UN-Kaufrecht Flashcards
Allgemeines
- Wiener Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf
- Bei Auslandssachverhalten vorrangig zu prüfen
- Bei Anwendbarkeit keine weitere kollisionsrechtliche Prüfung
Systematik & Besonderheiten
Regelt
- Vertragsschluss
- Durchführung des Vertrages
- Angebot (frei widerruflich) und Annahme
- wesentliche Vertragsverletzungen, § 25 CISG (Unmöglichkeit, Verzug, pVV, Haupt-/Nebenpflichten)
Systematik
- Rechte des Käufers, Art. 45 ff. CISG
- Rechte des Verkäufers, Art. 61 ff. CISG
- Grundsätzlich verschuldensunabhängig (Art. 79, 80 CISG), eher verkäuferfreundlich
- Erfüllungsort ist grundsätzlich beim Verkäufer
Nicht erfasste Bereich / Lücken
Externe Lücken (Lösung nach Vertrags-/Deliktsstatut)
- Gültigkeit des Vertrages, Art. 4 lit. a) CISG
- Dringliche Wirkung des Vertrages, ~ b)
- Haftung für Personenschäden, Art. 5 CISG
- Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß (c.i.c. = culpa in contrahendo) – wird deliktisch eingeordnet
Interne Lücken
- die den Vertrag selbst betreffen, sind gemäß Art. 7 II CISG primär nach den Grundsätzen , die dem UN-Kaufrecht zugrunde liegen, zu füllen und ansonsten nach dem Vertragsstatut, das nach der Kollisionsnormen der lex fori (Art. 3 ff. Rom I-VO) zu ermitteln ist.
Fallbeispiel
Der in Deutschland ansässige D hat im März 2012 mit der Pizzafabrik des I in Italien einen Vertrag über die Lieferung von 1.000 Rohpizzen für das italienische Restaurant des D geschlossen. Nach der Zahlung des Preises stellt sich heraus, dass die Pizzen von schlechter Qualität sind, weil in der Fabrik des I anstelle von Salz Zucker in den Fertigteig eingebacken wurde. D will sein Geld zurück. I beruft sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages.
- (I)* Auslandsberührung: ja
- (II) K*ollisionsrechtliche Anknüpfung? Vereinheitlichtes Sachrecht - CISG
Prüfung des Anspruchs des D auf SE gegen I gem. Art. 74, 25 CISG
- räumlich-persönlicher Anwendungsbereich - trifft zu
- Aufenthalt/Niederlassung in verschiedenen Staaten, Art. 1 I, X lit. b) CISG
- Niederlassungsstaaten = Vertragsstaaten Art. 1 I a) und b) CISG
- sachlicher Anwendungsbereich - trifft zu (KaufV)
- KaufV Art. 1 CISG oder WerklieferungsV Art. 3 CISG
- KaufV – entgeltliche Lieferung beweglicher Gegenstände
- WerklieferungsV – Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Waren
- KaufV Art. 1 CISG oder WerklieferungsV Art. 3 CISG
- zeitlicher Anwendungsbereich - trifft zu
- Vertragsangebot nach Inkrafttreten des CISG im jeweiligen Staat?
- Deutschland - 1.01.1991 / Italien - 1.01.1988
- (III)* Ansprüche nach UN-Kaufrecht
- Nichterfüllungstatbestand der „wesentlichen Vertragsverletzung“, Art. 25 CISG
- Deutschland - 1.01.1991 / Italien - 1.01.1988
- OLG Frankfurt: „Wesentlich ist eine Vertragsverletzung dann, wenn der Vertragszweck durch sie so ernsthaft gefährdet ist, dass für die betroffene Vertragspartei infolge der Vertragsverletzung das Interesse an der Durchführung des Vertrages wegfällt.“
* (IV)* Bestimmung des Vertragsstatuts nach autonomen Kollisionsrecht
* da sich der I auf die Nichtigkeit des vertrages beruft und die Gültigkeit und Wirksamkeit nicht im UN-Kaufrecht geregelt ist, findet die ROM I-VO Anwendung
- Vertragsangebot nach Inkrafttreten des CISG im jeweiligen Staat?
Prüfung nach ROM I-VO
- Objektiv nach Art. 4 Rom I-VO zu bestimmen:
- Gewöhnlicher Aufenthalt des Unternehmers I?
- Werklieferungsvertrag = Kaufvertrag?
- Anhaltspunkte für eine Widerlegung der Vermutung nach Art. 4 III Rom-I VO (engere Verbindung)?Rechtsfolge: es gilt italienisches materielles Recht
Rechtswahl möglich?
- Rechtswahl grundsätzlich möglich, Art. 6 CISG
- Zulässigkeit einer solchen Rechtswahl richtet sich nach autonomen Recht, hier Art. 3 Rom I-VO
- CISG hat über Art. 59 Abs. 2 GG den Rang einfachen Bundesrechts
- Bestandteil der deutschen Rechtsordnung
- Wirksamer Ausschluss des CISG:
- „… es wird die Anwendung deutschen Rechts unter Ausschluss des UN-Kaufrechts vereinbart.“
Fallbeispiel (1. Abwandlung)
D verkauft die Pizzen im Frühjahr 2012 weiter nach England an die Fast-Food-Kette des B. B verlangt vor deutschen Gerichten Schadensersatz.
- räumlicher Anwendungsbereich
- Niederlassungsstaaten = Vertragsstaaten, Art. 1 I lit. a) CISG
- Deutschland (+) UK (-)
kollisionsrechtliche Vorschaltlösung
- Gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b) CISG ist das CISG auch dann räumlich anwendbar, wenn das vom Gericht des Forums – dieses muß nicht in einem Vertragsstaat liegen – anzuwendende Kollisionsrecht auf das Recht eines Vertragsstaats verweist.
- Auch ohne ausdrückliche Rechtswahl unterliegen alle Exportgeschäfte deutscher Verkäufer dem UN-Kaufrecht, da gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a) ROM I-VO auf das Recht des Verkäufers verwiesen wird und Deutschland Vertragsstaat ist!
- Vorbehalt gem. Art. 95 CISG? - findet hier keine Anwendung
- sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich ebenfalls i.O. -> CISG anzuwendendes Vertragsrecht
Vorbehalt gem. Art. 95 CISG?
- Deutschland hat erklärt Art. 1 Abs. 1 lit b) CISG nicht anzuwenden, wenn der Staat, auf den das deutsche IPR verweist, seinerseits einen Vorbehalt nach Art. 95 CISG erklärt hat
- Einen Vorbehalt nach Art. 95 CISG haben bisher erklärt:
- China
- Singapur
- Slowakei
- St. Vincent und die Grenadinen
- Tschechische Republik
- USA
Fallbeispiel (2. Abwandlung)
B aus England bestellt daraufhin bei dem Pizzagroßhändler V aus den USA Pizzen für seine Fast-Food-Kette. Auch diese sind jedoch verdorben.
B verlangt vor deutschen Gerichten Schadensersatz von V.
- räumlicher Anwendungsbereich
- Art. 1 Abs. 1 lit. a) CISG, Niederlassungsstaaten der Parteien = Vertragsstaaten
- USA (+), UK (-)
- kollisionsrechtliche Vorschaltlösung
- Art. 1 Abs. 1 lit. b) CISG ist auch dann räumlich anwendbar, wenn das vom Gericht des Forums – sieses muß nicht in einem Vertragsstaat sein – anzuwendende Kollisionsrecht auf das Recht eines Vertragsstaates verweist
- Vorbehalt gemäß Art. 95 CISG
- UN-Kaufrecht nicht anwendbar da USA vorbehalt erklärt hat und Deutschlan diesen anerkennt.
* Art. 4 Abs. 1 lit. a) ROM- I VO ist anwendbar
* Es wird auf US- amerikanisches Kaufrecht verwiesen, da der Aufenthalt des Verkäufers in den USA
* Allerdings ist eine Unteranknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 EGBGB notwendig, da die USA ein Staat mit mehreren Teilstaaten sind.
* Rechtsfolge: Recht des Aufenthaltstaates des V ist anwendbar.
Entscheidungseinklang
internationaler Entscheidungseinklang
- ein Rechtsverhältnis wird mit höherer Wahrscheinlichkeit in den verschiedenen betroffenen Staaten gleich behandelt, was insbesondere der Vermeidung sog. hinkender Rechtsverhältnisse dienen soll
innerer Entscheidungseinklang
- ein Rechtsverhältnis wird in einer Rechtsordnung immer nach den gleichen Rechtsnormen behandelt
Auslegung des CISG
- Art. 7 CISG
- Autonome Auslegung aus sich heraus, keeine Rückgriffe auf Interpretationen des Heimatlandes
- Einheitliche Anwendung
- Berücksichtigung internationaler Handelsbräuche
Allgemeine Grundsätze
- Parteiautonomie
- Vertragstreue
- Vorrang der Gebräuche
- Formfreiheit
- Kooperationsfreiheit
- Fälligkeit ohne Mahnung
- Verzinsung ab Fälligkeit
Auslegung von Parteierklärungen
- Art. 8 CISG
- Nach dem subjektiven, wirklichen Willen
- …aus der Sicht eines durchschnittlichen, vernünftigen Käufers/Verkäufers
Handelsbräuche und Gepflogenheiten
- Art. 9 CISG
- Gebräuche, mit denen die Parteien sich einverstanden erklärt haben und Gepflogenheiten, die zwischen Ihnen entstanden sind, sind verbindlich
- Stillschweigend gelten auch (normative) Gebräuche, die die Parteien kannten oder kennen mußten
Handelsbrauch
- jedes nicht durch Rechtsnorm vorgeschriebene Verhalten von Kaufleuten zu verstehen, das bei Geschäften der fraglichen Art verbreitet ist und einer anerkannten Übung fast aller Marktteilnehmer entspricht, so dass die Vertragsparteien von ihrer Geltung auch für ihren Vertrag ausgehen mussten.
Gepflogenheiten
- sidn Verhaltensweisen der Parteien zu verstehen, die von ihnen mit einer gewissen Häufigkeit und Dauer praktiziert werden, so dass man sie als parteiautonome Festlegung ansehen kann, z.B. Skontierungen.
Niederlassung
- Art. 10 CISG
- Unter Niederlassung ist jeder Ort zu verstehen, von dem aus in gewisser Selbstständigkeit und Beständigkeit eine nach außen gerichtete Teilnahme am Wirtschaftsverkehr erfolgt.
Formfreiheit
- Art. 11 CISG
- Alle Absprachen, Mitteilungen und Parteierklärungen kaufvertraglichen Inhalts umfasst
- Darunter fallen auch sonstige Voraussetzungen, die wie Formvorschriften gelten (z.B. Consideration – Gegenleistung) und werden verdrängt