Notengebung In Der Schule Flashcards
Funktionen: Allgemein
Der Zweck von Leistungsbeurteilung in der Schule ist generell in den Aspekten Vergleich, Analyse und Prognose zu sehen, und zwar für mehrere am Bewertungsprozess interessierte Beteiligte:
> Lernender (Rückmeldung über Lernerfolg)
> Lehrender (Abschätzung des Unterrichtserfolgs)
> Erziehungsberechtigte (Hilfe für eigene Entscheidungen: Nachhilfe…)
> Außerschulische Interessengruppen (Vergleichsinfo)
> Staat (Vorhandensein von genügend qualifizierten Schülern in Gesellschaft)
Funktionen: Kontrolle
Eine wesentliche Funktion von Noten ist die Kontrolle des erreichten Kenntnisstandes (Anforderung des Lehrplans). Um eine weitgehende Homogenität des Leistungsstandes in einer Klasse zu gewährleisten, ist es nötig, diesen in bestimmten Abständen zu kontrollieren. Besonders wichtig, wenn der Schüler die Schule verlässt; dann entscheiden Noten und Zeugnisse entscheiden, ob Kenntnis für nächste Institution ausreicht.
Kontrolle ist wichtig für Schüler (Rückmeldung über die Erreichung des gesetzten Lernziels) und Lehrer (Überwachung seines Unterrichtserfolgs).
Kritik: Die Kontrollfunktion ist nur bei objektiver Erstellung der Zensuren erfüllbar!
Funktion: Bericht und Information
Noten und Zeugnisse haben auch für außenstehende Dritte (Eltern) die Aufgabe eines standardisierten Berichts, sie sollen die Eltern über Kenntnisstand ihrer Kinder informieren.
Kritik: In vielen Fällen nehmen Eltern leider erst Zeugnisnoten bewusst zur Kenntnis.
—> Kurzfristige Störungen oder auch langanhaltende Spannungen zwischen Schüler und Eltern oder Schüler und Lehrer; Gefahr falscher Noteninterpretation der Eltern
Funktion: Berechtigung
Nur durch den formalen Nachweis eines bestimmten Kenntnisstandes sind für den Schüler bestimmte Berechtigungen formaler Art gegeben, z.B. Hochschulberechtigung: NC, Latinum
Funktion: Auslese
Das Leistungsprinzip ist in unserer Gesellschaft der wichtigste Verteilungsmechanismus. Schule wird als Qualifikations- und Sozialisations-Instanz gesehen. Auslese geschieht grundsätzlich durch Noten und Zeugnisse (Annahme: Zeugnisse sagen weitere Leistungsfähigkeiten voraus).
Kritik: Die Auslese ist eine der wichtigsten, aber auch eine der pädagogisch fragwürdigen Funktionen der Schule bzw. Der Noten. Die Zensuren bestimmen das Vorrücken in die nächste Jahrgangsstufe.
—> „Existenzkraft“, Konkurrenz der Schüler, Lehrer als „Verwalter von Lebensschicksalen“
Funktion: Rückmeldung und Steuerung im Lernprozess
Beurteilung von Leistungen dient der Rückmeldung an Schüler und Lehrer hinsichtlich des bisher erreichten Kenntnisstandes.
Angelehnt an das Modell des Regelkreises:
Zu erreichender Sollwert und vorhandener Ist-Wert werden in Beziehung gesetzt
Rückmeldung der Lehrer
> Einsatz äußerer und innerer Differenzierung
> Überprüfung des Unterrichtskonzepts auf Effektivität
> Rechtzeitiges Erkennen von Über- und Unterforderung der Schüler
Funktion: Motivation
Noten als Anreiz zu positivem Leistungsverhalten (Operantes Konditionieren: Positive Verstärkung —> Lob; negative Verstärkung —> schlechte Noten meiden)
Kritik: Die Motivation durch Noten ist eher extrinsisch und damit qualitativ weniger hochwertiger als die intrinsische Motivation.
Bei leistungsschwachen Schülern ist durch Leistungsdruck sogar gegenteilige Wirkung zu erwarten. Notendruck stellt generell eine Gefahr dar („Notenpeitsche“, Prüfungsangst).
Funktion: Disziplinierung
Nicht ordnungsgemäßes Verhalten wird durch schlechte Noten bestraft.
Kritik: Disziplinierung durch Noten ist pädagogisch sehr bedenklich:
> Leistungslähmende Auswirkungen auf den Unterricht
> Teilweise Entstehung von Konkurrenzsituationen und Prüfungsangst
> Gefahr der Manipulation durch die Note als Disziplinierungsmittel
—> Validität verletzt, da Verhalten statt Leistung gemessen wird!
Klassische Formen der schriftlichen Prüfungen
- Aufsatz
Probleme: Mangelnde Auswertungs- und Interpretationsobjektivität,
Reliabilitätskoeffizienten um r = .5
Vielfalt der Bewertungsmaßstäbe beeinträchtigt Validität - Freie Hausarbeit
Vorteile: differenzierte Erfassung produktiver Denkleistung
umfassendere Rückmeldung für Prüfer und Prüfling
intrinsische Motivation
Probleme: größere Zeitaufwand bei Korrektur
geringere Objektivität - Klassenarbeit
Probleme: meist klasseninternes Bezugssystem zu Beurteilen
mangelnde Objektivität und Validität
Kriterien oft nicht im Voraus festgelegt! - Tests oder testähnliche Verfahren (Jäger, 2000)
Z.B. Satzergänzungen (Lückentexte), Ja-Nein-Antworten, MC
Vorteile: bessere Gewährleistung der Gütekriterien als bei freien Formaten
Probleme: unzureichende Feedback für Prüfer und Prüfling
u.U. Verlust intrinsischer Motivation
Vorteile von Schulaufgaben
Grundsätzlich können Schulaufgaben trotz aller Fragwürdigkeit der Notengebungspraxis als objektiv und gerechter eingeschätzt werden als mündliche Prüfungen.
> Schulaufgaben sind i.d.R. Standardisiert. Alle erhalten dieselben Aufgaben oder Fragestellungen. > Beurteiler müssen ihre Entscheidungen nicht sofort und in der Belastung der Prüfungssituation treffen. Der Lehrer kann die Leistung in Ruhe mit seinem Maßstab vergleichen. > Weil viele oder nur wenige Schüler eine Aufgabe/eine Frage lösen, erhält der Lehrer eine Vorstellung vom Schwierigkeitsgrad dieser Aufgabe. > Für die Zuverlässigkeit der Prüfung ist die Anzahl der gestellten Aufgaben wichtig. > Schriftliche Prüfungen enthalten i.d.R. Mehr Aufgaben > Leistungsfremde Faktoren (Aussehen, Kleidung, Haltung,…) spielen bei schriftl. Prüfung keine Rolle > Blockierungen durch Ängste können bei der schriftlichen Prüfung leichter überwunden werden. > Schriftl. Prüfungen sind i.d.R. Besser strukturiert —> Prüfling kann sich besser zurechtfinden > Grundlagen und Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen sind öffentlich, d.h. Sie können mit den Betroffenen nachgesprochen werden
Vor- und Nachteile schriftlicher Prüfungen in Abgrenzung von Schulleistungstests
- Vorteile schriftlicher Prüfungen:
> curriculare Validität und Lerngelegenheit wird i.d.R. Berücksichtigt
standard. SLTs: curriculare Validität nicht immer gegeben; Lerngelegenheit kann nicht berücksichtigt werden
> manche Formen der schriftlichen Prüfung wirken intrinsisch motivierend (z.B. freie Hausarbeit)
standard. SLTs: wegen geschlossenen Antwortformaten & vorgegebenem Thema kaum motivierend
> schriftliche Prüfungen erlauben detaillierte & umfassendere Rückmeldung für den Prüfer und den Prüfling
standard. SLTs: Tests werden i.d.R. Nur mittels Schablone ausgewertet; weitere Kommentare sind nicht vorgesehen; Tests erfassen nur eng umgrenztes Wissensgebiet - Nachteile schriftliche Prüfungen:
> Gütekriterien sind weniger gut erfüllt als bei Tests: v.a. Bei freien Arbeiten
> Validitätsprobleme wegen mangelnder Auswertungskriterien, des Einflusses des Vorwissens & des klasseninternen Bezugssystems
standard. SLTs: sehr gute Erfüllung der Gütekriterien durch Standardisierung, geschlossene Antwortformate, Auswertung mittels Schablone, ggf. Anonymisierung, Experten-Rating bei Fragen usw.
—> Objektivitäts- und Reliabilitätsüberprüfungen sind außer bei Abschlussprüfungen in der Praxis nicht vorgesehen
> bei freien Arbeiten hoher Zeitaufwand für die Korrektur
V.a. Bei Selektionsentscheidungen sollten schriftliche Prüfungen durch Schulleistungstests ergänzt werden!
Mündliche Prüfungen Defintion
Jäger 2000:
Eine mündliche Prüfung ist eine Leistungserbringung eines Prüflings gegenüber einem Prüfer, wobei die Leistungen durch mündliche Ausführungen des Kandidaten auf mündliche vorgegebene Fragen vermittelt werden.
Mündliche Prüfungen sind am wenigsten erforscht, da sie nicht angemessen für wiederholte Analysen fixierbar sind (auch Videokameras erfassen die soziale Situation selten vollständig und beeinträchtigen gleichzeitig).
Charakter von mündlichen Prüfungen (Sacher 1994)
> Interaktivität: steter Austausch von Botschaften
> Adaptivität: Möglichkeit, Frageverhalten anzupassen
Arten & Hinweise für mündlichen Prüfungen
- Arten mündlicher Prüfungen (Jäger 2000)
> Disputation/Rigorosum: mündliche Prüfung im Rahmen der Promotion
> Vortrag: freie Entwicklung und Präsentation eines Themas
> Abhören: Überprüfung, inwiefern ein Schüler etwas wiedergeben kann
> Arbeitsprobe: Vorstellen eines Themas, das Teil einer größeren Arbeit ist und vorher gedanklich vorgearbeitet wurde
> Gruppenprüfung - Hinweise für mündliche Prüfungen (nach Ingenkamp 2005)
> Fragen vorher vorbereiten und Gesprächsverlauf planen (—> Prüfling kann Gespräch nicht auf seine Kenntnisse lenken)
> Fragekarten (zufälliges Ziehen reduziert Angst beim Prüfling)
> Unabhängiges Protokollieren der Beisitzer
> Geringere Zahl an Prüfungen pro Tag (Reihenfolgeeffekte!)
> Entspannte Atmosphäre (Eisbrecherfrage am Anfang)
Vergleich mündliche vs. Schriftliche Prüfungen
M.P.: adaptiv: Einstellen auf den Prüfling möglich
S.P.: fixiert: vorgegebene Fragen müssen bearbeitet werden
M.P.: kommunikativ: Austausch zwischen Prüfer und Prüfling
S.P.: reaktiv: Reaktion auf schriftliche Fragen
M.P.: Auslotend: Eruieren des individuellen Fähigkeitsniveau möglich
S.P.: Grenzen vorgebend: Prüfer und Prüfling halten sich an vorgegebene Fragen
M.P.: singulärer Bezug: Einzelperson wird geprüft
S.P.: Gruppenbezug: Gruppe wird geprüft
M.P.: eher zeitlich unbestimmt: keine allzu strengen zeitlichen Grenzen
S.P.: eher zeitlich bestimmt: strenge zeitliche Grenzen
M.P.: Situativ: Fragen werden oft aus der Situation heraus gestellt
S.P.: Transsituativ: Fragen kommen unabhängig von der Situation zu Stande
M.P.: Umfassend: kann größeres Spektrum erfassen
S.P.: ausschnitthaft: stichprobenartiger Chrakter
Alternative Verfahren der Schulischen Notengebung: Handlungsbewertung
Handlungsbewertung (nach McMillan 2004)
> Schüler reproduzieren nicht Wissen, sondern zeigen ihre Fähigkeiten in Handlungen
> Ziel: höhere Authentizität der Prüfung > Charakteristisches Kennzeichen
o Schüler leisten oder produzieren etwas
o Notwendigkeit eines tieferen Verständnisses und von Schlussfolgerungen
o Längerer Arbeitseinsatz
o Schüler müssen Entscheidungen rechtfertigen, erklären oder verteidigen
o Aufgabensituationen sollten nicht eindeutig lösbar sein
> Hinweise zur Durchführung (nach Gronlund 1998)
o Genaue Angabe der Bewertungskriterien
o Bestimmung eines Schwerpunktes
o Bestimmung des situativen Umfelds
o Entwurf von Prüfungsverfahren (z.B. wie sind Punkte zu verteilen?)