Machtstrukturen der modernen Gesellschaft 1 Flashcards
Postkoloniale Theorie
Versuch einer Definition
„Postkolonialismus kann dabei nicht einfach als etwas gedacht werden, dass ›nach‹ dem Kolonialismus eingetreten ist, sondern muss als eine Widerstandsform gegen die koloniale Herrschaft und ihre Konsequenzen betrachtet werden. Anstatt also Geschichte als lineare Progression zu betrachten, wendet sich postkoloniale Theorie den Komplexitäten und Widersprüchen historischer Prozesse zu“ (Castro Varela & Dhawan, 2015, S. 16).
Zentrale Themen der postkolonial studies:
Alterität und Identität, Rassismus und Sklaverei, Multikulturalismus und Hybridität, race-class-gender, Diaspora, Globalisierung vs. Glokalisierung, Religion, Umwelt, etc.
Vielfach sind die wissenschaftlichen Zugänge …., … und … Provenienz.
Vielfach sind die wissenschaftlichen Zugänge poststrukturalistischer, marxistischer und feministischer Provenienz.
In postkolonialen Kontexten werden Erfahrungen wovon untersucht?
In postkolonialen Kontexten werden Erfahrungen von Unterdrückung, Widerstand, Geschlecht und Migration untersucht, sowohl aus Sicht der Kolonisierten als auch der Kolonisatoren.
Die Nichtübereinstimmung mit den als universell erklärten europäischen Normen wurden bestimmte Gruppen von der Souveränität ausgeschlossen und verloren ihre ?
Die Nichtübereinstimmung mit den als universell erklärten europäischen Normen wurden bestimmte Gruppen von der Souveränität ausgeschlossen und verloren ihre Berechtigungskriterien für politische Entscheidungen.
OECD-Staaten haben in der Regel ?
OECD-Staaten haben in der Regel eine größere politische, wirtschaftliche und militärische Macht, die es ihnen ermöglicht, ihre Interessen auf globaler Ebene durchzusetzen und Einfluss auf Entscheidungen internationaler Institutionen auszuüben.
Viele Länder des Globalen Südens sind stark von …. abhängig und haben eine schwache industrielle Basis. Dies führt zu ?
Viele Länder des Globalen Südens sind stark von Rohstoffexporten abhängig und haben eine schwache industrielle Basis. Dies führt zu einer hohen Anfälligkeit gegenüber Schwankungen auf den internationalen Märkten und begrenzten wirtschaftlichen Handlungsspielräumen.
OECD-Staaten hingegen haben eine …. …. und sind in der Regel weniger anfällig für ?
OECD-Staaten hingegen haben eine diversifizierte Wirtschaft und sind in der Regel weniger anfällig für externe Schocks.
Postkoloniale Theorie – zentrale Werke
Orientalism (1978) von Edward Wadie Saïd (1935–2003)
- Die Studie gilt als Gründungsdokument der postkolonialen Studien und die Veröffentlichung führte zu einer nach wie vor anhaltenden Debatte, die sich ausdehnte auf andere Bereiche des Globalen Südens (Vgl. Castro Varela & Dhawan, 2015).
- Es wird der Orientalismusdiskurs der Kolonialmächte rekonstruiert und herausgearbeitet, wie Kolonisator:innen und Kolonisierte sich gegenseitig bedingen und vom kolonialen Diskurs gleichermaßen hervorgebracht werden.
- Er zeigt auf, wie der Diskurs zur Legitimation und zum Auf- bzw. Ausbau der europäischen Kolonialherrschaft instrumentalisiert wurde.
- In Saids Schriften werden aktuelle Themen wie die
Dämonisierung der arabischen Welt und des Islams. - Diese Themen sind eng mit seiner politischen Ausrichtung und Identifizierung als Araber und Palästinenser verbunden.
- “We cannot get around them [global devisions] all by pretending they do not exist; on the contrary, contemporary Orientalism teaches us a great deal about the intellectual dishonesty of dissembling on that score, the result of which is to intensify the divisions and make them both vicious and permanent. Yet an openly polemical and right-minded ‚progressive‘ scholarship can very easily degenerate
15 into dogmatic slumber, a prospect that is not edifying either“
Postkoloniale Theorie – zentrale Werke
Can the Subaltern Speak? (1988) von Gayatri Chakravorty Spivak (*1942)
- Die Wissensproduktion durch westliche Intellektuelle führt dazu, dass den Subalternen das Sprechen verwehrt bleibt.
- Spivak definiert den Begriff der Subalternen in Abgrenzung zu naturalisierenden Vorstellungen und erkennt an, dass Subalternität durch hegemoniale Diskurse und die praktizierte soziale Ausgrenzung entsteht und in der Gesellschaft erzeugt wird.
Postkoloniale Theorie – zentrale Werke
(*1941) The Invention of Africa (1988) von Valentin-Yves Mudimbe
- Analyse der postkolonialen Identitätsbildung und Kritik an der kolonialen Konstruktion Afrikas: Es wird hinterfragt und kritisiert, wie die Vorstellung und Darstellung Afrikas von europäischen Kolonialmächten geprägt wurde.
- Es wird beleuchtet, wie Afrika im kolonialen Diskurs als primitiv, exotisch und Anderes konstruiert wurde, was maßgebliche Auswirkungen auf die Konstruktion der Wahrnehmung und Identität des afrikanischen Kontinents hatte.
- Darstellung der Bemühungen afrikanische Intellektueller, zu alternativen afrika- nischen Identitätskonstruktionen zu kommen und sich von kolonialen
Vorstellungen zu befreien.
Postkoloniale Theorie – zentrale Werke
Ain‘t I a woman (1981) von bell hooks (1952–2021)
- Titel beruht auf der 1851 spontan auf dem Frauenkongress in Akron, Ohio gehaltene Rede „ Ain‘t I a woman?“ von Sojourner Truth (1797–1883), die in die Sklaverei hineingeboren wurde.
- Untersuchung der Wechselwirkungen von Rassismus, Sexismus und Klassenunterschieden in Bezug auf Unterdrückung und Diskriminierung.
- Kritik an traditionellen feministischen Bewegungen und deren Marginalisierung.
- Das Buch zielt darauf ab, marginalisierten Frauen eine Stimme zu geben und ihre Erfahrungen und Kämpfe anzuerkennen.
- Vergleich des sozialen Status weißer Frauen mit dem von PoC wird kritisiert.
Postkoloniale Theorie – zentrale Werke
The idea of Latin America (2005) von Walter Mignolo (*1941)
- Idee von Südamerika entstammt der Nation-Building-Mentalität
der USA, die auch aktuell noffizielle Protektorate schaffen. - Aufdeckung der logischen Struktur der Kolonialherrschaft, die der spanischen, niederländischen, britischen und US- amerikanischen Kontrolle über die atlantische Wirtschaft und Politik zugrunde liegt.
- Eines der Hauptziele des Werkes besteht darin, den Namen des Subkontinents von der kartografischen Darstellung zu entkoppeln, die die meisten haben.
- Amerika existiert heute nur noch als Folge der kolonialen Expansion Europas und der Erzählung dieser Expansion aus europäischer Perspektive der Moderne.
Border Thinking
- Spanische Missionar:innen oder französische Philosoph:innen mussten indigene Sprachen und Erfahrungen nicht in ihren theologischen oder egologischen Denkrahmen integrieren.
- Die Aymara- oder Nahuatl-Intellektuellen im heutigen Bolivien, Mexiko und Mittelamerika hatten keine Wahl, da auf ihrem Territorium, auf und um ihre Wohnorte herum, spanische und französische Institutionen errichtet wurden.
- Aus einem materiellen Grund heraus ist Grenzdenken die Konsequenz des Machtgefälles, das die koloniale Differenz ausmacht.
Spanische Missionare und französische Philosophen mussten sich nicht an die Kulturen der indigenen Völker anpassen. Die indigenen Völker hingegen mussten sich mit den spanischen und französischen Institutionen auseinandersetzen, die auf ihrem Land errichtet wurden. Diese Situation, in der die Europäer die Macht hatten, führte dazu, dass die indigenen Völker in zwei Welten gleichzeitig leben und denken mussten, was als “Grenzdenken” bezeichnet wird.
Postkoloniale Theorie – zentrale Werke
The Location of Culture (1994) von Homi Bhabha (*1949)
„The part of interpretation is never simply an act of communication between the I and the You designated in the statement. The production of meaning requires that these two places be mobilized in the passage through a Third Space“ (Bhabha, 1994, S. 36).
„It is that Third Space, though unrepresentable in itself, which constitutes the discursive conditions of enunciation that ensure that the meaning and symbols of culture have no primordial unity or fixity; that even the same signs can be appropriated, translated, rehistoricized and read anew“ (ebd., S. 37)
„Der Teil der Interpretation ist nie einfach ein Akt der Kommunikation zwischen dem Ich und dem Du, die in der Aussage bezeichnet sind. Die Produktion von Bedeutung erfordert, dass diese beiden Positionen im Durchgang durch einen Dritten Raum mobilisiert werden.“
„Es ist dieser Dritte Raum, der, obwohl er selbst nicht darstellbar ist, die diskursiven Bedingungen der Äußerung bildet, die sicherstellen, dass die Bedeutung und Symbole der Kultur keine ursprüngliche Einheit oder Festigkeit haben; dass sogar dieselben Zeichen angeeignet, übersetzt, neuhistorisiert und neu gelesen werden können.“