Determinanten Der Schulleistung Flashcards

1
Q

Schulleistungsmodelle Hauptdeterminanten

A
  1. die relevanten Personenmerkmale und Lernvoraussetzungen [Emotion, Volition, Strategien, Vorwissen, Motivation]
  2. die Leistungen der Schule [v.a. Qualität und Quantität des Unterrichts]
  3. der Einfluss schulexterner und -interner Kontexte [Peers, Klasse, Medien, Eltern]

Die einzelnen Befunde aus diesem Spektrum müssen bei der Diagnose in Bezug gesetzt werden.
Von größerer Bedeutung sind die proximalen Faktoren, d.h. (1) und (2);
(3) zählt eher als distaler Faktor der Schulleistung, da sie kaum einen direkten Einfluss auf einzelne Leistungen ausüben.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Schulleistungsmodell nach Hesse/Latzko 2011

A

Schulleistung

Individuelle Lernvorraussetzungen (Emotionen, Lernmotivation, Volition, Vorwissen, Strategien)

	Unterrichtsqualität

		Elternhaus, Medien, Peers, Klassenklima
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Produktivitätsvorteile der Schulleistung nach Walberg 1986

A

Schülerkompetenz IQ/Leistungstest 0.44

1. Kognitive Fähigkeiten/Vorwissen
2. Entwicklungsstand					Alter/Reifung 0.10
3. Motivation								Interesse/Lernausdauer 0.29

Unterrichtsvariablen

4. Quantität des Unterrichts			Unterrichtszeit 0.38
5. Qualität des Unterrichts				Lehrstrategien 0.48

Psychologisches Umfeld
6. Häusliche Umwelt Elterliche Hausaufgabenkontrolle
7. Klassen- und Schulklima Klassenkohäsion 0.20
8. Außerschulische Bildungsaspiration des Freundeskreises 0.19
Peer-Beziehungen
9. Massenmediennutzung Fernsehzeiten -0.06

  • Unterteilung in 9 Produktivitätsfaktoren
  • Exklusivitätsanspruch (Cortina 2006): Kein anderer Produktivitätsfaktor kann gefunden werden, sondern alle anderen Faktoren lassen sich irgendwie mit einem der 9 Produktivitätsfaktoren von Walberg verknüpfen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Kognitive Schülermerkmale: Vorwissen

Definition

A
  • Definition nach Dochy & Alexander (1995)
    > gesamtes Wissen des Lerners mit dynamischem Charakter
    > steht vor der Bearbeitung einer Lernaufgabe zur Verfügung und kann aktiviert werden
    > ist strukturiert und liegt in unterschiedlichsten Formen vor
    > existiert explizit und implizit
    > konzeptuelle und metakognitive Komponente
  • Dimensionen von Vorwissen nach Stark & Krause (2006)
    > Inhaltliche Dimension:
    neben deklarativem und prozeduralem Wissen auch das sog. Konditionale Wissen (Paris et al., 1983), d.h. Wissen, wann sich etwas sinnvoll einsetzen lässt
    > Domänenspezifisches vs. Domänenunspezifisches Wissen:
    Wichtiger ist hier ersteres (einfache Regeln nach Weinert: je allgemeiner eine Regel, desto weniger bringt sie in bestimmten Aufgaben, sog. Anwendungsextensitäts-Nutzungsintensitäts- Disproportionalität)
    > Bewusstheit: explizites (d.h. Verbalisierbares) vs. Implizites (meist prozedurales) Wissen
    > Repräsentationsformat: z.B. mehrfache Präsenz auch in Skizzen etc.
    > Strukturiertheit: Vernetzung von Wissen
    > Wissenschaftlichkeit: Alltagswissen vs. Fachlich korrekte Konzepte (—> evtl. Fehlende Motivation oder inadäquates Lernen
    > Umfang des Wissens
    > Handlungsrelevanz: Fähigkeit, vorhandenes Wissen auch anzuwenden> Bedeutung von Vorwissen
    o Qualität und Schnelligkeit der Informationsverarbeitung bzw. Des Wissenserwerbs
    o mit zunehmender Klassenstufe wird Vorwissen wichtiger als Intelligenz
    —> Vorteil für weniger intelligente, aber fleißige und motivierte Schüler
    o Vorteile von Experten gegenüber Novizen (vgl. Bransford 2000)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Diagnostische Erfassung von Vorwissen

A
  • Konventionelle Klassenarbeit und Schulleistungstests
    > Sorgfältige Konstruktion der Aufgaben
    > Erfassung der Mängel und Fehler
    > Fehlerkorrektur und zielerreichendes Lernen
  • Strukturanalyse des Vorwissens
    > Breite der Mängel: Tests in verschiedenen Fächern und Themengebieten
    > Schwere der Mängel: in kritischem Bezug zur Aufgabenschwere sowie im sozialen Vergleich
    > Tiefe der Mängel: Zurückreichen der Wissenslücken durch Bearbeitung älterer Aufgaben und Vergleich mit durchschnittlichen Schülern
    > Verbesserungsmöglichkeiten: Erlernen von fundamentalen Wissens und Abschätzung der „Zone der nächsten Entwicklung“, auch zur Laufbahnberatung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Kognitive Schülermerkmale: Intelligenz Definition

A

Intelligenz ist nur schwer zu definieren. Die wohl bekannteste Definition ist folgende:

Wechsler 1964:
Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit eines Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen.

Operationale Definition E.G. Boring 1923:
Intelligenz ist das, was der Intelligenztest misst.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Intelligenztheorien: Spearman: Zwei-Faktoren-Theorie (1927)

A

Methodische Grundlage
Man untersucht die Leistungen von Personen in verschiedenen Tests. Sogar in sehr unterschiedlichen Bereichen weisen diese eine gewisse Korrelation auf
—> Existenz einer allgemeinen Intelligenz (genannt g, „general intelligence“)

> g beeinflusst Lernen und Denken in allen Bereichen und ist ca. Das, was ein Intelligenz-Test misst 
> Korreliert hoch mit Schulabschluss (Brody 1992) sowie dem Wissen in Bereichen, die nicht in der 	Schule gelernt wurden (Lubinski 1997)
> Als allgemeines Persönlichkeitsmerkmal aufzufassen

Neben diesem Allgemeinfaktor gibt es für spezifische Aufgaben jeweils einen spezifischen 	Begabungsfaktor s. Die einzelnen s sind unabhängig voneinander und beschreiben nur, ob jemand 	besonders gut im Fortsetzen von Zahlenreihen etc. Ist.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Intelligenztheorien:

Horn & Cattell (1987): Hierarchisches Modell der kristallinen und fluiden Intelligenz

A

Gemäß dieser Theorie lässt sich allgemeine Intelligenz „g“ unterteilen in:

Kristalline Intelligenz:
Repräsentiert die Auswirkungen von Erfahrung und Bildung auf die Intelligenz („intelligenteres“ Verhalten durch das Lernen von Techniken bzw. Instrumentarien im Laufe des Lebens, z.B. Lernstrategien, Computer etc.). Umschließt auch Faktenwissen über die Welt, den Wortschatz, Rechenfähigkeiten und andere wissensorientierte Informationen. Stark bildungs- und kulturabhängig. Wird gemessen mit: Wortschatztest, Rechentest, Allgemeinwissen

Fluide Intelligenz:
Repräsentiert Abstraktionvermögen, schlussfolgerndes Denken vor allem in unbekannten Situationen und die Fähigkeit zum zügigen Umstrukturieren vorhandenen Wissens. Fluide Intelligenz ist weitgehend unabhängig von Lernerfahrung. Wird gemessen mit: Matrizenaufgaben, räumliche Anordnungen.

Empirische Rechtfertigung:
> Tests, die sich auf eine der beiden Bereiche stützen, korrelieren untereinander stärker
> Beide Teile nehmen eine unterschiedliche Entwicklung: Die kristalline Intelligenz wächst mit zunehmenden Alter an, die fluide Intelligenz erreicht mit ca. 25 Jahren ihren Höhepunkt und nimmt dann ab.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Intelligenztheorien: Thrustone: Theorie der Primärfaktoren (1941)

A

Wir treiben die Unterscheidung noch weiter. Nach Thurstone (1941) gibt es kein allgemeines g, sondern er unterscheidet sieben „primäre mentale Fähigkeiten“, aus denen sich Intelligenz zusammensetzt.

  • number (Rechenfertigkeit):
    Geschwindigkeit/Präzision bei einfachen arithmetischen Aufgaben
    Test: Grundrechenarten
  • memory (Gedächtnis)
    Behalten paarweise gelernter Assoziationen
    Test: Wort-Zahl-Paare, Bild-Figuren-Paare etc.
  • induction/reasoning (Schlussfolgerndes Denken)
    Auffinden einer allgemeinen Regel
    Tests: Reihen fortsetzen
  • word fluency (Wortflüssigkeit)
    rasches Produzieren von Wörtern mit bestimmten strukturellen oder symbolischen Erfordernissen
    Test: Anagramme, Reime, Synonyme etc.
  • verbal comprehension (Sprachverständnis)
    Kenntnis von Wörtern, ihrer Bedeutung sowie deren angemessene Verwendung im Gespräch
    Test: verbale Analogien, Textverständnis, Rechtschreibung etc.
  • Space (Raumvorstellung)
    Orientierung, Erkennen von Objekten unter anderem Bezugswinkel
    Test: Rotationsaufgaben etc.
  • perceptual speed (Wahrnehmungsgeschwindigkeit)
    Geschwindigkeit beim Vergleich/bei der Identifikation visueller Konfiguration
    Test: Anstreichen bestimmter Symbole etc.

Methoden und Kritik
> Faktorenanalyse bei Intelligenztests: in den einzelnen Bereichen, die fluide Intelligenz nochmals präzisieren, sind die Korrelationen nochmals höher
> Problematik: Tendenz, dass Personen, die in einem Bereich sehr gute Leistungen bringen, das auch in anderen tun (—> Hinweis auf g)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Intelligenztheorien: Sternberg: Komponentenansatz intelligenter Prozesse (1977)

A

Starnberg 2000:
Intelligenz ist die Fähigkeit, im Leben erfolgreich zu sein, unter der Voraussetzung seiner persönlichen Standards und innerhalb seines sozio-kulturellen Kontexts.

Starnberg geht von unterschiedlichen Intelligenzkomponenten und nicht von einer allgemeinen Intelligenz aus.

  • Triarchische Theorie der Intelligenz
    > Analytische Fähigkeiten beinhalten Komponenten des Wissenserwerbs, des Problemlösen und der Metakognition
    —> Entspricht den Kriterien gewöhnlicher Intelligenztests
    > Kreative Fähigkeiten (erfahrungsbezogene Intelligenztests)
    Umgang mit Alltagsaufgaben, etwa Konfliktlösung unter Mitmenschen
    > Praktische Fähigkeiten (kontextuelle Intelligenz)
    Fähigkeiten, mit praktischen Problemen erfolgreich umzugehen; praktisches Wissen: erfahrungs- und kontextabhängiges prozedurales
  • Empirische Befunde:
    > Besserer Prädikator für schulischen Erfolg als klassische IQ-Tests (Starnberg 2000)
    > Intelligenz ist weiter über verschiedene Schichten und Rassen verteilt
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Intelligenztheorien: Gardner: Modell der multiplen Intelligenzen (1983)

A

Ausganssituation:
Gängige IQ-Tests erfassen wichtige Bereiche der Intelligenz gar nicht. Gardner behauptet stattdessen, dass Menschen acht verschiedene Intelligenzen besitzen.

Begründung:
> Untersuchung von Gehirngeschädigten: teilweise sind nur einzelne Funktionen nicht vorhanden, diese bilden selbstständige „Einheiten“ (z.B. interpersonale Kompetenz)
> Wunderkinder: Fähigkeiten auf nur einzelne Gebieten (Mozart: extreme musische Intelligenz trotz normalen Verhaltens in anderen Bereichen)

Bedeutung für schulisches Lernen
> IQ-Test zu sehr konzentrieren aus klassische Bereiche (Mathe, Sprache)
> Individuelle Förderung von Kindern anhand ihrer Stärken (z.B. für räumlich-visuell intelligente: Geschichte durch Nachstellungen plastisch machen)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Intelligenztheorien: Carrolls Three-Stratum-Modell (1993)

A

Eines der bestrecherchierten und aktuellsten Intelligenz-Modelle, auch CHC-Modell genannt nach Carroll, Horn und Catell. Basiert auf einer Metaanalyse von über 400 Studien.

Konzept: Intelligenz ist in drei Schichten (Engel. Stratum) zu gliedern
> Stratum III: Die allgemeine Intelligenz g
> Stratum II: 8 spezifische Intelligenz-Felder, die denen von Thurstone und Cattell ähneln
> Stratum I: jeweils spezifische Einzelfähigkeiten

Allgemeine Intelligenz g
	Flüssige Intelligenz
		Sequenzielles Schlussfolgern
		Induktives Schließen 
		Quantitatives Schließen
	Kristaline Intelligenz
		Geschriebene Sprache
		Sprachverstehen
		Wortschatz
	Lernen und Gedächtnis (allgemein)
		Gedächtnisspanne 
		Assoziatives Gedächtnis 
	Visuelle Wahrnehmung (allgemein)
		Visuelle Vorstellung
		Raumrelation
		Geschwindigkeit der Gestaltbildung
	Auditive Wahrnehmung (allgemein)
		Diskrimination sprachlicher Laute
		Allgemeine Diskrimination von Geräuschen
	Gedächtnisabruf (allgemein)
		Kreativität 
		Ideenflüssigkeit
		Benennungsgewandtheit 
	Kognitive Schnelligkeit (allgemein)
		Bearbeitungstempo von Tests
		Zahlengewandtheit 
		Wahrnehmungsgeschwindigkeit
	Verarbeitungsgeschwindigkeit
		Einfache Reaktionszeit
		Reaktionszeit bei Wahlreaktionen
		semantische Verarbeitungsgeschwindigkeit
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Relevanz von Intelligenz für Schulisches Lernen

A
  • Zusammenhang mit Problemlösendem Denken
  • Intelligenz erklärt zwischen 25% und 45% der Unterschiede in Schulleistungen (nach Hasse & Latzko 2011)
  • Mit zunehmender Klassenstufe abnehmende Bedeutung (Schneider et al. 1989)
  • Ergebnisse aus der Experten-Novizen-Forschung: Experten weisen leicht höhere Intelligenzwerte auf (Sternberg u. Wagner 1985)
  • Gute prognostische Validität für Schulerfolg: in Metaanalysen bis zu r=.50
    o z.B. Amelang & Bertussek 1997; Fraser, Walberg, Welch & Hattie, 1987
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Messung der Intelligenz: der IQ

A

Intelligenztests liefern ein Maß für die Gesamtintelligenz einer Person - den so genannten Intelligenzquotienten (IQ). Der Begriff wurde von William Stern (1912) eingeführt und ist das Maß für die intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Person im Vergleich zu Gleichaltrigen. Er wurde ursprünglich definiert als (Intelligenzalter ÷ Lebensalter) • 100.

Die moderne Definition ist etwas anders: Intelligenz ist - wie umfangreiche Tests zeigten - ähnlich wie viele Größen normalverteilt, gehorcht also einer Gauß‘schen Glockenkurve. Der IQ-Wert ist dabei der Mittelwert der Intelligenz in einer Altersgruppe und (willkürlich) auf 100 festgelegt. 15 Punkte auf der IQ-Skala entsprechen einer Standardabweichung. Bspw. Haben 68% der Personen einen IQ bon 85 bis 115 (das sind 2 Standardabweichungen).

Vorteil dieser Definition: IQ-Werte können auch über Altersstufen hinweg leicht verglichen werden.

Stabilität des IQ-Wertes
> Im Allgemeinen sehr hoch (v.a. Ab 7/8 Jahren) z.B. Brody 2002: „stabilste aller psychologischen Persönlichkeitseigenschaften“
> Korrelation zwischen 5 und 15 Jahren: ca. r = .67 (Humphreys 1989)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Intelligenztests Allgemein

A

Intelligenztests bestehen aus einzelnen Aufgaben oder „Items“ aus jeweils verschiedenen Itemgruppen oder Untertests. Dabei werden in verbaler oder nonverbaler Form Probleme vorgegeben oder Fragen gestellt, die von der Testperson eine Antwort bzw. Bearbeitung erfordern.

Die Fragen in diesem Test sind nach Gruppen geordnet, die im Schwierigkeitsgrad ansteigen. Die Summe der Punkte, die in einem IQ-Test erreicht wurde, bildet dann den Rohwert, der dann in einem aussagekräftigen Standardwert umgewandelt wird. IQ-Tests tendieren in der Regel zu einer Normalverteilung.

Allgemeines:
> Im Unterschied zum Leistungstest (misst tatsächlich erbrachte Leistungen in einzelnen Fächern) werden die Inhalte von Intelligenztests gewöhnlich nicht explizit in der Schule unterrichtet
> Paradigmenübergreifende Annahmen (nach Stern & Guthke 2001): Intelligenz ist ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal
> Mindestens 50% der Varianz in Intelligenztestleistungen ist in Kulturkreisen, in denen Kindern weitgehend alle Lerngelegenheiten offen stehen, genetisch erklärbar

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Intelligenztest Beispiel (1): Der WISC-IV (2011, vormals HAWIK-IV)

A
  • Individualtest
  • Untersuchung der kognitiven Entwicklung
  • Altersbereich: 6 - 16 Jahre, 11 Monate
  • Für Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz
  • 15 Untertests, die in 4 Gruppen (Indizes) gegliedert werden
  • Kategorien (sog. Indizes)
    > Arbeitsgedächtnis (z.B. Buchstabenfolgen)
    > Sprachverständnis (Lösung alltäglicher Probleme „Warum putzen wir uns die Zähne?“
    > Verarbeitungsgeschwindigkeit (z.B. Zahl-Symbol-Tests)
    > Logisches Denken (Bildkonzepte Zusammenhang von Begriffen aufdecken)
  • Rahmenbedingungen
    > Start-Umkehr-Abbruchregeln zur Kontrolle von Über-/Unterforderung
    > Dauer: ca. 80 min
    > Geeignet für Altersstufe 6-16 Jahre
    > Individualtest (Verhaltensbeobachtung)
  • Einsatz für:
    > Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs oder Hochbegabung
    > Diagnostik von Lernbehinderungen: Klärung der Ursachen von Leistungsproblemen
  • Auswertung - Umrechnung in Wertpunkte:
    > 1. Ermittlung der Rohwerte
    > 2. Umrechnung der Rohwerte in Wertpunkte (altersnormiert)
    > 3. Berechnung der Wertpunktsummen der Indizes
    > Ermittlung des Gesamt-IQs (mit Prozentrang und Vertrauensintervall „realistische also am Durchschnitt orientierte Einschätzung der Werte“)
  • Gütekriterien
    > Objektivität und Reliabilität: sehr gut (Re-Test- Relibilität: ca. r = .90
    > Validität: Vergleiche mit anderen Test problematisch (andere Modelle!) - bei Hochbegabten sehr gut
  • Zugrunde liegendes Intelligenz-Modell: CHC-Modell (= Three-Stratum-Modell)
17
Q

Intelligenztest Beispiel (2): kulturfaire Tests von Catell, CFT 1 und CTF20-R

A
  • Zugrunde liegendes Konstrukt
    > Intelligenz nach dem Konzept von Cattell, Erfassung der fluiden Komponente der Intelligenz
    > im CFT 20-R auch Erfassung der kristallinen Komponente
    > Kulturfabrik (culture fair): basieren auf nicht-sprachlichem Material
  • Aufbau
    > CFT 1: Insgesamt 5 Untertests mit ausschließlich figuralem Material
    > CFT 20-R: Zwei Testteile mit je 4 Untertests mit ausschließlich figuralem Material; zusätzlich 2 Ergänzungstests zum Wortschatz und zu Zahlenfolgen, um verbale und numerische Fähigkeiten zu erfassen
  • Durchführung
    > CFT 1: Einzel- und Gruppentestverfahren
    o Altersbereich: 5; 3-9; 5 Jahre
    o Dauer 30-60 min
    > CFT 20-R: Einzel- und Gruppentestverfahren
    o Altersbereich: 8; 5-19 Jahre
    o Dauer: ca. 60 min
18
Q

Intelligenztest Beispiel (3): Kognitiver Fähigkeitstests KFT 4-12

A
  • Gruppentest für Klassenstufen 4 bis 12 (—> im Klassenverband durchzuführen)
  • Basis: Intelligenzmodell von Thorndike (1938) und Berliner Modell von Jäger
  • Subtests
    > Verbaler Teil: Wortschatz, Klassifikationen, Analogien
    > Quantitativer [Rechnerischer] Teil: Mengenvergleiche, Zahlenreihen, Gleichungen bilden
    > Nonverbaler Teil: Figurenklassifikation und -analogie, Faltaufgaben [entspricht tendenziell der fluiden Intelligenz nach Catell]
  • Dauer: ca. 3 Schulstunden
  • Gütekriterien
    > Objektivität, Reliabilität und Validität gut erfüllt
    > Detaillierte Normskalen für verschiedene Jahrgangsstufen und Schularten
  • Einsatz: z.B. für Schullaufbahn-Entscheidungen, Hochbegabung etc.

(!) Tests sollten/dürften nicht von Lehrern durchgeführt werden (!)

19
Q

Kognitive Schülermerkmale: Lernfähigkeit

A

Unterschiede zu Intelligenztests:
> Untersuchen nicht gegenwärtigen Status, sondern auch Entwicklungsmöglichkeiten (z.B. was könnte mit Hilfeleistung erreicht werden?, Kormann 1982)
> nach einem Vortest gibt es eine sog. Pädagogisierungsphase, in der die Aufgabenlösung besprochen wird und dann ein Nachtest vorgelegt wird

Arten von Lerntests (Guthke 1978)

a) Punktuelle Tests
b) Re- bzw. Paralleltests (deutliche Fortschritte bei einer Testwiederholung)
c) Kurzzeitlerntests
d) Langzeitlerntests (sieben bis acht Tage Pädagogisierungsphase)
e) Intervalltests (halbes Jahr P.-Phase.                          

Einsatzmöglichkeiten und Kritik
Kaum Lerntests die als entwickelte Verfahren angesehen werden können. Scheitern also schon am Nichtvorhandensein der Instrumente. Zudem können die geprüften Fähigkeiten leicht trainiert werden; Probleme der Leistungstest werden kaum überwunden (v.a. Bei Lernschwachen Schülern ergeben sich ähnliche Ergebnisse).

20
Q

Kognitive Schülermerkmale: Konzentration & Aufmerksamkeit Definition

A

Konzentration (lat.) bedeutet so viel Verdichtung, Sammlung, Zusammenfassung, Gruppierung um einen Mittelpunkt.

Aufmerksamkeit nach Dorsch et al. 1994:
Aufmerksamkeit ist eine auf Beachtung eines Objektes gerichtete Bewusstseinshaltung, durch die das Beobachtungsobjekt apperzipiert wird.

Komponenten der Konzentration („Gipfel der Aufmerksamkeit“)
> zielgerichtete Anspannen des Willens
> abschirmendes Ausschalten störender Wahrnehmungen
> hellwacher Zustand der Aufnahmebereitschaft
> gegliedertes Ordnen des Denkens
> filterndes Erinnern des Wissens

Vigilanz: Daueraufmerksamkeit, d.h. Bereitschaft, auf kleine Veränderungen schnell zu reagieren (—> Nachtfahrt im Auto)

21
Q

Konzentrationsstörung & Diagnose Konzentration & Aufmerksamkeit

A
  • Konzentrationsstörungen
    > Häufigkeit:
    o Laut Eltern: 38% (Hausaufgaben)
    o Laut Lehrer: 44,7%
    o Nach Perret et al. 62,8% leicht betroffen und 2,4% schwer (klinische Relevanz)
    > Symptomatik:
    o Konzentrationsstörung: akute, begrenzte vorübergehende Schwierigkeit (z.B. Unlust)
    o Konzentrationsschwäche: habituelles dauerhaftes Persönlichkeitsmerkmal (z.B. angeborene Defekte)
    Sowohl motorisch unruhige Kinder als auch ruhige, zu langsam arbeitende Kinder werden gemeinhin konzentrationsgestört genannt
  • Diagnose von Konzentration und Aufmerksamkeit
    > Testverfahren, die so einfach sind, dass es nur auf Geschwindigkeit und Sorgfalt ankommt (z.B. auf einer Seite im Buch alle „e“ markieren)
    > Testverfahren, bei denen die Koordination verschiedener Tätigkeiten verlangt wird (z.B. Rechnen und in Abhängigkeit vom Ergebnis die Durchführung von Addition oder Subtraktion von Zwischenergebnissen)
    > Neuropsychologische Tests (z.B. EEG; sehr hoher technischer Aufwand)
    > Fremdbeobachtungsverfahren oder Selbstbeobachtung (meist durch Fragebögen mit Skalen erfasst)
  • Beispiel: Das Münchner Verhaltensinventar nach Helmke & Renkl 1992
    > Fremdbeobachtungsverfahren
    > Unterscheidung des Unterrichtsbezugs
    o On-Task: erfüllt Aufgaben des Unterrichts (passiv), bringt sich ein (aktiv), oder reagiert auf Lehrer (relativ)
    o Off-Task: Verpasst Lerngelegenheit (passiv) oder stört (aktiv)
    o No-Task: kein Vorliegen einer Aufgabe
    > Durchführung: in einer Klasse werden Schüler nacheinander für 5 Sekunden beobachtet; viermalige Wiederholung
    > Beobachtertraining führt zu guten Werten bei den Gütekriterien
    > Ergebnisse (2. Klasse, 54 Klassen untersucht)
    o 78% der Zeit sind Schüler aufmerksam, Schwankung großteils durch Klassendazugehörigkeit erklärbar
    o Mittlere Korrelation zwischen tatsächlicher Aufmerksamkeit und Einschätzung des Lehrers
22
Q

Kognitive Schülermerkmale: Kognitive Stilmerkmale

A

Lukesch 1998:
Kognitive Stile sind relativ angenommene Formen der Informationsverarbeitung/individuelle Formen des Umgangs mit Informationen.

Treten auf als
> Voraussetzung für Lernerfahrung
Beispiel: Impulsivität ist schlechte Voraussetzung für entdeckendes Lernen
> Folge von Lernerfahrungen (quasitherapeutische Interventionen)

A. Informationsaufnahme (Feldabhängigkeit vs. Feldunabhängigkeit)
Unterscheidung des Einfluss der Wahrnehmungsumgebung auf wahrgenommene Figur (Witkin et al. 1971)
> Probanden werden Formen (z.B. Haus, Zeit) gezeigt. Vorführung auch in komplexeren Umgebungen. Anschließend selbstständiges Auffinden der Formen in weiteren Bildern
> Feldunabhängige Person: Erkennung von Figuren und Objekten unabhängig von der Umgebung
> Feldabhängige Person: Objekterkennung abhängig von den umgebenden Reizkonfigurationen
> Kritik nach Schulte (1974): geringe Generalität dieses Merkmals über verschiedene Situationen hinweg und Beschränkung auf perceptive-kognitive Aufgaben

B. Informationsverarbeitung (Begriffsbildungsstile: analytisch-deskriptiv, relational)

c. Informationsanwendung (kognitive Reflexivität vs. Kognitive Impulsivität)
Unterscheidung der kognitiven Stilvarianten bei der Aufgabenlösung (Kagan 1965)
> MFF - Matching Familiar Figures Test: 1 Standardbild mit 6 Vergleichsbildern, die sich nur im Detail unterscheiden. Das genau passende Bild soll herausgefunden werden
> Kognitive Reflexivität: wenig Fehler, längeres Abwägen der Lösungsmöglichkeiten, aber immer noch höhere durchschnittliche Reaktionszeiten
> Kognitive Impulsivität: mehr Fehler, schnelle Entscheidung, schnelleres Reagieren im
Gruppendurchschnitt
> Kritik: Keine Berücksichtigung der langsamen Probanden
> Wichtig: Keine Aussage über Impulsivität im alltäglichen Umgang, hier nur kognitive Impulsivität

Belohnungsaufschub („Delay of gratification“)
> Einführung des Konzepts „Belohnungsaufschub“ anstatt der Willensstärke (Bandura & Mischel 1965)
> Real oder über Fragebogen wurde man vor die Wahl gestellt: Entweder sofort eine kleine Belohnung oder später nach einer Wartezeit eine größere Belohnung

23
Q

Kognitive Schülermerkmale: Sprachkompetenzen

A
  • Über Sprache zu verfügen ist ein wesentliches Charakteristikum des Menschen
  • 3 Funktionen (Bühlerisches Organon-Modell der Sprache, erweitert durch Popper 1996):
    Ausdrucksfunktion (eines inneren Zustandes), Appellfunktion, Darstellungsfunktion und argumentative Funktion
  • Herausragende Bedeutung der auditiven und sprachlichen Kompetenzen im Bereich schulischen Lernens (verbal erbrachte Leistungen und sprachliche Vermittlungswege)
  • Voraussetzungen des Spracherwerbs (Westrich 1978)
    1. organische Voraussetzungen (gesundes Gehör, funktionsfähiges Gehirn, intakte Sprechwerkzeuge, ausreichende Intelligenz
    2. Soziale Voraussetzungen (sprachliche Umwelt als Vorbild- und Korrekturlieferant)
    3. Individuell psychische Voraussetzungen (Sprach- und Sprechmotivation, personenadäquates Lernen)
  • Bereiche, die durch psychologische Verfahren diagnostiziert werden können:
    1. Hörverständnis (z.B. „FST“ Lehnhard, 1978)
    2. Sprachverständnis (z.B.: „DFT“ Preuser, 1976)
    3. Allgemeine Sprachkompetenzen (z.B.: „ADST“ Steinert, 1978)
    4. Wortschatz (z.B.: „WST“ Schmidt & Metzler, 1992)
    5. Sprechkompetenzen (z.B.: „LUT 4-7“ Fried, 1980)
  • Verzahnung von Diagnose- und Fördermöglichkeiten, oft Einsatz dieser Verfahren im Übergangsbereich zwischen Kindergarten - Schule —> frühzeitige Diagnose und Behebung von Problemen und Ermöglichung einer problemlosen Ausbildung der Lese- und Schreibkompetenzen
24
Q

Kognitive Schülermerkmale: Kreativität

A

Definition:
Kreativität meint das schöpferischen (originellen, innovativen) Leistungen zugrunde liegende Denken

Begriffliche Unschärfe
> Wichtige Erziehungsziele und wichtiges Kriterium beruflicher Bildung (Krampen 1993)
> Kreativität: Neuheit, Richtigkeit, „soziale“ Brauchbarkeit (nicht „Abstrusität“)
> Einführung des Begriffs durch Guilford (1950)
—> Konzeptionalisierung von Kreativität im „Modell des menschlichen Intellekts“

5 verschiedene Denkoperationen

a) Kognition: Fähigkeit, Gegebenheiten aufzufassen, Entdeckungen zu machen 
b) Gedächtnis: Wissen und Kenntnisse, um in einem Realitätsbereich etwas Neues finden zu 	können
 	c) Divergente Produktion: Denkformen, die zu mehreren Lösungsmöglichkeiten für ein Problem 	führt: Zeichnet sich aus durch Flüssigkeit (Grad der Leichtigkeit, Gespeichertes abzurufen, z.B. 	möglichst viele Worte mit „-tion“ zu finden), Flexibilität (Umstrukturierung von Gegebenem, 	Konstruktion von Neuem), Originalität (Dinge anders interpretieren) und Elaborationsfähigkeiten 	(Konzepte ausarbeiten, weiterdenken)
d) Konvergente Produktionen: Probleme mit eindeutiger Lösung (kreatives Verhalten: Fähigkeit, 	Gegebenheit verschiedener Art zu ordnen oder zu transformieren)
e) Bewertung: Bewertung der Ausgangssituation aufgrund von Logik, Erfahrung, eigener 	Urteilsfähigkeit und Entdeckung des Problems (notwendig für kreativen Prozess)
25
Q

Methoden der Kreativitätsdiagnostik

A

4 verschiedene Herangehensweise der Kreativitätsdiagnose (nach Krampen 1993)

Biographische Methode:
—> Erfassung bereits erbrachter kreativer Produktionen (z.B. Anzahl der bisherigen Erfindungen, Publikationen…)
—> Keine syst. Erhebungsverfahren im deutschsprachigen Raum
Selbstbeurteilungsmethode
—> Identifikation eines kreativitätsspezifischen Persönlichkeitssyndroms
—> Oder: Beurteilung der Selbstsicht bezüglich kreativitätsspezifischen Merkmale
—> Erfassung durch „GIFT“-Vorangehensweise von Urban 1982
Fremdbeurteilungsmethode
—> Beurteilung von Personen/Produkten durch außenstehende (z.B.: Eltern, Lehrer,…)
—> Erfassung nach dem Verfahren von Seiffge-Krenke 1974
Psychometrisches Verfahren
—> Unter optimaler Bedingungen (z.B.: kein Zeitdruck) soll eine Vielzahl an Lösungen, die unvorhersehbar waren stimuliert werden
—> Erfassung nach der Methode von Guilford (1950) - hauptsächlich Produktivitätsaspekt erfasst

Kritik der Kreativitätsdiagnostik
> Schulischer Bereich: kreative Kinder können zu einem Problem werden (Lukesch 1995)
—> oft keine Entfaltung ihres Potentials möglich
> Änderung der situativen Umstände —> Abhängigkeit von Intelligenz- und Kreativitätstests (unter Zeitdruck weniger kreative Lösungen + Korrelation zu Intelligenzvariablen, Krause 1977)

26
Q

Affektiv-motivationale Lernvoraussetzungen

A

Erklären ca. 25% der Unterschiede in den Lernleistungen (Schulleistungsmodell von Bloom, 1976)

  • Schul- und Leistungsangst
  • Motivation und ihre Diagnostik
  • Selbstkonzept
27
Q

Schul- und Leistungsangst Definitonen

A

Definition Angst, Krohne 1976
Angst bezeichnet einen hochgradig unangenehm erlebten Erregungsanstieg angesichts der Wahrnehmung bestimmter Gefahrenmomente

Begriffsunterscheidung
> Ängstlichkeit (Persönlichkeitsmerkmal, zeit- und situationsübergreifend)
> Angst (situationsbezogene Reaktion; kurzfristig bestehender Zustand)
> Phobie: Übermäßgie Furcht vor bestimmten Objekten oder Ereignis (unterliegt nicht der Kontrolle des Willens, verursacht Situationsvermeidung, kann nicht vernünftig erklärt werden (Marks 1969)

Definition Schulangst nach Lukesch 1998:
Schulangst ist die überdauernde Bereitschaft, in leistungsthematischen Situationen im Umfeld der Schule mit interindividuell unterschiedlichen Mustern subjektiver, motorischer sowie physiologischer Komponenten zu reagieren.

Zwei verschiedene Angstkomponenten
> Aufgeregtheitskomponente: Alle physiologisch fassbaren Veränderungen angesichts einer Prüfungssituation (Teilaspekte durch Beobachtung erfassbar)
> Besorgtheitskomponente: Selbstzweifel, antizipierte Versagensvorstellungen (nur im Gespräch oder Fragebögen explorierbar)

28
Q

Schul- und Leistungsangst

A
  • Raktionsebenen der Angst
    > Drei verschiedene Verhaltensebenen (Rachmann und Bergold 1976)
    o Verbal-subjektive (oft: kognitive) Ebene (Spannung, Panik)
    o Physiologische Ebene (Zittern, Herzjagen, etc.)
    o Verhaltensmäßig-motorische Ebene (Flucht- und Vermeidungsreaktionen)
    > Unterscheidung bringt jedoch Probleme mit sich: äußern sich selten gleich deutlich bzw. Zeitgleich, zeitlich verschobene Reaktion auf Stimuli, interindividuell große Unterschiede in der Äußerung von Angstsymptomen, Verhaltensindikatoren mehrdeutig (z.B. leises Sprechen nicht unbedingt Zeichen von Angst)
  • Physiologische Angstindikatoren
    > Exakte Feststellung nur mit hohem apparativen Aufwand
    > Beispiele: höherer Blutdruck, erhöhte Schweißdrüsenaktivität, etc.
    > Teilweise von außen beobachtbar (z.B. „trockener Mund“ durch häufiges Schlucken)
  • Interviewmethoden zur Diagnose von Angstsymptomen
    > Auf individuelle bzw. Gruppenspezifischer Ebene wird erfragt?
    o Situationskontrolle: Welche Situationen lösen Angst aus?
    o Reaktionsrepertoire: Wie manifestiert sich diese Angst im Individuum?
    o Verstärkerbedingungen: Welche sind aufrechterhaltenden Konsequenzen für die Angstreaktion vorhanden?
    > Schwierigkeit, Gütekriterien festzumachen
    > SI-EIKA 5-7: standardisiertes Interview zur Erfassung der Ängstlichkeit im Kindesalter (5-7 Jahre)
  • Fremdbeobachtung von Angstsymptomen
    > Beispiel: Beobachtungsliste nach Hainzlmayr, 1984
    > Einzelen Items werden mit Punkten 0 (nicht vorhanden), 1 (vorhanden), 2 (stark) bewertet
    o Beispiele: auffällige Gesichtsfarbe, Atmung, Motorik, Sprache
    o Gesamtwert: Maß für das Angstempfinden
    > Güte solcher Fremdbeobachtung (Lukesch 1986)
    o Korrelation zweier Tester: r = .56
    o Korrelation mit Selbsteinschätzung relativ hoch, höhere Validität als bei Fragebögen
  • Selbsteinschätzung durch Schüler
    z.B. Angstthermometer (nach Hesse & Latzko 2011)
    0-10 (Ankreuzen)
  • Fragebögen
    Beispiel (I): KAT-II (Kinder-Angst-Test 2000)
    > Drei Teile: A zum Persönlichkeitszug Ängstlichkeit, P und R zur prospektiven und retrospektiven State-Angst vor und nach Prüfungssituationen
    > Erfüllt Gütekriterien gut
    Beispiel (II): Differentielle Leistungsangst Inventar - DAI (Rost & Schermer 1997)
    > Vier Ebenen: Angstauslösung, Angsterscheinungsweisen, Angsterarbeitung, Angststabilisierung
29
Q

Motivation Arten und Zielorientierung

A
  • Allgemeine Arten von Motivation
    > Extrinsisch: von äußeren Anreizen verursacht (materielle Belohnung, sozialen Anerkennung, Zensuren, Vermeidung von Strafe)
    > Intrinsisch: Beweggrund im Lerngegenstand oder der Tätigkeit selbst (interessenbasiert)
    o Streben des Lernens nach persönlicher Verursachung eigenen Handelns!
    o Lernen ist intrinsisch motiviert, wenn Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit (Deci & Ryan 1985) erfüllt sind
    o Undermining: Extrinsische Anreize schwächen intrinsische Motivation
    > Anteil an intrinsischer und extrinsischer Motivation meist nicht zu identifizieren (fließende Übergänge)
  • Unterschiedliche Zielorientierung bei Schülern (Spinath 2002)
    1. Lernziel: Fokus auf eigenen Lernfortschritt; sehen auch anspruchsvolle Aufgaben eher als Chance (—> günstige Attributionen und dauerhafte Vorteile)
    2. Leistungsziel: Fokus darauf, vorhandene Kompetenzen bestmöglich zu Geltung zu bringen (z.B. Klassenbester werden), Inhalte von geringerer Bedeutung [kurzfristig und für Prüfung vorteilhaft, dauerhaft weniger]
    3. Vermeidungs-Lernziele: Versuch, nicht vorhandene Kompetenz zu verbergen
    4. Arbeitsvermeidung: weder durch Lerninhalte noch Noten anzuspornen
30
Q

Leistungsmotivation Definition

A

Rheinberg 1980:
Ein Verhalten ist leistungsmotivert, wenn es auf eine Auseinandersetzung mit Gütemaßstäben gerichtet ist. Der Handelnde versucht dabei, einen subjektiv als verbindlich erlebten Maßstab zu erreichen oder zu übertreffen.

Lukesch 1998:
Leistungsmotivation ist das Bestreben, die eigenen Tüchtigkeit in all jenen Tätigkeiten zu steigern oder möglichst hoch zu halten, in denen man Gütemaßstäbe für verbindlich hält und deren Ausführung deshalb gelingen oder misslingen kann.

Unterscheide zwischen
> Erfolge-suchende Strategien (Hoffnung auf Erfolg: HE)
> Misserfolg-meidende Strategien (Furcht vor Misserfolg: FM)
> Gesamtmotivation = HE + FM
> Nettohoffnung = HE - FM

Große Bedeutung von Kausalattributionen, vgl. Schema nach Weiner, 1976

31
Q

Lernmotivation Definiton & Modell

A

Lukesch 1998:
Unter Lernmotivation versteht man die momentane Bereitschaft eines Individuums, seine sensorische, kognitiven und motorischen Fähigkeiten auf die Erreichung eines Lernziels zu richten und zu koordinieren.

Lernmotivationsmodell nach Heckhausen
> Situative Gegebenheit (v.a. Extrinsisch)
> „Knackige“ Formel nach Heckhausen
Lernmotivation = (LM · E · A) + sA + N + {bId + bZust + bAbh + bGelt + bStrafV}
Intrinsischer Bestandteil Extrinsischer Teil
o Intrinsischer Bestandteil:
1) Lernmotivation (LM) wird verstärkt durch die Erreichbarkeit (E), also meist Lösbarkeit der Aufgabe und eine angemessene Schwierigkeit, also einen sinnvollen - Anreiz der Aufgabe (A)
Multiplikativ verknüpft —> (E x A) bei mittlerem Schwierigkeitsgrad am größten
2) Neuigkeitsgehalt (N): z.B. Durchbrechen von Erwartungen
3) sachbereichsspezifische Anreize (sA) (vorhandene Interessen)
o Extrinsischer Bestandteil:
· Bedürfnis nach Identifikation mit Erwachsenenvorbild (vor allem wegen dessen Kompetenz oder Macht) (bId)
· Bedürfnis, Zustimmung zu erhalten: Hoffnung auf positive Rückmeldung (bZust)
· Bedürfnis nach Geltung und Anerkennung: durch Lehrer, Peerss etc. (BGelt)
· Bedürfnis nach Strafvermeidung: vgl. Bestrafungsmacht des Lehrers (bStrafV)

32
Q

Neugiermotivation

A

Dorch, Häcker & Stapf 1994:
Neugier ist die aus dem Neugierverhalten abgeleitete Tendenz, subjektiv Neues zu erleben, zu untersuchen, zu erkunden

Eigenschafts- (allgemein an Neuem interessiert) vs. Zustandsbegriff (momentan interessiert)

  • Variablen (kommen durch ein In-Beziehung-setzen-zustande):
    Situative Bedingungen
    > Neuartigkeit (Vergleich eines Reizes mit einem früheren)
    > Komplexität (Vergleich eines Elements mit anderen, begleitenden Elementen)
    Bedingungen im Individuum
    > Ungewissheit (Vergleich zwischen Reizen und Erwartungen)
    > Konflikt (Vergleich von gleichzeitig aktivierten Reaktionstendenzen)
  • Formen der Neugier nach Berlyne (1974)
    > Perzeptuelle Neugier: durch neuartige Stimuli ausgelöst und durch wiederholte Aussetzung gegenüber diesen Stimuli wieder reduziert
    > Epistemische Neugier: Drang nach Wissen
    > Spezifische Neugier: Suche nach bestimmter Information (orientiert an stimulierenden Eigenschaften der Umwelt)
    > Diverse Neugier: Suche nach Neuem (in Situationen der Langeweile, bestimmt durch Spiel- und Suchverhalten)
  • Diagnostisches Beispiel: SELLMO (Skalen zur Erfassung der Lern- und Leistungsmotivation, Spinath et al. 2002)
    > Erfassung der Zielorientierung in vier Dimensionen der Zielorientierung nach Spinath
    > Design: Aussagen der Form „In der Schule geht es mir um…“ mit 5 Stufen
    > Dauer: ca. 10-20 Minuten, Gütekriterien gewährleistet
33
Q

Selbstkonzept

A

Rost 2006:
Unter dem Selbstkonzept versteht man das mentale Modell einer Person über ihre Fähigkeiten und Eigenschaften

Das Selbstkonzept hat viele Ausläufer - hier interessieren wir uns v.a. Für das akademische Selbstkonzept bzw. Das Fähigkeitsselbstkonzept, das auf die einzelne Fächer bezogen ist.

Einteilung nach Shavelson 1976
Selbstkonzept:
Akademisches Selbstkonzept
Soziales Selbstkonzept
Emotionales Selbstkonzept
Körperliches Selbstkonzept
> Im Deutschen auch: Akademisches Selbstkonzept = Fähigkeitskonzept
> Relevanz: Korrelation von Akademischem Selbstkonzept und Schulleistung: r=.42 (Hattie 1982)
> Eher günstig: leichte Überschätzung der eigenen Fähigkeiten (führt zu hohen Ansprüchen und Motivation —> bessere Leistungen —> Bestätigung)
> Maßgeblicher Einfluss: Sozialer Vergleich mit Lerngruppen [vgl. Big-Fish-Little-Pond-Effekt nach Marsch, 2005: gute Hauptschüler haben bessere Selbstkonzept als schlechte Gymnasiasten - trotz gleicher Leistung]

  • Diagnostisches Beispiel: SESSKO (Skalen zur Erfassung des schulischen Selbstkonzeptes, Spinath et al. 2002)
    > Vier-Aspekte: kriterial (in Bezug auf Lehrplan), sozial (im Vergleich zu Mitschülern), individuell (im Vergleich zu früher), absolut (ohne konkreten Bezug)
    > Ablauf: 22 Items, Dauer: bis 15 Minuten; Zielgruppe: 4. bis 10. Klasse
    > Gütekriterien: erfüllt, Validität von Ingenkamp (2005) angezweifelt (Grund: einzelne Skalen zu sehr korreliert, Konstrukte überlagern sich mit Prüfungsangst etc.)
34
Q

Psychologisches Umfeld: Klassenklima

A

Klauer 2012:
Das Klassenklima ist der subjektiv wahrgenommene Eindruck der Lehrer-Schüler-Beziehung, der Beziehungen der Schüler untereinander sowie des Engagements der Lernenden und Merkmalen der Intruktion.

  • Grundlagen
    > Aspekte des Begriffs
    o Emotionale Grundstimmung, u.a. Lehrer-Schüler-Beziehung
    o Erzieherische Grundorientierungen und Werhaltungen („Schulethos“)
    o subjektive Wahrnehmung und Gestaltung wichtiger Merkmale in schulischer Umgebung durch Schüler
    > Typen des Klassenklimas
    o individuelles Klima (Wahrnehmung einer einzelnen Person)
    o aggregiertes Klima (Ø Wahrnehmung einer Gruppe)
    o kollektives Klima (bestimmte Gruppen sehen das Klima ähnlich, vgl. Faule vs. Streber in einer Klasse)
    > Klima als soziale Lernvoraussetzungen (z.B. Eder 1996; Satow 1999)
    o beeinflusst die Schulleistung
    o Auswirkung auf Persönlichkeitsentwicklung und Verhalten
    o Selbstwirksamkeitserwatungen (vgl. Soziometrische Messung)
  • Diagnose
    > Interviews und Fragebögen
    > Beispiel: Landauer Skalen zum Sozialklima (LASSO, Saldern und Littig 1987)
    o 17 Skalen
    o Aspekte
    · Schüler-Lehrer-Beziehung (Persönliche Kontakte)
    · Schüler-Schüler-Beziehung (Cliquen, Hilfsbereitschaft…)
    · Unterrichtsmerkmale (Leistungsdruck, Zufriedenheit mit Unterricht, Fähigkeit des Lehrers zur Vermittlung der Inhalte)
    · Lernhaltungen (Resignation, reduziert Teilnahme
  • Einfluss des Klimas auf Selbstwirksamkeit (Satow 1999)
    > „Mastery-Klima“: Umgebung mit guten Voraussetzungen für steigendes FSK
    o Die Interaktion zwischen Lehrer und SuS ist individualisiert und unterstützend organisiert
    o Verwendung einer individuellen Bezugsnormorientierung
    o Untersuchung in der Sekundarstufe I: Kooperation der Schüler untereinander positiv
    —> Schul- und Klassenklima hat direkten und indirekten Einfluss auf die Leistungen (vor allem das individuell wahrgenommene!)
  • Probleme bei der Diagnose des Klassenklimas
    > Unterschiedliche Wahrnehmungsperspektiven (Ich-Über-Mich, Wir-Über-Sie, Wir-Über-Uns)
    > Inferenzgrad: Zufriedenheit etc. Kann kaum direkt gemessen werden
    > Trennung zwischen Beobachtungs-, Analyse- und Interpretationsebene