Vorlesung 2: 2.1Föderalismus als politisches Projekt Flashcards
- Föderalismus
- 1 Föderalismus als politisches Projket
Politikwissenschaftliche Definition (Almond & Powell 1966)
- Lat. Foedus (-eris, n) = Bund
- Politikwissenschaftliche Definition (Almond & Powell 1966):
- «Federalism is the principle of sharing sovereignty between central and provincial (or state) goverments; a federation is any political system which puts this idea into practice.»
Föderalismus
3 Prinzipien für föderalistischen Staat
Prinzipien:
- Alle staatlichen Institutionen finden sich auf nationaler und subnationaler Ebene (Exekutive, Legislative, Judikative)
- Beteiligung der subnationalen Einheiten in den politischen Entscheidungsprozessen der nationaler Ebene (Ständerat -> Ständemehr)
- Nationale Ebene wacht über Kohärenz der Handlungen der subnationalen Einheiten
ABER: was für ein «-ismus»?
2.1.1 Ideengeschichtliche Grundlage
Kontext: Amerikanische Verfassungsgeschichte
-
Kampf für Unabhängigkeit (18. Jhdt)
- “No taxation without representation«
- Bostoner Tea Party 1773
- Unabhängigkeitserklärung 4. 7. 1776
- Verfassungsdiskussion
- Partikularisten gegen Föderalisten
- Verfassung von Philadelphia 1787
- Lösung: Federalist Papers als Verteidigungsschrift
2.1.1 Ideengeschichtliche Grundlagen
Federalist Papers
- “Publius” (A. Hamilton, J. Madison, J. Jay)
- Bundesstaat als Einheit in der Vielfalt («e pluribus unum»)
2.1.1 Ideengeschichtliche Grundlagen
Amendment X (US Constitution)
«The powers not delegated to the United States by
the Constitution, nor prohibited to it by the States,
are reserved to the States respectively, or to
the people.»
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
- Ancien Régime
- Opposition
- 1798: Besetzung der Eidgenossenschaft durch Napoleon
- Helvetische Republik / Helvetik (1798-1803)
- Mediationsakte
- Restauration (1815-1830)
- Liberale Regeneration (nach 1830)
- Konflikt zwischen Konservativen und Radikalen
- Bundesverfassung von 1848
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
1. Ancien Régime
- «Eidgenossenschaft»: 13 Alte Orte mit Untertanengebieten
- Tagsatzung
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
2. Opposition
-
Révolutionäre:
ländliche Opposition (gegen Herrschaft der Städte) -
Reformisten:
städtisch (U. im Hof: «aufgeklärt, repräsentativ-liberalzentralistisch»); Peter Ochs, Frédéric César de la Harpe
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
1798: Besetzung der Eidgenossenschaft durch Napoleon
- Januar: letzte Tagsatzung
- April: neue Verfassung der «République helvétique une et indivisible» - von Reformisten geschrieben
Die 13 alten Orte der Eidgenossenschaft im 18. Jh.

2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Helvetische Republik / Helvetik (1798-1803)
- Zentralstaat: ehemalige Kantone als Verwaltungsbezirke
-
Nationale Legislative
- Grosser Rat: Kantonsvertreter nach Bevölkerungsproporz
-
Senat: vier Abgeordnete pro Kanton
-
Regierung: «Exekutivdirektorium»
- fünf Mitglieder, durch Legislative gewählt
- fünf Mitglieder, durch Legislative gewählt
-
Bürgerliche und wirtschaftliche Freiheiten
- Demokratie: Wahl der Legislative durch Bürger
-
Einheitlicher Wirtschaftsraum: Währung, Masse, Zölle
- Dreisprachigkeit: Deutsch, Französisch, Italienisch

2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Mediationsakte
- Verfassungsstreit
- Waffenstillstand und Schlichtung durch Mediationsakte (1803)

2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Mediationsakte: Verfassungsstreit
- Unitarier: für Einheitsrepublik
- Föderalisten: Rückkehr zum Staatenbund
- bürgerkriegsähnliche Unruhen
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Mediationsakte: Waffenstillstand und Schlichtung durch MEdiationsakte (1803)
- Kantone wiederhergestellt (ohne Untertanengebiete)
- Erhaltung bürgerlicher und wirtschaftlicher Freiheiten
- Nationale Legislative und Exekutive abgeschafft: Tagsatzung
- Aussenpolitisch enge Bindung an Frankreich
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Restauration (1815-1830)
- Zusammenbruch des Napoleonschen Imperiums
- 1815 Wiener Kongress
- Bundesvertrag von 1815: rückwärtsgewandter Föderalismus

2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Restauration (1815-1830): 1815 Wiener Kongress
Gleichgewicht der Grossmächte:
Unabhängigkeit und «immerwährende Neutralität» der Schweiz
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Restauration (1815-1830): Bundesvertrag von 1815: rückwärtsgewandter Föderalismus
- Lockerer Bund von 25 Kantonen
- Tagsatzung: begrenzte Kompetenzen, gebundenes Mandat
- Abschaffung bürgerliche und wirtschaftliche Freiheiten
- Abschottung der Kantone
- Wirtschaftliche Krise: Hungersnöte, Auswanderung
- 1816: «Jahr ohne Sommer»
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Liberale Regeneration (nach 1830)
- Opposition gegen wirtschaftliche Beschränkung, liberale Bewegung
- Liberale Revolutionen in Stadtkantonen und neuen Kantonen
- Liberale wollen Regeneration auf Bundesebene
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Liberale Regeneration (nach 1830): Liberale Revolution in Stadtkantonen und neuen Kantonen
- Ausdehnung des Wahlrechts
- Volkswahl des Grossen Rates
- Gewaltenteilung
- Bürgerliche und wirtschaftliche Freiheiten
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Liberale Regeneration (nach 1830): Liberale wollen Regeneration auf Bundesebene
Widerstand der Konservativen
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Konflikt zwischen Konservativen und Radikalen
-
Konservative
- Basis: katholische und ländliche Kantone
- Basis: katholische und ländliche Kantone
- Radikalisierung der liberalen Bewegung («Freisinnn»):
- Fordern Freiheiten auf Bundesebene
- Wollen Einfluss der Konservativen schmälern: antiklerikal
-
Sonderbund von sieben katholischen Kantonen: LU, UR, SZ, UW, ZG, FR, VS
- Tagsatzung verfügt Auflösung des Sonderbunds
- Sonderbundskrieg 1847 (General H. Dufour): Sieg des Freisinns
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Bundesverfassung von 1848
- Übergang vom Staatenbund zum Bundesstaat
- Mässigender Kompromiss: Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, Vertretung der Kantone auf Bundesebene (Ständerat)
- Demokratische Staatsordnung:
- Inspriation: amerikanische Verfassung
- Volksabstimmung von 1848
*
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Bundesverfassung von 1848: Demokratische Staatsordnung:
- Bürgerliche und wirtschaftliche Freiheiten / Grundrechte
- Nationale Institutionen (Legislative und Exekutive)
- Gewaltenteilung
- Allgemeines Wahlrecht
- Minimalanforderungen für die Kantonsverfassungen
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Bundesverfassung von 1848: Inspiration - amerikanische Verfassung
- Nationalrat / Ständerat: House of Representatives / Senate
- Kantone treten Kompetenzen an Bund ab «Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die BV beschränkt ist, und üben als solche alle Rechte aus, welche nicht der Bundesgewalt übertragen sind» (Art 3, BV 1848)
2.1.2 Eckpunkte Schweizer Verfassungsgeschichte (1798-1848)
Bundesverfassung von 1848: Volksabstimmung von 1848
- LU: Annahme dank Zuordnung der Nicht-Stimmenden (30%) zu ‘Ja’
- FR (GR): Parlament entscheidet im Namen des Volkes
-
Keine Einstimmigkeit:
- 15 ½ Kantone dafür
- 6 ½ Kantone dagegen (UR, SZ, OW, NW, ZG, VS, TI, AI)
- Aufgrund Praxis des Mehrheitsbeschlusses (Konkordate) akzeptiert
2.1.3 Fazit
Konflikt Staatenbund vs. Einheitsstaat:
- Ideologischer Gegensatz zwischen Konservativen und Liberal-Radikalen
-
Bundesstaat von 1848 als Kompromisslösung; Stabilität dank
- Militärischer Sieg des Freisinns
- Ausgleich zwischen Zentralisierung und Autonomie
- Prinzip der Nicht-Zentralisierung
- Mitwirkung der Kantone auf Bundesebene als Kompensation für Autonomieverlust.
= > Der Schweizerische Föderalismus ist eine institutionelle Lösung eines historischen Konflikts und Ausdruck eines politischen Projekts des Freisinns.