ROM I-VO (Art. 3 - 4) Flashcards
Anwendungsbereich
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Sachlich
- vertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen mit Auslandsbezug
- Keine außervertraglichen Schuldverhältnisse -> Rom II-VO (zB gesetzliche Ansprüche)
- Ausnahmen nach Art. 1 II Rom I-VO
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Räumlich
- alle Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks
- Sonderstatus UK & Irland, aber: opt – in
- Im übrigen: universelle Anwendung Art. 2 auch im Verhältnis zu Drittstaaten
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Zeitlich
- Art 28 Rom I-VO – für alle ab dem 17.12.2009 geschlossenen Verträge
- davor: Art. 27-37 EGBGB
Falls (+) bestimmt Rom I-VO das maßgebende Vertragsstatut, darunter versteht man das auf einen Vertrag anzuwendende Recht
Verhältnis zu internationalen Abkommen
Art. 25 Rom I-VO: berührt nicht die Anwendung internationaler Abkommen.
- Relevant im Kaufrecht (CISG UN-Kaufrecht) und Transportrecht (CMR Straßengüterverkehr)
spezielles recht vor räumlichem recht - Internationale Abkommen vorrang vor Rom Verordnungen
Systematik
- Subjektiver Anknüpfungspunkt: freie Rechtswahl der Parteien - Art. 3
- Objektiver Anknüpfungspunkt: Art 4
- Sonderfälle: Art. 5 - 8
Prüfungsreihenfolge Anknüpfungspunkte
- Sonderregelungen nach Art. 5-8 Rom I-VO? Falls (-)
- Rechtswahl nach Art. 3? FALLS (-)
- allgemeine objektive Anknüpfung nach Art. 4
Grundsatz der freien Rechtswahl
- Im deutschen Recht gilt der Grundsatz der Privatautonomie
- bedeutet, dass die Parteien von den dispositiven (abänderbaren) Regeln des Gesetzes Abweichendes vereinbaren dürfen.
- Grundsatz der freien Rechtswahl ist in Art. 3 Rom I- VO verankert.
- Einschränkungen für die Wahl des anwendbaren Rechts
- es muss kein räumlicher oder sachlicher Bezug vorliegen
- Neutrales Recht: deutsches & türkisches Unternehmen vereinbaren schweizerisches Recht
- Exotisches Recht: Recht der Isle of Man
Gründe für eine Rechtswahl
- Sachnähe zu dem bestimmten Sachverhalt
- englisches Recht bei Getreidehandel
- unbürokratischere, freiere Regeln
- leichterer, schnellerer Weg zum Recht
Beschränkungen der freien Rechtswahl
- Wahl nichtstaatlichen Rechts
- …kann zum Inhalt des Vertrages gemacht werden, darf aber nicht gegen zwingende Normen des anwendbaren Rechts verstoßen
- Binnensachverhalte (kein Ausschluss zwingender Vorschriften des einheimischen Rechts)
- Verträge über Personenbeförderung, Art. 5 II
- Verbraucherverträge, Art. 6 II
- Versicherungsverträge über Massenrisiken, Art. 7 III
- Individualarbeitsverträge, Art. 8 I
Binnensachverhalt oder Auslandsbezug
Binnensachverhalt
- Unterschiedliche Staatsangehörigkeit der Vertragsparteien? (-)
- Vertragsschluss im Ausland? (unterschiedlich je nach OLG)
- Binnenmarktklausel Art 3 IV Rom-I-VO: Keine Flucht aus dem Gemeinschaftsrecht
Auslandsbezug
- Objektive Kriterien
- Unterschiedlicher gewöhnlicher Aufenthalt der Parteien
- Erfüllungsort im Ausland
- Grenzüberschreitende Warenlieferung, Dienstleistungen und Zahlungen
Rechtswahl
- (1) muss ausdrücklich erfolgen (2) oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages (3) oder den Umständen des Falles ergeben, Art. 3 I 2
- Vor, bei oder nach Vertragsschluss getroffen, Art. 3 II
- Auch konkludent (stillschweigend), sofern „eindeutig“
- Indizien für konkludente Rechtswahl:
- Ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung
- Bezugnahmeklauseln
- VerweisungsklauselnaufanderenVertrag
- Enge Verknüpfung zweier Verträge (Folgevertrag)
Art. 4 Rom I-VO
Anwendung + Konzeption
- findet Anwendung, sofern keine Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO stattgefunden hat
Prüfreihenfolge
Lit. a) Kaufverträge über bewegliche Sachen
Lit. b) Dienstleistungsverträge
Lit. c) Grundstücksverträge
Lit. d) kurzfristige Gebrauchsüberlassungsverträge an Grundstücken
Lit. e) Franchiseverträge
Lit. f) Vertriebsverträge
Lit. g) Versteigerungsverkäufe
Lit. h) Verträge über Finanzinstrumente innerhalb multilateraler Systeme
Art. 4 Rom I-VO
Anknüpfungspunkte
- der gewöhnliche Aufenthalt
- bei lit. a, b, d, e & f
- die Belegenheit der Sache
- bei lit. c
- der Versteigerungsort
- bei lit. g
- das Recht multilateraler Systeme
- bei lit. h
Fällt der Vertrag nicht unter die Katalogfälle von Abs. 1, bestimmt sich das anzuwendende Recht nach dem Recht des Staates, in dem die Partei, die die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 4 II Rom I- VO).
- bei Kaufvertrag = da wo die Kaufsache übereignet wurde
- bei DL-Vertrag = Ort, an dem die DL erbracht wird
Art. 4 Rom I-VO
Ausweichklausel & “Engste Verbindung”
Ausweichklausel nach Art. 4 III Rom I-VO
- ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat als zu dem, der nach Abs. 1 oder 2 ermittelt worden ist
„Engste Verbindung“ nach Art. 4 IV Rom I-VO
- Bestimmung des anwendbaren Rechts ist weder nach Abs. I oder Abs. II möglich
- dann muss nach Abs. IV darauf abgestellt werden, zu welchem Staat der Vertrag die „engste Verbindung“ aufweist => dessen Recht ist dann maßgebend.
Art. 4 Rom I-VO
Prüfungsreihenfolge
- Bestimmung des Vertragstyps
- Mangels Rechtswahl anwendbares Schuldvertragsrecht
- Besondere Vertragsart nach Art. 5-8 Rom I-VO
- Listenverträge des Art. 4 I lit. a – h Rom I-VO
- Sonstiger Vertrag
- vertragscharakteristische Leistung bestimmbar => Recht am gew. Aufenthaltsort des Erbringers (Art. 4 II Rom I-VO)
- Ausnahme: Art 4 III Rom I-VO greift ein
- vertragscharakteristische Leistung nicht bestimmbar => Recht des Staates der engsten Verbindung (Art. 4 IV Rom I-VO)
Art. 4 Rom I-VO
Katalogverträge mit besonderem wirtschaftlichen interesse
Lit. a) Kaufverträge über bewegliche Sachen
Lit. b) Dienstleistungsverträge
Lit. c) Grundstücksverträge
Lit. d) kurzfristige Gebrauchsüberlassungsverträge an Grundstücken
Art. 4 Rom I-VO
Lit. a) Kaufverträge über bewegliche Sachen
Frage die immer zu klären ist
- Gilt das UN-Kaufrecht (CISG) ? Falls nicht ist Art. 4 I lit. A) Rom I-VO
Beispiel
Privatmann P mit Wohnsitz in Köln verkauft an den venezianischen privaten Kunstsammler K ein Gemälde von Gerd Richter. Welches Recht gilt bei fehlender Rechtswahl?
Lösung
- Keine Anwendung des UN-Kaufrecht, da nur bei B2B anwendbar nicht bei Privatverkäufen
- grenzüberschreitenden Warenkauf => Verbindung zum Recht verschiedener Staaten: Art. 1 I Rom I-V
- Mangels Rechtswahl und mangels vorrangiger Regelungen in Art. 5-8 Rom I-VO, gilt Art. 4 I lit. a)
- Ergebnis: Es gilt das Recht, in dem der Verkäufer seinen Wohnsitz hat. Dieser ist hier Köln. Mithin gilt für den geschlossenen Kaufvertrag deutsches Recht, konkret die §§ 433 ff. BGB.