03_Epidemiologie Flashcards
Grundbegriffe - Deskriptive Epidemiologie
- Beschäftigt sich mit räumlicher und zeitlicher Verteilung von Erkrankungen und gesundheitsrelevanter Variablen…
- …sowie den Determinanten ihres Auftretens…
- …im Zusammenhang mit sozialen, genetischen, Verhaltens- und Umweltfaktoren…
- …in einer genau definierten Population
- vor allem Beschreibung und statistische Verteilung
Grundbegriffe - Analytische Epidemiologie
- Versucht, auf Grundlage der deskriptiven Epidemiologie…
- …bevorzugt prospektiv-longitudinal Hinweise für kausale Faktoren zu finden… (z.B. Zusammenhang von Mobbingerfahrungen in der Schule und Sozialer Phobie?)
- …bzw. den Risikostatus bestimmter Faktoren zu ermitteln und zu quantifizieren. (z.B. massive Verluste in der Kindheit erhöhen das Risiko, später an Depression zu erkranken)
- Untersucht Auftreten und Spontanverlauf psychischer Störungen…
- …mit dem Ziel, Erkenntnisse über Ursachen, Risiko- und Auslösefaktoren…(Auslösefaktor kann z.B. eine große Veränderung im Leben sein: Verlassen des Elternhauses, Umzug, Jobverlust…)
- …genetischer, biologischer, sozialer, psychologischer und umweltbezogener Art sowie ihrer Interaktion zu gewinnen.
Grundbegriffe - Epidemiologische Trias
• Handlungsmodell zur wechselseitigen Interaktion von:
o Person (Anfälligkeit der Person, wiederum genetisch und umweltbedingt)
o schädlichen Einflüssen
o Umwelt (z.B. Vorhandensein von Masern in der Kita oder Schadstoffen in der Luft)
• Ursprünglich aus der Medizin
Grundbegriffe - Prävalenz
Häufigkeit einer Erkrankung in der Bevölkerung
Grundbegriffe - Prävalenzrate
- Prozentsatz aller Krankheitsfälle in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt oder einem bestimmten Zeitraum
- z.B. 12-Monats-Prävalenz (alle in diesem Zeitraum), Lebenszeitprävalenz (wie häufig ist das Auftreten einer bestimmten Erkrankung/Störung im Lauf eines Lebens)
Grundbegriffe - Behandlungsprävalenz
- Erfasst nur die Fälle, die in Kontakt mit Behandlungseinrichtungen sind (im Gegensatz zur „wahren Prävalenz“)
- Alle Fälle, die in Behandlung sind, egal weshalb (Häufig haben psychische Störungen somatische Begleiterscheinungen, sodass Menschen mit Beschwerden wie Kopfschmerzen etc. zum Arzt gehen)
- Klassischerweise durch Komorbiditäten erhöht
Grundbegriffe - Inzidenz
- Häufigkeit des Neuauftretens einer Erkrankung
- Bezeichnet den Anteil der Personen (unabhängig von Population), bei denen eine Krankheit innerhalb eines bestimmten Zeitraums neu auftritt
- z.B. 12-Monats-Inzidenz
Grundbegriffe - Risiko
- Wahrscheinlichkeit, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt jemals an einer bestimmten Krankheit zu leiden
- z.B. Bei Geburt hat eine Frau 20% Risiko, jemals an Depression zu erkranken (Lebenszeitprävalenz also 20%)
- Nimmt mit dem Alter ab
Grundbegriffe - Komorbidität
- Vorliegen mehrerer spezifischer Diagnosen bei einer Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums
- Prävalenz, Inzidenz und Risiko immer in Bezug: -auf zugrundeliegende Population -auf Falldefinition (ganze Störung, einzelnes Symptom, diagnostische Kriterien)
- Drastische Unterschiede in Prävalenzrate bei Variationen dieser Parameter (z.B. bei Anwendung ICD vs. DSM): -
o Lebenszeitprävalenz „depressives Syndrom“ nach ICD 10: 22%
o Lebenszeitprävalenz „unipolare Depression“ nach DSM-IV: 17%
o 12-Monats-Prävalenz „unipolare Depression“ nach DSM-IV: 11%
o 1-Monats-Prävalenz „unipolare Depression“ nach DSM-IV: 6%
• Wichtigkeit von Prävalenz und Inzidenz entsprechen ungefähr der von Reliabilität und Validität
Untersuchungsdesigns in der Epidemiologie
- Querschnittsstudie (an einem Zeitpunkt)
- Längsschnittstudie (über einen Zeitraum)
- Kohortenstudie (fest definierte Gruppe über einen Zeitraum)
- Fallkontrollstudie und Interventionsstudie (Überprüfung an ausgesuchten Fällen / Wie erfolgreich sind bestimmte Interventionsverfahren? Lässt sich Prävalenz oder Inzidenzrate reduzieren?
Epidemiologische Befunde - 12-Montats-Prävalenzen
- 8,2% aller erwachsenen Deutschen haben innerhalb eines Jahres eine unipolare Depression
• Insgesamt ist in Europa während eines 12-Monats-Zeitraums ca. ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung im Alter von 18-65 Jahren von psychischen Störungen betroffen: o Angststörungen: 12% o Depressive Störungen: 7% o Somatoforme Störungen: 6% o Substanzstörungen: 3% o Psychotische Störungen: 2% o Bipolare Störungen: 1%
Epidemiologische Befunde - Geschlechterverteilung
• Bei Erwachsenen sind Störungen bei Frauen häufiger oder gleichverteilt
• Ausnahmen:
o antisoziale Persönlichkeitsstörung
o Substanzstörungen
• Bei Kindern sind Störungen bei Jungs häufiger als bei Mädchen:
o multikausal
o Hauptgrund vermutlich schnellere Hirnentwicklung bei Mädchen
o Entwicklung somatoformer Störungen vermutlich zurückzuführen auf sexuellen Missbrauch in der Kindheit. Erhöht Sensibilität für körperliche Veränderungen, erhöht dadurch wiederum Leid
Epidemiologische Befunde - Komorbiditäten
• Odds Ratio (OR) (Maß, welches angibt um das wievielfache das Risiko erhöht wird, an einer Störung zu erkranken):
o erhöhtes Risiko, mit Störung A an Störung B zu erkranken
o z.B.: Wer eine Angststörung hat, hat ein 2,6x erhöhtes Risiko, auch an einer Substanzstörung zu erkranken
Epidemiologische Befunde - Korrelate psychischer Störungen
Familienstand:
–> höheres Risiko für Alleinlebende (in einer festen Partnerschaft zu leben senkt das Risiko an einer psychischen Störung zu erkranken, vermutlich dadurch, dass man mehr Unterstützung in Lebenskrisen hat)
Ausbildungsstand:
o je höher der Ausbildungsstand, desto seltener Störungen
o vermutlich aufgrund von fehlender Diagnose wegen Rollenkonfundierung
o mehr Belastung in unteren sozioökonomischen Schichten
o soziale-Drift-Hypothese: größeres Abstiegsrisiko in unteren Schichten
Soziale Schicht - deutliches Korrelat
Stadt-Land-Unterschiede:
o höheres Risiko in Städten
o vermutlich, da Betroffene eher in Städte ziehen
fatalere soziale Folgen auf dem Land (in der Stadt fällt man weniger auf)
o mehr Single-Haushalte in Städten
• Keine Korrelation mit Berufstätigkeit
Epidemiologische Befunde - Ersterkrankungsalter
• Erstmaliges Auftreten in mehr als 75% der Fälle in Jugend oder jungem Erwachsenenalter (lt. BSG 98)
- Vermutlich aufgrund der Belastung durch Lebensumbrüche
• Alter zum Erhebungszeitpunkt als Prädiktor für Lebenszeitrisiko psychischer Störungen (Kessler et al., 2005):
o Angaben in odds ratio im Vergleich zu über 60-Jährigen