Klagen (Prüfungsschemata) Flashcards
Vertragsverletzungsverfahren gem. Art 258, 259 AEUV
__________Aufsichtsklage der KOM gem. Art 258 AEUV__________
- Prüfungsschema:
I. Zulässigkeit:
1. Sachliche Zuständigkeit: ausschließliche EuGH 2. Formlose Aufforderung der KOM an MS sich zum Verstoß zu äußern => dann Ordnungsgemäße Durchführung des Vorverfahrens a. Mahnschreiben an MS mit folgenden Angaben: aa. Ankündigung über Einleitung des formalen Anhörungsverfahrens bb. Mitteilung der Tatsachen, des Vertragsverstoßes der KOM sowie die verletzten Bestimmungen cc. Aufforderung an MS, sich nach Frist zu den Vorwürfen zu äußern b. Nach Ablauf der Frist (2 Monate) gibt KOM eine Stellungnahme ab, in der 2. Frist zur Abhilfe gesetzt wird (auch 2 Monate) c. Nichtbefolgung der Stellungnahme des MS innerhalb Frist 3. Klagegegenstand a. Behauptung der KOM, der MS habe gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen aa. gegen primäres Unionsrecht (Ausnahme GASP gem. Art 275) bb. gegen sekundäres Unionsrecht cc. gegen Unionsrechtsordnung bzw. integriertes VÖR (1) völkerrechtliche Verträge (2) allgemeine Rechtsgrundsätze aus VÖR (3) Völkergewohnheitsrecht b. Streitgegenstand der Klage darf nicht erweitert werden 4. Klagebefugnis: KOM muss von Vertragsverletzung rechtlich und sachlich überzeugt sein 5. Form der Klageerhebung: Vorschriften Art. 21(1) S2 EuGH-S iVm Art. 38, 44 VfO-EuGH 6. Klagefrist: keine besondere Klagefrist
II. Begründetheit
a. wenn Tatsachen zutreffen b. wenn Verhalten dem beklagten MS zuzurechnen ist c. wenn Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt
III. Rechtsfolgen
a. Gibt der EuGH der KOM recht, so erlässt er ein Feststellungsurteil gem. Art 260(1). Der MS ist verpflichtet, den unionsrechtswidrigen Zustand zu beseitigen bzw. gebotene Handlungen durchzuführen b. Keine Vollstreckungsmaßnahmen, aber aa. bei erneuter Verletzung: Zwangsgeldandrohung gem. Art 260(2) bb. unionsrechtliche Staatshaftung des MS gegenüber dem Geschädigten cc. kein Rückgriff auf Instrumente des allg. VÖR
__________Staatenklage der MS gem. Art. 259 AEUV__________
- Prüfungsschema:
I. Zulässigkeit:
1. Sachliche Zuständigkeit: ausschließliche EuGH 2. Ordnungsgemäße Durchführung des Vorverfahrens a. Antrag an KOM mit dem behaupteten Verstoß durch einen MS mit folgenden Angaben (1) Mitteilung der Tatsachen, des Vertragsverstoßes des MS sowie die verletzten Bestimmungen (2) Aufforderung, kontradiktorisches Verfahren einzuleiten gem. Art 259(3) b. KOM gibt betreffendem MS Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung c. Klagerecht des rügenden MS (1) Nach Ablauf von 3 Monaten seit Antrag an KOM (2) Vor Ablauf von 3 Monaten nach Abgabe einer Stellungnahme der KOM 3. Klagegegenstand a. Behauptung eines MS, anderer MS habe gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen aa. gegen primäres Unionsrecht (Ausnahme GASP gem. Art 275) bb. gegen sekundäres Unionsrecht cc. gegen Unionsrechtsordnung bzw. integriertes VÖR (1) völkerrechtliche Verträge (2) allgemeine Rechtsgrundsätze aus VÖR (3) Völkergewohnheitsrecht b. Streitgegenstand der Klage darf nicht erweitert werden 4. Klagebefugnis: klagender MS muss von Vertragsverletzung rechtlich und sachlich überzeugt sein 5. Form der Klageerhebung: Vorschriften Art. 21(1) S2 EuGH-S iVm Art. 38, 44 VfO-EuGH 6. Klagefrist: keine besondere Klagefrist
II. Begründetheit
a. wenn Tatsachen zutreffen b. wenn Verhalten dem beklagten MS zuzurechnen ist c. wenn Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt
III. Rechtsfolgen
a. Gibt der EuGH dem MS recht, so erlässt er ein Feststellungsurteil gem. Art 260(1). Der MS ist verpflichtet, den unionsrechtswidrigen Zustand zu beseitigen bzw. gebotene Handlungen durchzuführen b. Keine Vollstreckungsmaßnahmen, aber aa. bei erneuter Verletzung: Zwangsgeldandrohung gem. Art 260(2) bb. unionsrechtliche Staatshaftung des MS gegenüber dem Geschädigten cc. kein Rückgriff auf Instrumente des allg. VÖR
Nichtigkeitsklage gem. Art 263 AEUV
- Funktion: es können Handlungen der Unionsorgane auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden
- Prüfungsschema:
I. Zulässigkeit
1. Sachliche Zuständigkeit
a. EuG (zust. für Klagen natürl. oder jur. Personen und bestimme Klagen der MS) gem. Art. 256(1) AEUV iVm 51 EuGH-S
b. EuGH (zust. für Organklagen und sonstige Klagen der MS)
c. Fachgerichte gem. Art 257 AEUV
2. Klagebefugnis
a. MS, EP, Rat, KOM, gem. Art 263(2) AEUV = privilegierte Kläger=ohne weiteres klagebefugt
b. RH, EZB, AdR gem. Art 263(3) AEUV = eingeschränkte Kläger=Währung eigener Rechte
c. Natürl. oder jur. Personen gem. Art 263(4) AEUV = nicht privilegierte Kläger
aa. “Adressat” iSd Art 263(4) Var. 1 AEUV: ohne weiteres klagebefugt
bb. Klage gegen “RA mit VO-Charakter” iSd Art 263(4) Var. 3 AEUV
(1) RA mit VO-Charakter
(2) Betroffenheit in eigenen Rechten oder Interessen
(3) Unmittelbare Betroffenheit
(4) Keine Durchführungsmaßnahmen
cc. Handlung, die den Kläger unmittelbare und individuell betrifft (Art 263(4) Var. 2 AEUV)
(1) Betroffenheit (s.o.)
(2) Unmittelbare Betroffenheit (s.o.)
(3) Individuelle Betroffenheit
(a) Plaumann-Formel:
“Individuell betroffen, “wenn die Handlung den Kläger wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten”
3. Klagegegenstand
a. Staatenklage oder Organklage
aa. GG-Akte und Handlungen unter AEUV (VO, RL, Beschlüsse, Nach außen wirksame Handlungen der Organe (Rsp. AETR)
bb. keine GASP-Maßnahmen gem. Art 275(2) AEUV, außer:
(1) Unberührheitsklausel: Art 275(2) Alt 1 AEUV iVm 40 EUV
(2) Restriktive Maßnahmen: Art 275(2) Alt 2 AEUV iVm Titel V Kap. 2 EUV
b. Individualklage
bb. Beschluss; sonstige Handlungen, die dazu bestimmt sind, Rechtwirkungen nach außen zu erzeugen (Rsp. IBM)
4. Klagegegner: Rat, KOM, EP, EZB, Einrichtungen und sonst. Stellen 5. Geltendmachung eines Nichtigkeitsgrundes (Art 263(2) AEUV): Grund schlüssig darlegen
6. Form der Klageerhebung: Vorschriften Art. 21(1) S2 EuGH-S iVm Art. 38, 44 VfO-EuGH
7. Klagefrist: binnen 2 Monaten gem. Art 263(6) AEUV
8. Rechtsschutzbedürfnis:
Fehlt, wenn angefochtene Maßnahme bereits aufgehoben oder Mangel vollständig beseitigt.
Aber auch Rechtsschutzbedürfnis, wenn
a. konkrete Wiederholungsgefahr
b. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung
c. Nichtigkeitsurteil als Grundlage für Amtshaftungsanspruch des Klägers dienen kann (Art 340(2) AEUV)
II. Begründetheit
Nichtigkeitsklage ist begründet, wenn der RA einem genannten Nichtigkeitsgrund gem. Art 263(2) AEUV zumindest teilweise entspricht.
Gründe:
1. Unzuständigkeit
2. Verletzung wesentlicher Formvorschriften
3. Verletzung der Verträge oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendende Rechtsnorm
4. Ermessensmissbrauch
III. Rechtsfolgen
1. Grds Nichtigkeitsurteil rückwirkend (ex tunc) und gegenüber jedermann (erga omnes) gem. Art 264(1) 2. Möglichkeit, Rechtswirkungen aufrechtzuerhalten gem. Art 264(2) AEUV
Untätigkeitsklage gem. Art 265 AEUV
- Funktion: es können EP, Rat, ER, KOM, EZB wegen vertragswidriger Untätigkeit auf eine Handlung zu deren Vornahme sie vertraglich verpflichtet sind, verklagt werden
- Prüfungsschema:
I. Zulässigkeit
1. Sachliche Zuständigkeit
a. EuG (zust. für Klagen natürl. oder jur. Personen und bestimme Klagen der MS) gem. Art. 256(1) AEUV iVm 51 EuGH-S
b. EuGH (zust. für Organklagen und sonstige Klagen der MS)
c. Fachgerichte gem. Art 257 AEUV
2. Klagebefugnis
a. MS, Organe der Union (Ausnahme EuGH)
b. Natürl. oder jur. Personen
aa. bei Organtätigkeit unmittelbare und individuelle Betroffenheit
(1) Betroffenheit (s.o.)
(2) Unmittelbare Betroffenheit (s.o.)
(3) Individuelle Betroffenheit
(a) Plaumann-Formel:
“Individuell betroffen, “wenn die Handlung den Kläger wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten”
3. Durchführung des Vorverfahrens
a. Befassung (-sschreiben) des untätigen Organs mit Mindestinhalten
(1) Bezeichnung der Maßnahme, welches das Organ ergreifen soll
(2) Bezeichnung der verletzten Handlungspflichten
(3) Hinweis auf Klageerhebung bei fortdauernder Untätigkeit
b. Keine Stellungnahme des Organs innerhalb 2 Monaten ab Befassung
4. Klagegegenstand
a. Organklagen oder Klagen der MS
aa. Verletzung der Verträge oder des abgeleiteten Unionsrechts durch Untätigkeit
b. Individualklagen
aa. Nur Untätigkeit bezüglich rechtsverbindlicher, individualisierter RA
bb. Konkurrentenklage möglich
5. Klagegegner: Untätiges Unionsorgan bzw. im ord. GG-Verfahren gegen Rat+EP
6. Geltendmachung einer Verletzung infolge von Untätigkeit oder Ermessensmissbrauch
7. Form der Klageerhebung: Vorschriften Art. 21(1) S2 EuGH-S iVm Art. 38, 44 VfO-EuGH
8. Klagefrist: binnen 2 Monaten nach erfolglosem Ablauf der Stellungnahmefrist gem. Art 265(2)
9. Rechtsschutzbedürfnis
Fehlt, wenn das aufgeforderte Unionsorgan nach Ablauf der Stellungnahmefrist, aber noch vor Verkündung des Urteils tätig wird
a. Nimmt Unionsorgan vor Klageerhebung Stellung: EuGH weist Klage als unzulässig ab
b. Nimmt Unionsorgan erst nach Rechtsanhängigkeit aber vor Urteilsverkündung Stellung: EuGH erklärt Streitsache für erledigt
II. Begründetheit
Wenn Unionsorgan Handlungspflicht unterlassen hat, einen Beschluss zu fassen gem. Art 265(1)
III. Rechtsfolgen
Die Untätigkeitsklage ist als Feststellungsklage ausgestaltet. EuGH trifft ein Untätigkeitsurteil, beseitigt aber nicht den rechtswidrigen Zustand oder verpflichtet Organ zu handeln, sondern trifft Feststellung der objektiven Verletzung einer unionsrechtlichen Handlungspflicht
Amtshaftungsklage (Schadenersatzkage) gem. Art 268 iVm 340 AEUV
- Funktion: der Einzelne kann durch administrative oder normative Maßnahmen der Union in seiner Rechtsposition beeinträchtigt und geschädigt werden (= individueller Rechtsschutz)
- es ist ein Haftungssystem für außervertragliche Schäden, die durch hoheitliches Handeln der Organe oder Bediensteten der EU verursacht wurde
- wenn es einer natürlichen oder juristischen Person versagt ist, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, dann soll zumindest der Schaden ersetzt werden
- Prüfungsschema:
I. Zulässigkeit
1. Sachliche Zuständigkeit a. EuG (zust. für Klagen natürlicher oder juristischer Personen und best. Klagen der MS) gem. Art 256(1) AEUV iVm 51 EuGH-S b. EuGH (zust. für Klagen der MS) 2. Parteifähigkeit a. Aktive: natürl. oder jur. Personen die einen Schaden erlitten haben bzw. MS b. Passive: Schadenverursachendes Organ ist Partei des Amtshaftungsverfahrens 3. Form der Klageerhebung: Vorschriften Art. 21(1) S2 EuGH-S iVm Art. 38, 44 VfO-EuGH 4. Klagefrist: binnen 5 Jahren ab Schadenzufügung (Art 46 S1 EuGH-S) 5. Rechtsschutzbedürfnis: Grundsatz der Subsidiarität zu beachten a. vor Schadenseintritt: nationale Rechtsbehelfe gegen innerstaatlichen Vollzugsakt die Schadenentstehung abwenden b. nach Schadeneintritt: Amtshaftungsverfahren greift erst nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges
II. Begründetheit
Die Amtshaftungsklage ist begründet, wenn ein Organ oder ein Bediensteter der Union in Ausübung seiner Amtstätigkeit
1. bei gebundener Entscheidung: eine dem Schutz des Geschädigten dienende Rechtsnorm verletzte
2. bei Entscheidungen mit Gestaltungsspielraum: eine höherrangige, dem Schutz des Geschädigten dienende, Rechtsnorm verletzte
III. Rechtsfolgen
Die einer Amtshaftungsklage stattgebenden Entscheidung ergeht,
1. soweit die Union zur Schadenersatzleistung verurteilt wurde in Form eines Leistungsurteils (Art 280 iVm Art 299 (2)-(4) AEUV
2. soweit nur die Unionshaftung festgestellt wird in Form eines nicht vollstreckbaren Feststellungsurteils
–> Die Rechtswidrigkeitsfeststellung der Unionsmaßnehmen wirkt nur inter pares und nicht erga omnes
Z
Vorabentscheidungsverfahren gem. Art 267 AEUV
- Funktion (Rsp CILFIT):
a. MS Gericht kann im Rahmen kann eine im Rahmen eines anhängigen Rechtsstreits erhebliche Frage nach der Auslegung oder Gültigkeit des Unionsrecht an den EuGH richten
b. Es handelt sich um ein Zwischenverfahren im Rahmen des nationalen Rechtsstreits unter Einschaltung des EuGH und dient zur Wahrung der Rechtseinheit
c. Verhinderung, dass MS eine Rsp bildet, die nicht im Einklang mit Unionsrecht steht
d. Verstärkung des Individualrechtsschutzes gem. Art 267(4) AEUV - Prüfungsschema:
I. Annahmefähigkeit der Vorlagefrage
1. Sachliche Zuständigkeit: EuGH gem. 256(3) AEUV 2. Vorlagegegenstand: a. Auslegung primären oder sekundären Unionsrechts gem. Art 267(1) lit. a AEUV b. Gültigkeit von Handlungen der Organe,... gem. Art 267(1) lit. b AEUV 3. Vorlageberechtigung: mitgliedsstaatliches Gericht: a. eine unabhängige b. durch oder aufgrund Gesetz eingerichtete Instanz c. die im Rahmen einer obligatorischen, nicht bloß gewillkürten, Zuständigkeit d. Rechtsstreitigkeiten unter Anwendung von Rechtsnormen e. bindend entscheidet 4. Vorlagerecht und Vorlagepflicht a. Vorlagerecht: Art 267(2) (1) bei Zweifel der Gültigkeit oder Auslegung (2) Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage für Entscheidung des Ausgangsstreits b. Vorlagepflicht: Art 267(3) (1) wenn eine Unionshandlung wegen Zweifel an ihrer Gültigkeit unangemeldet bleiben soll c. Ausnahmen von Vorlagepflicht: (1) wenn bereits eine Rsp durch den EuGH betreffend diesen Fall vorliegt (2) wenn richtige Auslegung offensichtlich ist (3) wenn nicht unionsrechtlich relevant (nicht entscheidungserheblich) 5. Vorlagefrage a. Formulierung muss abstrakt und ausschließlich auf die Auslegung des Unionsrechts bezogen sein b. Fragen nach der Gültigkeit müssen konkret formuliert werden und alle rechtlichen und tatsächlichen Aspekte umreißen und Erklärung enthalten, warum Frage vorgelegt wird: (1) Ist Art... dahin auszulegen, dass... (2) Ist Art... rechtsgültig 6. Form der Vorlagefrage: keine besonderen, lediglich Übermittlung gem. Art 23 EuGH-S 7. Keine Bestandskraft des Sekundärrechts bei Gültigkeitskontrolle a. Umgehung der Frist gem. Art 263(6), wäre nach Art 263(4) offensichtlich zulässig gewesen
II. Beantwortung der Vorlagefrage durch Urteil des EuGH
1. Auslegung des Rechts oder der Unionsrechtshandlung im Urteilstenor und Vorgabe der Auslegungskriterien in den Entscheidungsgründen 2. Gültigkeit bzw. Ungültigkeit der Organhandlung im Urteilstenor und Feststellung der Vereinbarkeit bzw. Unvereinbarkeit gem. Art. 267(1) lit. b AEUV
III. Rechtskraftwirkung des Vorabentscheidungsurteils
1. Auf das Ausgangsverfahren (Vorabentscheidung bindet das Gericht) 2. In anderen Verfahren: a. Auslegungsurteil entfaltet eingeschränkte erga omnes Wirkung für ms Gerichte (bei Zweifel nochmal Vorlagefrage) b. Ungültigkeitsurteil entfaltet umfassende erga omnes Wirkung (nur bei Gültigkeitszweifel nochmal Vorlage, ansonsten ausgeschlossen) 3. Urteil entfaltet grds. Rückwirkung (ex-tunc), der EuGH kann jedoch die Wirkungen seiner Auslegung- bzw. Gültigkeitsentscheidungen ex-nunc begrenzen
RL-/VO-Prüfung
- Prüfungsschema:
- Hat EU Kompetenz/Rechtsgrundlage
a. auf welche Rechtsgrundlage stützt sich EuGH: ersichtlich aus Begründung und materiellem Inhalt
b. EU hat Begründungspflicht, auf welche Rechtsgrundlage sie sich stützt gem. Art 296(2) AEUV
c. Grds umfassend: wenn eine RL mehrere Aspekte verfolgt, muss Union alle Rechtsgrundlagen heranziehen, wenn die gleichen Verfahren zur Anwendung kommen
d. Schwerpunkt: bei unterschiedlichen Verfahren kommt es auf darauf an, worin Schwerpunkt liegt - Subsidiarität
a. nur bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit
b. sind MS nicht in der Lage, das Ziel zu erreichen?
(1) fehlende Effektivität ms. Handelns
c. kann Union effizientere Regelung treffen?
(2) Mehrwert des europäischen Handelns - Verhältnismäßigkeitsprüfung
a. Geeignetheit (ist RL/VO geeignet, das Ziel zu erreichen?)
b. Erforderlichkeit (ist es das gelindeste Mittel?)
c. Angemessenheit (stehen Belastungen in einem ausgeglichenen Verhältnis?) - Wird durch RL/VO in Grundrechte eingegriffen?
Staatshaftung
- Rsp Francovich
- Prüfungsschema:
- Staatliche Maßnahme
a. Ist die Maßnahme dem Staat zuzurechnen?
b. funktionelle Zurechenbarkeit: Staat muss nur Einfluss nehmen können - Verletzte Norm des Unionsrechts
a. Norm, die geeignet ist, dem Einzelnen Rechte zu verleihen
b. unmittelbare Wirkung (unbedingt und bestimmt) und Rechte - Hinreichend qualifizierter Verstoß
a. wenn MS die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat - Kausalität
a. Adäquanztheorie: wenn allgemeiner Sachverstand sagt, dass zwischen staatlicher Maßnahme und Schaden ein Kausalzusammenhang besteht (dh. wenn die Maßnahme geeignet ist, einen derartigen Schaden zu verursachen) - Haftungsfolgen
a. bestimmen sich nach nationalem Recht
b. Äquivalenz (Schadenersatz muss gleichwertig zu nationalem Recht sein)
c. Effektivität (Erlangung der Entschädigung darf nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert sein) - Durchsetzung des Anspruchs bei nationalen Gerichten
a. Auch entgangener Gewinn wird ersetzt