Weitere Grundfreiheiten Flashcards
Die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit gem. Art 63ff AEUV
- Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit bedeutet die einseitige Übertragung von Werten, d.h. finanzielle Transaktionen, die nicht im Zusammenhang mit den Waren, Personen oder Dienstleistungsverkehr steht.
I. Schutzbereich
a. Definition
Vom Schutzbereich umfasst ist generell die Beweglichkeit von Kapital und Zahlungen zwischen den MS, bzw. den MS und Drittstaaten.
Der Begriff des Kapitalverkehrs umfasst jede einseitige Wertübertragung von Sach- oder Geldkapital von einem Mitgliedstaat in einen anderen, die zugleich eine Vermögensanlage darstellt, zB Immobilienerwerb, Unternehmensbeteiligungen, Erwerb von Bürgschaften, Anleihen oder Wertpapieren.
Unter dem Begriff des Zahlungsverkehrs versteht man die grenzüberschreitende Übertragung von Zahlungsmitteln im Sinn einer Gegenleistung für beispielsweise Warenlieferung oder Dienstleistung.
b. Grenzüberschreitender Sachverhalt Erforderlich ist ein grenzüberschreitender Sachverhalt; rein innerstaatliche Sachverhalte sind nicht erfasst. Art. 63 AEUV verbietet dabei Beschränkungen nicht nur zwischen den MS, sondern auch zwischen den MS und Drittstaaten.
II. Eingriff
a. Eingriff ist jede staatliche Maßnahme in Form einer Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs, sowie eine Maßnahme gleicher Wirkung. Art. 63 AEUV stellt ein umfasssendes Beschränkungsverbot dar, welches weit auszulegen ist und neben einer Ungleichbehandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit auch alle anderen unterschiedslos geltenden Maßnahmen erfasst. Beispiel für einen Eingriff stellen sog. Einheimischenmodelle zum Erwerb von Immobilien dar.
III. Rechtfertigung
a. Geschriebene Rechtfertigungsgründe, d.h. zulässige Beschränkungen, sind in Art. 64, 65 AEUV zu finden. Ansonsten sind nach der Cassis-Rechtsprechung zwingende Gründe des Allgemeinwohls zu beachten. Als Beispiel hierfür kann wieder das Einheimischenmodell herangezogen werden. Ein solches kann aus bauplanerischen Gründen gerechtfertigt sein.
Wie bei den anderen Grundfreiheiten muss es sich dabei um eine unterschiedslos (d.h. für Inländer und Ausländer gleichermaßen gültig) geltende Maßnahme handeln, welche verhältnismäßig ist.
Die Warenverkehrsfreiheit gem. Art. 34ff AEUV
- Die WVF stellt die bedeutendste Grundfreiheit dar. Sie verbietet die mengenmäßige Beschränkung der Ein- und Ausfuhr von Waren (Handelsbeschränkung), sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 34, 35 AEUV).
- Prüfungsschema:
I. Schutzbereich
1. Ware iSd Art 28 AEUV a. körperliche Sache (auch Elektrizität, Gas,...) b. mit Handelswert c. die Gegenstand von Handelsgeschäften sein kann (1) Ausnahme: Kriegsmaterial, Rüstung gem. Art 346(1) lit. b AEUV 2. keine lex speziales im Sekundärrecht 3. Grenzüberschreitender Sachverhalt (Ware entweder aus einem MS oder zwar aus einem DL, aber gem. Art. 29 AEUV in einem MS im freien Verkehr befindet)
II. Eingriff
1. Eingriff ist jede staatliche Maßnahme in Form einer Handelsbeschränkung oder Maßnahme gleicher Wirkung.
a. Art. 34 ff. AEUV verbieten die mengenmäßige Beschränkung der Ein- und Ausfuhr von Waren (Handelsbeschränkung), sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 34, 35 AEUV). Beispiele für eine Handelsbeschränkung sind Einfuhrbeschränkungen, -verbote oder Kontingentierungen. b. Maßnahme gleicher Wirkung: aa. Dassonville-Formel (1) Handlung eines MS aaa. jede hoheitliche Maßnahme (Exekutive, Legislative, Judikative) bbb. Maßnahmen Privater, die einem MS zugerechnet werden können ccc. rechtswidrige Unterlassungen (2) die geeignet ist aaa. nicht geeignet, wenn die Regelung zu ungewiss und zu mittelbar ist, um als geeignete nationale Maßnahme angesehen zu werden. (3) innergemeinschaftlichen Handelsverkehr, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern ii. Diese sehr weite Auslegung wurde durch das Keck Urteil eingeschränkt: Danach ist zwischen produktbezogenen Regulierungen und bloßen Verkaufsmodalitäten zu unterscheiden. Diskriminierungsfreie Verkaufsmodalitäten, beispielsweise Ladenöffnungszeiten, sind vom Anwendungsbereich der Art. 34 ff. AEUV ausgeschlossen. Produktbezogene Regulierungen, zB Inhaltsstoffe oder Verpackungen, werden von Art. 34 ff. AEUV umfasst Keine Behinderung also, wenn 1. Verkaufsmodalitäten (wenn sie Verkaufs- oder Absatzmodalitäten von Waren regeln) 2. sofern diese Bestimmungen für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, 3. sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen MS rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. 4. Ausweitung der Keck-Formel auf Nutzungsmodalitäten: vom EuGH abgelehnt.
OB: direkte, indirekte Diskriminierung oder Beschränkung
WIE: Produkts- oder Verkaufsmodalität
–> = Eingriff –> unterschiedlich oder gleich?
–> wirkt es sich –> kein Eingriff
auch spürbar auf
den innengemeinschaftlichen Warenverkehr aus?
–> nein = kein Eingriff –> ja = Eingriff
III. Rechtfertigung
Eingriffe sind dann gerechtfertigt, wenn eine Ausnahme nach Art. 36 AEUV vorliegt, d.h. wenn die staatliche Maßnahme den genannten Interessen wie Gesundheit oder öffentliche Ordnung und Sicherheit dient, und der Eingriff verhältnismäßig ist. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zudem das Herkunftslandprinzip zu beachten. Danach darf eine Ware, die in einem Mitgliedstaat vorschriftsmäßig hergestellt und in Verkehr gebracht worden ist, nur ausnahmsweise nicht in anderen Mitgliedsstaaten vom Verkehr ausgeschlossen sein (Cassis-Rechtsprechung). Ein Beispiel hierfür stellt der Verbraucherschutz dar.
Unterscheidung nach Art des Eingriffs: 1. ) offene Diskriminierung: Handelsregelung behandelt einheimische Waren anders als Waren aus anderen MS 1. Legitimer Rechtfertigungsgrund: Allein die abschließend aufgezählten Rechtfertigungsgründe des Art. 36 AEUV sind anwendbar ("geschriebene"). aa. Ausnahmen: eng auszulegen bb. allein Gründe nicht wirtschaftlicher Natur 2. Verhältnismäßigkeit (strenger Prüfungsmaßstab des EuGH) (1) Geeignetheit: nationale Politik muss kohärent, dh inhaltlich widerspruchsfrei sein. (2) Erforderlichkeit: kein gelinderes Mittel (Bsp.: Verbraucherinformation statt Verbot) (3) Angemessenheit 2. ) nicht offen diskriminierende Maßnahmen: nationale Regelung gilt formal in gleicher Weise für inländische wie ausländische Waren. 1. mittelbare Diskriminierung: Maßnahmen, die nicht auf die Herkunft der Waren abstellen, aber durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale zu einem gleichen Ergebnis wie eine direkte Anknüpfung an die Herkunft führen. 2. Beschränkung: Maßnahmen, die in- und ausländische Waren gleich behandeln, die Verwirklichung der Grundfreiheit allerdings behindern, weniger attraktiv oder unmöglich machen. 3. legitimer Rechtfertigungsgrund: a. Cassis de Dijon-Formel ("ungeschrieben"): zwingende Erfordernisse b. Grundsätzlich kann jedes legitime Interesse des Allgemeinwohls ein zwingendes Erfordernis sein. Hierzu zählen auch die Rechtfertigungsgründe des Art. 36 AEUV. c. Allein Gründe nichtwirtschaftlicher Natur. 4. Verhältnismäßigkeit (strenger Prüfungsmaßstab des EuGH) a. Geeignetheit: nationale Politik muss kohärent, dh inhaltlich widerspruchsfrei sein b. Erforderlichkeit: kein gelinderes Mittel (Bsp.: Verbraucherinformation statt Verbot) c. Angemessenheit
IV. Ergebnis