Gender-Stereotype 2 Flashcards

1
Q

Warum können Gender-Stereotype schädlich sein?

A
  • Gender-Stereotype sind generalisierte Annahmen über die Merkmale von Männern und Frauen. Damit sind sie deskriptiv: wie Frauen und Männer üblicherweise sind.
  • Diese deskriptiven Annahmen können inakkurat sein.
  • Gender-Stereotype können haben auch eine präskriptive Komponente: wie Frauen und
    Männer sein sollen.
  • Beispiele:
  • „Männer sind üblicherweise dominant.“  „Ein echter Mann soll dominant sein.“
  • „Mädchen mögen üblicherweise Puppen lieber als Autos.“  „Ein Mädchen soll nicht
    mit Autos spielen.“
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2
Q

Warum können Gender-Stereotype schädlich sein?

  • Koenig (2018) hat beispielsweise in ihrer Umfrage unter US-Studierenden auch
    gefunden,
A

dass Proband:innen nicht nur denken, dass Männer bzw. Frauen diese
Eigenschaften üblicherweise haben (deskriptiv), sondern auch haben sollen (präskriptiv):
* Männer: auf Leistung bezogen, nicht schwach, nicht emotional, intelligent,
unabhängig, nicht schüchtern, maskulines Aussehen
* Frauen: auf die Gemeinschaft bezogen, nicht dominant, nicht laut, nicht aufsässig,
feminines Aussehen

  • Gender-Stereotype können schädlich sein, wenn sie Vorstellungen dazu, wie sich
    Personen verhalten sollen in starren und potentiell falschen Annahmen über deren
    biologisches Geschlecht verankern.
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3
Q

Warum können Gender-Stereotype schädlich sein?

In Abgrenzung zu „Gender“: Geschlecht

A
  • Das „biologische Geschlecht“ (Englisch: „sex“) wird verstanden als die Zugehörigkeit zu einer der
    beiden Kategorien „männlich“ und „weiblich“, in die sich viele Lebewesen auf Basis ihrer
    reproduktiven Funktion einordnen lassen.
  • Der Begriff ist nützlich, um biologische Vorgänge wie geschlechtliche Fortpflanzung erklären zu können.
  • Die Kategorien „männlich“ und „weiblich“ werden beim Individuum anhand verschiedener Merkmale
    definiert, z.B. Hormone, Chromosomen, Geschlechtsorgane usw.
  • Die eindeutige Einordung eines einzelnen Individuums auf Basis dieser Merkmale kann jedoch schwierig sein: kein einzelnes Merkmal ist völlig eindeutig.
  • Geschlecht wird üblicherweise als binär (männlich vs. weiblich) verstanden.
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4
Q

Gender

A
  • Der Begriff „Gender“ ( auch: „soziales Geschlecht“) bezeichnet die Geschlechtsaspekte, die eine
    Person in Abgrenzung zu ihrem rein biologischen Geschlecht beschreiben.
  • Gender wird oft in der Gesellschaft als direkt aus dem biologischen Geschlecht folgend
    stereotypisiert. Die Annahme ist hier, Gender sei ebenfalls binär:
  • Das Stereotyp enthält, dass Menschen mit einem weiblichen biologischen Geschlecht, sowohl a) eine
    klare weibliche Identität haben als auch b) typisch weibliches Verhalten zeigen.
  • Das Stereotyp enthält zudem, dass Menschen mit einem männlichen biologischen Geschlecht, sowohl
    a) eine klare männliche Identität haben als auch b) typisch männliches Verhalten zeigen.

Dies enthält jedoch zwei falsche Annahmen:
1. Gender folgt direkt und zwingend aus dem biologischen Geschlecht.
2. Es gibt zwei kategoriale Verhaltensmuster (männlich und weiblich).

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5
Q

Fehlannahme 1: Gender folgt direkt und zwingend
aus dem biologischen Geschlecht

A
  • Geht fälschlicherweise davon aus, dass Identität und
    Verhalten rein biologisch determiniert und über die
    Lebensspanne stabil sind.
  • Einige Personen ordnen sich selbst einem Gender zu,
    das nicht ihrem biologischen Geschlecht entspricht
    (z.B. transgender).
  • Einige Personen fallen weder in die Kategorie
    „männlich“ noch „weiblich“ in ihrem Gender (z.B.
    genderfluid, multigender, agender).
  • Gender ist nicht-binär.
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6
Q

Fehlannahme 2: Es gibt zwei kategoriale
Verhaltensmuster (männlich und weiblich)

A
  • Die meisten Gender-Unterschiede in
    Eigenschaften, Fähigkeiten, Interessen und im
    Verhalten sind klein (mehr dazu später).
  • Es gibt deutlich mehr Unterschiede zwischen
    verschiedenen Persönlichkeitstypen als
    zwischen Männern und Frauen.
  • Alle Menschen haben „männliche“ und
    „weibliche“ Eigenschaften in verschieden
    starker Ausprägung – es ist ein Kontinuum,
    keine Kategorie.
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7
Q

Damit können Gender-Stereotype negative Folgen
haben für:

A
  • Frauen, die nicht dem stereotypen Frauen-Bild
    entsprechen.
  • Männer, die nicht dem stereotypen Männer-Bild
    entsprechen.
  • Personen, deren Gender nicht ihrem biologischen
    Geschlecht entspricht oder die sich nicht einem
    Geschlecht klar zuordnen.
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8
Q

Solche negativen Folgen können beispielsweise in sozialer Abwertung oder
Einschränkung der entsprechenden Personen bestehen:

A
  • Stark leistungsorientierte Frauen werden weniger gemocht.
  • Männer, die in Elternzeit gehen werden als schwächer wahrgenommen.
  • Nicht-Erfüllen von Geschlechts-Rollenbildern wird im Arbeitsleben bestraft
    (z.B. Übergangen werden bei Beförderungen).
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9
Q

Take-Home Message

Warum können Gender-Stereotype schädlich sein?

A
  • Gender-Stereotype enthalten eine deskriptive und eine präskriptive Komponente.
  • Aus der (gegebenenfalls inakkuraten) deskriptiven Komponente kann die präskriptive
    folgen.
  • So wird beispielsweise von Männern erwartet, dass sie nicht schwach, nicht emotional
    und nicht schüchtern sein sollen. Und von Frauen wird erwartet dass sie nicht dominant,
    nicht aufsässig und nicht laut sein sollen (wie von Koenig, 2018 gezeigt).
  • Gender-Stereotype können schädlich sein, wenn sie Vorstellungen dazu, wie sich
    Personen verhalten sollen in starren und potentiell falschen Annahmen über deren
    biologisches Geschlecht (binär: männlich vs. weiblich) verankern.
  • Diese Annahmen enthalten dass Menschen sowohl eine klare Identität haben die ihrem
    biologischen Geschlecht entspricht, als auch geschlechts-typisches Verhalten zeigen.
  • Es gibt jedoch nicht zwei klare Geschlechtsidentitäten, da Gender (= soziales Geschlecht
    über das biologische hinaus) nicht binär ist.
  • Es gibt auch nicht ein klares geschlechts-typisches Verhalten, da es nicht zwei
    kategoriale Verhaltensmuster (männlich vs. weiblich) gibt: der Unterschied zwischen
    Persönlichkeiten ist grösser als der zwischen Männern und Frauen. Und
    männlich/weiblich ist ein Verhaltens-Kontinuum.
  • Damit können Gender-Stereotype zu sozialer Abwertung oder Einschränkung von
    Personen führen, die dem Stereotyp nicht entsprechen (z.B. dominante und
    leistungsorientierte Frauen, am Haushalt interessierte Männer oder Personen, die sich
    keiner klaren Geschlechtsidentität zuordnen).

 Gender-Stereotype schränken potentiell alle Personen ein (nicht nur Frauen)!
 Wir Psycholog:innen können die Ursachen und Wirkungen von Gender-Stereotypen
erklären und damit zu Interventionen (zum Wohle aller Personen) beitragen.

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10
Q

Welche Gender-Unterschiede sind messbar?

A
  • Wir haben gelernt: Annahmen darüber, wie Männer und Frauen üblicherweise sind (Gender-
    Stereotype) können akkurat oder inakkurat sein.
  • Lassen sich im Durchschnitt tatsächlich irgendwelche Unterschiede zwischen Männern und Frauen
    im Erleben und Verhalten messen?
  • Diese Frage wurde in einer riesigen Zahl von Studien untersucht. Hierbei wurde stets eine große
    Anzahl Frauen (hier: Personen, deren biologisches und soziales Geschlecht weiblich ist) mit einer
    großen Anzahl Männer (Personen, deren biologisches und soziales Geschlecht männlich ist) in
    einer Reihe von Testergebnissen verglichen.
  • Meist lag hier das Ziel darin, Unterschiede (anstatt Gemeinsamkeiten) zwischen Männern und
    Frauen zu belegen.
  • (Andere Gender-Identitäten sind in diese Vergleichsstudien noch nicht eingeflossen, da die
    Stichproben zu klein waren. Es findet aber gerade erste Forschung dazu statt.)
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11
Q

Zentrale Studie: Hyde (2005)

A
  • Janet Hyde schrieb einen Artikel mit dem Titel „The gender similarities hypothesis.”
     Sie stellte die Hypothese auf, dass sich Frauen und Männer mehr ähnlich sind
    als dass sie sich unterscheiden.
  • Sie erstellte einen Review (= qualitative Zusammenfassung) von 46 Meta-Analysen
    (= quantitative Zusammenfassung) zum Thema Gender.
  • Der Fokus lag hier auf der statistischen Effektstärke: wie bedeutsam ist ein
    eventueller Unterschied?

Ergebnisse:
* Bei 30% der untersuchten Variablen zeigten sich keine oder nur winzige Gender-Unterschiede,
z.B.:
* Mathematische Problemlösefähigkeit
* Depressive Symptomatik
* Bei weiteren 48% der untersuchten Variablen zeigten sich kleine Gender-Unterschiede, z.B.:
* Hilfsbereitschaft allgemein
* Gesprächigkeit
* Erregbarkeit durch sexuelle Stimuli
* Neurotizismus

  • Das heißt bei insgesamt 78% der untersuchten Variablen gab es keine oder nur kleine Gender-
    Unterschiede.
  • Hydes Grund-Ergebnis (schon fast 20 Jahre alt), dass die Geschlechter sich mehr ähneln als
    unterscheiden, wurden in groß angelegten Studien bestätigt, z.B. Zell et al. (2015) und Hofmann
    et al. (2023).
     Die Bedeutung von Gender-Unterschieden im Erleben und Verhalten wird häufig überschätzt.
     Viele in der Gesellschaft angenommene Unterschiede zwischen den Geschlechtern beruhen auf
    inakkuraten Gender-Stereotypen (die wiederum die Folge haben, dass Personen sich selbst und
    andere passend zu diesen Stereotypen behandeln).
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12
Q

Es gibt jedoch auch einige wenige mittlere & große Gender-Unterschiede:

A
  • Mentale Fähigkeiten:
  • Buchstabieren & Sprachbegabung (F > M; „F > M“ heißt Frauen haben eine höhere Ausprägung als
    Männer)
  • Mechanisches Verständnis, räumliches Denken & mentale Rotation (M > F)
  • Persönlichkeitseigenschaften:
  • Aggression (physisch und verbal; M > F)
  • Extraversion (M > F)
  • Verträglichkeit (F > M)
  • Sozialverhalten:
  • Hilfsbereitschaft wenn unter Beobachtung (M > F)
  • Lächeln im Gespräch (wenn unter Beobachtung; F > M)
  • Anderes:
  • Positive Einstellung gegenüber „casual sex“ (M > F)
  • Zufriedenheit mit dem eigenen Körper (M > F)
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13
Q

Take-Home Message

Welche Gender-Unterschiede sind tatsächlich messbar?

A
  • In der Frage, welche Unterschiede es zwischen den Gendern tatsächlich gibt ist die Arbeit
    von Hyde (2005) zentral.
  • In ihren Review von Meta-Analysen fand sie heraus, dass es bei einer weiten Mehrzahl
    (78%) der untersuchten Variablen keine oder nur kleine Gender-Unterschiede gab.
  • Ihre „gender similarities hypothesis“ gilt als klar bestätigt.
  • Viele in der Gesellschaft angenommene Unterschiede zwischen den Geschlechtern
    beruhen daher auf inakkuraten Gender-Stereotypen.
  • Es gibt jedoch auch einige Merkmale, bei denen sich im Durchschnitt Unterschiede
    zwischen Männern und Frauen zeigen.

Achtung!
33
Bei der Beurteilung der Studie von Hyde und ähnlichen Studien:
* Nicht die Frage nach dem „ob“ mit der Frage nach dem „warum“ verwechseln!
* Die Studie von Hyde beurteilt, ob bei den beschriebenen Variablen Unterschiede zwischen
Männern und Frauen messbar sind.
* Sie sagt nichts darüber, warum diese Unterschiede bestehen (genetisch? sozial?) und ob
diese veränderbar sind oder nicht.
* Beispiel 1: Hydes Studie beurteilt ob Frauen im Gespräch mehr lächeln als Männer. Die
Studie impliziert nicht, dass Frauen aus genetischen Gründen mehr lächeln als Männer.

  • Beispiel 2: Manche Studien können Ursachen erklären. Erinnerung an die letzte Vorlesung:
  • Die Studie von Olczyk et al. (2023) zur Leistung von Schüler:innen zeigte, dass die
    verzerrten Wahrnehmungen von Lehrer:innen dazu beitrugen, dass tatsächliche
    Unterschiede in Leistungen in Sprache (Mädchen besser) und Mathematik (Jungs besser)
    über die Grundschulzeit verstärkt wurden.
  •  Geschlechts-Unterschiede waren hier tatsächlich messbar und wir können aus der
    Studie schließen, dass diese durch das soziale Umfeld (Behandlung durch die
    Lehrer:innen) mitbedingt wurden.
  • Woran also diese messbaren Geschlechts-Unterschiede liegen könnten, dazu kommen wir
    jetzt
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14
Q

Wie werden Gender-Unterschiede erklärt?

Die Erklärungsansätze fallen in drei (grobe) Kategorien:

A
  1. Evolutionär / biologisch („nature)
  2. Kulturell / sozial („nurture“)
  3. Bio-sozial (Interaktion von „nature“ und „nurture“)
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15
Q
  1. Evolutionäre / biologische Erklärungsansätze
A
  • Basieren auf Darwin‘s Evolutionstheorie
  • Kernbegriff: Natürliche Selektion
  • Das bekannte Konzept „natural selection“ (vgl. „survival of the fittest“)
    besagt dass Individuen, die überleben eine höhere Wahrscheinlichkeit
    haben, sich zu reproduzieren und damit ihre Gene weiterzugeben.
  • So passen sich Spezies über die Zeit den Herausforderungen an, die ihre
    Umwelt mit sich bringt.
  • Bei natürlicher Selektion geht es ums Überleben, nicht um die
    Reproduktion.
  • Natürliche Selektion trägt eher zu Ähnlichkeiten als zu Unterschieden
    zwischen den Geschlechtern bei.
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16
Q
  • Kernbegriff: Sexuelle Selektion
A
  • Das Konzept „sexual selection“ bezieht sich auf
    Adaptionen, die sich entwickelt haben weil sie
    der Reproduktion (nicht dem Überleben) dienen.
  • Hier sind zwei Prozesse zentral:
  • Intersexuelle Selektion (Partnerwahl
    durch Angehörige des anderen
    Geschlechts).
  • Intrasexuelle Selektion
    (Konkurrenzkämpfe zwischen
    Angehörigen desselben Geschlechts).
17
Q

Intersexuelle Selektion

A
  • Partnerwahl durch Angehörige des anderen Geschlechts.
  • Das eine Geschlecht findet bestimmte Eigenschaften in einem
    potentiellen Geschlechtspartner attraktiv.
  • Daher haben die Individuen, die diese Eigenschaften aufweisen einen
    höheren Reproduktionserfolg.
  • Über die Zeit nehmen diese Eigenschaften zu – sogar wenn sie die
    Überlebenschancen reduzieren (Evolution ist so eine Balance
    zwischen „natural selection“ und „sexual selection“).
  • Häufig sind die Effekte der intersexuellen Selektion bei
    männlichen Individuen mehr ausgeprägt als bei weiblichen
    (siehe Tierreich).
  • Dies liegt daran, dass weibliche Individuen „wählerischer“
    sind.
  • Dies wird auf die höhere Investition zurückgeführt, die die
    Fortpflanzung häufig für weibliche Individuen bedeutet.
  • Jedoch unterliegen auch weibliche Individuen der
    intersexuellen Selektion.
18
Q

Intrasexuelle Selektion

A
  • Konkurrenzkämpfe zwischen Angehörigen desselben Geschlechts.
  • Dies bezieht sich nicht darauf, was das andere Geschlecht bevorzugt,
    sondern wer Zugang zum anderen Geschlecht erhält.
  • Dies ist im Tierreich bei männlichen Tieren häufig mit Eigenschaften
    wie Größe, Kraft und Agilität verbunden, beim Menschen geht es mehr
    um Macht und Status.
  • Auch bei weiblichen Individuen findet intrasexuelle Selektion /
    Konkurrenzkämpfe statt (z.B. durch Änderung des eigenen Aussehens
    oder Rufschädigung von Konkurrentinnen).
19
Q
  • Zusammengenommen trägt nach den biologisch / evolutionären Erklärungsansätzen….
A
  • Zusammengenommen trägt nach den biologisch / evolutionären Erklärungsansätzen natürliche
    Selektion zu Ähnlichkeiten zwischen den Geschlechtern bei, während sexuelle Selektion zu
    Unterschieden zwischen den Geschlechtern beiträgt.
  • Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden in Bereichen erwartet, wo Männer und Frauen
    mit verschiedenen Herausforderungen in ihrer Umwelt konfrontiert waren.
20
Q

Beispiel-Studie: Buss et al. (1990)

A
  • Untersuchung in 37 Kulturen, welche Eigenschaften Männer und Frauen
    bei potentiellen Partner:innen präferieren.
  • Argumentiert, dass die Ergebnisse evolutionspsychologischen
    Vorhersagen übereinstimmen:
  • Männer bevorzugten jüngere, körperlich attraktive Frauen mit „häuslichen
    Qualitäten“.
  • Frauen bevorzugten ältere Männer mit guten Einkommenschancen.
21
Q
  • Dass die Evolution (natürliche Selektion und sexuelle Selektion) die Entwicklung von
    Lebewesen stark beeinflusst hat und noch beeinflusst ist unbestritten.
  • Auch zur Erklärung von Gender-Unterschieden sind die evolutionären Erklärungen für
    Viele in der Gesellschaft intuitiv attraktiv.Jedoch gibt es Schwächen in der Übertragung von biologischen / evolutionären
    Erklärungsansätzen zur Erklärung von Gender-Unterschieden beim Menschen:
A
  • Die Theorien beruhen zum großen Teil auf Annahmen anstatt Evidenz:
  • Wie die Umwelt und damit ihre Herausforderungen vor Jahrtausenden für die
    Geschlechter aussah ist oft unklar.
  • Jäger- & Sammler Gesellschaften waren (und sind) sehr divers, es gibt nicht die eine
    Umwelt-Herausforderung, der alle ausgesetzt waren.
  • Schlüsse von anderen Primaten können zu widersprüchlichen Ergebnissen führen (z.B.
    Verhalten sich Schimpansen anders als Bonobos).
22
Q

Wie werden Gender-Unterschiede erklärt?

  • Hypothesen können kaum überprüft werden:
A
  • Von Beobachtungen heutiger Phänomene wird rückwirkend darauf geschlossen, wie
    Umweltherausforderungen vermutlich aussahen.
  • Unklar, was echte geschlechtsbezogene Adaptionen sind und was nur Nebenprodukte
    anderer Adaptionen sind.
     Die Evolution (natürliche Selektion und sexuelle Selektion) beeinflusst die Entwicklung
    von Lebewesen ohne Zweifel stark. Ob und in wieweit diese Erklärungsansätzen zur
    Erklärung von Gender-Unterschieden beim Menschen dienen können, ist jedoch stark
    umstritten.
23
Q
  1. Kulturelle / soziale Erklärungsansätze
A
  • Auch „konstruktivistische“ Theorien genannt.
  • Argumentieren dass Gender-Unterschiede auf Kultur, soziale Strukturen und die resultierenden
    Stereotypen zurückzuführen sind.
24
Q

Judith Butlers “gender performativity”
–Konzept

A
  • „Extremer“ kultureller / sozialer Erklärungsansatz, der im starken
    Gegensatz zu evolutionären / biologischen Ansätzen steht.
  • Butler bezweifelt dass Gender (und auch Geschlecht!) ohne kulturelle
    Interpretation überhaupt existiert.
  • Argumentiert dass Gender „performativ“ ist, d.h. dadurch dass es
    gelebt wird erst entsteht: „It’s what you do at particular times, rather
    than who you are.”
  • Im Gegensatz zu der Annahme, dass Geschlecht/Gender zu Gender-
    Unterschieden führt geht Butler davon aus dass Gender-Unterschiede
    im Verhalten (durch “Performance”) erst zu Gender führen.
  • “We act as if that being of a man or that being of a woman is actually an
    internal reality or something that’s simply true about us, a fact about us.
    Actually, it’s a phenomenon that is being produced all the time and
    reproduced all the time, so to say gender is performative is to say that
    nobody really is a gender from the start.” (Butler, 2011)
     Judith Butlers Arbeit ist einflussreich für feministische und Queer-
    Theorien, erfährt jedoch auch viel Kritik, unter anderem dafür, von der
    (biologischen) Realität und der Lebenswirklichkeit vieler Menschen sehr
    weit entfernt zu sein.
25
Q
  1. Bio-soziale Erklärungsansätze
A
  • Stellen eine Synthese dar: auch „interaktionistische“ Theorien genannt.
  • Argumentieren, dass biologische und soziale Prozesse ineinandergreifen und so
    Gender-Unterschiede hervorrufen.
26
Q

Social Role Theory (Eagly & Wood, 2012)

A
  • Evolutionäre Erklärungsansätze: durch Evolution verursachte psychologische Gender-
    Unterschiede führen zu distinkten sozialen Rollen.
  • Kulturelle / soziale Erklärungsansätze: durch Kultur / Gesellschaft verursachte distinkte soziale
    Rollen führen zu psychologischen Gender-Unterschieden.
  • Social Role Theory: körperliche Gender-Unterschiede führen zu distinkten sozialen Rollen die
    wiederum zu psychologischen Gender-Unterschieden führen.
27
Q

Social Role Theory am Modell erklärt

A

Die Evolution hat
Menschen als soziale
Wesen
hervorgebracht, die
sowohl auf ihre
ökologische und
wirtschaftliche, als
auch die soziale
Umwelt reagieren

Körperliche Unterschiede:
* Frauen waren regelmäßig
schwanger oder haben
gestillt  waren
beschränkt in der
körperlichen Arbeit, die
sie ausführen konnten
* Männer hatten die
körperliche Kraft für
Aufgaben wie
Kriegsführung oder Jagd

Das führte zu
Arbeitsteilung, die
früher sinnvoll war

Diese Arbeitsteilung führte
wiederrum zu Erwartungen
welches Geschlecht/Gender
welche Rolle auszuführen hat
und damit zu Gender-
Stereotypen, die länger wirksam
sind und generalisiert werden

Solche Gender-
Stereotypen sind z.B.:
Frauen sind
beziehungsorientierter
als Männer, Männer
sind
leistungsorientierter
als Frauen

Solche Gender-
Stereotype wirken sich
dann wiederum durch
Sozialisation auf
Arbeitsteilung zwischen
den Geschlechtern aus

Die Gender-Stereotype /
Rollenbilder führen dann zu
Gender-Unterschieden in
Emotionen, Kognitionen und
Verhalten

Dies geschieht vermittelt über
* Hormonale Regulation
(z.B. Aktivierung von
Testosteron in
Konkurrenzsituationen)
* Soziale Regulation (z.B.
soziale Abwertung bei
Rollen-diskonformem
Verhalten)
* Selbst-Regulation (z.B.
Formierung einer klaren
Gender-Identität )

 Die Social Role Theory stellt mit der
Berücksichtigung biologischer und sozialer
Prozesse einen weithin akzeptierten
Erklärungsansatz zu Gender-Unterschieden
dar.
 Empirische Studien stützen die Theorie gut.

28
Q

Take-Home Message

Wie werden Gender-Unterschiede erklärt?

A
  • Erklärungsansätze zu Gender-Unterschieden fallen in drei (grobe)
    Kategorien: Evolutionär/biologisch, kulturell/sozial und bio-sozial.
  • Evolutionäre/biologische Erklärungsansätze:
  • argumentieren, dass auch beim Menschen intersexuelle
    Selektion (= Partnerwahl durch Angehörige des anderen
    Geschlechts) und intrasexuelle Selektion (= Konkurrenzkämpfe
    zwischen Angehörigen desselben Geschlechts) heutige Gender-
    Unterschiede erklären können.
  • Ob und in wieweit diese rein biologischen Erklärungsansätzen
    zur Erklärung von Gender-Unterschieden beim heutigen
    Menschen dienen können, ist umstritten.
  • Kulturelle/soziale Erklärungsansätze:
  • argumentieren dass Gender-Unterschiede auf Kultur, soziale
    Strukturen und die resultierenden Stereotypen zurückzuführen
    sind.
  • Ein Extrem-Beispiel, das gut illustriert wie weit biologische und
    soziale Erklärungsansätze auseinander liegen können ist Judith
    Butlers “gender performativity”
    –Konzept: es geht davon aus
    dass Unterschiede im Verhalten erst zu Gender führen.
  • Obwohl er in einigen Disziplinen einflussreich ist, wird Butlers
    Ansatz stark kritisiert u.a. weil er von der biologischen und
    Lebens-Realität des Menschen weit entfernt ist.
  • Bio-soziale Erklärungsansätze:
  • argumentieren, dass biologische und soziale
    Prozesse ineinandergreifen und so Gender-
    Unterschiede hervorrufen.
  • Sehr einflussreich in diesem Zusammenhang:
    Social Role Theory (Eagly & Wood, 2012).
  • Die Social Role Theory stellt mit der
    Berücksichtigung biologischer und sozialer
    Prozesse einen weithin akzeptierten und
    empirisch unterstützten Erklärungsansatz zu
    Gender-Unterschieden dar.