Determinanten Der Schulleistung Flashcards
Schulleistungsmodelle Hauptdeterminanten
- die relevanten Personenmerkmale und Lernvoraussetzungen [Emotion, Volition, Strategien, Vorwissen, Motivation]
- die Leistungen der Schule [v.a. Qualität und Quantität des Unterrichts]
- der Einfluss schulexterner und -interner Kontexte [Peers, Klasse, Medien, Eltern]
Die einzelnen Befunde aus diesem Spektrum müssen bei der Diagnose in Bezug gesetzt werden.
Von größerer Bedeutung sind die proximalen Faktoren, d.h. (1) und (2);
(3) zählt eher als distaler Faktor der Schulleistung, da sie kaum einen direkten Einfluss auf einzelne Leistungen ausüben.
Schulleistungsmodell nach Hesse/Latzko 2011
Schulleistung
Individuelle Lernvorraussetzungen (Emotionen, Lernmotivation, Volition, Vorwissen, Strategien) Unterrichtsqualität Elternhaus, Medien, Peers, Klassenklima
Produktivitätsvorteile der Schulleistung nach Walberg 1986
Schülerkompetenz IQ/Leistungstest 0.44
1. Kognitive Fähigkeiten/Vorwissen 2. Entwicklungsstand Alter/Reifung 0.10 3. Motivation Interesse/Lernausdauer 0.29
Unterrichtsvariablen
4. Quantität des Unterrichts Unterrichtszeit 0.38 5. Qualität des Unterrichts Lehrstrategien 0.48
Psychologisches Umfeld
6. Häusliche Umwelt Elterliche Hausaufgabenkontrolle
7. Klassen- und Schulklima Klassenkohäsion 0.20
8. Außerschulische Bildungsaspiration des Freundeskreises 0.19
Peer-Beziehungen
9. Massenmediennutzung Fernsehzeiten -0.06
- Unterteilung in 9 Produktivitätsfaktoren
- Exklusivitätsanspruch (Cortina 2006): Kein anderer Produktivitätsfaktor kann gefunden werden, sondern alle anderen Faktoren lassen sich irgendwie mit einem der 9 Produktivitätsfaktoren von Walberg verknüpfen
Kognitive Schülermerkmale: Vorwissen
Definition
- Definition nach Dochy & Alexander (1995)
> gesamtes Wissen des Lerners mit dynamischem Charakter
> steht vor der Bearbeitung einer Lernaufgabe zur Verfügung und kann aktiviert werden
> ist strukturiert und liegt in unterschiedlichsten Formen vor
> existiert explizit und implizit
> konzeptuelle und metakognitive Komponente - Dimensionen von Vorwissen nach Stark & Krause (2006)
> Inhaltliche Dimension:
neben deklarativem und prozeduralem Wissen auch das sog. Konditionale Wissen (Paris et al., 1983), d.h. Wissen, wann sich etwas sinnvoll einsetzen lässt
> Domänenspezifisches vs. Domänenunspezifisches Wissen:
Wichtiger ist hier ersteres (einfache Regeln nach Weinert: je allgemeiner eine Regel, desto weniger bringt sie in bestimmten Aufgaben, sog. Anwendungsextensitäts-Nutzungsintensitäts- Disproportionalität)
> Bewusstheit: explizites (d.h. Verbalisierbares) vs. Implizites (meist prozedurales) Wissen
> Repräsentationsformat: z.B. mehrfache Präsenz auch in Skizzen etc.
> Strukturiertheit: Vernetzung von Wissen
> Wissenschaftlichkeit: Alltagswissen vs. Fachlich korrekte Konzepte (—> evtl. Fehlende Motivation oder inadäquates Lernen
> Umfang des Wissens
> Handlungsrelevanz: Fähigkeit, vorhandenes Wissen auch anzuwenden> Bedeutung von Vorwissen
o Qualität und Schnelligkeit der Informationsverarbeitung bzw. Des Wissenserwerbs
o mit zunehmender Klassenstufe wird Vorwissen wichtiger als Intelligenz
—> Vorteil für weniger intelligente, aber fleißige und motivierte Schüler
o Vorteile von Experten gegenüber Novizen (vgl. Bransford 2000)
Diagnostische Erfassung von Vorwissen
- Konventionelle Klassenarbeit und Schulleistungstests
> Sorgfältige Konstruktion der Aufgaben
> Erfassung der Mängel und Fehler
> Fehlerkorrektur und zielerreichendes Lernen - Strukturanalyse des Vorwissens
> Breite der Mängel: Tests in verschiedenen Fächern und Themengebieten
> Schwere der Mängel: in kritischem Bezug zur Aufgabenschwere sowie im sozialen Vergleich
> Tiefe der Mängel: Zurückreichen der Wissenslücken durch Bearbeitung älterer Aufgaben und Vergleich mit durchschnittlichen Schülern
> Verbesserungsmöglichkeiten: Erlernen von fundamentalen Wissens und Abschätzung der „Zone der nächsten Entwicklung“, auch zur Laufbahnberatung
Kognitive Schülermerkmale: Intelligenz Definition
Intelligenz ist nur schwer zu definieren. Die wohl bekannteste Definition ist folgende:
Wechsler 1964:
Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit eines Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen.
Operationale Definition E.G. Boring 1923:
Intelligenz ist das, was der Intelligenztest misst.
Intelligenztheorien: Spearman: Zwei-Faktoren-Theorie (1927)
Methodische Grundlage
Man untersucht die Leistungen von Personen in verschiedenen Tests. Sogar in sehr unterschiedlichen Bereichen weisen diese eine gewisse Korrelation auf
—> Existenz einer allgemeinen Intelligenz (genannt g, „general intelligence“)
> g beeinflusst Lernen und Denken in allen Bereichen und ist ca. Das, was ein Intelligenz-Test misst > Korreliert hoch mit Schulabschluss (Brody 1992) sowie dem Wissen in Bereichen, die nicht in der Schule gelernt wurden (Lubinski 1997) > Als allgemeines Persönlichkeitsmerkmal aufzufassen Neben diesem Allgemeinfaktor gibt es für spezifische Aufgaben jeweils einen spezifischen Begabungsfaktor s. Die einzelnen s sind unabhängig voneinander und beschreiben nur, ob jemand besonders gut im Fortsetzen von Zahlenreihen etc. Ist.
Intelligenztheorien:
Horn & Cattell (1987): Hierarchisches Modell der kristallinen und fluiden Intelligenz
Gemäß dieser Theorie lässt sich allgemeine Intelligenz „g“ unterteilen in:
Kristalline Intelligenz:
Repräsentiert die Auswirkungen von Erfahrung und Bildung auf die Intelligenz („intelligenteres“ Verhalten durch das Lernen von Techniken bzw. Instrumentarien im Laufe des Lebens, z.B. Lernstrategien, Computer etc.). Umschließt auch Faktenwissen über die Welt, den Wortschatz, Rechenfähigkeiten und andere wissensorientierte Informationen. Stark bildungs- und kulturabhängig. Wird gemessen mit: Wortschatztest, Rechentest, Allgemeinwissen
Fluide Intelligenz:
Repräsentiert Abstraktionvermögen, schlussfolgerndes Denken vor allem in unbekannten Situationen und die Fähigkeit zum zügigen Umstrukturieren vorhandenen Wissens. Fluide Intelligenz ist weitgehend unabhängig von Lernerfahrung. Wird gemessen mit: Matrizenaufgaben, räumliche Anordnungen.
Empirische Rechtfertigung:
> Tests, die sich auf eine der beiden Bereiche stützen, korrelieren untereinander stärker
> Beide Teile nehmen eine unterschiedliche Entwicklung: Die kristalline Intelligenz wächst mit zunehmenden Alter an, die fluide Intelligenz erreicht mit ca. 25 Jahren ihren Höhepunkt und nimmt dann ab.
Intelligenztheorien: Thrustone: Theorie der Primärfaktoren (1941)
Wir treiben die Unterscheidung noch weiter. Nach Thurstone (1941) gibt es kein allgemeines g, sondern er unterscheidet sieben „primäre mentale Fähigkeiten“, aus denen sich Intelligenz zusammensetzt.
- number (Rechenfertigkeit):
Geschwindigkeit/Präzision bei einfachen arithmetischen Aufgaben
Test: Grundrechenarten - memory (Gedächtnis)
Behalten paarweise gelernter Assoziationen
Test: Wort-Zahl-Paare, Bild-Figuren-Paare etc. - induction/reasoning (Schlussfolgerndes Denken)
Auffinden einer allgemeinen Regel
Tests: Reihen fortsetzen - word fluency (Wortflüssigkeit)
rasches Produzieren von Wörtern mit bestimmten strukturellen oder symbolischen Erfordernissen
Test: Anagramme, Reime, Synonyme etc. - verbal comprehension (Sprachverständnis)
Kenntnis von Wörtern, ihrer Bedeutung sowie deren angemessene Verwendung im Gespräch
Test: verbale Analogien, Textverständnis, Rechtschreibung etc. - Space (Raumvorstellung)
Orientierung, Erkennen von Objekten unter anderem Bezugswinkel
Test: Rotationsaufgaben etc. - perceptual speed (Wahrnehmungsgeschwindigkeit)
Geschwindigkeit beim Vergleich/bei der Identifikation visueller Konfiguration
Test: Anstreichen bestimmter Symbole etc.
Methoden und Kritik
> Faktorenanalyse bei Intelligenztests: in den einzelnen Bereichen, die fluide Intelligenz nochmals präzisieren, sind die Korrelationen nochmals höher
> Problematik: Tendenz, dass Personen, die in einem Bereich sehr gute Leistungen bringen, das auch in anderen tun (—> Hinweis auf g)
Intelligenztheorien: Sternberg: Komponentenansatz intelligenter Prozesse (1977)
Starnberg 2000:
Intelligenz ist die Fähigkeit, im Leben erfolgreich zu sein, unter der Voraussetzung seiner persönlichen Standards und innerhalb seines sozio-kulturellen Kontexts.
Starnberg geht von unterschiedlichen Intelligenzkomponenten und nicht von einer allgemeinen Intelligenz aus.
- Triarchische Theorie der Intelligenz
> Analytische Fähigkeiten beinhalten Komponenten des Wissenserwerbs, des Problemlösen und der Metakognition
—> Entspricht den Kriterien gewöhnlicher Intelligenztests
> Kreative Fähigkeiten (erfahrungsbezogene Intelligenztests)
Umgang mit Alltagsaufgaben, etwa Konfliktlösung unter Mitmenschen
> Praktische Fähigkeiten (kontextuelle Intelligenz)
Fähigkeiten, mit praktischen Problemen erfolgreich umzugehen; praktisches Wissen: erfahrungs- und kontextabhängiges prozedurales - Empirische Befunde:
> Besserer Prädikator für schulischen Erfolg als klassische IQ-Tests (Starnberg 2000)
> Intelligenz ist weiter über verschiedene Schichten und Rassen verteilt
Intelligenztheorien: Gardner: Modell der multiplen Intelligenzen (1983)
Ausganssituation:
Gängige IQ-Tests erfassen wichtige Bereiche der Intelligenz gar nicht. Gardner behauptet stattdessen, dass Menschen acht verschiedene Intelligenzen besitzen.
Begründung:
> Untersuchung von Gehirngeschädigten: teilweise sind nur einzelne Funktionen nicht vorhanden, diese bilden selbstständige „Einheiten“ (z.B. interpersonale Kompetenz)
> Wunderkinder: Fähigkeiten auf nur einzelne Gebieten (Mozart: extreme musische Intelligenz trotz normalen Verhaltens in anderen Bereichen)
Bedeutung für schulisches Lernen
> IQ-Test zu sehr konzentrieren aus klassische Bereiche (Mathe, Sprache)
> Individuelle Förderung von Kindern anhand ihrer Stärken (z.B. für räumlich-visuell intelligente: Geschichte durch Nachstellungen plastisch machen)
Intelligenztheorien: Carrolls Three-Stratum-Modell (1993)
Eines der bestrecherchierten und aktuellsten Intelligenz-Modelle, auch CHC-Modell genannt nach Carroll, Horn und Catell. Basiert auf einer Metaanalyse von über 400 Studien.
Konzept: Intelligenz ist in drei Schichten (Engel. Stratum) zu gliedern
> Stratum III: Die allgemeine Intelligenz g
> Stratum II: 8 spezifische Intelligenz-Felder, die denen von Thurstone und Cattell ähneln
> Stratum I: jeweils spezifische Einzelfähigkeiten
Allgemeine Intelligenz g Flüssige Intelligenz Sequenzielles Schlussfolgern Induktives Schließen Quantitatives Schließen Kristaline Intelligenz Geschriebene Sprache Sprachverstehen Wortschatz Lernen und Gedächtnis (allgemein) Gedächtnisspanne Assoziatives Gedächtnis Visuelle Wahrnehmung (allgemein) Visuelle Vorstellung Raumrelation Geschwindigkeit der Gestaltbildung Auditive Wahrnehmung (allgemein) Diskrimination sprachlicher Laute Allgemeine Diskrimination von Geräuschen Gedächtnisabruf (allgemein) Kreativität Ideenflüssigkeit Benennungsgewandtheit Kognitive Schnelligkeit (allgemein) Bearbeitungstempo von Tests Zahlengewandtheit Wahrnehmungsgeschwindigkeit Verarbeitungsgeschwindigkeit Einfache Reaktionszeit Reaktionszeit bei Wahlreaktionen semantische Verarbeitungsgeschwindigkeit
Relevanz von Intelligenz für Schulisches Lernen
- Zusammenhang mit Problemlösendem Denken
- Intelligenz erklärt zwischen 25% und 45% der Unterschiede in Schulleistungen (nach Hasse & Latzko 2011)
- Mit zunehmender Klassenstufe abnehmende Bedeutung (Schneider et al. 1989)
- Ergebnisse aus der Experten-Novizen-Forschung: Experten weisen leicht höhere Intelligenzwerte auf (Sternberg u. Wagner 1985)
- Gute prognostische Validität für Schulerfolg: in Metaanalysen bis zu r=.50
o z.B. Amelang & Bertussek 1997; Fraser, Walberg, Welch & Hattie, 1987
Messung der Intelligenz: der IQ
Intelligenztests liefern ein Maß für die Gesamtintelligenz einer Person - den so genannten Intelligenzquotienten (IQ). Der Begriff wurde von William Stern (1912) eingeführt und ist das Maß für die intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Person im Vergleich zu Gleichaltrigen. Er wurde ursprünglich definiert als (Intelligenzalter ÷ Lebensalter) • 100.
Die moderne Definition ist etwas anders: Intelligenz ist - wie umfangreiche Tests zeigten - ähnlich wie viele Größen normalverteilt, gehorcht also einer Gauß‘schen Glockenkurve. Der IQ-Wert ist dabei der Mittelwert der Intelligenz in einer Altersgruppe und (willkürlich) auf 100 festgelegt. 15 Punkte auf der IQ-Skala entsprechen einer Standardabweichung. Bspw. Haben 68% der Personen einen IQ bon 85 bis 115 (das sind 2 Standardabweichungen).
Vorteil dieser Definition: IQ-Werte können auch über Altersstufen hinweg leicht verglichen werden.
Stabilität des IQ-Wertes
> Im Allgemeinen sehr hoch (v.a. Ab 7/8 Jahren) z.B. Brody 2002: „stabilste aller psychologischen Persönlichkeitseigenschaften“
> Korrelation zwischen 5 und 15 Jahren: ca. r = .67 (Humphreys 1989)
Intelligenztests Allgemein
Intelligenztests bestehen aus einzelnen Aufgaben oder „Items“ aus jeweils verschiedenen Itemgruppen oder Untertests. Dabei werden in verbaler oder nonverbaler Form Probleme vorgegeben oder Fragen gestellt, die von der Testperson eine Antwort bzw. Bearbeitung erfordern.
Die Fragen in diesem Test sind nach Gruppen geordnet, die im Schwierigkeitsgrad ansteigen. Die Summe der Punkte, die in einem IQ-Test erreicht wurde, bildet dann den Rohwert, der dann in einem aussagekräftigen Standardwert umgewandelt wird. IQ-Tests tendieren in der Regel zu einer Normalverteilung.
Allgemeines:
> Im Unterschied zum Leistungstest (misst tatsächlich erbrachte Leistungen in einzelnen Fächern) werden die Inhalte von Intelligenztests gewöhnlich nicht explizit in der Schule unterrichtet
> Paradigmenübergreifende Annahmen (nach Stern & Guthke 2001): Intelligenz ist ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal
> Mindestens 50% der Varianz in Intelligenztestleistungen ist in Kulturkreisen, in denen Kindern weitgehend alle Lerngelegenheiten offen stehen, genetisch erklärbar