Internationales Gesellschaftsrecht Flashcards
1
Q
Definition
A
- bestimmt das anwendbare Recht für die Rechtsverhältnisse von Kapital- oder Personengesellschaften, die mit eigener Organisationsstruktur nach außen hervortreten
- Gesellschaftsstatut betrifft alle gesellschaftsrechtlichen Fragen von Beginn bis zum Ende einer Gesellschaft
- Rechtsfähigkeit
- Firmierung
- Befugnisse der Organe
2
Q
Rechtsquellen / Anwendung
A
Innerhalb der EU / EWR
- Für unionsrechtliche Gesellschaftsformen (z.B. SE) ist unionsrechtliches IPR anzuwenden
- Bei Fällen mit Bezug zu verschiedenen EU- Mitgliedsstaaten Rückgriff auf von der Rspr. des EuGH im Grundsatz entwickelte, vom BGH in das internationale Gesellschaftsrecht übertragene und vom EuGH fortentwickelte Grundsätze zurückzugreifen
- Grundsätze ergeben sich aus
- Niederlassungs-undDienstleistungsfreiheit (Art. 54, 62 AEUV)
- Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV)
Außerhalb der EU/EWR
- Völkerrechtliches internationales Gesellschaftsrecht ist oft in bilateralen Investitionsschutzabkommen enthalten!
- Im Verhältnis zu den über 50 Einzelstaaten der USA ist zB der Deutsch Amerikanische Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtvertrag v. 29.10.1954 zu beachten
- Im Verhältnis zu ca. 40 weiteren asiatische, afrikanischen und latein- amerikanischen Staaten (China, HK, Indien, Israel, Malaysia, Singapur etc.) Staatsverträge mit internationalprivatrechtlich konstitutiver Bedeutung gem. Art 3 Nr. 2 EGBGB vorrangig
Andere Staaten
- Im Verhältnis zu weiteren Staaten kommt autonomes deutsches Internationales Gesellschaftsrecht zur Anwendung
- Mangels Kodifikation ist auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zurückzugreifen
3
Q
Anknüpfungsregeln innerhalb der EU/EWR
A
- Im Raum des AEUV und des Vertrages über den europäischen Wirtschaftsraum bestimmt sich das Gesellschaftsstatut nach der Gründungstheorie
- Gründungstheorie: Maßgebend ist das Recht, nach dem bereits die Gründung der Gesellschaft vollzogen wurde (meist das Recht des satzungsmäßigen Sitzes)
4
Q
Anknüpfungsregeln außerhalb der EU/EWR
A
- Die Gründungstheorie gilt im Verhältnis zu den USA
- Im Geltungsbereich der bilateralen Investitionsschutzabkommen gilt auch Gründungsrecht; für deutsche Gesellschaften hingegen Anknüpfung an die Sitztheorie
5
Q
Anknüpfung nach nationaler Rechtsprechung
A
- Sitztheorie
- Gesellschaftsstatut die aus Ländern außerhalb des Geltungsbereichs des EU-Vertrages/EWR-Vertrages oder des Anwendungsbereichs eines einschlägigen Investitionsschutzabkommens stammen, wird nach deutscher Rspr. und hM durch den Sitz der Hauptverwaltung (effektiver Verwaltungssitz) bestimmt
6
Q
Theorienstreit
A
Sitztheorie
- Ziel:
(1) dass die Gläubiger der Gesellschaft möglichst stets eine hinreichende Haftungsmasse erhalten und
(2) bei Auseinanderfallen von Verwaltungssitz und Gründungsrecht die persönliche Haftung der Gesellschafter greift
Gründungstheorie
- Gesellschafter können bei der Gründung einer Gesellschaft frei entscheiden, welches Recht die Gesellschaft beherrschen soll.
7
Q
Entwicklung der europäischen Rechtsprechung
A
- Diskrepanz im nationalen IPR der Mitgliedstaaten bewirkte, dass dieselbe Gesellschaft unter bestimmten Umständen (zB Gründung in den Niederlanden und Verwaltungssitz in Ddf; Überseering) in einem Teil der EU handeln konnte und in einem anderen Teil nicht existierte.
- Vor dem Hintergrund des sich zunehmend entwickelnden Binnenmarktes und Unionsrechts war der Zustand nicht hinnehmbar
- Die den Unionsbürgern gleichgestellten (Art. 54,62 AEUV) Gesellschaften waren in Ihrer Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt
- BGH bestimmt in Überseeringfolgeentscheidung Rechtsfähigkeit nach Gründungstheorie
- EuGH hat mit der Inspire Art Entscheidung festgestellt, dass das Gründungsstatut einer aus einem anderen Mitgliedsstaat zugezogenen ausländischen Gesellschaft alle gesellschaftsrechtlichen Fragen umfasst (Einheitslehre)
- Unter Einfluss der Rspr. des EuGH wird in der Literatur ein genereller Übergang zur Gründungstheorie vertreten
- entspricht Grundgedanken der WTO für globalen Wettbewerb
8
Q
Sitzverlegung
A
- Die Verlegung des Sitzes bewirkt bei Anwendung der Sitztheorie auf Gesellschaften aus Drittstaaten einen Statutenwechsel.
- Sitzverlegung in die Bundesrepublik ist daher in der Regel eine Neugründung erforderlich, um die Erfordernisse des deutschen Rechts (z.B. Eintragung einer GmbH) zu erfüllen.
9
Q
Rechtsvergleichung
EU-Mitgliedsstaaten (Theoriezuordnung)
A
EU-Staaten, die der Sitztheorie folgen
- Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien)
EU-Staaten, die der Gründungstheorie folgen
- GB, Dänemark, Irland, Niederland
10
Q
Renvoi
A
- Verweist das autonome deutsche richterliche Internationale Gesellschaftsrecht auf ein fremdes Recht, so ist ggf. die Rück- oder Weiterverweisung (Art. 4 I EGBGB) zu beachten