Verschwörungstheorien 1 Flashcards

1
Q

Definition Verschwörungstheorie

A

Minimaldefinition: Erklärung für wichtige Ereignisse, die geheime Komplotts durch mächtige und böswillige Gruppen enthält zu deren Vorteil und dem Schaden der Allgemeinheit

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2
Q

Greenwashing

A

Theorie: Große Konzerne versuchen, die Kunden absichtlich zu täuschen, indem Sie sich als umweltfreundlich darstellen, während sie in Wirklichkeit der Umwelt schaden und zur Erderwärmung beitragen.

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3
Q

Ansatz 1: Erweiterung der Definition
Minimaldefinition: Eine Verschwörungstheorie ist eine Erklärung für wichtige Ereignisse, die geheime Komplotts durch mächtige und böswillige Gruppen enthält zu deren Vorteil und dem Schaden der Allgemeinheit (DGPS, Imhoff et al., 2022a)
Erweiterung:

A

+ die Erklärung geht gegen die vorherrschende Mehrheitsmeinung
(Brotherton, 2013a)
+ die Erklärung ist „epistemisch riskant“ („epistemically risky“), d.h. sie beinhaltet Annahmen, die auf Verzerrungen beruhen (siehe  Verzerrungen) (Douglas & Sutton, 2023)

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4
Q

Ansatz 2: Differenzierung

A

 Unterteilung in implausible und plausible Verschwörungstheorien (Alper & Yilmaz, 2023; Alper & Imhoff, 2023; Pummerer, 2024; Pummerer, Ditrich et al., under review)

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5
Q

Implausible Verschwörungstheorien
Viele der erstgenannten Verschwörungstheorien sind implausibel, denn sie:

A

a) Implizieren eine große Anzahl von Leuten, die entweder in der Verschwörung selber involviert sein müssten oder in ihrer Vertuschunges ist sehr unwahrscheinlich, dass niemand davon dieses Geheimnis ausplaudert

b) geben verschiedenen Erklärungen nicht gleichermaßen Gewicht. Sie haben eine Tendenz dahin, dass die Ursachen bestimmten Personen(-gruppen) zugeschrieben werden, statt gleichermaßen äußere Umstände oder Zufall in Betracht zu ziehen

c) gehen von der Leichtgläubigkeit der gesamten Bevölkerung aus, einschließlich von Institutionen, die speziell darauf ausgelegt sind, Fehlverhalten aufzudecken

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6
Q

Plausible Verschwörungstheorien
Es gibt bisher noch keine von Forscher:innen vorgelegten Kriterien, ab wann eine Verschwörungstheorie als plausibel gilt.
Mögliche Kriterien könnten sein:

A
  • Von verschiedenen unabhängigen Institutionen belegte Vorfälle über (früheres)
    Verhalten entsprechender Personen / Firmen
  • Akzeptanz der Theorie innerhalb der Bevölkerung, Wahrnehmung als plausibel
  • Abwägung und Einbeziehung verschiedener Faktoren, Offenheit für verschiedene
    Ergebnisse (d.h., Abwesenheit von Verzerrungen)
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7
Q

Implausible Verschwörungstheorien

A
  • Implizieren die Geheimhaltung eines Ereignisses von einer großen Anzahl von Menschen
  • Bias in der Beurteilung von Ergebnissen
  • Unterstellung der Leichtgläubigkeit der
    ganzen Bevölkerung & Institutionen
  • von Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt /
    als implausible empfunden
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8
Q

Plausible Verschwörungstheorien

A
  • Von verschiedenen unabhängigen Institutionen belegte Vorfälle über (früheres) Verhalten
  • Abwägung und Einbeziehung verschiedener Faktoren, Offenheit für verschiedene Ergebnisse
  • Akzeptanz der Theorie innerhalb der Bevölkerung, Wahrnehmung als plausibel
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9
Q

Wahrheit bzw. Falschheit der Theorie

A
  • In beiden Ansätzen wird bewusst nicht von wahren / falschen
    Theorien geredet
  • Überprüfung liegt außerhalb des Gebiets der Sozialpsychologie
  • Generell unüblich in der Wissenschaft
  • Praxis: Es werden eher die Verschwörungstheorien untersucht, die als wissenschaftlich unwahrscheinlich gelten. deshalb: Überschneidungen zur Fake-News Forschung
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10
Q

Verschwörungsmentalität:

A

Denkweise („mind-set“), Verschwörungen hinter praktisch jedem Ereignis zu vermuten, individuelle Disposition
* Annahme: Menschen, die hoch sind in solch einer Verschwörungsmentalität glauben
eher an (plausible und implausible) Verschwörungstheorien (Imhoff et al., 2022b)
* Gemessen mit der Conspiracy Mentality Scale (Imhoff & Bruder, 2014)
Bsp. Items:
* „Die da oben machen eh was sie wollen“
* „Politiker und andere Führungskräfte sind nur
Marionetten von Mächten, die im Hintergrund arbeiten.“

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11
Q

Wie verbreitet sind Verschwörungstheorien?

A
  • abhängig von der Verschwörungstheorie und Methodik der Umfrage.
    In Deutschland
  • Während Corona sagen ca. 27% „dass es bei den Maßnahmen gegen die Corona-Krise um etwas ganz anderes geht als das, was Politik und Medien sagen“
  • Klimawandel: 8 % stimmen der Aussage zu, dass Studien, die einen Klimawandel belegen, meist gefälscht seien (Lamberty & Rees, 2021).
  • Verschwörungsmentalität (z.B.Roose, 2020): “Es gibt geheime Mächte, die die Welt steuern”
  • vor der Corona-Krise: 11% sicher richtig; 19 % wahrsch. richtig
  • in Corona-Krise: 8 % sicher richtig; 16 % wahrsch. richtig

In den USA (Oliver & Wood, 2014):
* ca. 20% der Leute glauben an eine implausible
Verschwörungstheorie, z.B. 9/11, Ermordung JFK
* 50 % stimmen eine der Theorien (zumindest teilweise) zu
* Der Glaube an eine Verschwörungstheorie korreliert mit dem Glauben an andere Verschwörungstheorien
* dies wurde zumindest für implausible (und fiktive) Verschwörungstheorien gezeigt
* Wird als Evidenz gesehen  Verschwörungsmentalität

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12
Q

Hat es einen Anstieg im Glauben an Verschwörungstheorien gegeben?

A
  • Verschwörungstheorien hat es immer schon gegeben (van Prooijen & Douglas, 2017)
  • Zumindest in den wissenschaftlichen Umfragen lässt sich kein
    Anstieg feststellen (Uscinski, 2022)
  • Wie repräsentativ sind die Umfragen?
  • Evtl. gibt es keinen Anstieg vom Glauben an
    Verschwörungstheorien an sich, aber eine Änderung in den Ausdrucksformen
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13
Q

Narrative Elemente von (implausiblen)
Verschwörungstheorien
(van Prooijen & van Vugt, 2018; Leman, 2007)
1. Zweifel und Unsicherheit an bestehenden Erklärungen

A

Beispiel: In den Medien wird verbreitet, dass die Türme vom World Trade Center durch den Einsturz eines Flugzeugs zu Fall gekommen sind. Normalerweise müssten die Türme dann jedoch nach rechts oder links fallen, und nicht in sich
zusammenfallen wie es die Türme vom WTC getan haben.
weckt Neugier
 die Antwort ist jedoch meistens nicht ergebnisoffen, sondern
bereitet eine bestimmte Antwort vor

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14
Q

Narrative Elemente von (implausiblen)
Verschwörungstheorien
(van Prooijen & van Vugt, 2018; Leman, 2007)

  1. Herstellen von Mustern in ehemals unverbundenen Ereignissen
A

Beispiel: Es ist doch komisch, dass das Corona-Virus ausgerechnet in China entdeckt wurde. Dort ist auch das 5G – Netzwerk sehr weit ausgebaut.
Menschen tun sich tendenziell schwer mit dem Konzept „Zufall“ und suchen nach Zusammenhängen zwischen Ereignissen

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15
Q

Narrative Elemente von (implausiblen)
Verschwörungstheorien
(van Prooijen & van Vugt, 2018; Leman, 2007)
3. Die Frage: Wer hat einen Vorteil (Cui bono)?  Diese Gruppe/Person wird zum Akteur der Verschwörungstheorie

A

Beispiel 1: Der Anschlag auf das WTC half George Bush, den Einsatz in den Irak zu begründen. Deshalb hat er auch den Anschlag initiiert. Beispiel 2: Die Pharma-Industrie verdient viel Geld mit dem Corona-Impfstoff. Also hat sie auch das Virus ausgesetzt.
dies funktioniert insbesondere, wenn bereits im Vorfeld Antipathien gegenüber der beschuldigten Gruppe bestehen

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16
Q

Narrative Elemente von (implausiblen)
Verschwörungstheorien
4. Betonung einer aktuelle Bedrohung

A

Beispiel: Wenn wir uns mit dem Impfstoff der Pharma-Industrie impfen lassen, werden wir irreversible Schäden davontragen.
Menschen reagieren sensibel auf aktuelle Bedrohungen, vertrauen eher auf Heuristiken, und lassen sich eher zu schnellen Schlussfolgerungen verleiten (auf Kosten von einer abwägenden Herangehensweise)

17
Q

Narrative Elemente von (implausiblen)
Verschwörungstheorien
(van Prooijen & van Vugt, 2018; Leman, 2007)

A

Verschwörungstheorien können sich sehr schnell verbreiten, da sie sich typische kognitive Verzerrungen (biases) zu Nutze machen
in der Praxis sind diese Mechanismen meistens bei implausiblen (kaum bei plausiblen) Verschwörungstheorien zu finden
Es lohnt sich, diese Merkmale zu kennen und bei entsprechenden Nachrichten vorsichtig zu sein

  1. Zweifel und Unsicherheit an bestehenden Erklärungen
  2. Herstellen von Mustern in ehemals unverbundenen Ereignissen
  3. Die Frage: Wer hat einen Vorteil (Cui bono)?  Diese Gruppe/Person wird zum Akteur der Verschwörungstheorie
  4. Betonung einer aktuelle Bedrohung
18
Q

Individuelle Faktoren

A
  • Korrelationen oder Unterschiede im Mittelwert  es wird immer auch Abweichungen geben
  • Es handelt sich um Tendenzen, wichtig: Effektstärken beachten!
    Es ist nicht so, dass jede Person, die an eine Verschwörungstheorie glaubt, auch diese Eigenschaften hat (und andersherum)
19
Q

Individuelle Faktoren 3 verschiedene Hypothesen mit unterschiedlicher Evidenz

A
  1. Defizithypothese: Menschen glauben an Verschwörungstheorien, weil sie ein Defizit haben (Mangel an analytischem Denken, Tendenz zu psychischer Krankheit)
  2. Kompensationshypothese: Menschen glauben an Verschwörungstheorien, um einen (persönlichen) Kontrollverlust auszugleichen.
  3. Instrumentalisierungshypothese: Menschen glauben an Verschwörungstheorien, weil es ihren Motiven und Zielen dient
20
Q

Defizithypothese

A

Menschen, die an implausible Verschwörungstheorien glauben…
…neigen zu intuitivem (vs. analytischem) Denken (z.B. Swami et al., 2014) was damit einher geht, dass schneller Schlüsse gezogen werden stärkeres Gewichten von Emotionen & subjektiven Eindrücken
…erkennen Muster in zufälligen Punktewolken (Whitson & Galinsky, 2008) …sind geringer in metakognitiver Sensitivität, d.h. sie können schlechter einschätzen, welches eigene Wissen (unabhängig vom Imhalt vom
Verschwörungstheorien) zuverlässig ist und welches nicht (Pummerer et al., under review)

Menschen, die an implausible Verschwörungstheorien glauben …habe eine höhere eigene Bereitschaft, sich an Verschwörungen zu beteiligen (Douglas & Sutton, 2011) …neigen zu generellem Misstrauen (z.B. Brotherton et al., 2013b) … Zusammenhang mit Paranoia

21
Q

Defizithypothese - Einordnung

A

Effektstärke: r ~ .20 für implausible Verschwörungstheorien (Biddlestone et al., 2022)ca. 4 % der Varianz im Glauben an implausible Verschwörungstheorien lässt sich auf Unterschiede im kognitiven Denken zurückführen
* Dieser Effekt ist kleiner (Biddlestone et al., 2022) bzw. nicht vorhanden (Pummerer et al., under review) für Verschwörungsmentalität
Die benannten kognitiven und Defizite scheinen sich insbesondere auf implausible Verschwörungstheorien zu beziehen
* Geprägt durch den bisherigen Kontext von Forschung (westlicher Raum, anderen Menschen / Regierung kann prinzipiell getraut werden)

22
Q

Kompensationshypothese

A

Menschen glauben an Verschwörungstheorien, um einen (persönlichen) Kontrollverlust auszugleichen.
Menschen, die an implausible Verschwörungstheorien glauben… … haben (die Wahrnehmung von) geringer politischer Kontrolle (Bruder et al., 2013) Ursache-Wirkung unklar!
… experimentell manipulierte Unsicherheit erhöht den Glauben an Verschwörungstheorien (Whitson et al., 2015; van Prooijen, 2016; van Prooijen & Jostmann, 2013) … experimentell manipulierter Kontrollverlust erhöht den Glauben an Verschwörungstheorien nicht (Stojanov et al., 2020), aber es könnte sein, dass domain- spezifischer Kontrollverlust zu Verschwörungstheorien beiträgt, wenn andere Kompensationsmöglichkeiten wegfallen

23
Q

Kompensationshypothese - Einordnung

A

Menschen glauben an Verschwörungstheorien, um einen (persönlichen) Kontrollverlust auszugleichen.
* Zusammenhang zwischen geringer Kontrolle und dem Glauben an Verschwörungstheorien ist unbestritten (= Korrelation, aber keine Kausalität)
* Experimentell findet sich bisher keine Evidenz dafür, dass jegliche Form von
Kontrollverlust zum Glauben an Verschwörungstheorien führtauch auf theoretischer Ebene fraglich, denn viele Verschwörungstheorien kommen mit der Annahme einher, dass Menschen gerade keine Kontrolle haben
* Eventuell ist der Effekt domain-spezifisch, d.h. Kontrollverlust auf einer bestimmten Domaine könnten Verschwörungstheorien in spezifisch diesem Bereich erhöhen, wenn keine anderen Möglichkeiten der Kompensation vorliegen