Verschiedene Erhebungsverfahren Flashcards

1
Q

Beobachtung Überblick

A

Aus verschiedenen Gründen ist ein Test im engeren Sinne nicht immer möglich. Beispiele sind Verhalten, das sich nicht in bestimmten Situationen provozieren lässt, die Weigerung der Versuchspersonen, hoher Auswand, etc.
In solchen Situationen ist man stattdessen auf die Beobachtung von Verhalten angewiesen. Nach Roth (2001) ist deshalb Beobachtung das grundlegende Verfahren der empirisch forschenden Sozialwissenschaften und der Erziehungswissenschaften

Definition nach Heller und Nickel 1978: „Beobachtung ist die absichtliche, aufmerksame Art des Wahrnehmens, die ganz bestimmte Aspekte auf Kosten der Bestimmtheit von anderen betrachtet.“

Bedeutende Fehler bei der Beobachtung (nach Ingenkamp 2005):
> Beobachter ist zugleich das Messinstrument, d.h. Starke Beeinflussung der Wahrnehmung durch Erfahrung, Einstellung, etc.
> Überfordernde Differenzierung: z.B. bei zu hoher Anzahl von Merkmalen oder Personen
> Unscharfe Definition: zu beobachtendes Verhalten muss genau abgrenzbar sein
> Unvertrautheit mit Beobachtungseinheit: Kenntnis von Definition & Vorgehen nötig
> Unvertrautheit mit Probanden

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2
Q

Arten der Beobachtung

A
  • (nicht) teilnehmend
  • offen vs. Verdeckt
  • Fremd- vs. Selbstbeobachtung
  • (dis)kontinuierlich
  • technisch (nicht) vermittelt
  • (un) systematisch
  • Feld vs. Labor
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3
Q

Arten der Beobachtung: unsystematische vs. Systematische Beobachtung

A

Unsystematisch (auch frei):
umgerichtetes „Zuschauen“, d.h. Sehr breite Zielsetzung für erste Orientierung, auf Breite des Vorfinbaren ausgelegt
Wichtig: Beobachtungen sofort aufschreiben
—> Problem: subjektive Verzerrung

Systematisch (strukturiert): Klärung des Ziels, des Zeitpunktes, der Methode, des Instruments, etc.
—> erleichtert die Vergleichbarkeit und die Quantifizierung der Informationen
Verwendug eines vorher erarbeiteten und erprobten Registrierschemas
—> Problem: erfasst nur Ausschnitt des Gesamtverhaltens

Kennzeichen nach Huber 1987:
> Zielgerichtetheit: Beobachtung eines kleinen Auschnitts der Wirklichkeit
> Methodische Kontrolle: Elimination von Störvariablen, Kontrolle der menschlichen Wahrnehmung, Entwicklung eines Speichersystems

Beobachtungsbögen:
Zwischen freier und systematischer Beobachtung
Aufmerksamkeit wird auf bestimmten Aspekt gelenkt, ist aber nicht durchstrukturiert

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4
Q

Arten der Beobachtung: teilnehmende vs. Außenstehende Beobachtung

A

Teilnehmend:
Versuchsleiter ist involviert in Geschehen und interagiert mit den Versuchspersonen
Motivation: Verhalten der Versuchspersonen soll durch das Gefühl der Beobachtung nicht gestört werden
Problem: u.U. Mangelnde Distanz, Beobachter verliert objektiven Status, spätere Protokollierung, nur gruppengebundene Auskunft möglich

Nicht-teilnehmend:
Wahrung einer kritischen Distanz zum Geschehen
Problem: Versuchspersonen fühlen sich beobachtet und zeigen u.U. Nicht das gewünschte Verhalten

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5
Q

Arten der Beobachtung: offene vs. Verdeckte Beobachtung

A

Offen (wissentlich):
Versuchspersonen wissen, dass sie beobachtet werden
Problem: u.U. Wird gewünschtes Verhalten unterdrückt

Vermeidung von Reaktanzeffekten (nach Huber 1987)
> Eingewöhnungsphase
> Aufmerksamkeit der Versuchspersonen auf unwichtige Verhaltensbereiche lenken
> Aufzeichnungsgeräte anstelle eines Beobachters

Verdeckt (unwissentlich):
Versuchsperson weiß nicht, dass sie beobachtet wird
kein Kontakt zwischen Diagnostiker und Versuchsperson
Problem: ethische Bedenken, nachträgliches Einverständnis notwendig

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6
Q

Arten der Beobachtung: technische vs. Unvermittelte Beobachtung

A

Technisch vermittelt:
Einsatz von Videokameras, Tonbänder etc.
Vorteil: wiederholtes Betrachten des Materials möglich (Reliabilität!), zur Beobachtung simultan ablaufenden Verhaltens, keine Überforderung des Beobachters, dokumentarischer Wert
Nachteil: subjektive Kamera (Bildauswahl durch Kameramann), eventuell schlechte Qualität (—> Verhalten kann nicht mehr eindeutig identifiziert werden)

Technisch unvermittelt:
ohne technische Hilfsmittel, Verhalten wird beobachtet und simultan protokolliert
Problem: nach Abschluss der Beobachtung keine Kontrolle der Beobachterqualität möglich

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7
Q

Arten der Beobachtung: kontinuierliche vs. Diskontinuierliche Beobachtung

A

Kontinuierlich:
Ereignisstichproben, d.h. Es werden dauerhaft bestimmte Ereignisse registriert
Problem: Überforderung des Beobachters, in Schule kaum möglich notwendig bei seltenen Ereignissen

Diskontinuierlich:
Zeitstichprobenpläne, d.h. In bestimmten Zeitabständen wird Proband beobachtet
Problem: erfasst u.U. Seltenes oder unauffälliges Verhalten nicht, erfassen zeitliche Struktur von Verhalten nicht adäquat —> nur bei häufigen Ereignissen möglich

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8
Q

Arten der Beobachtung: Feld- vs. Laborbeobachtung

A

Feldbeobachtung:
Alltagssituation
Problem: u.U. Störbedingungen

Laborbeobachtung:
künstliche Situation (z.B. Rollenspiele)
Vorteile: Schaffung optimaler Beobachtungsbedingungen (Kontrolle der Bedingungen) leichtere Manipulierbarkeit unabhängiger Variablen; Kontrolle der Störbedingungen
Problem: externe Validität (Übertragbarkeit auf Alltagssituationen), Verhaltensänderung wegen Beobachtung/neue Umgebung

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9
Q

Arten der Beobachtung: Fremd- vs. Selbstbeobachtung & Fazi

A

Fremdbeobachtung:
Problem: kein direkter Zugang zum „Innenleben“

Selbstbeobachtung: z.B. Befragung, Tagebücher
Problem: Verzerrung wegen Bewusstsein der Beobachtung, fehlende Kapazitäten für Parallelhandlungen, unmöglich bei automatisierten Handlungen

Fazit:
Optimale Situation:
systematische, nicht-teilnehmende und verdeckte Beobachtungen
Reale Situation:
naive, teilnehmende und diskontinuierliche Beobachtung (gezwungenermaßen)

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10
Q

Definition Interaktion & Interaktionsanalysen

A

Merkens und Seiler 1978:
Der Begriff Interaktion bezeichnet sowohl direkte (konkrete, face-to-tace, vis-à-vis) Begegnungen als auch indirekte (abstrakte, anonyme, vermittelte) soziale Beziehungen von Individuen, in denen diese ihre Handlungen wechselseitig aufeinander abstimmen.

Lukesch 1998:
Interaktionsanalysen sind alltägliche und wissenschaftliche Versuche, Informationen über zwischenmenschliche Beziehungen (Interaktionen) unter spezifischer Fragestellung zu gewinnen und zu verarbeiten

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11
Q

Beispiele für Beobachtungskategorien für den schulischen Unterricht

A
  • Sprechzeiten Lehrer/Schüler
  • Wartezeiten auf Schülerantworten (Dauer)
  • Impulse des Lehrers (Häufigkeit): offene Fragen, Suggestivfragen, Provokationsfragen, Lehrerecho
  • Einsatz von Verstärkern (Häufigkeit): positive/negative Verstärkungen, Ignorieren …
  • Standort des Lehrers (Dauer): am Pult, an der Tafel, bei dem einzelnen Schüler …
  • Arbeitsformen bzgl. Didaktischer Vorgaben (Dauer): Lehrervortrag, Gruppenarbeit, …
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12
Q

Beobachtungssysteme/Interaktionsanalysen-Analyse-Systeme

A

Sollen Beobachtungsauftrag genau Formulieren, um Ereignissen in Situation und Aussagen über Situation reliabel zuordnen zu können

Nach Mees 1977 kann man die Beobachtungssysteme unterscheiden in:
- Isomorphe Deskription: möglichst vollständige und unveränderte Wiedergabe des Beobachteten
—> faktisch unmöglich, da Verhalten immer unterschiedlich kategorisiert werden kann
- Reduktive Deskription: Beschränkung auf interessierende Verhaltensklassen

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13
Q

Verschiedene Beobachtungssysteme

A
  • Zeichensysteme
    > Häufigkeit eines Ereignisses wird registriert (=Strichlisten)
    > Großteil der Verhaltensweisem wird nicht registriert
    z.B. Observation Schedule und Record (OSCAR) von Medley & Mitzel (1963)
    z.B. Wie oft schaut jemand seinem Gesprächspartner in die Augen
  • Schätzskalen:
    > Eigentlich eine Form von Beurteilungsverfahren
    > Grad der Ausprägung eines Verhaltens wird festgehalten
    —> Beobachter muss Auftreten der Beobachtungsstrategie feststellen und Intensitätsabstufung vornehmen
    > hohe Inferenz (Subjektivität)
    z.B. Polaritätenprofil nach Tausch & Tausch 1970:
    o dient der Beurteilung von Lehreräußerungen
    o 7-stufige Skala von +3 bis -3 —> Grad der Ent- bzw. Ermutigung
  • Kategoriensysteme
    > Jedes Verhalten wird mittels verschiedener Kategorien, die unterschiedliche Verhaltensweisen repräsentieren, erfasst
    > Kategoriesysteme sollten exakt definiert, disjunkt und erschöpfend sein
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14
Q

Beispiele für Beobachtungssysteme 1)

A

1) Lehrer- und Schüleräußerungen im Unterricht
a) Häufigkeit von Lehrer- und Schüleräußerungen nach Clauss, 1954 [24 U-Stunden]
i) 80% aller sprachlichen Interaktionen in einer Stunde fallen auf den Lehrer
ii) interindividuelle Unterschiede zw. Lehrern
iii) einzelne Lehrer in Sprachverhalten konsistent
iv) hohe Redehäufigkeit korreliert mit Frontalunterricht
v) hohe Redehäufigkeit —> unvollständige und Einwortsätze der Schüler (r = .92 bzw. r = .83), Behinderung der Denkvorgänge bei Schülern
vi) Lehrer unterschätzen eigenen Redeanteil

b) Lehrerfragen
	i) Tausch 1960: 41 bis 88 Fragen, 71% an ganze Klasse (je nach Lehrer 39-172)
	ii) Intraindividuelle Stabilität
	iii) Kein Zusammenhang mit Anzahl der Schüler, Alter, Fach, Geschlecht
	iv) Je häufiger der Lehrer Fragen stellt, desto seltener fragt der Schüler (r <= -.23) 
	v) Lehrerfragen erhöhten Spannung und mindern Motivation (nur einer kann antworten), 		erhöhte Angst bei leistungsschwachen Schülern
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15
Q

Beispiele für Beobachtungssysteme: 2)

A

2) Prinzip der Interaktions-Prozess-Analyse (IPA) (Bales 1950)

Ziel: Erfassung des emotionalen und soz. Verhaltens von Individuen in Kleingruppen

Annahme: Soziales System (z.B. soziale Gruppe) muss 2 Anpassungsleistungen erbringen:

i) Anpassung an äußere Situation entspricht Aufgabenbewältigung 
ii) Integration nach innen (Solidarität und Gleichheit) entspricht innerer Zusammenhalt des 	Systems

Während eines Gruppenprozess sind 6 Probleme zu bewältigen: Orientierung, Bewertung, Kontrolle, Entscheidung, Spannungsbewältigung, Integration (dafür gibt es jeweils 2 gegensätzliche Verhaltenskategorien)

Beobachtung: Beobachter muss diese sprachlichen / nicht-sprachlichen Verhaltensmerkmale mit Hilfe eines Beobachtungsbogens in 12 Kategorien einordnen;
Dabei werden 4 Bereiche unterschieden (sozialemotionaler Bereich: positive/negative Reaktion & Aufgabenbereich: Versuch der Beantwortung/Fragen) —> erfordert intensive Beobachterschulung

Auswertung: Profilanalyse für jeden Teilnehmer, Sequenzanalyse, „wer-mit-wem-Matrix“, Phasenuntersuchungen bezüglich Änderung im Gruppengeschehen

Ergebnis: Bei jeder Anwendung sollten verschiedene Regularitäten auftreten:
i) Prozessphasen: Anfangsphase —> Orientierungsprobleme, Mittelphase —> Bewertungsprobleme, Zunahme von Kontrollversuchen und positiven/negativen Reaktionen von Anfangs- bis Endphase
ii) Rollendifferenzierung: Rangniedrigere Mitglieder richten mehr Äußerungen an höhere, als sie entgegen nehmen und sprechen eher zu Einzelpersonen.
Ranghöhere richten Äußerungen mehr an ganze Gruppe, als an einzelne. Tendenz zur Zentralisierung der Kommunikation. Aufgabenspezialist ist nicht gleich sozioemotionaler Führer
iii) Handlungsmuster: überwiegend sozio-emotional-positiv und „versuchte Antworten“ (ansonsten kann es zum Gruppenzerfall kommen)

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16
Q

Beispiele für Beobachtungssysteme 3)

A

3) Unterrichtsbeobachtung mit IPA nach Trolldenier (1985)
i) Interaktionsrichtungen
(1) L-S: Lehrer mit einzelnem Schüler
(2) L-O: Lehrer mit mehreren Schülern
(3) S-L: Schüler mit Lehrer
(4) O-L: mehrere Schüler mit Lehrer
(5) S-O: Schüler mit mehreren Lehrern
(6) S-S: Schüler mit Schüler
(7) O-O: Alle Schüler miteinander
(8) O-S: Mehrere Schüler mit einem
(9) X: Interaktion mit einem Dazugekommenen oder von diesem ausgelöst

ii) Vier Kategorien:
	(1) Sozialemotionaler Bereich: positive Aktionen (zeigt Solidarität, dramatisiert, stimmt zu)
	(2) Aufgabenbereich: Versuch der Beantwortung (macht Vorschläge, äußert Meinung, gibt 		Informationen)
	(3) Aufgabenbereich: Fragen (erfragt Informationen, fragt nach Meinung, erbittert Vorschläge)
	(4) Sozioemotionaler Bereich: negative Reaktionen (stimmt nicht zu, zeigt Spannung, wirkt 		unfreundlich)

iii) Kodierung der Interaktionsrichtung nach Initiator 
	(1) Lr: lehrerinitiiert
	(2) Sr: Schülerinitiiert

Kritik:
> Lehrer und Schüler gut repräsentiert
> Kategorien für beide Beteiligten gleich definiert
> bei größeren Gruppen individuenbezogene Registrierung schwierig
> für verschiedene Anlässe anwendbar —> nicht spezifisch

Auswertung nach der IPA
Kategorie 			Lr			Sr			Summe
A						26			52			78
B						44			126		170
C						27			31			58
D						13			64			77
Summe				110		273		383
17
Q

Entwicklung von Beobachtungssystemen

A

Entwicklungsschritte

a) Abgrenzung des Beobachtungsziels
b) Entwurf eines vorläufigen Kategoriesystems (Validität)
c) Beobachtungsitems positiv formulieren, im Präsens, Einzahl. Soll Intensität oder Häufigkeit eines 	Verhaltens beurteilt werden?
d) Plan über Ablauf der Beobachtung
e) Beobachtertraining
f) Prüfung der intersubjektiven Übereinstimmung
g) Durchführung der Beobachtung, Bestimmung der Validität
18
Q

Abgrenzung von Beobachtung & Beurteilung

A

Beurteilung ist die abstrahierende Beschreibung des Verhaltens mit anschließender Deutung des Verhaltens, wobei ein Vergleich der Beobachtungseinflüsse mit Milieueinflüssen und Lebenslaufdaten stattfindet.

Ingenkamp 2005:
Unter Inferenz bezeichnet man die Wertungs- und Interpretationsporzesse, die sich an eine Wahrnehmung anschließend (können)

Beobachtung Beurteilung
—> niedriger Inferenzgrad —> hoher Inferenzgrad
Bsp.: Bsp.:
Registrieren der Meldungen eines Ist das Verhalten des Schülers als Meldung zu
Schülers in einer Unterrichtsstunde interpretieren oder hat er sich nur gestreckt? Meldet
sich dieser Schüler viel oder wenig?

Beobachten und Beurteilen stehen in einem engen Zusammenhang zueinander, da Beurteilen Beobachten voraussetzt; dennoch ist beides klar zu trennen!

19
Q

Einsatzmöglichkeiten der Beobachtung/Beurteilung

A
  • Situationserfassung: Feststellung der Situation in einer Klasse zu einem Zeitpunkt (z.B. Wie hoch ist der Redeanteil von Lehrer X in Klasse Y an diesem Tag?)
  • Vergleichsuntersuchung: Vergleiche zwischen versch. Klassen, Lehrern und Zeitpunkten (z.B. Wie viel redet Lehrer X im Vergleich zu Lehrer Y?)
  • Verlaufsanalyse: Vgl. Zwischen untersch. Zeitpunkten innerhalb einer Klasse (z.B. Wie hoch ist der Redeanteil von Lehrer X in Klasse Y nach 3 Wochen?)
  • Sequenzanalyse: Erfassung von Verhaltensabfolgen (z.B. Wie reagieren die Schüler auf den hohen Redeanteil von Lehrer X?)

Ziele der Beobachtung
> Selbstkontrolle für Lehrkraft
> fördert Bewusstwerdungsprozesse über Methodik usw. der Lehrkraft
> ermöglicht die Einübung von neuen Methoden
> Klärung von Verhaltensproblemen bei Schülern
> Klärung von Lehrer-Schüler-Konflikten
> Effizienzkontrolle nach Verhaltensänderung

20
Q

Fragebogen

A

Die Befragungsmehtoden werden meist nach folgenden Merkmalen kategorisiert:
> nach mündlicher oder schriftlicher Erhebungstechnik
> nach dem Grad der Standardisierung
> nach direkter oder indirekter Fragestellung
> nach offener oder geschlossener Antworttechnik
> nach individual- oder Gruppenerhebung
> nach einmaliger oder mehrfachen Anwendung

Ein Fragebogen oder schriftliche Befragung ist eine spezielle Art von Fragenkatalog als Instrument der Datenerhebung für eine/mehrere Statistik(en). Meist wird derselbe Fragebogen mehrere Personen vorgelegt und dann statistisch ausgewertet.

Der Fragebogen als wissenschaftliches Instrument ist das Ergebnis sorgfältiger und aufwändiger Expertenkonstruktion. Der Erzieher sollte sich über diese publizierten Fragebögen informieren und sie einzusetzen, wenn sie für seine diagnostischen Ziele hilfreich erscheinen

Vorteile von Fragebögen
> Für Erzieher das am wenigsten aufwändige Verfahren, Auskünfte über objektive Daten und subjektive Einstellungen zu erlangen
> Im Gegensatz zur mündlichen Befragung ist er ein objektives und reliables Beobachtungsinstrument, das auch noch ökonomisch ist

21
Q

Gesprächsmethoden

A

Wichtig, wenn es in einem Bereich keine angemessenen Erfassungsinstrumente gibt oder wenn der Proband keinen Fragebogen ausfüllen will oder nicht ausfüllen kann (z.B. aufgrund fehlender Lesefähigkeit)

Gespräch: Vorgehensweise der Informationssuche, bei der der Proband durch gezielte Fragen zu Angaben über sich und sein Umfeld angeregt werden soll

Arten diagnostischer Gesprächsmethoden:

a) Anamnese: v.a. Bei Ärzten, Erfassung der Biografie vor einer Behandlung 
b) (Katamnese: Rückblick nach einer Behandlung)
c) Exploration (Erkundungsgespräch, nicht-standardisierte mündliche Befragung eines einzelnen 	durch einen einzelnen, kein Aufzwingen von Inhalten)
d) Interview: Man unterscheidet zwischen verschiedene Interviewformen
22
Q

Anamnese Definition

A

Schraml 1964
Anamnese (griech.: in Erinnerung rufen, „Vorgeschichte eines Tatbestands“) ist das Insgesamt der Mitteilungen eines Probanden oder einer wesentlichen Bezugsperson über seine Persönlichkeit, Lebensgeschichte, soziale Bezüge, Erlebnisse, Handlungen, Einstellungen und Wünsche im Allgemeinen oder in speziellen Bereichen.

23
Q

Anamnese

A

Wichtige anamnetische Fragen in schulischen Beratungsfällen:
> Alter und Klasse des Kindes
> Geschwister, Eltern (alleinerziehend? Beruf?) & Wohnverhältnisse
> Freunde & Hobbys
> Schulleistungen, Einstellung zur Schule & Probleme in der Schule
Aber: nur notwendige Fragen stellen!

Formen von Anamnese:
1. Biographische Anamnese
> relevante Aspekte der Lebensgeschichte werden eruiert (obj. + subj. Daten)
> Angaben sind das Produkt subjektiver Erinnerung und Verarbeitung von Ereignissen (nicht unbearbeitete Wirklichkeit!)
> Strukturierung; Chronologie des Lebenslaufs oder inhaltliche Aspekte (Sexualität, Partnerschaft)
2. Selbst- oder Fremdanamnese über Zielpersonen
3. Partielle Angaben: nur Teilbereich des Lebenslaufs
4. Lebenslaufanalyse: anamnetische Daten + Indikative Aspekte (Sexualität, Partnerschaft)

Beschränkte Aussagekraft —> Kombination mit anderen Verfahren

24
Q

Exploration

A

Exploration (explorare lat.: ausforschen, ermitteln, „einer Sache auf den Grund gehen“) meint die Ermittlung umschriebener normalpsychologischer Phänomene eines Probanden. Eine fachkundig vorgenommene Befragung

Dabei gilt:
> individuelle Orientierung durch Interviews möglich; nicht standardisiert
> Fragen können persönlichkeitsspezifisch erfasst werden; einzelner Gesprächsführer
> keine Inhalte werden aufoktroyiert
> Individuum ist durch keine Methodik eingeengt
> relativ frei, aber Gesprächsleitfaden ist wichtig!

> z.B. Schüler theoriegestütztes Modell der Verursachung von Lernschwierigkeiten vorlegen und 	anhand dieser Vorlage die Selbstinterpretation des Schülers erfassen
25
Q

Anamnese vs. Exploration

A

Anamnese: Exploration:
Bewusstseinsnahe Aspekte der ganzheitlicher tiefergehender
Lebensgeschichte Anspruch

26
Q

Interview Definition

A

Scheuch 1973:
Unter Interview als Forschungsinstrument versteht man ein planmäßiges Vorgehen mit wissenschaftlicher Zielsetzung, bei dem die Versuchsperson durch eine Reihe gezielter Fragen oder mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlasst werden soll.

Die Befragung ist in der Form des Interviews eine der ältesten und auch heute am häufigsten benutzten diagnostischen Methoden. Als diagnostisches Instrument sind Gespräch und Befragung vor allem in der Soziologie und der Psychologie entwickelt worden.

Man kann dabei die Beobachteten oft direkt nach ihrer Interessen und Einstellungen befragen. Durch Befragung können objektive (z.B. Fakten, Angaben zur Person) und subjektive (z.B. Meinungen, Einstellungen) Daten erworben werden.

27
Q

Formen des Interviews

A
  • Geordnet nach dem Grad der Vorstrukturierung
    a) standardisiertes Interview: alle Fragen sind vor dem Gespräch festgelegt, müssen in gleichem Wortlaut und in gleicher Reihenfolge vorgelegt werden, Antworten können vorkonstruiert sein
    —> Fragebogen in Gesprächsform
    Vorteile:
    > Aufmerksamkeit der Probanden kann kontrolliert werden
    > Keine Lesefähigkeit notwendig, im Vergleich zum Fragebogen
    > Eventuelle Missverständnisse können geklärt werden
    > Hohe Reliabilität und einfache Auswertung
    b) halbstandardisiertes Gespräch:
    Gesprächsthemen vorgegeben, Fragen nicht im Detail formuliert
    c) problemzentriertes Interview:
    Möglichkeit der offenen Befragung oder ausgewählter Themen
    d) freies/nicht standardisiertes Interview:
    Gesprächsthema entwickelt sich im Laufe der Begegnung
    Anwendung: Klinische Psychologie, Teifeninterview
    Probleme:
    > Ergebnisprotokoll, Tonbandaufzeichnung?
    > reduzierte Vergleichbarkeit
    > hoher Anspruch an verbale Fähigkeiten des Probanden
    > hohe Flexibilität gefordert und aufwändige Auswertung
  • Geordnet nach Anzahl der Interviewer und Interviewten
    a) duale Form:
    1 Interviewer, 1 Proband (Normalform)
    b) joint interview technique:
    1 Interviewer, 1 Proband mit Angehörigen —> Sozialverhalten beobachtbar
    Problem: Selbstdarstellungstechniken
    c) reziproke Sozialsituation:
    1 Proband, mehrere Interviewer, z.B. bei Eignungstest (Extremfall: Stressinterview)
    Vorteile: Erhöhung der Objektivität und Reliabilität, um Wahrnehmungsfehler auszugleichen;
    trotzdem: soziale Einflüsse auf Urteilsbildung
28
Q

Selbstdarstellungstechniken und Lüge - die Macht des Interviewten

A
  • Dimensionen der Selbstdarstellungstechniken (Tedeschi et al., 1985)
    1) Strategisch vs. Taktisch
    Anstreben Kurzfristige,
    situationsübergreifende Ziele Situationsspezifische Wirkung
    2) Assertiv vs. Defensiv
    Aktives Gestalten, Durchsetzungs- Verteidigungs- und Schutztechniken
    fähigkeit in sozialen Situationen bei Bedrohung über eigene Identität
  • Selbstdarstellungstechniken/Formen einer manipulativen Beeinflussung
    > Intrigation (Einschmeicheln): eigene Kompetenz übertreiben
    > Einschüchterung: Androhung negativer Konsequenzen
    > Exemplifikation: sich als moralisch besonders integer darstellen
    > Demut: eigene Schwäche und Abhängigkeit betonen
    > Übertreibung, Angeberei
    > Nachgeben, Kompromisse
    > Gezielte Weglassen, Selbstbetrug, Wunschdenken, Bewusste Vereinfachung
    Frage nach Glaubwürdigkeit: Mittelweg zwischen krankhaftem Missbrauch und naiver
    Vertrauensseligkeit muss gefunden werden
29
Q

Maßnahmen zur Optimierung von Befragungsergebnissen: Allgemeine Voraussetzungen

A

Allgemeine Voraussetzungen:
a) guter Kontakt zwischen den Interviewpartnern: Sympathie
b) Untersucher soll affektive Reaktion auf Probanden mitprotokollieren
c) Angaben mit Objektivität begegnen
d) Gespräch innerhalb einer Rollenbeziehung
—> soziale Erwartungen an den Interaktionspartner nehmen Einfluss auf die Antworten
—> Interviewer zur Verschwiegenheit verpflichtet (Beratungslehrer)
e) Weitere Bedingungen für Gesprächsbereitschaft: Geschlecht, Alter, Stimme, Bildungshintergrund

30
Q

Maßnahmen zur Optimierung von Befragungsergebnissen: Gestaltung der Gesprächssituation

A

a) Vorbereitung: Themenbereiche überlegen, Auswertung bereits vorliegender Materialien
(von früheren Interviews)

b) Räumliche Umstände: Ausgestaltung des Raumes (nüchtern oder familiär; Sitzposition: „über 	Eck“ am Tisch günstig; von äußeren Störungen abgestimmt)
c) Zeitliche Umstände: viel Zeit bemessen, Fraktionierung eines Gesprächs, Gesprächsdauer 	festlegen (bei Kinder und Jugendlichen 20 bis 30 Minuten)
d) Gesprächseinstieg: sachliche Info über Untersuchungszweck; Beratungssituation: Grund des 	Kommens

e) Gesprächsführung:
	> Interrogativ: Frage-Antwort-Schematismus
	> Asymmetrisch: Proband spricht (fast) alleine, bestimmt Richtung 
	> Konservativ: Rede- und Gegenrede 
	> Taraktisch: Erschütterung des Probanden durch Ablehnung seiner Meinung 
		—> Reaktionen werden provoziert (Stressinterview: Probanden verunsichern)

f) Funktionsfragen:
	Sind thematisch nicht interessant, aber erfüllen psychologische Funktion, z.B. Kontakt- oder 		Einleitungsfragen, Ablenkung, Rangierfragen, Ergänzungen

g) Verbale, nonverbalen und paraverbale Sprachaspekte:
	> gleicher Sprachcode (Dialekt, Fachsprache)
	> non- und paraverbale Kommunikationskanäle
	> Frageformulierung (Gefahr: Suggestivfragen)
	> direkte oder indirekte Fragen überlegen (Reduzierung des Tabuisierungsgrades)

h) Anwendung von Verstärkungstechniken:
	Gesprächspartner mitteilen, dass seine Äußerungen wichtig sind

i) Protokollierung:
	(Tonbandaufzeichnungen nur mit Zustimmung erlaubt, 60% der Info gehen verloren, wenn 		nicht mitprotokolliert wird)
31
Q

Soziometrie

A

Die Soziometrie (Lat.: socius Teilnehmer; griech.: metric Messung) ist eine von Jakob Levy Moreno in den 1930er Jahren begründete Methode der empirischen Sozialforschung, welche dazu dient, Beziehungen zwischen Mitgliedern einer Gruppe zu erfassen, darzustellen und zu analysieren.

Bjernstedt 1956:
Soziometrie ist die quantitative Untersuchung zwischenmenschlicher Beziehungen unter dem Aspekt der Bevorzugung, Gleichgültigkeit und Ablehnung in einer Wahlsituation.

Datenerhebung:
Man kann zwischenmenschliche Beziehungen entweder durch eine soziometrische Beobachtung oder durch eine soziometrische Befragung analysieren.
Mit einer soziometrische Beobachtung kann man die Stellung des Individuums innerhalb der Gruppe beurteilen. Da aber nur eine oberflächliche Beobachtung möglich, ist die soziometrische Befragung vorzuziehen.

32
Q

Dimensionen der klassischen Methode nach Friedrichs (1973)

A

Die Probanden werden zu verschiedenen sozialen Einstellungen und Wahrnehmungen befragt. Es sind verschiedene Designs möglich:
> Nur positive - nur negative - beides
> Anzahl der Wahlen (offen - festgelegt)
> Rangfolge der Wahlen (Gewichtung)
> Anzahl der Kriterien

Sympathie/Antipathie:
> Mit wem würden sie am liebsten in den Urlaub fahren?
> Mit wem möchten sie nicht fahren?

Wahrnehmung (vor allem für Selbstbilduntersuchungen von Bedeutung):
> Wer wird sie ihrer Meinung nach wählen/ablehnen?

Kriterium:
> Arbeit, Urlaub, Wohnen, Diskussion, etc.

Einstellung/Verhalten:
> Mit wem möchten sie zusammenarbeiten?
> Mit wem haben sie zusammengearbeitet?

Mögliche Fragen und Kategorien in einer Soziometrischen Befragung

33
Q

Verschiedene Darstellungsverfahren

A
  • Tabellarische Darstellung
  • Soziomatrix:
    > Gruppenmitglieder am vertikalen und horizontalen Rand abgetragen
    > Wähler längs der vertikalen Seite
    > Gewählt werden längs der horizontalen Seite (oder umgekehrt)
    > Alle Daten enthalten, deshalb auch als „Urliste“ nutzbar
34
Q

Darstellungsverfahren: Soziogramm

A

Ein Soziogramm ist die graphische Darstellung der Beziehung in einer Gruppe, etwa in einer Schulklasse oder in einem Unternehmen. Ausgehend von Daten einer Erhebung werden in der Darstellung Beziehungen beispielsweise durch Pfeile symbolisiert.

Auswertung:
> Paare: zwei sich gegenseitig wählende Gruppenmitglieder
> Dreiecke: drei sich gegenseitig wählende Mitglieder
> Ketten: graphische Anordnungen von Gruppen, in denen nicht alle Mitglieder durch reziproke Wahlen miteinander verbunden sind
> Sterne: ein Gruppenmitglied wird von mehreren sich untereinander wenig Wählenden vorgezogen
> Isolierte: Gruppenmitglieder, die weder aktiv noch passiv an der Wahl teilnehmen, also nicht wählen und auch von niemanden gewählt werden
> Pyramide oder Baumstruktur: wie sie z.B. in Organisationsformen wie Industriebetrieben auftritt
> Cliquen: Bildung von Untergruppierungen, innerhalb derer sich die Personen häufig wählen; ein Austausch mit anderen Untergruppen findet nur in geringem Ausmaß statt
> Graue Eminenzen: isolierte Personen, die nur in reziproker Wahl zum Star einer Gruppe stehen
> Abgelehnte: nur ablehnende Wahlen erhaltend
> Vergessene: Personen, die wählen, jedoch keine Wahl erhalten

35
Q

Probleme der soziometrischen Befragung

A
  • Äußere Voraussetzungen
    > Gewisser Bekanntheitsgrad zwischen Gruppenmitgliedern nötig
    > Art der Wahl hängt wesentlich von Gruppengröße ab
    > Wahl muss „Ernstcharakter“ besitzen
    > Urteilsvermögen differenziert erst etwa ab dem 10. Lebensjahr ausreichend
  • Anzahl der Stimmen
    > Einfache Wahlmöglichkeiten problematisch, da Status in der Gruppe Ergebnis verzerrt (5 Stimmen als sinnvoll)
    > Zu differenzierte Wahlen können als Ergebnis jedoch ebenso verfälschen
    > Begrenzung der Nennungen kann zu erzwungenen Antworten und verzerrten Ergebnissen führen
  • Konsequenzen
    > Frage nach Antipathien kann diese stärker ins Bewusstsein rufen
    > Negative Wahlen können verletzend wirken —> anonyme Erhebung
    > Gefahr der Fehlinterpretation der Ergebnisse
  • Fehlende Konstanz der Ergebnisse