 
• verlängerte PQ- oder PR-Zeit im EKG

Beweis einer vorausgegangenen Streptokokken-Infektion: Scharlach vor Kurzem, positive Rachenkultur für Streptokokken Gruppe A, erhöhter ASO-Titer oder andere Streptokokken-Antikörper

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10
Q

Machen Sie Therapievorschläge zur Behandlung eines rheumatischen Fiebers mit hauptsächlich arthritischen Beschwerden.

A

Am besten wird das rheumatische Fieber präventiv durch Antibiotikagabe bei jedem Streptokokkeninfekt der oberen Atemwege behandelt. (Durch den verbreiteten Einsatz von Antibiotika ist die Erkrankung in Industrieländern inzwischen sehr selten.)

Mittel der Wahl ist Penicillin, da alle Streptokokken penicillinempfindlich sind (z.B. Penicillin V bei Kindern 100.000 IE/kg/d, bei Erwachsenen 3–4 Mio. IE/d über 10 Tage).

Die Arthritis sollte mit entzündungshemmenden Medikamenten wie z. B. ASS (2–3 g/d) behandelt werden. Die antiinflammatorische Therapie dauert ca. 4–6 Wochen.

Bei Vorliegen einer Karditis sollten zusätzlich Glukokortikoide verabreicht werden. Außerdem muss dann eine Rezidivprophylaxe mit Penicillin über mindestens 10 Jahre, maximal bis zum 25. Lebensjahr, erfolgen.

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11
Q

Nennen Sie extravertebrale Manifestationen eines Morbus Bechterew.

A

Ca. 1⁄3 der Patienten mit einer ankylosierenden Spondylitis hat Arthritiden peripherer Gelenke. Außerdem werden am extravertebralen Skelettsystem vor allem die Ansätze von Bändern, Sehnen und Gelenkkapseln entzündlich geschädigt (Enthesopathien), wobei periphere Ossifikationen mit Ankylosen und Gelenkdestruktionen vorkommen (besonders Ileosakral-, Hüft- und Schultergelenke).

Bei ca. 25 % der Patienten tritt eine Uveitis (Uvea = mittlere Augenhaut mit Aderhaut, Corpus ciliare und Iris) auf.

Ungefähr 10% der Patienten weisen eine Aortitis, evtl. mit Aorteninsuffizienz, oder Reizleitungsstörungen des Herzens (AV-Block I) auf.

Gelegentlich führt eine Urethritis zu Verwechslungen mit einer Gonorrhö oder einer reaktiven Arthritis. Sehr selten sind durch Granulationsgewebe (aus Plasmazellen, Riesenzellen und Osteoblasten bestehend) verursachte Lungenmanifestationen, die einer Tuberkulose ähneln.

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12
Q

Was wissen Sie über das Histokompatibilitätsantigen HLA-B27 in Verbindung mit einem Morbus Bechterew?
Ist der Nachweis von Rheumafaktoren bei dieser Krankheit häufig?

A

Der genetische Code für die Histokompatibilitätsantigene ist auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 zu finden, im Bereich des sog. MHC (= major histocompatibility complex). Sie sind entscheidend an vielen immunologischen Vorgängen beteiligt und befinden sich in verschiedenen Kombinationen bzw. Untergruppen an der Oberfläche aller Zellen. Das HLA- B27-Antigen tritt in der Durchschnittsbevölkerung mit einer Häufigkeit von annähernd 8 % auf.

Bei ca. 90 % der Patienten mit Morbus Bechterew lässt sich das HLA-B27- Antigen nachweisen. Allerdings ist dieses Antigen für die Erkrankung nicht pathognomonisch, sondern kommt z. B. auch beim Morbus Reiter oder bei der Colitis ulcerosa gehäuft vor.

Der Nachweis von HLA-B27 bei passendem klinischem Befund stellt demnach nur eine Stütze für die Diagnose dar. Bei Patienten mit Morbus Bechterew treten im Allgemeinen keine Rheumafaktoren im Serum auf.

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13
Q

Welche Behandlungsvorschläge können Sie einem Patienten mit Morbus Bechterew anbieten?

A

Die krankengymnastische Behandlung mit Atem- und Bewegungsübungen soll einer Beeinträchtigung der Atmung durch eine Thoraxstarre entgegenwirken bzw. die Bildung von Fehlhaltungen und Versteifungen vermeiden (konsequente Bechterew-Gymnastik). Sie stellt mit anderen physikalischen Verfahren (Hydro- und Elektrotherapie und Iontophorese) einen sehr wichtigen Grundpfeiler der Behandlung dar.

Besonders während der akuten Schübe erfolgt eine antiphlogistische Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika, z. B. mit Diclofenac (Dosis: 50–150mg/d). Glukokortikoide werden temporär bei schweren entzündlichen Schüben oder bei florider Uveitis lokal verabreicht. Bei peripheren Ankylosen kann ein prothetischer Gelenkersatz notwendig werden.

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14
Q

Welche Befunde sind für ein Reiter-Syndrom typisch? Welche pathogenetischen Vorgänge halten Sie in Bezug auf die Entstehung für verantwortlich?

A
Das Reiter-Syndrom ist das Vollbild einer reaktiven Arthritis nach einem Urogenital- oder enteralen Infekt mit folgenden Symptomen:
• Arthritis
• Urethritis
• Konjunktivitis/Iritis
• Reiter-Dermatose

An der Haut treten häufig psoriasiforme Effloreszenzen am männlichen Genital auf (Balanitis circinata). Hyperkeratosen (Keratoderma blenorrhagica) werden an den Fußsohlen und Händen beobachtet. Ein Erythema nodosum kann vorkommen.

Als Ursache für das Reiter-Syndrom kommen kreuzreagierende, d.h. auch gegen körpereigene Antigene reagierende, Antikörper in Betracht, die im Rahmen der vorausgegangenen Infektion gebildet wurden.

Weiterhin wird eine Ablagerung von zirkulierenden Immunkomplexen an artikulären und extraartikulären Strukturen mit nachfolgender entzündlicher Reaktion diskutiert. Sicherlich spielt die genetische Disposition eine Rolle, da das Reiter-Syndrom in 80% der Fälle mit dem Vorhandensein des HLA-B27- Antigens assoziiert ist.

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15
Q

Nennen Sie mindestens eine Erregerart, die typisch für einen Infekt vor einem Reiter-Syndrom ist.

A

Unter den Keimen, die eine Urethritis verursachen, nach der ein Reiter-Syndrom auftritt, ist Chlamydia trachomatis am häufigsten zu finden. Ungefähr 2–6 Wochen nach dem Infekt manifestieren sich die Polyarthritis und die Konjunktivitis. Die Urethritis ist dann meist schon weitgehend abgeheilt.

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16
Q

Worin unterscheidet sich die reaktive Arthritis von der RA?

A
Durch folgende Merkmale lässt sich eine RA von einer reaktiven Arthritis relativ leicht unterscheiden:
• rheumatoide Arthritis:
– keine Infektionen 2 Wochen vor Auftreten der Arthritis
– chronischer Verlauf häufig
– meist Rheumafaktor positiv
– Gelenkdestruktionen
– Hände bevorzugt betroffen
– symmetrischer Gelenkbefall

• reaktive Arthritis:
– anamnestischer bzw. serol. Nachweis z. B. einer Enteritis oder Urethritis
– heilt meist nach einigen Wochen aus
– Rheumafaktor negativ
– keine Gelenkdestruktionen
– untere Extremitäten bevorzugt betro en
– asymmetrischer Gelenkbefall

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17
Q

Für welche Kollagenose ist eine Libman-Sacks-Endokarditis typisch? Vervollständigen Sie das klinische Bild dieser Kollagenose.

A

Bei dieser Endokarditisform handelt es sich um eine kardiale Manifestation eines Lupus erythematodes. Besonders Mitral- und Aortenklappe sind betroffen. Im Unterschied zum rheumatischen Fieber kommt es meist nicht zur Zerstörung der Klappen.

Der Lupus erythematodes befällt verschiedene Organsysteme. Pathologisch liegt eine Vaskulitis bzw. Perivaskulitis der kleinen Arterien und Arteriolen zugrunde, verbunden mit Ablagerungen von Immunkomplexen, die aus DNA, Anti-DNA, Komplement und Fibrin bestehen.

Folgende Symptome können auftreten:
• Hautläsionen: Bekannt sind Schmetterlingserythem und „Tapeziernagelschuppung“ (diskoider Lupus), die sich unter Sonneneinwirkung verstärken. Eine Alopezie findet sich oft .
• Arthritiden: Schmerzhafte Schwellungen der Gelenke sind die häufigste Manifestations form des Lupus erythematodes (Polyarthritis > 80 %).
• Myositis: Eine Muskelentzündung in diskreter Form liegt bei sehr vielen Patienten vor.
• Nephritis: Es handelt sich um eine Immunkomplexnephritis. Sie ist für Patienten oft prognostisch entscheidend.
• ZNS-Befall: Praktisch hinter allen psychiatrischen oder neurologischen Bildern kann sich ein SLE verbergen.
• Pleuritis: Pleurale und pulmonale Beteiligung können zu einer Pleuritis mit Ergüssen führen.

Weiterhin kommen autoantikörperinduzierte Zytopenien vor. Anämie, Leukopenien bzw. Thrombozytopenien sind in ca. 50% der Fälle von SLE zu finden.

Die meisten Patienten weisen folgende Symptomenkombination auf: Fieber, Hautveränderungen (nicht nur im Gesicht), Arthralgien, Nephritis. Unter den Kollagenosen bietet der Lupus erythematodes das variabelste klinische Bild. Besonders betroffen sind Frauen im gebärfähigen Alter.

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18
Q

Sie haben berichtet, dass der SLE ein sehr variables klinisches Bild bieten kann. Gibt es denn klare diagnostische Kriterien?

A

Das American College of Rheumatology hat folgende diagnostischen Kriterien aufgestellt:
• Schmetterlingserythem
• diskoider Lupus erythematodes
• Fotosensibilität
• orale oder nasale Schleimhautulzera
• nichterosive Arthritis von zwei oder mehr Gelenken
• Serositis (Pleuritis, Perikarditis)
• Nierenbeteiligung (Proteinurie > 0,5 g/d Zylindrurie)
• ZNS-Beteiligung
• hämatologische Befunde: Coombs-positive hämolytische Anämie, Thrombopenie, Leukopenie
• immunologische Befunde: Anti-dsDNA-, Anti-Sm-, Antiphospholipidantikörper
• antinukleäre Antikörper (ANA)
Bei Vorliegen von mindestens vier Kriterien ist ein SLE wahrscheinlich.

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19
Q

Bitte gehen Sie auf immunologische Befunde ein, die beim Lupus erythematodes vorkommen.

A

Typisch für den SLE ist die Bildung von Antikörpern, die gegen Zellkernbestandteile gerichtet sind.
Wichtige immunologische Befunde sind:
• Nachweis von antinukleären Antikörpern. Insbesondere besitzen Antikörper gegen native doppelsträngige DNA (Anti-dsDNA-AK) hohe diagnostische Relevanz (60–90 %).
• Häufig besteht eine falsch-positive Wassermann-Reaktion (= Lues-Nachweistest).
• Besonders bei akuten Verlaufsformen liegt eine Verminderung der Komplementfaktoren (C3 und C4) im Serum vor.
• Außer antinukleären Antikörpern (ANA) können beim SLE auch Antikörper gegen Erythrozyten- (evtl. hämolytische Anämie) bzw. Granulozytenmembranbestandteile auftreten sowie Anti-Sm- (Antikörper gegen glatte Muskulatur) und Antiphospholipidantikörper.

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20
Q

Sie haben die Antiphospholipidantikörper genannt. Sind das für den SLE spezifische Antikörper und welche Rolle spielen sie?

A

Bei etwa 1⁄3 der Patienten mit SLE lassen sich Antiphospholipidantikörper nachweisen, sie treten aber u.a. auch bei Malignom- und AIDS-Patienten oder bei Patienten ohne erkennbare Grunderkrankung auf.

Patienten mit nachgewiesenen Antiphospholipidantikörpern haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Antiphospholipidsyndroms mit der Trias venöse und/oder arterielle Thrombosen, Thrombozytopenie und/oder wiederholte Spontanaborte.

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21
Q

Es gibt Medikamente, die ein dem Lupus erythematodes ähnliches Bild erzeugen. Können Sie einige davon nennen?

A

Medikamente, die einen Lupus erythematodes induzieren können sind: Procainamid, Isoniazid, Hydralazin, Phenytoin, Chlorpromazin, α-Methyldopa, Etanercept, Infliximab, Betablocker.

Wahrscheinlich werden durch diese Substanzen Zellkernbestandteile so verändert, dass sie als Antigen wirken und zum Auftreten antinukleärer Antikörper und meist auch von Antihistonen führen (Anti-dsDNA findet sich nicht!).

Die daraus entstehende Vaskulitis erzeugt dann Symptome bzw. Befunde, die einem SLE sehr ähnlich sind, beschränken sich aber oft auf eine Polyarthritis, Pleuritis, Perikarditis und Fieber. Nach Absetzen der genannten Medikamente kommt es im Allgemeinen zur völligen Remission.

22
Q

Schildern Sie bitte kurz die Therapiemöglichkeiten beim Lupus erythematodes.

A

Bei medikamentös induziertem Lupus wird das verursachende Medikament abgesetzt.

Eine Sonnenexposition sollte bei Photosensibilität weitgehend vermieden werden.
Bei kutanem Lupus werden Retinoide, Lichtschutzsalbe und steroidhaltige Externa benutzt.

In leichten Fällen von systemischem Lupus ohne viszeralen Befall werden nichtsteroidale Antirheumatika und Hydrochloroquin angewandt. Durch die Gabe von Steroiden bei entzündlichen Schüben lässt sich meist eine deutliche Besserung des Krankheitsbildes erzielen. Nach einer relativ hohen Eingangsdosis (z.B. 100– 200 mg/d Prednison) wird langsam, je nach dem klinischen Ansprechen, die Dosis reduziert. Ziel ist es, eine möglichst niedrige Erhaltungsmedikation zu finden.

Bei viszeraler Beteiligung sind eine evtl. Nierenbeteiligung für die Therapie und die Prognose entscheidend. Das Ergebnis der Nierenbiopsie entscheidet darüber, welcher Therapie der Vorzug gegeben wird. Infrage kommen eine hoch dosierte Prednisolon-Stoßtherapie und/oder Cyclophosphamid-Bolustherapie oder eine Kombination von Prednisolon mit Azathioprin bzw. Ciclosporin A.

Langfristig ist für die Erhaltung der Nierenfunktion auch eine optimale antihypertensive Therapie sehr wichtig. Regelmäßige Kontrollen von Blutbild und Nierenfunktion sind unverzichtbar.

23
Q

Zu Ihnen kommt eine 40-jährige Patientin und klagt über Schmerzen und ein Spannungsgefühl in den Fingern. Bei kaltem Wetter seien die Schmerzen besonders stark und die Finger würden blass und blau. Die Haut der Finger fühlt sich derb an. Auf Nachfragen gibt die Patientin an, sich in letzter Zeit häufiger zu verschlucken.
An welche Diagnosen denken Sie und welche weiteren Befunde erwarten Sie?

A

Die Patientin beschreibt ein Raynaud-Syndrom. Die gleichzeitig bestehende Sklerodaktylie und die Schluckstörungen weisen auf ein sekundäres Raynaud-Syndrom bei einer Kollagenose hin.

In Frage kommen eine progressive systemische Sklerose (PSS, Synonym: systemische Sklerodermie), eine limitierte Verlaufsform, das sog. CREST-Syndrom (Calcinosis cutis, Raynaud-Syndrom, Ösophagusbeteiligung, Sklerodaktylie, Teleangiektasie) und das Sharp-Syndrom (Mischkollagenose mit einer Überlappung zwischen SLE, Sklerodermie, Polymyositis und RA mit relativ gutartigem Verlauf).

Bei der systemischen Sklerodermie können Veränderungen an Lunge, Herz und Nieren auftreten. Typische Befunde in der klinischen Untersuchung sind u. a. eine Sklerosierung des Zungenbändchens, mimische Starre, eine Verkleinerung der Mundöffnung und der sog. Tabaksbeutelmund (radiäre Faltenbildung).

In fortgeschrittenen Stadien kommt es durch Schrumpfung der Haut zu Kontrakturen und zu Nekrosen v. a. an den Fingern.

Typisch ist der Nachweis antinukleärer Antikörper (ANA). Bei der PSS finden sich außerdem häufig Anti-Scl70- (= Antitopoisomerase 1), beim CREST- Syndrom Anticentromer-AK (ACA).

Radiologisch lassen sich neben der Motilitätsstörung des Ösophagus evtl. Akroosteolysen und Kalkablagerungen in der Haut (Calcinosis cutis) nachweisen.

24
Q

Was können Sie zur Behandlung von Patienten mit einer Sklerodermie sagen?

A

Die Sklerodermie ist durch einen chronischen Verlauf gekennzeichnet. Eine kausale Therapie ist nicht bekannt.

In der ödematösen Frühphase werden Glukokortikoide eingesetzt. Immunsuppressiva (MTX, CYC) werden bei schwerem Verlauf mit Beteiligung innerer Organe angewendet. Der Erfolg ist allerdings nicht so überzeugend wie bei den anderen Kollagenosen.

Eine sekundäre Hypertonie (keine Betablocker!) bzw. Pneumonie wird nach den bekannten Prinzipien therapiert. Eine symptomatische Therapie einschließlich einer krankengymnastischen Begleitbehandlung ist wichtig.

Die 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei der diffusen Verlaufsform abhängig vom Ausmaß der Organschäden bei ca. 70 %, ist jedoch bei Nierenbefall oder Lungenfibrose deutlich schlechter.

25
Q

Zu Ihnen kommt eine 55-jährige Patientin mit bläulich-roter Verfärbung der Augenlider und leichtem Ödem der Nase. Weiterhin besteht seit einiger Zeit eine Schwäche der Schultergürtelmuskeln. Als Laborbefund fällt eine Erhöhung der Kreatinkinase (CK) auf.
Um welche Erkrankung könnte es sich handeln und welche weiteren diagnostischen Maßnahmen leiten Sie ein?

A

Die angeführten Befunde passen gut zu dem Krankheitsbild einer Dermatomyositis. Eine Schwäche der proximalen Extremitätenmuskulatur liegt bei allen Patienten mit Dermatomyositis vor. Häufig besteht ein Befall des Larynx (Dysphonie) und der Ösophagusmuskulatur (Schluckstörungen). Zur Sicherung der Diagnose sollten elektromyografische Untersuchungen und die Entnahme einer Muskel-Haut-Biopsie erfolgen.

Befunde hierbei sind:
• EMG: spontane Fibrillationen und veränderte Muster der Aktionspotenziale
• Muskelbiopsie: fokale Degeneration, interstitielle Entzündungszeichen mit Fibrosierung, perivaskuläre und perimysiale CD4-T-Zell-Infiltrate
• Hautbiopsie: Ödem, Entzündungszellen, keine Immunglobulinablagerungen

Typisch ist weiterhin eine Erhöhung der CK, der Transaminasen, LDH und der Aldolase. Antinukleäre Antikörper und Anti-Jo1 (Antikörper gegen Histidyl-tRNA-Synthetase) können vorkommen.

Differenzialdiagnostisch sind u.a. die muskuläre Dystrophie (familiäre Anamnese, Verteilungsmuster und Verlauf der Muskeldegenerationen), der Lupus erythematodes = SLE (Nachweis von Immunkomplexablagerungen, antinukleäre Antikörper etc.) und die Myasthenia gravis (Nachweis rezeptor- spezifischer Antikörper, Tensilon-Test) auszuschließen.

Eine Myositis kann als paraneoplastische Begleiterkrankung bei Malignomen auftreten, sodass eine ausgiebige internistische Untersuchung zwecks Tumorsuche notwendig ist.

26
Q

Die nächste Patientin in Ihrer Sprechstunde berichtet über ähnliche Symptome: Sie ist 60 Jahre alt und klagt über allgemeine Schwäche sowie Schmerzen im Schultergürtelbereich, die so stark sind, dass sie die Arme nicht mehr richtig anheben kann.
An welche rheumatische Erkrankung denken Sie in diesem Fall vorrangig?

A

Bestehen in erster Linie Schmerzen im Bereich der proximalen Extremitätenmuskulatur, so liegt der Verdacht einer Polymyalgia rheumatica nahe.

Hierbei handelt es sich um eine Vaskulitis der großen Gefäße. Wie bei der Polymyositis (Dermatomyositis ohne Hautbeteiligung) zeigen sich erhöhte Entzündungsparameter (BSG, CRP), die CK ist jedoch normwertig, und es finden sich keine Autoantikörper.

Charakteristisch ist das prompte Ansprechen auf Kortikosteroide.

27
Q

Nach welchen weiteren Symptomen fragen Sie die Patientin, um eine Erkrankung, die häufig mit der Polymyalgia rheumatica vergesellschaftet ist, nicht zu übersehen, und warum ist das so wichtig?

A

Ich frage nach Schläfenkopfschmerzen, Schmerzen beim Kauen und Sehstörungen. Diese Symptome weisen auf eine Arteriitis temporalis hin. Die Diagnosestellung erfolgt über eine Biopsie der A. temporalis. Histologisch zeigt sich eine Riesenzellarteriitis. Entscheidend ist der rasche Beginn einer Steroidtherapie, da sonst eine Erblindung droht.

28
Q

Welche Therapie schlagen Sie bei einer akuten Verschlechterung einer Myasthenia gravis vor?

A

Bei einer Myasthenia gravis kann es zu plötzlichen Schluck- und Atemstörungen kommen.
Die beste Therapie ist die sofortige Gabe von Cholinesterasehemmern subkutan oder intramuskulär (z. B. Neostigmin).
Schreitet die Muskellähmung weiter fort, muss eine Intubation bzw. Anlage eines Tracheostomas erfolgen (DD: cholinerge Krise bei Überdosierung von
Cholinesterasehemmern).

29
Q

Welche Vaskulitis befällt häufiger Männer als Frauen und ist in ca. 1/3 der Fälle mit dem HBs-Antigen der Virushepatitis B assoziiert?

A

Eine Erkrankung aus der Gruppe der Vaskulitiden, auf die die in der Frage erwähnte Beschreibung zutrifft , ist die klassische Panarteriitis nodosa (cPAN).

Es handelt sich um eine nekrotisierende Vaskulitis, die vor allem mittelgroße Gefäße betrifft . Immunologische Untersuchungen bieten bei der cPAN kein spezifisches und aussagekräftiges Bild. Mit der Arteriografie der A. lienalis und des Truncus coeliacus können Mikroaneurysmen nachgewiesen werden.

Entscheidend für die Diagnosestellung ist der histologische Nachweis einer nekrotisierenden Vaskulitis mit Medianekrosen und fokalen Gefäßverschlüssen in einer Biopsie aus den betroffenen Arealen.

30
Q

Welche Symptome rufen die von Ihnen geschilderten Veränderungen (cPAN) hervor?

A

Typische klinische Manifestationen der cPAN sind:
• Gastrointestinaltrakt: Typisch sind kolikartige Schmerzen, Erbrechen und Diarrhöen.
• Herz: Meist sind die Koronararterien betroffen. Progrediente Verschlüsse führen zu Angina pectoris und Myokardinfarkten.
• Nervensystem: Eine Polyneuropathie findet sich in 60% der Fälle. Weiterhin können Krampfanfälle und psychotische Zustandsbilder vorkommen, gelegentlich Schlaganfälle bei Beteiligung der Gehirngefäße bei jungen Patienten.
• Muskuloskelettalsystem: Ca. 2⁄3 der Patienten klagen über Arthralgien und Myalgien.

31
Q

Welche andere Form der Panarteriitis nodosa gibt es? Und wie unterscheiden sich die beiden Formen?

A

Die mikroskopische Panarteriitis nodosa (mPAN) ist eine Vaskulitis der kleinen Gefäße. Es sind typischerweise Nieren, Lunge und Haut betroffen:
• Nieren: In einem Großteil der Fälle findet sich eine Glomerulonephritis mit Mikrohämaturie und Proteinurie. Oft entwickelt sich eine nephrogene Hypertonie.
• Lunge: Vaskulitis, evtl. mit alveolärer Hämorrhagie und Hämoptoe
• Haut: subkutane Knötchen, palpable Purpura vorwiegend der unteren Extremitäten, evtl. mit Nekrosen

Die mPAN ähnelt klinisch der Wegener-Granulomatose, histologisch fehlt jedoch die granulomatöse Entzündung

Neben dieser unterschiedlichen klinischen Manifestation finden sich auch Differenzen im Labor: Während man bei der mPAN in 60 % der Fälle pANCA nachweisen kann, gelingt dies bei der cPAN nicht; allerdings findet man bei 1⁄3 der Patienten ein HBs-Antigen der Virushepatitis B.

32
Q

Beschreiben Sie das klinische Bild der Wegener-Granulomatose.

A

Das klinische Bild der Wegener-Granulomatose wird in zwei Stadien eingeteilt:
• Stadium I: lokal begrenztes Initialstadium:
– chronische Rhinitis mit evtl. blutigem Schnupfen, Sinusitis, Otitis
– Lungenrundherde, evtl. mit Einschmelzungen (Pseudokavernen), evtl. subglottische Larynx- oder Bronchialstenose

• Stadium II: vaskulitisches Generalisationsstadium mit pulmorenalem Syndrom:
– Lungenrundherde und Infiltrationen, evtl. Pseudokavernen, evtl. Hämoptoe
– (rapid progressive) Glomerulonephritis
– evtl. Episkleritis, Arthralgien, Myalgien, ZNS-Symptome
– Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß

33
Q

Wie wird eine Wegener-Granulomatose diagnostiziert?

A

Die Diagnose der Wegener-Granulomatose erfolgt histologisch durch Nachweis nekrotischer Granulome und einer Vaskulitis in der Gewebeentnahme aus den betroffenen Arealen. Biopsien werden von den Lungen, dem Nasopharynx, der Sinusschleimhaut, der Gingiva, der Haut oder evtl. den Nieren entnommen.

Weitere Befunde, die auf das Vorliegen einer Wegener-Granulomatose hinweisen, sind:
• erhöhte BSG, positives CRP, Leukozytose
• Kreatininerhöhung, Hämaturie und Proteinurie
• Röntgen-Thorax mit Infiltraten, einzelnen oder mehreren Knötchen und Kavernenbildung
• positiver cANCA (antineutrophil cytoplastic antibody), antineutrophiler zytoplasmatischer Antikörper mit zytoplasmatischem Fluoreszenzmuster
• evtl. positiver Rheumafaktor

34
Q

Machen Sie bitte Vorschläge zur Therapie der Wegener-Granulomatose.

A

Die Therapie ist stadienabhängig. Im lokal begrenzten Initialstadium kann eine Therapie mit Methotrexat und Steroiden versucht werden. Später kann auf eine Erhaltungstherapie mit niedrig dosierten Steroiden und Azathioprin umgestellt werden. Längerfristige Remissionen werden in 2⁄3 der Fälle beobachtet.

Im frühsystemischen Stadium kann Methotrexat in Kombination mit Kortikosteroiden gegeben werden.

Im Generalisationsstadium werden bei schweren Verläufen Kortikosteroide und Cyclophosphamid nach dem Fauci-Schema verabreicht. Nach Erreichen einer Teilremission wird mit reduzierten Cyclophosphamid-Dosen weiterbehandelt oder auf Azathioprin umgestellt.

Die Steroiddosis wird in Abhängigkeit vom Verlauf der Aktivität der Erkrankung reduziert. Ziel ist das Erreichen einer Vollremission.

Patienten mit Wegener-Granulomatose haben unbehandelt eine schlechte Prognose, bei Behandlung nach dem Fauci-Schema liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 85%, wobei Organschäden (insbes. der Nieren) die Prognose schmälern.

35
Q

Bei einem 4-jährigen Kind bestehen plötzlich aufgetretene starke Schmerzen im Oberschenkel mit darüber befindlicher Weichteilschwellung und hohes Fieber. Die regionalen Lymphknoten sind druckschmerzhaft geschwollen. An einen Unfall können sich weder die Mutter noch das Kind erinnern. Das Röntgenbild ist unauffällig. Im Blutbild fallen u. a. eine Leukozytose und eine erhöhte BSG auf.
Welche Verdachtsdiagnose haben Sie bzw. welche Untersuchungen können Ihre Diagnose sichern?

A

Wahrscheinlich ist dieses Kind an einer akuten hämatogenen Osteomyelitis erkrankt. Fast immer sind Staphylokokken für diese Knochenmarksentzündung verantwortlich, die sich meist in den reich durchbluteten Metaphysen (angrenzend an die Epiphyse) ansiedeln.

Die Diagnose ergibt sich hauptsächlich aus dem klinischen Befund. Nach wenigen Tagen bildet sich ein palpabler Weichteilabszess, der sich über eine Fistel Abfluss nach außen schaffen kann.

Die konventionell-radiologische Untersuchung bietet in den ersten Tagen der Erkrankung ein unauffälliges Bild, sodass ein MRT oder eine Skelett- bzw. Leukozytenszintigrafie in der Frühphase wesentlich aussagekräftiger ist. Später lassen sich radiologisch osteoporotische und periostitische Zeichen, noch später Knochensequestrierungen nachweisen.

Differenzialdiagnostisch muss das Ewing-Sarkom in Betracht gezogen werden, das sich jedoch durch den klinischen Verlauf und den Röntgenbefund abgrenzen lässt.

36
Q

Wie behandeln Sie eine akute hämatogene Osteomyelitis beim Jugendlichen?

A

Bei Abszessnachweis ist eine chirurgische Öffnung und sorgfältige Ausräumung des Herdes erforderlich. Eventuell wird eine Spül-Saug-Drainage angelegt. Wichtig ist eine Ruhigstellung der Extremität einschließlich der benachbarten Gelenke im Gipsverband.

Die antibiotische Behandlung richtet sich nach dem Antibiogramm und wird hoch dosiert parenteral und in der Spülflüssigkeit durchgeführt. Bei starken Schmerzen können nichtsteroidale Analgetika verabreicht werden.

Eine Verlaufskontrolle muss durch Blutbild, Temperaturverlauf und radiologische Kontrollen erfolgen.

37
Q

Beschreiben Sie den Schmerzcharakter einer durch Verschleiß bedingten Gonarthrose.

A

Frühe Zeichen einer beginnenden Arthrose sind Gelenkgeräusche wie Knirschen und Knacken, die z.B. bei Kniebeugen hörbar werden.

Die Patienten klagen zuerst über Beschwerden bei längerem Stehen oder beim Aufstehen. Typisch ist der sog. Anlaufschmerz, der besonders morgens oder nach einer Ruhepause auftritt und sich bei Bewegung bessert.

In fortgeschrittenen Fällen einer Gonarthrose finden sich Bewegungseinschränkungen, Gelenkergüsse und Fehlstellungen (meist O-Beine = Genu varum).

38
Q

Was ist eine Spondylosis hyperostotica? Welche Patienten sind häufig davon betroffen?

A

Es finden sich bei der Spondylosis hyperostotica (= Morbus Forestier-Ott) besonders rechtsseitig an der Brustwirbelsäule und ventral an der Halswirbelsäule betonte große Knochenspangen (Spondylophyten), die die Zwischenwirbelräume überbrücken.

Hierdurch ist die Beweglichkeit der Wirbelsäule in den jeweiligen Segmenten beeinträchtigt. Die Befunde sind radiologisch im seitlichen Strahlengang leicht zu erkennen.

Hauptsächlich ältere männliche Patienten mit Diabetes mellitus und/oder Hyperurikämie sind betroffen. Eine spezielle therapeutische Konsequenz ergibt sich nicht. Sinnvoll sind krankengymnastische Behandlungsmaßnahmen.

39
Q

Welcher Kalksalzverlust muss bereits eingetreten sein, damit Sie eine Osteoporose im Röntgenbild erkennen? Nennen Sie weiterhin einige radiologische Zeichen einer Osteoporose.

A

Unter Osteoporose versteht man eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine Verminderung der Knochenmasse und eine Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochengewebes charakterisiert ist. Dabei sind die Knochengrundsubstanz (= Osteoid) und der Mineralanteil gleichermaßen vermindert.

Radiologisch sichtbar wird die Osteoporose erst, wenn mindestens 30 % des Mineralanteils (= Hydroxylapatit) abgebaut worden ist.

Folgende radiologische Befunde lassen sich je nach Schweregrad erheben:
• Rarefizierung und scharf begrenzte, sichtbare Knochenbälkchen (= Spongiosa) mit vertikaler Betonung
• vermehrte Strahlentransparenz der knöchernen Strukturen
• relative Betonung der Wirbelkörperabschlussplatten (= Rahmenwirbel)
• Bildung von Keil- und Fischwirbeln durch Deckplatteneinbrüche; daraus resultierende Hyperkyphosierung und Hyperlordosierung (Patienten werden kleiner)
• weite „leere“ Markräume in den langen Röhrenknochen
• Schmorl-Knötchen

Viele Grundkrankheiten können zu dem radiologischen Bild einer Osteoporose führen (Plasmozytom, Metastasen, Hyperparathyreoidismus). Daher ist eine Ursachensuche bzw. eine gründliche internistische Diagnostik unumgänglich.

Bei den primären Osteoporosen wird die idiopathische von der postmenopausalen und der senilen Osteoporose unterschieden.

40
Q

Nennen Sie einige Frakturen, die durch eine senile Osteoporose bedingt sind.

A
Typische Frakturen des Alters, verursacht durch eine senile Osteoporose, sind:
• Oberschenkelhalsfrakturen
• Humeruskopffrakturen
• Radiusköpfchenfrakturen 
• Wirbelkörpersinterungen
41
Q

Wie behandeln Sie eine primäre Osteoporose?

A

Prophylaxe und Basistherapie der Osteoporose bestehen in einer ausreichenden Kalziumzufuhr. Der Bedarf liegt bei 1.000 mg/d (bei > 65-Jährigen bei 1.500mg/d).
Darüber hinaus sollte Vitamin D3 substituiert werden (1.000–3.000 IE/d).

Das Risiko von Frakturen lässt sich durch die Gabe von Bisphosphonaten reduzieren. Sie hemmen die Wirkung der Osteoklasten. Ein Beispiel ist Alendronsäure (Fosamax®) 10mg 1× täglich oder 70mg 1× wöchentlich. Denosumab, ein monoklonaler Antikörper, führt über eine RANK- Ligandenhemmung zu einer Unterdrückung der Osteoklastenaktivität. Die Gabe des Antikörpers erfolgt alle 6 Monate s. c.

Die lange Zeit durchgeführte Östrogen-/Gestagentherapie bei postmenopausaler Osteoporose wird wegen einer Risikoerhöhung im Hinblick auf Herzinfarkte, Schlaganfälle, tiefe Beinvenenthrombosen und das Mammakarzinom nicht mehr empfohlen.

42
Q

Definieren Sie den Begriff Osteomalazie und schildern Sie die Hauptursachen, die zu diesem Krankheitsbild führen.

A

Es handelt sich um eine relative Verminderung der mineralischen Bestandteile des Skeletts bei Vermehrung des Osteoidanteils. Haupt- verantwortlich für die Mineralisation des Skeletts sind der Kalzium- und Phosphatstoffwechsel und insbesondere das Vitamin D.

Folgende Ursachen können daher zu einer Mineralisationsstörung im Sinne einer Osteomalazie führen:
• Vitamin-D-Mangel: Durch Mangelernährung bzw. Malabsorption (z.B. Zöliakie) kann ein absoluter Vitamin-D-Mangel auftreten. Ein Großteil des Vitamins D wird in der Haut aus Vorstufen durch UV-Bestrahlung des Sonnenlichts gebildet. Daher sind Mangelerscheinungen bei zu geringer Sonnenexposition möglich. Besonders die Kombination von Mangelernährung und ungenügender Sonneneinstrahlung (z. B. bei älteren Menschen, Heimbewohner) kann für einen Vitamin-D-Mangel verantwortlich sein.
• Störungen im Vitamin-D-Stoffwechsel: Vitamin D wird in Leber und Niere zu einer stoffwechselaktiven Form 1,25-(OH)2-Vit.-D3 hydroxyliert. Bei Leberzirrhose oder Niereninsuffizienz sind somit Vitamin-D-Mangel- erscheinungen möglich. Meist kommt es durch Regulationsmechanismen (sek. Hyperparathyreoidismus) zu komplexen Osteopathieformen.
• Osteomalazie durch renalen Phosphatverlust bzw. durch verminderte intestinale Phosphatresorption: Phosphatverluste treten z. B. bei der renal-tubulären Azidose auf. Zu einer verminderten intestinalen Phosphatresorption führt die lang dauernde Einnahme von Aluminiumhydroxid (= Phosphatbinder). Eine Hypophosphatämie kann Mineralisationsstörungen des Skeletts verursachen.
• Vitamin-D-Resistenz der Zielorgane: sehr seltene Form der Osteomalazie

Zur Diagnosesicherung müssen die alkalische Phosphatase, der Kalzium- und Phosphatgehalt im Serum und Urin sowie der Serum-Parathormon- und evtl. der 1,25-(OH)2-Cholecalciferol-Spiegel bestimmt werden. Röntgenaufnahmen sind zur Diagnosestellung unerlässlich.

43
Q

Was sind Pseudofrakturen nach Looser?

A

Bei den Pseudofrakturen nach Looser oder Looser-Umbauzonen handelt es sich um für die Osteomalazie charakteristische, meist bilateral symmetrisch ausgebildete Kontinuitätsunterbrechungen an Skelettstellen, die großen statischen Belastungen ausgesetzt sind.

Im Röntgenbild zeigen sich Unschärfen und linienförmige Aufhellungen (z. B. an den Schambeinästen oder den Schulterblättern quer zur Knochenlängsachse).

Looser-Umbauzonen sind zwar typisch, aber nicht pathognomonisch für die Osteomalazie. Sie kommen auch bei chronischen Ermüdungsbrüchen (Marschfrakturen) vor.

44
Q

Ein älterer Patient klagt, dass ihm der Hut nicht mehr passt. Bei der Untersuchung fällt Ihnen eine Verkrümmung der Tibia auf. Können Sie sich eine Verdachtsdiagnose vorstellen, zu der beide Befunde passen?

A

Als Verdachtsdiagnose bietet sich eine Ostitis deformans (= Morbus Paget) an. Es handelt sich um eine chronische lokalisierte mono- oder polyostotische progressive Knochenerkrankung mit subkortikalem Knochenaufbau und periostalem Knochenabbau.

Hierbei wird funktionell minderwertiger Knochen gebildet. Dies führt zum histologischen Bild der sog. Mosaikstruktur. Uncharakteristische Schmerzen sowie Verdickungen und Verbiegungen der Knochen gehören zu den klinischen Zeichen.

Hauptlokalisationen sind Becken, Femur, Tibia, Schädel und Lendenwirbel. Eine Knochenbiopsie sichert die durch Skelettszintigrafie und Röntgenaufnahmen vermutete Diagnose.

Differenzialdiagnostisch sind Metastasen (z. B. Prostatakarzinom bei älteren Männern) sowie ein Plasmozytom und eine Osteodystrophia fibrosa generalisata (= Morbus von Recklinghausen) abzugrenzen.

45
Q

Welche Therapie würden Sie nach Sicherung der Diagnose eines Morbus Paget vorschlagen?

A

Etwa 70 % der Patienten zeigen klinische Beschwerden und dies erfordert deshalb ein therapeutisches Eingreifen. Ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D sowie Krankengymnastik und physikalische Therapie gehören zur symptomatischen Behandlung.

Schmerzen können durch Analgetika gemildert werden. Für die Besserung der Mineralisation des Knochens und Hemmung der pathologisch gesteigerten Osteoklastenaktivität sind die Bisphosphonate Mittel der Wahl. Kalzitonin ist weniger wirksam.

Behandlungsziel ist es, die Aktiviätsparameter der Erkrankung (z. B. AP) zu normalisieren. Bei Fehlstellungen bzw. pathologischen Frakturen können orthopädisch-chirurgische Maßnahmen erforderlich werden.

46
Q

Welche fünf „soliden“ extraossären Malignome setzen am häufigsten Knochenmetastasen?

A

Prinzipiell können alle Tumoren Knochenmetastasen setzen. Extraossäre Malignome, die häufig Knochenmetastasen verursachen, sind:
• Mammakarzinom
• Prostatakarzinom
• Nierenkarzinom
• Bronchialkarzinom
• Schilddrüsenkarzinom (besonders follikulärer Typ)

47
Q

Nennen Sie Befunde bei der klinischen Untersuchung der Brust, die auf ein Mammakarzinom hindeuten

A

Die Untersuchung der Brust gehört in jede klinische körperliche Allgemeinuntersuchung.
Verdächtige Befunde, die auf ein Mammakarzinom hinweisen können, sind:
• nicht druckschmerzhafter tastbarer Knoten, oft höckerig und unverschieblich gegenüber Haut, Muskulatur oder Drüsengewebe
• vergrößerte tastbare derbe und schmerzlose Lymphknoten in der Axilla
• „Plateauphänomen“= Stufenbildung durch Hauteinziehung über dem Tumor
• einseitiger Mamillenhochstand bzw. Mamillenverziehung
• einseitige Einziehung der Hautporen = „Apfelsinenhaut“
• einseitige Brustvergrößerung mit Ödem oder einseitige Brustverkleinerung bzw. -verfestigung
• erysipelähnliche Entzündungen der Brust
• Ekzem der Mamille (besonders bei intraduktalem Karzinom = Morbus Paget)
• eitrige und/oder blutige Absonderungen aus der Mamille
• bei fortgeschrittenem Lokalbefund: Exulzerationen

Merke: Jede knotige Veränderung oder jeder anderweitig suspekte Befund sollte durch eine Mammografie abgeklärt werden. Bestehen dann immer noch Zweifel bezüglich der Dignität, muss eine Feinnadelbiopsie oder eine Probeexzision erfolgen.

48
Q

Welche Befunde bei der Mammografie kennen Sie, die typisch für ein Mammakarzinom sind?

A

Es handelt sich bei der Mammografie um eine radiologische Untersuchung, die besonders aussagekräftig bei großen, fettreichen Brüsten ist.

Wichtige Karzinomzeichen in der Mammografie sind:
• strahlige Verschattungen, die unscharf ins Drüsengewebe übergehen
• gruppenweise angeordnete Mikroverkalkungen mit sog. Krebsfüßchen
• sog. Krebsvenen = deutlich sichtbare Hautvenen
über dem Tumorbezirk

Die Treffsicherheit der Mammografie beträgt bei erfahrenen Untersuchern 85–95 %.

49
Q

In welchem Brustquadranten befinden sich statistisch gesehen die meisten Karzinome? Nennen Sie einige häufige histologische Typen von Mammakarzinomen. Können auch Männer Mammakarzinome bekommen?

A

Ungefähr 40–50 % der Mammakarzinome befinden sich im äußeren oberen Brustquadranten (› Abb. 6.3). Im weiten Abstand folgen die perimamillären Karzinome und die Karzinome im oberen inneren Quadranten.

Der häufigste histologische Typ ist das invasive duktale Karzinom (70–80 % der Fälle), das von den Milchgängen ausgeht. Von den Milchdrüsen geht das invasive lobuläre Karzinom aus. Vorstufen sind das duktale bzw. lobuläre Carcinoma in situ. Sonderformen sind das Paget-Karzinom, das von den Milchgängen ausgeht und in die Brustwarze einbricht, und das inflammatorische Mammakarzinom. Letzteres infiltriert die Haut, löst eine Entzündungsreaktion aus und breitet sich früh lymphogen aus.

Auch Männer erkranken an einem Mammakarzinom (≈ 1% aller Mammakarzinome). Bemerkenswert ist, dass Mammakarzinome bei Männern sich durch ein sehr aggressives Tumorwachstum mit dementsprechend schlechter Prognose auszeichnen. Oft sind Patienten mit Prostatakarzinom unter einer Hormontherapie mit Antitestosteron betroffen.

50
Q

Was wissen Sie über die Hormontherapie beim Mammakarzinom?

A

Mammakarzinome sind hormonellen Regulationsmechanismen unterworfen. Bei Anwesenheit von Hormonrezeptoren auf Tumorzellen kann deshalb eine hormonelle Therapie effektiv sein. Ungefähr 60–80 % der Mammakarzinome haben Hormonrezeptoren.

Eine adjuvante Hormontherapie wird jeder Frau mit hormonrezeptorpositivem Tumor empfohlen, ungeachtet des Alters, des Menopausenstatus, der befallenen Lymphknoten oder der Tumorgröße.
Der immunhistochemische Nachweis des Östrogen- oder Progesteronrezeptors ist entscheidend.

Bei postmenopausalen Frauen wird eine Hormontherapie in Form einer 5-jährigen Behandlung mit Tamoxifen (Antiöstrogen) oder einem Aromatasehemmer angewendet.

Bei prämenopausalen Patientinnen mit hormonempfindlichen Tumoren stellt die chirurgische oder medikamentöse Ablation der Ovarien eine zusätzliche Option dar. Die Ovarablation (heute meist medikamentös) ist bei diesen Frauen ebenso effektiv wie einige Chemotherapieprotokolle. Zu diesem Zweck werden GnRH-Analoga (z. B. Goserelin) für die Dauer von mindestens 2 Jahren verabreicht. Hierdurch sistiert die pulsatile GnRH-Ausschüttung, wodurch es zu einer völligen Suppression der LH- und FSH-Ausschüttung aus dem HVL und einem Wegfall der ovariellen Östrogen- und Progesteronproduktion kommt. Die Nebenwirkungen entsprechen den klimakterischen Beschwerden. Die Therapie sollte immer in Kombination mit Tamoxifen erfolgen.

Bei hormonunempfindlichen Tumoren ist im Allgemeinen eine Chemotherapie indiziert.
In der palliativen Situation werden nach Ausschöpfen von GnRH-Analoga bzw. Tamoxifen-Therapie bei weiterem Progress in der nächsten Stufe Aromatasehemmer eingesetzt; sie hemmen die Umwandlung von Androgenen in Östrogene (Nebenniere, Fettgewebe). Bei weiterem Fortschreiten können auch hoch dosiert Gestagene gegeben werden. Bei viszeralen Metastasen und lebensbedrohlicher Situation bzw. Nichtansprechen auf die Hormontherapie kann abhängig von der Gesamtsituation der Patientin auf eine palliative Chemotherapie umgestiegen werden.