Theorie und Hypothesen Flashcards
Woher kommen Theorie: 1. unsystematische Entstehung
Die Entstehung von Theorien ist i.d.R. nicht systematisch:
a) Intuition: Grundstudium der Literatur zu einem Thema. Manchmal hilft es die Thematik dann eine Weile ruhen zu lassen
b) Induktion: Von Daten auf Theorien schleißen. Man kann sich auch von Alltagspsychologie und Vorurteilen leiten lassen und diese dann wissenschaftlich überprüfen. Häufig werden jedoch schon vorhandene Theorien als Ausgangsbasis für neue benutzt
c) Metaphern: Man benutzt einen Mechanismus oder ein Modell aus einem – oft technischen – Bereich als Analogie für die Beschreibung psychischer Prozesse
Woher kommen Theorien: 2. Systematische Suche nach Theorien
a) Qualitative Methoden: Manche qualitativen Methoden sind speziell für das Erstellen von Theorien entwickelt worden -> sie zielen darauf ab aus der Analyse von Daten einen größeren Sinneszusammenhang herzustellen
b) „geleitete Induktion“: Wie man von den Daten zu einer Theorie kommt, ist in den ver. Ansätzen unterschiedlich, es wir jedoch immer über einen systematischen Weg und durch die Vorgabe von Arbeitsschritten versucht.
c) Grounded Theory: bekanntes Verfahren zur Theoriegewinnung von Glaser und Strauss. Theorien sollen immer auf Daten gegründet sein und über das sukzessive Kodieren von Texten soll es zu immer abstrakteren Kategorien kommen, deren systematische Verbindung dann letztlich zu einer Theorie führt. „Informanten“ werden so ausgewählt, dass sie die Verfassung der Theorie möglichst verbessern
Theorie: Definition
System wissenschaftlich begründeter Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen oder Erscheinungen und der ihnen zugrunde liegenden Gesetzlichkeiten
Wird auch auf als System von Hypothesen bezeichnet
Arten von Schlussweisen
- Induktion = (der Schluss) vom Besonderen, von Einzelbeobachtungen auf das Allgemeine. (Ein Empiriker würde induktiv vorgehen)
- Deduktion = (der Schluss) vom Allgemeinen, von der Theorie auf das Besondere, auf die Einzeltatsache. (Ein Theoretiker würde deduktiv vorgehen)
Kriterien einer Theorie
- nomologisch: Auf allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten anwendbar
- realistisch: etwas Reales betreffen, über das man Aussagen aufstellen kann, die wahr oder falsch sind und nicht rein analytische, sondern auch synthetische Sätze enthalten
Wie sollte eine gute Theorie aussehen?
- hoher Informationsgehalt, den sie
- systematisiert und ordnet und
- sparsam beschreibt
- Sie sollte etwas erklären
- mit den Tatsachen übereinstimmen
Formen der Induktion
- induktive Verallgemeinerung: von einer Teilklasse auf die Gesamtklasse geschlossen ⱻ x P(x) = > Ɐx P(x)
- induktiver Teilschluss: Wir haben gesichertes Wissen innerhalb einer Klasse, welches wir auf Teilklassen erweitern
- Statistischer Induktionsschluss: Wenn das Auftreten einer bestimmten Eigenschaft bei den Elementen einer Teilklasse zu x% beobachtete werden kann, schließt man auf die gleiche Auftretenswahrscheinlichkeit in der gesamten Klasse
(Für Beispiele s. Hecht: S. 51)
Das Induktionsproblem (Humes Kritik an Induktionsschlüssen)
- Ein Induktionsprinzip kann kein analytischer Satz sein: da die zwingende Richtigkeit von analytischen Sätzen auf logischen Schlüssen beruht, die deduktiv sind
- Induktion kann nicht synthetisch a priori wahr sein: Denn sonst müssten mit seiner Hilfe gefolgerte Sätze ebenso wahr sein. Sie können wir posteriori nicht mehr als falsch erweisen
- Das Induktionsprinzip begründet sich aus sich selbst heraus: Wir wissen aus Erfahrung, dass Induktion funktioniert, daher werden auch folgende Induktionsschlüsse richtig sein
Wann sind Induktionsschlüsse vertrauenswürdig?
geringe Variabilität der Referenzklassen: Sind sich die Mitglieder einer Referenzklasse (Population) sehr ähnlich, dann glauben wir dem Schluss eher, als wenn sich die Individuen sehr unterscheiden (Repräsentativität einer Stichprobe)
Von der Induktion zur Theorie
- Verifikationsmethode (Verifikationismus): Die Wahrheit theoretischer Aussagen kann (und sollte) durch Beobachtungen bewiesen werden. Je mehr Einzelfälle wir beobachten, desto besser der Induktionsschluss (Beispiel: Schwäne)
- Operationalismus (Percy W. Bridgeman): Man liefert die nötigen Verifikationsschritte gleich mit, Eine Theorie wird über eine Operation definiert -> leitet sich auf dem (logischen) Empirismus ab ist aber gefährlich, hat oft zu befremdlichen Definitionen geführt
Abduktion
- geht auf Aristoteles zurück
- ein Schluss, der Plausibilität nahelegt: Deduktion beweist, dass etwas sein muss; Induktion zeigt, dass etwas wirklich funktioniert; Abduktion schlägt nur vor, dass etwas sein kann
- Aus der Regel und dem Resultat wir der Beobachtungsfall plausible gemacht
Für Beispiel s. S. 57
Deduktion: Wann besitzen deduktiv ermittelte Vorhersagen einen wissenschaftlichen Wert?
- Durch Deduktion ermittelte Vorhersagen müssen empirisch überprüfbar sein, um einen wissenschaftlichen Wert zu besitzen: Wenn man aus einer Regel Dinge deduzieren kann, die sich unabhängig von dieser Regel überprüfen lassen, dann besitzen die Deduktionen einen Wert
- Die Aufgabe der Wissenschaft wäre es also, möglichst clevere Folgerungen aus existierenden Theorien herzuleiten, die einer Prüfung unterzogen werden können
Wie sehen Theorien in der Psychologie aus?
a) Mittlerer Komplexitätsgrad: die meisten Theorie in der Psychologie haben einen mittleren Komplexitätsgrad, was bedeutet, dass sie i.d.R. nicht direkt überprüfbar sind, aber Hypothesen aus ihnen abgeleitet werden können
b) Komplexere Theoriesysteme: sind z.B.: Evolutionspsychologie oder Informationsverarbeitungs-Ansatz, ist aber eher selten in der Psychologie
Spezialprobleme der Psychologie
- Latente Variablen
a) Definition: Nicht direkt zugängliche Variablen, wie Intelligenz, Emotionen oder Gedächtnis. Diese können wir nur indirekt über Test zugänglich machen. Auch: Konstrukt oder Faktor genannt
b) Problem: Die Art, wie man latente Variablen misst bestimmt deren Inhalt. Daher sind Inhalte von latenten Variablen immer vorläufig und können sich ändern - Verhältnis von Forscher und Forschungsgegenstand
a) In der Psychologie und Sozialwissenschaft sind die Forscher oft selbst auch Erforschte, Prinzipielle Austauschbarkeit der Rollen
b) Problem: Erwartungen auf beiden Seiten können den Forschungsprozess beeinflussen -> Menschen sind kein physikalisches Messobjekt
von der Theorie zur Hypothesenprüfung: Grundlegendes Vorgehen
- Theorie: aus der Theorie wird eine konkrete Forschungshypothese abgeleitet
- Forschungshypothese: Wir greifen einen Aspekt der Theorie heraus und formulieren ihn als wissenschaftliche Hypothese
- Präzisierung der Forschungshypothese: Wir müssen die Hypothese so präzisieren, dass sie empirisch überprüfbar wird bzw. sie operationalisieren. Aud der Forschungshypothese lassen sich eine Vielzahl präzisierter Hypothesen (empirische Hypothesen) ableiten, je nachdem für welche Operationalisierung man sich entscheidet
- Statistische Hypothesen: Oft werden solche präzisierten Hypothesen noch weiter im Hinblick auf Populationsparameter, die man erwartet formalisiert, meist auf Mittelwerte oder Anteile
- Weiteres Vorgehen:
a) Wenn Ergebnisse der Hypothese entsprechen: gut, die Hypothese hat einen Falsifikationsversuch überstanden
b) Wenn die Ergebnisse der Hypothese nicht entsprechen:
I. Man verwirft die Theorie
II. Man untersucht, ob die Operationalisierung der Hypothese mangelhaft war und zu dem Ergebnis geführt haben könnte oder ob die Stichprobe atypisch war
III. Man versucht die Theorie abzuändern und nutzt die geänderte Theorie als Ausgangsbasis für neue Hypothesen
Für Beispiele s. Lernzettel zu Sedelmeier 2.5.2 Punkt 6
Welchen Postulat von kritischen Rationalismus und welchem Postulat von logischen Empirismus wurde übernommen?
- So gut wie alle wissenschaftstheoretischen Ansätze haben das Postulat des Logischen Empirismus übernommen, dass eine Theorie so präzise wie möglich formuliert werden soll
- Die Mehrheit der Wissenschaftler folgt dem zentralen Postulat des Kritischen Rationalismus, dass eine Theorie zwar falsifiziert, aber nicht verifiziert werden kann
Hypothese: Definition
Die vorläufige (vermutete) Antworten, die Forscher auf ihre Fragen geben Um Vermutungen handelt es sich so lange, als der wissenschaftliche Nachweis noch aussteht
Entstehung von Hypothesen
- > Es gibt kein allgemeines Regelwerk zur Entstehung von Hypothesen,
1. intensive Beschäftigung: mit dem Gegenstandsbereich und eine gute Beschreibung des Problems erhöht die Chancen eine Hypothese zu finden -> bisherige Forschungsergebnisse sichten, Fallbeschreibungen, …
- Alltagspsychologie: Bei der Entstehung von Hypothesen kann man sich von den Erfahrungen in der Alltagspsychologie inspirieren lassen
- Explorationsstudien: um einen ersten Überblick zu erhalten, wenn das Thema noch sehr unerforscht ist
- > prinzipiell gibt, dass es egal ist wie eine Hypothese aufgestellt wurde oder wer sie aufgestellt hat
Merkmale Wissenschaftlicher Hypothesen
- präzise Formulierung: Idealerweise lässt die Formulierung einer Hypothese bereits ihre formalen
Merkmale – Kausalhypothese, universelle Hypothese usw. – erkennen - Widerspruchsfreiheit: In sich widersprüchliche Hypothesen sind nicht widerlegbar
- Operationalisierbarkeit: die (abstrakten) Begriffe einer Hypothese müssen erfassbar und messbar sein. Dieses Erfassen und Messen von Begriffen nennt man operationalisieren
- Begründbarkeit: Wenn es der Forschungsstand erlaubt, muss eine Hypothese gut begründet sein
- Kritisierbarkeit