Fähigkeits- Und Leistungstests Flashcards
Definition Tests
Lienert 1967:
Ein Test ist ein wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Perönlichkeitsmerkmale mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung.
Ingenkamp 2005:
Tests sind Verfahren der Pädagogischen Diagnostik, mit deren Hilfe eine Verhaltensstichprobe, die Voraussetzungen für oder Ergebnisse von Lernprozessen repräsentieren soll, möglichst vergleichbar, objektiv, zuverlässig und gültig gemessen und durch Lehrer oder Erzieher ausgewertet, interpretiert und für ihr pädagogisches Handeln nutzbar werden kann.
Es werden vor allem Schulleistungs- und Intelligenztests, Entwicklungs- und Einschulungstests, Eignungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitstests, sowie Sozialtests eingesetzt
Weitere wichtige Begrifflichkeiten:
> Fertigkeit: Technik, Erfahrung, Kenntnisse; durch Übung erworben
> Fähigkeit: gegenwärtig verfügbares Potential etwas zu leisten (nicht beobachtbar)
> Eignung: Leistungsvermögen, nachdem Übung stattgefunden hat
> Leistung: bezieht sich auf die bisherigen Erfolge bei der Bewältigung von Aufgaben; lässt auf Fähigkeit und Fertigkeit schließen (beobachtbar)
Aufbau von Testverfahren
- Fähigkeitstests
Diese Tests umfassen breite oder auch spezielle intellektuelle Fähigkeiten. Man unterteilt folgende Möglichkeiten
Tests der verbalen & mathematischen Fähigkeiten
Tests der räumlichen Auffassung
Tests des mechanischen Verständnisses
Tests der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit
Fähigkeitstests sind normbezogen. Sie werden dazu verwendet, Informationen zur Anleitung und Beratung von Schülern zu erhalten - Leistungstests
Messen die Unterrichtsziele eines bestimmten Kurses oder einer anderen Einheit des Curriculums.
Leistungstests dienen der Messung und Bewertung der Ergebnisse zurückliegender Lernerfahrungen. Der Inhalt von Leistungstests sollte im Gegensatz zu Fähigkeitstests im hohen Grad unterrichtsbezogen sein.
Ein Leistungstest sollte also z.B. die Kenntnisse in Geographie oder den französischen Wortschatz überprüfen und nicht dass räumliche Vorstellungsvermögen messen.
Definition Leistung und Schulleistung
Rheinberg 2001:
Leistung ist ein auf Normen bezogenes Resultat
- Konvergente Leistungen: Können mit einem richtigen oder eindeutig bestem Ergebnis ausgedrückt werden
- Divergente Leistungen: Können zu vielen im Prinzip gleichwertigen Ergebnissen führen (vgl. Bereich des kreativen, künstlerischen Schaffens)
Ingenkamp & Lissmann 2008:
Unter Schulleistung versteht man zusammengefasst die von der Schule initiierten Lernprozesse und Lernergebnisse der Schüler. Diese Lernleistungen können im Hinblick auf verschiedene Verhaltensdimensionen beschrieben und unter Bezug auf verschiedene Normen eingeordnet werden.
Definition Schulleistungstest
Ingenkamp 1997:
Schulleistungstests sind Verfahren der pädagogischen Diagnostik, mit deren Hilfe Ergebnisse geplanter und an Curricula orientierter Lernvorgänge möglichst objektiv, zuverlässig und gültig gemessen durch Lehrende oder Beratende ausgewertet, interpretiert und für pädagogisches handeln nutzbar gemacht werden.
Schulleistungstests dienen der Untersuchung, ob - und eventuell wie gut - ein Lernziel erreicht ist. Die hierbei verwendeten Testaufgaben sind nicht identisch mit dem Lernziel, sondern repräsentieren es nur und dienen dazu, den individuellen Fähigkeitsgrad zu vergleichen.
Arten von Schulleistungstests nach Ingenkamp/Lissmann 2008
Schulische Prüfungen:
> Objektive Verfahren: Schulleistungstests
o formelle SLT: bezugsgruppen- oder normorientiert; standardisiert
o informelle SLT: sozialer oder Kriteriale Bezug; nicht normiert [Validität und Reliabilität nur angenommen]
> subjektive Verfahren:
o klassische Leistungsprüfungen: Schriftliche, mündliche und alternative Verfahren; schlechte Gütekriterien-Erfüllung
Formelle Schulleistungstests: Bezugsnormorientierte Tests
Bezugsnormorientiert = Sozialnormorientiert
Lukesch 1998:
Ein (sozial-)normorientierter Schulleistungstest ist ein wissenschaftliches Routineverfahren zur Feststellung des Kenntnisstandes in einem (oder mehreren) inhaltlich spezifizierten kognitiven Lehrzielbereich(en); dabei werden Aussagen über die Leistungshöhe aufgrund des Vergleiches mit den Leistungen einer für die jeweilige Altersstufe, Schulstufe oder Schulart repräsentativen Stichprobe getroffen.
Bei den bezugsgruppenorientierten Tests werden die individuellen Testergebnisse mit denen einer Bezugsgruppe verglichen. Daher muss die Bezugsgruppe für den jeweiligen Zweck des Tests repräsentativ sein.
Überblick über die Möglichkeiten der Konstruktion von SLT
- Normorientiert vs. Kriteriumsorientiert
> normorientiert: (=bezugsnormorientiert, sozialnormorientiert)
o Zweck: Vergleich der Schülerleistungen innerhalb einer Gruppe
> kriteriumsorientiert (=lehrzielorientiert, idealnormorientiert)
o Zweck: Erfassung der Schülerleistung in Bezug auf ein oder mehrere Lernziele
- summativ vs. Formativ > summativ: o den Lernprozess abschließend o formelle Schulleistungstests werden meist summativ eingesetzt > formativ: o den Lernprozess begleitend
- allgemein vs. Fächerspezifisch > allgemein: o fächerübergreifend (v.a. In Grundschule) > fächerspezifisch: o v.a. An weiterführenden Schulen
- formell vs. Informell > formell: o von Testexperten entwickelt o Gütekriterien werden streng berücksichtigt o Normorientierung an einer Stichprobe o Ziel: Prüfung allgemeiner Lernziele > informell: o i.d.R. Von Lehrern entwickelt o Gütekriterien werden weniger streng berücksichtigt o keine Normierung an einer Stichprobe o Ziel: Prüfung spezifischer Lernziele
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
Schritt 1
- Analyse der Lehrpläne (inhaltliche Validität)
> Erfassung der Lehrziele durch Expertenratings der Lehrpläne (curriculare Validität)
Erfassung der Lerngelegenheit durch Lehrer- & Schülerurteile, Klassenunterlagen
> Erstellen einer Lehrzielmatrix: Anführung von Lernzielen und Anforderungsebene
Dimension der Matrix: Inhalt (= Lehrziele) & Verhalten (—> Taxonomie von Bloom, 1976: Wissen, Verstehen, Anwenden, Analyse, Synthese, Beurteilung)
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
Schritt 2
- Aufgabenkonstruktion
Allgemeine Regeln nach Ebel (1951): keine doppelten Verneinungen, nicht zu viele Lücken in Lückentext, einfache Satzkonstruktion, eindeutige und möglichst klare Formulierung, keine verdeckten Hinweise auf richtige Antwort
- formale Gestaltung nach Aufgabentypen:
> gebundene Antworten:
o Auswahlantworten: richtig/falsch; MC
o Ordnungsaufgaben: Zuordnungs-; Umordnungsaufgaben
> freie Antworten: Kurzantwort, Kurzaufsatz- oder Ergänzungsaufgaben (Lückentext) - Festlegung der zugelassenen Hilfsmittel
- Konstruktion von 50& bis 100& mehr Aufgaben als für Endform nötig
- i.d.R. Aufgaben auf mittlerem Schwierigkeitsniveau
- Beurteilung der Aufgaben durch erfahrene Lehrer (Expertenrating)
—> Aufgabenpool soll die Lehrzielbeschreibung abdecken
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
Schritt 3
- Vorerprobung an wenigen Fällen
Überprüfung der Verständlichkeit der Aufgabenformulierung
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
Schritt 4
- Testdurchführung an einer kleinen Stichprobe (200-400 SuS)
Prüfung der Tauglichkeit, Überprüfung der Aufgaben- und Testlänge und Einholen von Schüler- & Lehrerkommentaren
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
5. Schritt
- Aufgaben- und Testanalyse mit den Daten der ersten Stichprobe
- Ermittlung des Schwierigkeitsgrades
s = (Anzahl der richtigen Lösungen ÷ Anzahl der Bearbeitungen) * 100
o Je höher s, desto leichter eine Aufgabe
o Erwünschter Schwierigkeitsgrad hängt von der Zielgruppe ab (normalerweise: Verteilung von s = 20 bis s = 80 mit Mittelwert s = 50)
o Keine absolute Schwierigkeit, sondern stets aus Stichprobe bezogen
- Ermittlung der Trennschärfe
> Trennschärfe ist ein Korrelationskoeffizient (also zwischen -1 und +1), der misst, wie sehr die Leistung in einem Item mit der Gesamtleistung im Test korreliert
o nahe bei +1: Schüler, die bei der einen Aufgabe gut abschnitten, tun dies auch im gesamten Test
o nahe bei 0: Ingesamt gute und schlechte Schüler unterscheiden sich kaum bei der Lösungshäufigkeit der Aufgabe
> Am höchsten bei mittlerer Aufgabenschwierigkeit (sonst werden sie von allen oder keinem gelöst)
> Ziel: t>= 0.30 - Distraktorenanalyse bei gebundenem Antwortformat (MC): Analyse der Wahlhäufigkeit der Distraktoren (wie oft werden die Falschantworten angekreuzt?) > Ungünstige Distraktoren: von guter Gruppe mindestens genauso häufig gewählt wie von schlechter Gruppe
> Berechnung der Verteilungskennwerte der Tests: Mittelwert, Streuung etc.
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
6. Schritt
- Testvalidierung
- Überprüfung der empirischen Validität und Konstruktvalidität
- Berechnung der Reliabilitätskoeffizienten
Konstruktion normorientierter Schulleistungstests
7. Schritt
- Testeichung an einer für den Anwendungsbereich repräsentativen Strichprobe
- Berechnung von Normwerten, die als Vergleichsgrundlage bei späterer Anwendung des Tests dienen
- Problem: u.U. Nicht repräsentative Stichprobe, da eher besonders motivierte und / oder gute Klassen und Lehrer teilnehmen
Einsatzmöglichkeiten sozialnormorientierter Schulleistungstests
- Anwendung in der Schulklasse (nach Lukesch 1998)
> Vergleich des Leistungsstandes der ganzen Klasse mit einer Eichstichprobe
> Überprüfung des eigenen Benotungssystems durch den Vergleich mit Testwertklassen
> Objektivierungsmöglichkeiten bei Schulart- oder Kurswechsel
> Einsatz zur Lehr- und Lernsteuerung
> Einsatz zur Unterrichtsdifferenzierung (äußere Differenzierung: Einteilung in Leistungsgruppen) - Zu Forschungsfragen
> Überprüfung der Effektivität verschiedener Unterrichtsmethoden
> Überprüfung der Wirksamkeit von verschiedenen Schulsystemen
> Überprüfung der Wirksamkeit verschiedener Methoden der Schülergruppenorientierung
> Formative Evaluation und Entwicklung von Lehrplänen
> Erarbeitung und Überprüfung von Bedingungsmodellen der Schulleistung