Polizeirecht Flashcards

1
Q
  1. Welche Behörden handeln im Bereich der Gefahrenabwehr und welchen Organisationsprinzip verbirgt sich dahinter?
  2. Was sind die wesentlichen rechtlichen Grundlagen der handelnden Behörde und wie wir die Zuständigkeit abgegegrenzt?
A
  1. Das System der allgemeinen Gefahrenabwehrbehörden ist in Sachsen nach dem Einheitsmodel ausgestaltet. Im Bereich der Gefahrenabwehr handeln zum einen der Polizeivollzugsdienstes und zum anderen die Polizeibehörden. Der Polizeivollzugsdienst handelt nach dem SächsPVDG, die Polizeibehörden nach dem SächsPBG.
  2. Die Polizei handelt soweit einschlägig vorrangig nach dem SpezialG und subsidiär nach dem SächsPBG/SächsPVDG, wobei dort wiederum die Standartmaßnahmen Vorrang haben vor der Generalklausel des § 12 I SächsPBG/SächsPVDG. Dabei ergibt sich aus dem SpezialG selbst oder der dazugehörigen Ausführungsverordnung, ob die Polizeibehörde oder der Polizeivollzugsdienst zuständig sind. Gleiches gilt für die die Standartmaßnahmen. Im Übrigen sind die Polizeibehörden vorrangig zuständig und der Polizeivollzugsdienst nur im sog. Einfall, § 2 II SächsPVDG.
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2
Q

Prüfungsschema Rechtmäßigkeit einer Maßnahme der Polizei am Beispiel der Generalklausel

A

I. Ermächtigungsgrundlage
-> SpezialG -> Standartmaßnahme -> Generalklausel

II. Formale Rechtmäßigkeit

  1. Zuständigkeit (sachlich, örtlich, instanziell)
    - grds. Polizeibehörde; Ausnahme: Im Eilfall Polizeivollzugsdienst
  2. Verfahren: Falls VA vorliegt = §§ 28, 37 II, 39 I VwVfG
    (3. Form idR entbehrlich)

III. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Tatbestand
a. Schutzgut: öffentliche Sicherheit / öffentliche Ordnung
- Legaldefinition in § 4 Nr.1/Nr.2 SächsPVDG (ggf iVm § 3 SächsPBG)
b. Gefahr
Legaldefinition in § 4 Nr.3 SächsPVDG (ggf iVm § 3 SächsPBG)
c. Veranwortlicher (Störer)
- Verhaltensverursacher § 6 SächsPVDG / §14 SächsPBG
- Zustandsverursacher § 7 SächsPVDG / § 15 SächsPBG
- Nicht-Verantwortlicher § 9 SächsPVDG / § 17 SächsPBG

  1. Rechtsfolge
    a. Entschließungsermessen („Ob“)
    - > Wenn Gefahr vorliegt, dann idR Ermessensreduzierung auf Null
    b. Auswahlermessen („Wie“)
    aa) richtiger Adressat
    bb) richtiges Mittel (= Verhältnismäßigkeit)
                        - Effektivität der Gefahrenabwehr
                        - „Grundsatz der Gerechtigkeit“
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3
Q

Welche Gefahrenbegriff gibt es - abgesehen von der konkreten Gefahr - noch?

Welche Besonderheiten ergeben sich hierbei?

A

I. Gefahr („Normalfall“)
Legaldefinition § 4 Nr. 3 SächsPVDG (ggf iVm § 3 SächsPBG)
+ ex-post lag tatsächlich eine Gefahr vor

II. Anscheinsgefahr
Legaldefintion + ex-post lag keine Gefahr vor
-> Anscheinsstörer
-> kostenpflichtig, wenn Gefahr in zurechenbarer Weise gesetzt

III. Gefahrverdacht
= Aus ex-ante Perspektive liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Gefahr möglich ist
-> Verdachtsstörer
-> Verhältnismaßigkeit: Zur Duldung verpflichtet; P: Kann auch zum handeln verpflichtet werden?
Rechtsfolge: Erhöhte Anforderungen im Rahmen des Ermessens (Gefahrerforschung)
-> kostenpflichtig s.o. II.

IV. Störung
= Gefahr hat sich bereits realisiert und dauert noch an

V. Scheingefahr
= Gefahr besteht in der irrigen Vorstellung des Amtwalters
=> Handeln ist mangels Gefahr immer rechtswidrig
=> Staat ist kostenpflichtig
(Geringe Examensrelevanz)

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4
Q
  1. Welche Theorie wird im Polizeirecht verwendet, um den Störer zu ermitteln?
  2. Welche Störerbegriffe werden dabei unterschieden?
  3. Welche Sonderfälle gibt es ?
A
  1. Theorie der unmittelbaren Verursachung
    = Störer ist derjenige, der die Gefahr unmittelbar verursacht
  2. a. Verhaltensstörer § 6 SächsPVDG / § 14 SächsPBG
    b. Zustandsstörer § 7 SächsPVDG / § 15 SächsPBG
    c. Nicht-Verantwortlicher § 9 SächsPVDG / § 17 SächsPBG
  3. a) In Erweiterung des Handlungsstörer zählt auch der sog. „Zweckveranlasser“ zu den Verhaltensverantwortlichen,. Dieser ruft das Verhalten des unmittelbar Verantwortlichen hervor
    = mittelbarer Verhaltensverursacher
    b) In Erweiterung der Zustandsverantwortlichen zählt auch der sog. „latente Störer“ zu den Zustandsverantwortlichen. Dabei verursacht eine Sache, für die er verantwortlich ist, erst bei Hinzutreten weiterer Umstände eine Gefahr
    = mittelbarer Zustandsverantwortlicher
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5
Q
  1. Welche abdrängende Sonderzuweisung kommt bei Klausuren aus dem Polizei oftmals in Betracht? Wann greift sie ein?
  2. a) Was versteht man unter „doppelfunktionalen“ Maßnahmen?
    b) Wie sind solche Maßnahmen in der Klausur zu behandeln?
A
  1. Im Rahmen des Polizeirechts kommt die abdrängende Sonderzuweisung insbesondere § 23 I 1 EGGVG in Betracht.
    Die Vorschrift ist einschlägig, wenn die Verwaltung nicht präventiv nach dem SächsPBG/SächsPVDG, sondern repressiv nach der StPO handelt.

2a) Von sog. „doppelfunktionalen“ Maßnahmen wird immer dann gesprochen, wenn die Verwaltung sowohl „präventiv“ als auch „repressiv“ handelt.

2b) Bei „doppelfunktionalen“ Maßnahmen erfolgt eine Abgrenzung durch Schwerpunktbildung. Es ist also zu ermitteln, ob das behördliche Handeln primär präventiv oder eher repressiv ausgerichtet ist.
Kriterien für die Schwerpunktbildung: Anlass und Zielrichtung des behördlichen Handelns.

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6
Q
  1. Wo findet sich im SächsPBG/SächsPVDG der sog. „Subsidiaritätsgrundsatz“ polizeilichen Handelns?
  2. Wann kommt dieser zur Anwendung?
  3. Was ist Sinn und Zweck der Norm?
A
  1. § 2 II SächsPBG/SächsPVDG
  2. Ist nur anwendbar, sofern ausschließlich um zivilrechtliche Rechtspositionen gestritten wird. Ist eine Norm des öffentlichen Rechts mit betroffen, ist die Vorschrift nicht anwendbar.
  3. Sinn und Zweck der Norm ist der Ausschlass der sonst bestehenden Möglichkeit, das Prozess- und Kostenrisiko einer zivilrechtlichen, gerichtlichen Streitigkeit auf die Allgemeinheit abwälzen zu könne, indem man die Polizeibehörden bzw den Polizeivollzugsdienst beansprucht.
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7
Q
  1. Was ist bei der Verwirklichung einer strafrechtlichen - oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Norm einschränkend zu beachten?
  2. Was ist der Grund für diese Einschränkung bei Straf- und Ordnungswirdrigkeitsrchtsnormen?
  3. Was ist dennoch bei solchen Normen zu beachten?
A
  1. Bei StGB und OWiG-Normen reicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der jeweiligen Norm aus. Weder der subjektive Tatbestand noch die Schuld sind hierbei zu prüfen.
  2. Das Polizeirecht ist allgemeines Gefahrenabwehrrecht. Es geht hierbei nicht um Bestrafungen, sondern ausschließlich um effektive Gefahrenabwehr. Aus diesem Grund sind subjektive Merkmale oder das schuldhafte Handeln diesbezüglich uninteressant.
  3. Auch wenn der subjektive Tatbestand sowie die Schuld nicht zu erörtern sind, so muss dennoch immer an das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen gedacht werden. Arg = Einheit der Rechtsordnung
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8
Q
  1. Definiere nochmals die Bestandteile der Öffentlichen Ordnung.
  2. Nennen die Problemkreise des Schutzgutes.
    Was gilt es bei diesen Problemkreisen jeweils zu beachten?
A
  1. § 4 Nr.2 SächsPVDG (ggf iVm § 3 SächsPBG)
    = ungeschriebene Vehaltensregeln

2.
a) Bestimmtheitsgebot: Auf Grund der Bezugnahme auf unbestimmt Verhaltensregeln ist die Bestimmtheit des Merkmals Öffentliche Ordnung noch immer strittig.
Jedoch wird man mit vorzugswürdiger Auffassung konstatieren müssen, dass dieses Merkmal bestimmbar genug erscheint. Einerseits hat die Rechtsprechung dies bereits vielfach konkretisiert. Zudem findet sich die öffentliche Ordnung sowohl im GG als auch im EU-Recht wieder.

b) Die Ermittlung der ungeschriebenen Verhaltensregeln:
Die „herrschende Anschauung“ könnte auf Grund einer empirischen Bevölkerungsbefragung ermittelt werden. Da dies jedoch sehr subjektiv erscheint und er gerade zu neuen Gefahrensituationen kein gefestigten Meinungsbild in der Bevölkerung gibt, wird nach vorzugswürdiger Auffassung an die Wertmaßstäbe des GG angeknüpft, da dieses die grundsätzlichen Vorstellungen über das Zusammenleben widerspiegelt.

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