08 Niere Flashcards
Wann spricht man von einer Oligurie, Anurie oder Polyurie?
• Oligurie: Harnausscheidung < 500 ml/d
• Anurie: Harnausscheidung < 100 ml/d
• Polyurie: Harnausscheidung > 3.000 ml/d
Die normale Harnmenge beträgt je nach Trinkmenge ca. 1.200–2.000 ml/d.
Nennen Sie drei differente Funktionen der Niere.
- Regulation des Flüssigkeits- und des Elektrolythaushalts
- Regulation des Säure-Basen-Haushalts
- Ausscheidung von Stoffwechselprodukten und Entgiftung
- Synthese von Hormonen (Renin, Erythropoetin, Vitamin D, Prostaglandine)
- Erfolgsorgan für extrarenal gebildete Hormone (Katecholamine, Parathormon etc.)
Bei welchen Erkrankungen kann es zu einer Mikrohämaturie kommen?
Mikrohämaturien (> 5 Erythrozyten pro Gesichtsfeld im Mikroskop bei 400-facher Vergrößerung) können bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten:
• Glomerulonephritis
• Pyelonephritis, Zystitis, Urethritis
• Nierentumoren und Blasentumoren
• Urolithiasis
• hohe körperliche Belastung („Marschhämaturie“)
• in ca. 15 % der Fälle keine Ursache der Mikrohämaturie erurierbar
Beschreiben Sie bei einer Makrohämaturie die resultierenden diagnostischen Überlegungen.
Als Makrohämaturie bezeichnet man eine sichtbare Rotfärbung des Urins bei der Miktion (> 0,4ml Blut/l Urin). Eine Makrohämaturie ist immer ein ernst zu nehmendes Symptom. Je nach dem, welcher Anteil des Urins während einer Miktion blutig ist, können Rückschlüsse gezogen werden:
• initiale Makrohämaturie (zu Beginn der Miktion), dann Urin klar: spricht für eine Läsion in der Urethra unterhalb des Schließmuskels (z. B. Urethritis).
• totale Makrohämaturie während der gesamten Miktion: typischer Befund bei einer starken Zystitis, einem Harnblasenkarzinom oder einer Blutungsquelle des oberen Harntrakts (z. B. Nierentumor). Prozesse im Nieren- oder Ureterbereich führen zu gleich verteilter Rotfärbung des Urins
Als Grundsatz gilt: Jede schmerzlose Makrohämaturie ist so lange tumorverdächtig, bis das Gegenteil bewiesen ist. Standarduntersuchungen zur Abklärung sind die Sonografie, das CT und insbesondere die Zystoskopie.
Ein Patient berichtet, dass ihm während der Miktion ein trüber und deutlich schaumiger Urin auffällt. Worauf könnte dies hinweisen?
Schaumiger Urin weist auf eine Proteinurie hin. Eine Eiweißausscheidung im Urin von > 150 mg/d in mindestens zwei aufeinanderfolgen- den Urinuntersuchungen bezeichnet man als Proteinurie. Die häufigsten Ursachen sind entzündliche Prozesse der Nieren. Dazu gehören Glomerulonephritiden und Pyelonephritiden.
Kennen Sie Einteilungen für Proteinurien?
Die Proteinurie wird allgemein in die prärenale, die renale und die postrenale Proteinurie unterteilt (› Tab. 5.1).
Tab. 5.1 Einteilung der Proteinurie
Urinproteine Ursachen
Prärenale Proteinurie
Hämoglobin → intravasale Hämolyse
Myoglobin → Rhabdomyolyse
Ig-Leichtketten (Bence Jones) → Plasmozytom
Renale Proteinurie
1. glomerulär selektiv
Albumin → Frühstadium der Nephropathie bei Diabetes mellitus und Hypertonie Minimal-change-GN
2. glomerulär unselektiv
IgG + Albumin → Diabetes mellitus, GN (parainfektiös, Kollagenosen, Amyloidose)
Fieber, orthostatische Proteinurie
3. tubulär
α1-Mikroglobulin → bakterielle Pyleonephritis, interstitielle Nephritis, toxische Nephropathie, Fanconi-Syndrom
Postrenale Proteinurie
α2-Makroglobulin, Albumin, IgG/Albumin (Erythrozyten) →
postrenale Hämaturie, z. B. hämorrhagische Zystitis, Nierensteine, Tumoren
Wie äußern sich renale Ödeme?
Symmetrische Ödeme in den Beinen sind meist kardialen oder renalen Ursprungs. Renale Ödeme nehmen rasch zu und sind von einer starken Gewichtszunahme begleitet. Sie werden oft zuerst an den Füßen und Sprunggelenken bemerkt. In der Nacht kommt es zu einer Anschwellung des Gesichts, besonders der Augenlider. Der Nachweis einer ausgeprägten Proteinurie führt sehr rasch zur Diagnose – renales Ödem.
Sind „Teststäbchen“ zum Nachweis einer Proteinurie ein geeignetes Messinstrument?
Käufliche Urinteststäbchen sind sehr empfindlich für den Nachweis einer Proteinurie. Die Nachweisgrenze liegt bei ca. 50 mg/100 ml. Dies erklärt, dass auch in konzentriertem Urin gelegentlich Eiweißspuren zu finden sind. Bei Frauen kann das Ergebnis auch durch vaginalen Fluor verfälscht werden. Eine Differenzierung der Proteinurie ist mittels Teststäbchen nicht möglich.
Welche differenzialdiagnostischen Überlegungen erlaubt das Urinsediment?
Das Urinsediment ist eine Standarduntersuchung (› Tab. 5.2). Es eignet sich als Screening für renale Erkrankungen.
Tab. 5.2 Befunde im Urinsediment
Morphologische Befunde : Interpretation
Erythrozytenzylinder : Glomerulonephritis, Niereninfarkt
Leukozytenzylinder : interstitielle Erkrankung (z. B. Pyelonephritis)
granulierte, feine Zylinder : Fieber, Dehydratation, Sport
grobe Zylinder : unspezifisch, akutes Nierenversagen
renale tubuläre Zellen : interstitielle Entzündung, Abstoßung nach NTX
Was verstehen Sie unter einem akuten Nierenversagen? Welche Stadien finden sich beim klassischen akuten Nierenversagen?
Charakteristisch ist eine plötzliche Exkretionsstörung der Niere mit Anstieg des Serum-Kreatinins (Norm: 0,5–1,2mg/dl) und Harnstoffs (Norm: 10–55 mg/dl) beim fieberfreien Patienten (1 mg Kreatininanstieg/d).
Im zeitlichen Verlauf lassen sich folgende Stadien beim akuten Nierenversagen (= ANV) beschreiben:
• Zeitpunkt der Schädigung der Nierenfunktion (z. B. Hypovolämie)
• Stadium der Oligurie (Urinausscheidung < 500 ml/d) mit Anstieg der Retentionswerte. Hauptgefahr für den Patienten sind Elektrolytstörungen
(Hyperkaliämie) und Überwässerung (7 Tage bis 8 Wochen).
• Stadium der Polyurie: Kreatinin/Harnstoff können auch hier noch weiter ansteigen. Der Patient ist jetzt durch Exsikkose und Elektrolytverluste gefährdet (Tage bis Wochen).
• kontinuierlicher Übergang von der Polyurie in das Erholungsstadium der Nierenfunktion (meist 1–3 Monate).
Nennen Sie die wichtigsten Ursachen für ein akutes Nierenversagen. Welche Form des akuten Nierenversagens ist am häufigsten?
Man unterscheidet prärenale, renale und postrenale Ursachen.
• Prärenal bedingtes ANV (80% aller Fälle): Am häufigsten liegt eine absolute oder relative Hypovolämie aufgrund größerer Blutverluste oder eine „schockbedingte“ Kreislaufzentralisation vor. Zur Sicherung der Durchblutung von Gehirn und Herz kommt es durch Vasokonstriktion zur renalen Ischämie („Schockniere“). Operationen, Sepsis und kardiale Insuffizienz spielen ursächlich die Hauptrollen.
• Renal bedingtes ANV: Hier sind vor allem die akute tubuläre Nekrose und die rasant verlaufenden Glomerulonephritiden zu nennen. Auch Nephrotoxine wie Antibiotika (z. B. Aminoglykoside) und Schwermetalle
(z. B. Quecksilber) können zum ANV führen.
• Postrenal bedingtes ANV: Hierzu gehören Abflussbehinderungen des Harns. Beidseitige Ureterenobstruktion durch Steine oder Tumoren sowie eine Prostatahyperplasie oder Blasenauslasstumoren sind typische Beispiele von Krankheiten, die ein postrenales ANV verursachen können.
Welches Untersuchungsverfahren kann sehr schnell ein renales von einem postrenalen Nierenversagen unterscheiden?
Die Sonografie (› Abb. 5.1) zeigt eine Harnstauung und führt zur Diagnose eines postrenalen Nierenversagens.
Nennen Sie bitte einige grundlegende Behandlungsrichtlinien beim akuten Nierenversagen.
Ein akutes Nierenversagen hat bei Ausschaltung der zugrunde liegenden Noxe in der Regel eine gute Prognose. Notwendig sind:
• Behandlung der Grundkrankheit (Volumenmangel, Harnableitung)
• Flüssigkeits- und Elektrolytbilanzierung
• Blutdruckkontrollen
• strikte Schonung (Bettruhe)
• evtl. Gabe eines Schleifendiuretikums
• evtl. Antibiotikaprophylaxe zur Vermeidung von Harnwegsinfektionen • Anpassung der Medikamentendosierung (z. B. Antibiotika)
• regelmäßige Überprüfung der Dialyseindikation (Serum-Kalium Norm: 3,5–5,0 mmol/l, Serum-Harnstoff Norm: 10–55 mg/dl)
Wann stellen Sie die Indikation zur Hämodialyse?
- Dauertherapie bei chron. Niereninsuffizienz
• Urämische Symptome.
• Therapierefraktäre Hypertonie
• Überwässerung mit fluid lung / Ödemen.
• Hyperkaliämie S. Kalium > 6.5 mmol/l
• Renale Anzidose, pH < 7.2, BE > -10 mmol/l
• Renale Anämie, Hb < 8.5 g/dl trotz adäquater Substitution mit Eisen/Erythropoetin.
• GFR-Verminderung < 7ml/min, früher bei DM od. Malnutrition - Akutes Nierenversagen
• Anurie > 12 h nach konservativer Therapie.
• Serumkreatininanstieg > 1.0 mg/dl in 24 h.
• Hyperkaliämie, Azotämie, Azidose, Überwässerung, Urämiesymptome (s.o.)
• Hyperurikämie > 12 mg/dl - Intoxikationen mit dialysablen bzw. ultrafiltrierbaren Giften.
Sie sprechen von genauer Flüssigkeitsbilanzierung. Durch welche einfache Messmethode kann das Risiko einer Überwässerung minimiert bzw. eine ordnungsgemäße Bilanz täglich überprüft werden?
Die Bilanzierung kann gut durch eine tägliche Gewichtskontrolle überprüft werden. Angestrebt wird dabei ein täglicher Gewichtsverlust von 200–400 g wegen der katabolen Stoffwechselsituation während des ANV.
Ein stets gleichbleibendes Gewicht würde zu einer Überwässerung führen. Weitere Hinweise auf die intravasale Volumensituation des Patienten gibt die Messung des zentralvenösen Drucks. Allerdings werden hier Einlagerungen von Flüssigkeit in das Gewebe nicht erfasst.
Auf welchen Ebenen, glauben Sie, beeinflusst eine chronische Niereninsuffizienz den Gesamtorganismus?
Der Ausfall der Nierenfunktion verursacht eine Vielzahl von Schädigungen und Störungen:
• Ausfall der Ausscheidungsfunktion der Nieren: Es kommt zum Anstieg der Retentionswerte Kreatinin und Harnstoff . Auch körperfremde Stoffe (Medikamente) oder endogen gebildete Toxine kumulieren leicht.
• Störung der hormonellen Nierenfunktion: Hier sind besonders die renale Anämie (verminderte Bildung des renalen erythropoetischen Faktors) und die renale Osteopathie (fehlende Hydroxylierung des wirksamen Vitamin-D-Metaboliten in der Niere) zu nennen.
• Ausfall der Regulationsfunktion im Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt: dieser Ausfall kann Überwässerung, Salzverlust, Hyperkaliämie und Azidose zur Folge haben.
• Schädigung anderer Organsysteme durch bisher im Einzelnen unbekannte Mechanismen (Knochenmarksdepression, erhöhte Kapillarfragilität, Infektionsneigung etc.).
Merke: Definition der chronischen Niereninsuffizienz: irreversible Funktionsminderung der Nieren durch progredienten Parenchymverlust. Leitbefunde sind: Urämie, Oligo- und Anurie, Ödeme, Hyperkaliämie, metabolische Azidose, Hypokalzämie, Anämie.
Nennen Sie einige allgemeine Urämie-Symptome?
Urämie-Symptome sind sehr vielfältig. Typisch sind:
• Übelkeit und Erbrechen
• deutliche Abnahme der Leistungsfähigkeit
• gestörter Schlaf/Wachrhythmus
• Pruritus
Der Kreatininwert eines Patienten mit Glomerulonephritis liegt seit einigen Monaten relativ konstant bei 3,0 mg/dl. In welchem Stadium einer chronischen Niereninsuffizienz wird sich dieser Patient befinden bzw. welche Stadien gibt es?
Der Patient befindet sich im Stadium der kompensierten Retention. Man kann bei der chronischen Niereninsuffizienz mehrere Stadien abgrenzen (› Tab. 5.3).
Tab. 5.3 Stadien der chronischen Niereninsuffizienz
Stadium Kompensation Laborwerte/Symptome
1 : volle Kompensation
eingeschränkte Kreatinin-Clearance bei noch normalem Serum-Kreatinin
2 : kompensierte Retention
Erhöhung von Kreatinin und Harnstoff, jedoch ohne Urämiesymptome
3 : dekompensierte Retention
Urämiesymptome – durch Therapie in das Stadium 2 zurückführbar
4 : terminale Niereninsuffizienz
irreversibles Nierenversagen – ohne Nierenersatztherapie tödlich
Ein 34-jähriger aktiver Bodybuilder weist bei völliger Gesundheit und sonstigen normalen Befunden einen erhöhten Serum-Kreatininwert von 1,6 mg/dl auf. Wie ist dieser Wert zu interpretieren?
Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Kreatins, das hauptsächlich aus der Muskulatur stammt. Bei sehr hoher Muskelmasse oder nach einem intensiven Training kann ein erhöhtes Serum-Kreatinin vorliegen. Der Wert ist bei dem Bodybuilder zunächst ohne Bedeutung, sofern ansonsten keine Auffälligkeiten bestehen.
Merke: Bei kachektischen Patienten (z. B. bettlägerige ältere Menschen) ist der Serum-Kreatininwert aufgrund der niedrigen Muskelmasse oft deutlich unter dem Normalbe- reich (< 1 mg/dl).
Nennen Sie Auswirkungen einer chronischen Niereninsuffizienz bzw. Urämie auf die einzelnen Organsysteme.
Die Urämie zeigt sich klinisch in vielfältigen teils unspezifischen Symptomen, wie z. B. Verwirrtheit, Durchfall und Pruritus (› Tab. 5.4).
Tab. 5.4 Organspezifische Auswirkungen einer chronischen Niereninsuffizienz
Nervensystem : Krampfneigung, Verwirrtheit, Polyneuropathie, Koma
Herz-Kreislauf-System : Perikarditis, Hypertonie, Ödeme, Rhythmusstörungen
Lunge : Lungenödem, Pleuritis, Pleuraerguss, Pneumonie
Gastrointestinaltrakt : Durchfälle, Erbrechen, Abdominalkrämpfe
Skelett : sekundärer Hyperparathyreoidismus, Vitamin-D-Mangel
Haut : blasses fahles Kolorit, Atrophie, Pruritus
Blut : Anämie (Epo-Mangel), thrombozytäre Gerinnungsstörungen
Nennen Sie zwei der wichtigsten Progressionsfaktoren für eine chronische Niereninsuffizienz.
Folgende Begleiterkrankungen bzw. Risikofaktoren führen zu einer Verschlechterung einer Niereninsuffizienz: • Bluthochdruck • Diabetes mellitus • rez. Harnwegsinfekte • Überalimentation mit Eiweiß • Harnstauung
Ein 74-jähriger Typ-2-Diabetiker zeigt folgende Symptome bzw. Befunde: Blutdruck 180/110 mmHg, Hb 9,0 g/dl, Pruritus und Foetor, Serum-Glukose 180 mg/dl, Serum- Harnstoff 180 mg/dl, Serum-Kalium 5,5 mmol/l, Kreatinin 4,1 mg %, mäßige Beinödeme und deutliche Luftnot bei leichter Belastung.
Welches Krankheitsbild vermuten Sie?
Es liegen eine schwere diabetische Nephropathie im Stadium der dekompensierten Retention einer chronischen Niereninsuffizienz und Zeichen der Urämie vor.
Ein 74-jähriger Typ-2-Diabetiker zeigt folgende Symptome bzw. Befunde: Blutdruck 180/110 mmHg, Hb 9,0 g/dl, Pruritus und Foetor, Serum-Glukose 180 mg/dl, Serum- Harnstoff 180 mg/dl, Serum-Kalium 5,5 mmol/l, Kreatinin 4,1 mg %, mäßige Beinödeme und deutliche Luftnot bei leichter Belastung.
Welche Therapie leiten Sie ein? Müssen Sie den Patienten dialysieren?
Für eine Hämodialyse besteht noch keine absolute Indikation. Allerdings ist mit einem Fortschreiten der Erkrankung zu rechnen, sodass eine regelmäßige Dialysebehandlung in den nächsten Monaten möglich ist. Ziel der Therapie ist es, den Patienten in das Stadium der kompensierten Niereninsuffizienz zurückzuführen.
• am wichtigsten: engmaschige Blutdruckeinstellung (< 130/80 mmHg) (z. B. ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten)
• bilanzierte Eiweißzufuhr (1 g/kg pro Tag)
• Blutzuckeroptimierung
• reichlich natriumarme Flüssigkeitszufuhr > 2 l/d (evtl. zusätzlich Schleifendiuretika)
• kontrollierte Gewichtsabnahme, natriumarme Kost, langsam resorbierbare Kohlenhydrate
• bei Hyperlipidämie Einsatz von Cholesterinsynthesehemmern
• Shuntanlage organisieren, da mit einem Fortschreiten der Erkrankung zu rechnen ist!
Ab welcher Kreatinin-Clearance werden in der Regel die Symptome der Urämie manifest?
Das urämische Syndrom beginnt meist bei einer Kreatinin-Clearance < 10–20 ml/min.
Beschreiben Sie kurz Voraussetzung, Technik und Nachbehandlung einer Nierentransplantation.
Im Gegensatz zur Dialyse ermöglicht die Transplantation dem Patienten ein fast normales Leben. Allerdings können nicht alle Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz einer Transplantation zugeführt werden. Einige der Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, sind:
• Es dürfen keine Malignome, aktive Psychosen, Tuberkulose, schwere degenerative Gefäß- oder Hirnkrankheiten oder nicht ausgeheilte Magen- bzw. Duodenalulzera vorliegen.
• Verträglichkeit in den immunologischen Tests: Der Empfänger darf keine zirkulierenden Antikörper gegen Spenderlymphozyten besitzen. Spender und Empfänger sollten weitgehend in der HLA-Typisierung (neg. cross match) übereinstimmen.
• Vorhandensein eines ausgerüsteten Transplantationszentrums bzw. rechtzeitige Entnahme einer Spenderniere unter Beachtung der warmen Ischämiezeit (20–30 min).
Durch Kühlung und geeignete Lagerung ist eine Nierentransplantation bis zu 36 h nach der Entnahme des Organs möglich. Die Transplantation selbst er- folgt chirurgisch standardisiert extraperitoneal in der Fossa iliaca.
Um Transplantat-Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, werden Immunsuppressiva wie Ciclosporin A, Glukokortikoide und Azathioprin verabreicht. Steroidresistente Abstoßungsreaktionen können durch Anti-Lymphozyten-Serum oder OKT3 (Antikörper gegen den T3-Rezeptor von Lymphozyten) unterdrückt werden. Entscheidend ist die richtige Differenzialdiagnose einer Abstoßungsreaktion gegenüber z. B. einer Pyelonephritis oder einem Virusinfekt. Zur Klärung ist oft eine Nierenbiopsie angezeigt. Durch die Immunsuppression besteht eine erhöhte Infektneigung besonders für opportunistische Erreger (z. B. Pneumocystis carinii, Zytomegalievirus oder Listerien).
Im Rahmen einer Niereninsuffizienz kommt es sehr häufig zu einer sog. renalen Anämie. Seit einiger Zeit lässt sich diese effektiv behandeln. Wie?
Durch parenterale Gaben von Erythropoetin (subkutan) lässt sich die renale Anämie weitgehend beheben (cave: Eisenmangel ausgleichen!). Sinnvoll ist eine voherige Bestimmung des Erthropoetin-Serumspiegels.
Nennen Sie bitte die Kennzeichen eines nephrotischen Syndroms. Bei welchen Krankheiten tritt es vorwiegend auf ?
Folgende Befunde sind charakteristisch:
• Proteinurie > 3,5g/d
• Hypoproteinämie und Ödeme
• Hypercholesterinämie bzw. Hyperlipidämie
In über 70 % der Fälle ist eine primäre Glomerulonephritis (ca. 30 % membranöse GN, ca. 20 % Minimal-Change-GN) die Ursache für ein nephrotisches Syndrom.
Weitere Krankheitsbilder, die zum nephrotischen Syndrom führen können, sind:
• Kollagenosen (bes. Lupus erythematodes), Amyloidose
• diabetische Glomerulosklerose
• toxische Einflüsse (D-Penicillamin, Quecksilber, Gold etc.)
• Plasmozytom
• Malaria
Nennen Sie klinische Symptome eines Patienten mit nephrotischem Syndrom.
Im Vordergrund stehen beim nephrotischen Syndrom der hohe Eiweißverlust und die dadurch bedingten Flüssigkeitsverschiebungen.
• Schwäche und Müdigkeit durch Anämie
• Infektneigung durch Immunglobulinverlust
• Gewichtszunahme durch Ödeme (auffallend sind Lid- und Gesichtsödeme)
• Aszites und Lungenödem durch niedrigen plasmaonkotischen Druck
• Hypertonie durch Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
Warum neigen Patienten mit einem nephrotischen Syndrom zu Thrombosen?
Durch die Proteinurie geht auch Antithrombin III mit dem Urin verloren. Dieses Protein stellt einen wichtigen körpereigenen Thrombininhibitor dar. Daher neigen Patienten mit nephrotischem Syndrom zu Thrombosen, speziell das Risiko für Nierenvenenthrombosen ist deutlich erhöht.
Erläutern Sie bitte die Therapieprinzipien beim nephrotischen Syndrom.
Der Versuch einer erfolgreichen Behandlung der Grundkrankheit steht an erster Stelle. Bei den Glomerulonephritiden, als häufigste Ursache des nephrotischen Syndroms, ist dies selten möglich.
Eine wichtige Ausnahme stellt die Minimal-Change-Glomerulonephritis dar, die sehr gut auf Glukokortikoide anspricht. Ansonsten ist die Behandlung symptomatisch orientiert:
• strenge Blutdruckeinstellung (< 130/80 mmHg)
• Kochsalz- und Wasserrestriktion
• eiweißarmeDiät(0,8–1g/kg/d)
• Einsatz von Diuretika zur Ödemausschwemmung
• Thromboseprophylaxe (Heparin, Thrombozytenaggregationshemmer)
• evtl. Infusion von Albuminlösungen oder Plasmaexpander zur kurzfristigen Kreislaufstabilisierung
• regelmäßige Gewichts- und Elektrolytkontrollen
Eine Reihe neuerer Studien haben den prognostischen Wert einer strengen Blutdruckeinstellung bzw. -senkung belegt, sodass dies eine der vordringlichsten Säulen der Therapie ist.
Wie würden Sie allgemein eine Glomerulonephritis definieren?
Es handelt sich um eine Entzündung der Nierenkörperchen, meist aufgrund immunologischer Prozesse, die häufig strukturelle Zerstörungen zur Folge hat.
Typisch sind:
• Mikrohämaturie, Erythrozytenzylinder im Urinsediment
• mäßige Proteinurie
• reduzierte glomeruläre Filtration
Tab. 5.5 Einteilung der wichtigsten Glomerulonephritiden
Primäre Glomerulonephritis
IgA-Nephropathie : häufigste GN, Hämaturie, glomeruläre IgA-Ablagerung, Immunkomplex-GN mit Komplementaktivierung – sehr langsam progredient, nach 10 Jahren 10 % Dialysepflichtigkeit
Mesangiokapilläre GN : glomeruläre Proteinurie oder nephrotisches Syndrom, Makro- oder Mikrohämaturie, C3-Nephritis-Faktor bei 20–60 %, Hypertonie 30 % – ungünstiger Verlauf, wenn Hypertonie bei Diagnosestellung
Minimal-Change-GN : im Kindesalter sehr häufig, nephrotisches Syndrom, in 30–50 % Spontanheilungen, Lichtmikroskopie unauffällig, in der Elektronenmikroskopie Fusion der Podozytenfortsätze
Rapid progressive GN
Typ I: zirkulierende Antikörper gegen glomeruläre Basal- membran (Nierenbiopsie – „Halbmonde“, IgG-Ablagerung) (Typ-II: Immunkomplex; Typ-III: Pauci-Immun-GN) – schlechte Prognose
(mit Lungenbeteiligung: Goodpasture-Syndrom)
Sekundäre Glomerulonephritis
Poststreptokokken-GN : nach Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (M-Antigen-positiv) – diffuse, endokapilläre proliferierende GN, Immunkomplexnephritis – meist gute Prognose
Postinfektiöse GN : nach Endokarditis, Typhus, Pneumokokkenpneumonie etc. – Verlauf unterschiedlich
Merke: Die IgA-Nephritis ist häufig mit einer chronischen Sinusitis kombiniert.
Nennen Sie ein Beispiel für eine aggressive Glomerulonephritis.
Bei der Antibasalmembran-Glomerulonephritis bilden sich Antikörper der Klasse IgG gegen Basalmembranproteine. Diese Antikörper lagern sich an der Basalmembran der Glomeruli ab und lassen sich immunologisch gut nachweisen. Es kommt zu einer ausgeprägten Entzündungsreaktion mit Einwanderung von Granulozyten und zur Proliferation von glomerulären und extrakapillären Zellen der Bowman-Kapsel (z. B. Halbmondbildung).