Strafrecht BT I Flashcards

1
Q

Prüfungsschema objektiver Tatbestand Betrug

Definiere die einzelnen Tatbestandsmerkmale

A
  1. fremde bewegliche Sache
    a) Sache = jeder körperliche Gegenstand, § 90 BGB
    b) beweglich = wenn sie tatsächlich weggeschafft werden kann
    c) fremd = wenn sie zumindest auch im Eigentum einer anderen Person steht
  2. Wegnahme
    = Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendigerweise eigenen, Gewahrsams
    a) Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, getragen von einem natürlichen Herrschaftswillen, wobei deren vorliegen nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen ist.
    b) Tatsächliche Sachherrschaft besteht, wenn der unmittelbaren Verwirklichung des Einwirkungswillens auf die Sache keine Hindernisse entgegenstehen.
    c) Der Täter hat neuen Gewahrsam begründet, wenn er oder ein Dritter die Sachherrschaft derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den frühere Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser seinerseits ohne Beseitigung der Sachherrschaft des Täters nicht mehr über die Sache verfügen kann.
    d) Fremder Gewahrsam wird gebrochen, wenn die Gewahrsamsverschiebung ohne oder gegen Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers erfolgt.
    (3. Rechtswidrigkeit der Zueignung)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Prüfungsschema subjektiver Tatbestand Betrug

Definiere die einzelnen Tatbestandsmerkmale

A
  1. Vorsatz bzgl aller objektiver Tatbestandsmerkmale
    4.Zueigenungsabsicht
    = beinhaltet zwei Komponenten: Die Absicht zur zumindest vorübergehenden Aneignung und den (Eventual-)Vorsatz zur dauerhaft Enteignung. Diese müssen kumulativ vorliegen, damit eine Zueignungsabsicht bejaht werden kann.
    a) Aneignungsabsicht ist die Absicht, die Sache selbst oder den in ihr verkörperten Sachwert wenigstens vorübergehend dem eigenen Vermögen oder dem eines Dritten einzuverleiben.
    b) Enteingnungsvorsatz ist der Will, den Berechtigten auf Dauer aus seiner Eigentümerposition zu verdrängen, dh ihm die Sache selbst oder den in ihr verkörperten Sachwert aus Dauer zu entziehen.
    c) Rechtswidrigkeit der Zueignung (objektives Merkmal)
    Rechtswidrig ist der vom Täter beabsichtige Zueignung dann, wenn der Täter keinen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf Übereignung der weggenommenen Sache (und kein Aneignungsrecht an dieser) hat.
    d) Vorsatz bzgl der Rechtswidrigkeit

II. Rechtswidrigkeit/Schuld

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Beim Merkmal der Fremdheit gilt im Grundsatz das Prinzip der Zivilrechtsakzessorietät des Strafrecht.
Was ist darunter zu verstehen?
Welche Ausnahme ist anerkannt?

A

Grundsätzlich bestimmt sich die Fremdheit der Sache ausschließlich nach den Regeln des BGB. Diesbezügliche BGB-Probleme sind auch in einer Strafrechtsklausur voll zu begutachten und zu lösen.

Ausnahme:
Die zivilrechtliche Rückwirkungsfiktionen des BGB (§§ 142 I, 184, 1953 BGB) gelten im Strafrecht jedoch nicht. Dies könnte sich zB auswirken, wenn auch das dingliche Rechtsgeschäft angefochten wird.

Begründung:
Im Strafrecht gilt der Grundsatz, dass die Strafbarkeit eines Verhaltens im Zeitpunkt der Tatbegehung feststehen muss. Ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht, kann sich nicht erst durch nachträgliche Umstände ergeben. So kann zB die Frage, ob sich der Täter wegen Diebstahls strafbar gemacht hat nicht von der Ausübung eines Anfechtsrechts abhängen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Hat das Tatopfer an der Sache in den folgenden Fällen Gewahrsam?
Wenn ja, in welcher Form=
1. Schlaf, Bewusstlosigkeit, Tod
2. Sache ist vergessen bzw verloren worden
3. Es gibt einen weiteren Mitgewahrsamsinhaber

A

Beachte: Strafrechtlicher Gewahrsam und zivilrechtlicher Besitz sind nicht identisch! (Erbe erbt nur Besitz, aber nicht den Gewahrsam)

  1. Schlaf/Bewusstlosigkeit = gelockerter Gewahrsam (vgl. § 243 I Nr6, der impliziert, dass bei Hilflosen ein Gewahrsamsbruch vorliegt)
    (-) bei Toten, da diese keinen natürlichen Herrschaftswillen haben
  2. Sache wird nur gewahrsamslos, wenn sie außerhalb einer Gewahrsamssphäre verloren wird. In diesem Fall kann die Sache nur unterschlagen werden.
    Der Beherrscher der Sphäre selbst begeht bei einer vergessenen Sache einen Diebstahl (er hat nur untergeordneten Mitgewahrsam) und bei einer verlorenen Sache eine Unterschlagung, da er im letzten Fall seinen eigenen (Hilfs-) Gewahrsam nicht brechen kann.
  3. Gleichstufig: Jeder Mitgewahrsamsinhaber kann denjenigen anderen brechen (zB gemeinsam gekaufte Mirkowelle einer WG).
    Ansonsten kann nur der untergeordnete Mitgewahrsamsinhaber denjenigen des übergeordneten Mitgewahrsamsinhabers brechen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q
  1. Welche Wirkung hat es, wenn der Gewahrsamsinhaber es billigt, dass ein Dritter die Sache an sich nimmt ?
  2. Löse den folgenden Fall:
    T täuscht O vor, dass er ein Kriminalkommissar sei und beschlagnahmt eine Sache des O. O lässt T gewähren, weil er meint, sich gegen die vollstreckende Staatsmacht nicht auflehnen zu können.
A
  1. Das „OK“ des Berechtigten wirkt bei § 242 StGB als tatbestandsausschließendes Einverständnis, da in diesem Fall kein Handeln „ohne oder gegen den Willen“ und folglich kein „Bruch“ des Gewahrsams vorliegt.
    (Einverständnis ist wirksam, auch wenn es durch Täuschung erschlichen wurde)
  2. Das Einverständnis setzt nach hM voraus, dass der Erklärende eine „freie Entscheidung“ trifft, Wer sich (tatsächlich oder vermeintlich) der Staatsmacht gegenübersieht, trifft keine freie Entscheidung, sondern beugt sich der sonst drohenden Vollstreckungshandlung. In diesem Fall liegt kein Einverständnis vor. Folglich hat T dem O die Sache weggenommen.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Löse den folgenden Fall:

Arbeitgeber A hat den Verdacht, dass sein Verkäufer V regelmäßig wertvolle Waren „mitgehen“ lässt. Er beauftragt deshalb den Privatdetektiv P, den V während der Arbeitszeit zu beobachten. Dabei soll P die Tat des V wenn möglich mit der Kamera festhalten und nicht weiter einschreiten. Vielmehr will A sich mit den Beweisen an die Polizei wenden, damit diese im Rahmen einer Hausdurchsuchung alle gestohlenen Gegenstände bei V beschlagnahmt und an A zurückgibt.
P beibrachtet, wie sich V mehrere Gegenstände einsteckt und mit nach Hause nimmt und greift, wie von A gewünscht, nicht ein.
Strafbarkeit des V?

A
  1. § 242 I StGB (-), da Einverständnis des A.
  2. §§ 242 I, II, 22, 23 I StGB (+)
    V weiß nichts vom Einverständnis und hat deshalb Wegnahme- und damit auch Diebstahlsvorsatz.
  3. § 246 I StGB (+)
    Das Einstecken stellt eine Manifestation des Zueignungswillens, also eine Zueignung dar. Hier ist das Merkmal der Zueignung auch nicht restriktiv auszulegen, da dem „Versuch“ des Diebstahls eine Vollendungskomponente innewohnt: V hat die Sachen des A mit nach Hause genommen und an ihnen unrechtmäßigen Besitz erlangt.
  4. Konkurrenzen
    Streitig ist, ob § 246 hinter dem Diebstahl zurücktritt.
    BGH (+): Subsidiaritätsklausel gilt ohne Einschränkung.
    Arg.: Wortlautgrenze der Auslegung
    aA: präferiert Tateinheit (§ 52), um die Vollendungskomponente dieses „Versuchs“ zu Ausdruck zu bringen (Klarstellungswirkung der Konkurrenzen).
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q
  1. Kann ein Diebstahl auch vor dem Verlassen einer fremden Gewahrsamssphäre vollendet werden?
  2. Ändert sich an der Lösung etwas, wenn der Täter bei der Tat (zB durch einen Ladenangestellten) beobachtet wird?
A
  1. Nach hM ja, wenn der Täter die Sache in eine sog. Gewahrsamsenklave verbringt. Das ist der Fall, wenn der Gegenstand in der Kleidung des Täters (zB Hosentasche) oder in mitgeführten Behältnissen des Täters (zB Tasche) verborgen wird.
  2. hM: NEIN, da die Beobachtung Anden Verlust der tatsächlichen Sachherrschaft des Berechtigten nichts ändert.
    (Beobachter ggf wegen Beihilfe strafbar)

MM: Durch die Beobachtung habe der Täter keine Chance, die Beute zu bergen, also die Tat zu beenden. Deshalb verhindere die Beobachtung die Vollendung der Tat.

Gegen die MM spricht schon, dass Vollendung und Beendigung zwei völlig unterschiedliche Verwirklichungsstadien sind. Die mangelnde Vollendung kann nicht aus Problemen, die Tat zu beenden, hergeleitet werden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q
  1. Was ist das Objekt der Zueignung ?
  2. Löse den folgenden Fall:
    A nimmt seinen Mitbewohner B die Giro-, Bank- (EC-) Karte aus dem Geldbeutel. Mit der Geldkartenfunktion (goldener Chip) geht A an den Fahrkartenautomaten und kauft sich ein Ticket der ÖPNV. Wie von Anfang an geplant, legt er die Karte danach in den Geldbeutel des B zurück.
A
  1. Nach der Vereinigungstheorie kann Gegenstand der beabsichtigten Zueignung sowohl die Sache selbst als auch der in ihr verkörperte Sachwert sein, das sog „lucrum ex re“.
  2. A)§ 242 I bzgl der Karte:
    P: Vorsatz zur dauerhaften Enteignung
    (-) bzgl Sachsubstanz
    (+) bzgl in dem Chip verkörperter Sachwert (Rückgabe der „leeren Hülle“)
    (Lösung bezieht sich nur auf die Geldkartenfunktion, nicht auf die Zugangsfunktion zum Girokonto)

B) § 263 I am Automaten (-), da keine Täuschen eines anderen Menschen

C) § 263 a I am Automaten
3. Var. (-), da nicht „unbefugt“ da keine täuschungsgleiche Handlung.
es besteht durch den hypothetisch vorgestellten Menschen keine Kontrollmöglichkeit (und auch kein Kontrollinteresse) bei reinen Geldkarten oder Guthabenkarten. Gleiches muss für die Geldkartenfunktion auf der Giro-, Bank-, (EC-) KArten gelten. Der Verwender muss sich nämlich weder durch einen Ausweis, noch durch eine PIN, noch durch eine Unterschrift legitimieren.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Die Zueignung umfasst die Komponente der Aneignung und diejenige der Enteignung. In welchen Grundfällen fehlt die Aneignungskomponente, in welchen fehlt die Enteignungskomponente?

A

Die Absicht zur zumindest vorübergehenden Aneignung fehlt:
- Bei bloßer Zerstörung
Anders aber zB bei Verzehr fremder Speisen, da der Täter hier den wirtschaftlichen Wert der Sache selbst erlangt.
- Bei bloßer Sachentziehung
Das Tatopfer durch die bloße Entziehung der Sache ärgern zu wollen, stellt keinen Akt der Aneignung dar. Je nach Form der Entziehung kann jedoch § 303 einschlägig sein.

Der Vorsatz zur dauerhaften Enteignung fehlt:
- Bei bloßer Gebrauchsanmaßung
Beachte aber bei KFZ etc. § 248b.
Anders aber, wenn ein objektiver Beobachter eine Ersatzbeschaffung für unvermeidbar halten muss (zB Tageszeitungs-Fall: Nachbar nimmt dem Abonnenten morgens die Zeitung aus dem Briefkasten, um diese am später Abend wieder in den Briefkasten zu stecken).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly