Strafrecht AT Flashcards

1
Q
  1. Definiere „Handlung“.
  2. Nenne die wichtigsten Fallgruppen, in denen es an der Handlungsqualität fehlt oder in denen sie problematisch ist.
  3. Kann es auch bei fehlender Handlungsqualität im Zeitpunkt der „eigentlichen“ Erfolgsherbeiführung eine Strafbarkeit geben?
A
  1. Handlung ist jedes menschliche Verhalten, das vom Willen beherrscht oder zumindest beherrschbar und damit auch vermeidbar ist.
  2. (-) bei vis absoluta, Schlaf, Hypnose (str.) oder Bewusstlosigkeit, Reflexbewegungen (Abgr. Zu Spontan-/Kurzschlussreaktionen), Krankheitssymptome
  3. Bleibt der Täter bei der „eigentlichen“ Erfolgsherbeiführung straflos, so kann ihm unter Umständen ein zeitlich vorgelagertes sorgfaltspflichtwidriges Verhalten im Rahmen einer Fahrlässigkeitstat angelastet werden (Übernahemfahrlässigkeit).
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2
Q
  1. Wann ist eine Handlung für einen Erfolg nach hM ursächlich?
  2. Was ist die Schwäche der herrschenden Kausalitätsdefintion?
  3. Wie wird die Schwäche behoben?
A
  1. Kausal für einen Erfolg ist eine Handlung, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele.
  2. Sie ist zu weitgehend. Streng genommen hat nach dieser Theorie auch die Mutter des Mörders mit dessen Geburt eine Ursache für den späteren Mord gesetzt.
  3. Der Erfolg muss dem Täter als „sein Werk“ zugerechnet werden können. Dafür genügt es nicht, dass eine Handlung im Sinne der Äquivalenz-Theorie „bloß“ ursächlich war. Die ganz hL stellt darüber hinaus im objektiven Tatbestand die Frage, ob dem Täter der Erfolg objektiv zugerechnet werden kann. Demgegenüber prüft die Rspr im subjektiven Tatbestand, ob dem Täter der Erfolg subjektiv zugerechnet werden kann. Dies prüft die Rspr innerhalb des Vorsatzes zum Kausalverlauf (als Irrtum des Kausalverlaufs).
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3
Q
  1. Wann wird dem Täter ein Erfolg objektiv zugerechnet?

2. Nenne klassische Fälle, in denen die Zurechenbarkeit fehlt.

A
  1. Dem Täter ist ein Erfolg objektiv zurechenbar, wenn er durch seine Handlung eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten Erfolg verwirklicht hat.
  2. (-) bei:
    - atypischen Kausalverläufen (meist auch bei fortwirkender Kausa.)
    - bloßer Risiko- bzw Schadensverringerung
    - Schadenseintritt außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögen
    - Eigenverantwortlichkeit des Opfers
    - Dazwischentreten Dritter
    - Erfolg außerhalb des Schutzbereichs der Norm, rechtmäßigem Alternativverhalten/Pflichtwirdrigkeitszusammenhang (nur bei Fahrlässigkeit)
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4
Q

Löse die folgenden Fälle (ohne Mordmerkmale):

  1. T schießt auf O, um ihn zu töten. O wird aber nur verletzt, kommt in den Krankenwagen und stirbt dann bei einem vom Krankenwagenfahrer verursachten Verkehrsunfall.
  2. Wie ist Fall 1 zu lösen, wenn sich der Unfall ereignet, weil sich der Fahrer des Krankenwagens wegen der Schwere der Verletzung des O nicht mehr an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält?
A

Fall 1:

  1. Handlung, Erfolg, Kausalität (+)
  2. Objektive Zurechnung: Im Unfalltod hat sich nicht die Gefahr realisiert, die T durch den Schuss geschaffen hat, da der Unfalltod allgemeines Lebensrisiko ist. (Fall des atypischen Kausalverlaufs)
    - > Versuchter Totschlag (+)
    - > Schwere KV (+)

Fall 2:
Problem des „Blaulichtrisikos“
Zurechnung (+): Es sei grade nicht mehr atypisch, dass der Fahrer des Krankenwagens wegen schwerer Verletzung des Opfers Geschwindigkeitsbegrenzungen überschreite und über rote Ampeln fahre.
Zurechnung (-): Auch hier dürfte der Fahrer gem §§ 1,2 StVO nur so fahren, dass er andere nicht gefährde, weshalb sich doch die allg. Gefahr des Straßenverkehrs realisiert habe.

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5
Q

Löse den folgenden Fall (ohne Mordmerkmale):

A und B verabreichen dem O jeweils eine „halbtödliche“ Dosis Gift. Dabei agieren beide nicht als Mittäter, sondern als Nebentäter. O verstirbt.

A
  1. Handlung / Erfolg (+)
  2. Kausalität (+)
    Ohne die halbtödliche Dosis des A wäre O nicht verstorben.
  3. Objektive Zurechnung (-)
    Durch Verabreichung einer „halbtödlichen“ Dosis Gift schafft A nicht die Gefahr, dass B dies - unabhängig von ihm - parallel auch tut
    (Kumulative Kausalität - atypischer Kausalverlauf)

-> versuchter Todschlag (+)
-> Schwere KV (+)
-> Tateinehti § 52 StGB
Gleiches gilt für B.

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6
Q

Löse den folgenden Fall (ohne Mordmerkmale):

A und B deponieren in den Wagen des O - unabhängig voneinander - jeweils eine Autobombe, die bei der Zündung explodiert. Als O die Zündung betätigt, zünden beide Bomben. O ist sofort tot. Jede Bombe alleine hätte zur sofortigen Tötung des O ausgereicht.

A
  1. Handlung/Erfolg (+)
  2. Kausalität:
    Nach der Äquivalenztheorie eigentlich keine Kausalität, weil die Bedingung
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7
Q

Löse den folgenden Fall (ohne Mordmerkmale):

T will O mit einer Eisenstange heftig auf den Kopf schlagen, In letzter Sekunde gelingt es D, den O noch ein Stück zur Seite zu stoßen, so dass O von T nur an der Schulter getroffen wird. Durch den Stoß erleidet T zusätzlich einen blauen Flecken, was D in Kauf genommen hatte.

Strafbarkeit des D?

A

§§ 223 I, 224 I Nr.2 - Schulterverletzung
Erfolg/Handlung/Kausalität (+)
Objektive Zurechnung: D hat die bestehende Gefahr für O nicht geschaffen, sondern abgemildert. Wegen dieser Risikoverringerung wird ihm der Erfolg objektiv nicht zugerechnet.
=> (-)

§ 223 I - blauer Fleck
I. Tatbestand (+), auch objektive Zurechnung, da sich die von D geschaffene Gefahr der Stoßes in dem blauen Fleck realisiert hat.
II. Rechtswidrigkeit (-), da mutmaßliche Einwilligung des O.

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8
Q

Was ist die Grunddefinition der Heimtücke?

A
  1. Heimtückisch tötet, wer die Arglosigkeit und die gerade infolge der Arglosigkeit vorhandene Wehrlosigkeit des Angegriffenen bewusst zur Begehung der Tat ausnutzt und dabei in feindlicher Willensrichtung handelt.
    Arglos ist, wer sich zur Zeit des Beginns der Tötungshandlung keines Angriffs von Seiten des Täters versieht,
    Die Wehrlosigkeit resultiert beim Heimtückemord aus der gerade aufgrund von Arglosigkeit eingeschränkten oder ausgeschlossenen Verteidigungsmöglichkeit.
    Keine feindliche Willensrichtung, wenn der Täter „zum vermeintlich Besten des Opfers“ handelt, zB Mitnahmeselbstmord und Mitleidstötung.
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9
Q

Warum verlangt die ganz hM bei der Heimtücke eine restriktive Auslegung ? Wie ist diesbezüglich der Meinungsstreit?

A

Bei der Grunddefinition der Heimtücke droht jede plötzliche Tötung als Heimtücke gewertet zu werden. Dadurch würde der Mord zum Regelfall bei den Tötungsdelikten werden. Dies ist schon vor dem Hintergrund der absoluten Strafandrohung nicht hinzunehmen. Deshalb ist eine restriktive Auslegung nötig.

BGH: „Rechtsfolgenlösung“: die analoge Anwendung von § 49 I StGB ist aber der „letzte Ausweg“, weshalb alle anderen Möglichkeiten der Strafmilderung vorher geprüft werden müssen (zB Irrtum gem. § 35 II beim „Tyrannenmord“)

wohl hL: Zusätzliche ist ein besonderes verwerflicher Vertrauensbruch nötig.

Stellungnahme: hL ist abzulehnen, da damit das Mordmerkmale „in die Familie getragen“ wird und „Meuchelmörder“ und Auftragskiller nicht erfasst werden könne.

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10
Q
  1. Was ist die Definition des „sonst niedrigen Beweggrundes“?
  2. Welche Indizien kann man bei einer Argumentation in der Klausur regelmäßig heranziehen?
A
  1. Beweggrüned sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verwerflich sind.
  2. Argumentationsindizien:
    - spontane oder geplante Tat
    - „verständiges“ Motiv oder gerade nicht

Ist der Täter aus einem „verständigen“ Motiv spontan zur Tat hingerissen, scheidet des Niedrige Beweggrund idR aus.

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11
Q

Löse den folgenden Fall:

T will seinen Feind F ertränken. Er hat ihn zu diesem Zweck gefesselt und geknebelt und wirft ihn über ein Brückengeländer in einen Fluss. F schlägt beim Sturz mit dem Kopf am Brückenpfeiler auf und stirbt durch Genickbruch.
(Ohne § 211 StGB)

A
§ 212 StGB
Objektiver TB (+): Auch objektive Zurechnung ist gegeben, da T durch sein Verhalten mehrere Todesgefahren geschaffen hat, von denen sich eine verwirklicht hat.

Subjektiver TB: Vorsatz bzgl Handlung + Erfolg (+)
P: Vorsatz zum Kausalverlauf
Weicht der tatsächliche Kausalverlauf von der Vorstellung des Täters ab, so hat der Täter dennoch Vorsatz, wenn die Abweichung unwesentlich ist.
Unwesentliche ist die Abweichung, wenn sich das Geschehen in den Grenzen des allgemeinen Lebenserfahrung hält und keine andere Bewertung der Tat gerechtfertigt ist.

Hier ist das Geschehen in der Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung. Eine andere Bewertung der Tat ist nicht gerechtfertigt, weil sich der Täter von mehreren geschaffenen Erfolgseintrittsgefahren nicht eine spezielle aussuchen kann.

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12
Q

Löse den folgenden Fall:

T hat O in einer plötzlichen Gefühlsaufwallung so lange gwürgt, bis dieser das Bewusstsein verloren hat. T hält den noch lebenden O für tot. Um seine Tat zu verdecken, will er einen Selbstmord des O vortäuschen. T bindet deshalb mit einem Strick eine Henkersschlinge, knüpft O daran auf und kippt in der Nähe einen Stuhl um. Der noch lebende O findet in der Schlinge den Tod. (Ohne § 211 StGB)

A

In Betracht kommt eine Strafbarkeit wegen Todschlag gem. § 212 I

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand (+)
- auch nicht atypisch, dass der Täter versucht, die Tötung zu vertuschen und Opfer daran stirbt)
2. Subjektiver Tatbestand:
- Vorsatz Handlung/Erfolg (+)
- P: Vorsatz bzgl Kausalverlauf
(-), wenn wesentliche Abweichung
Unwesentlich ist eine Abweichung, wenn sich das Geschehen in der Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung hält und keine andere Bewertung der Tat gerechtfertigt ist.

Als Wertungskriterien kommen vor allem in Betracht

  • welcher Grad des Vorsatz liegt beim Täter vor ?
  • ist der Täter als „Angreifer“ oder eher als „Verteidiger“ einzuordnen?

Sofern eine „andere Bewertung der Tat“ gerechtfertigt ist, liegt kein Vorsatz zum Kausalverlauf vor. Stattdessen ist das Geschehen in Teilakte aufzuspalten. Werden beide bejaht -> § 53!!
MM: Versuchslösung = immer Aufspaltung in Versuch und Fahrlässigkeit
MM: Lehre vom Gesamtvorsatz = Maßgeblich, ob 2. Akt anfänglich geplant war

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13
Q

Welche Argumente sprechen beim Irrtum über den Kausalverlauf im Fall des mehrtaktiger Geschehens (Klassiker „Jauchegruben-Fall“) gegen die Mindermeinungen?

A

Gegen die Theorie vom Gesamtvorsatz:

  • öffnet Einlassungsgeschick des Täter Tür und Tor
  • Täter muss vor Gericht nur vortragen, dass er den Entschluss zum zweiten Teilakt erst später gefasst habe (was in der Praxis nur schwer zu widerlegen ist), um sich der Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Vollendung zu entziehen

Gegen die Versuchslösung:
Sie spaltet das Geschehen stets willkürlich in zwei Teile auf, obwohl es sich (zumindest in den meisten Fällen) um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt.
Auch verkennt sie, dass der Vorsatz nicht im Zeitpunkt des Erfolgseintritts vorliegen muss, sondern lediglich zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Täter die Tathandlung vornimmt.

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14
Q

Löse die folgenden Fälle:

  1. A will mit seinem neuen Jagdgewehr eine Schießübung machen. Zu seinem Entsetzen verwechselt er den Bauern B mit einer Vogelscheuche und tötet B.
  2. A will den B töten und ist im Nachhinein enttäuscht, nur die Vogelscheuche getroffen zu haben, die er für B gehalten hat.
  3. T beschädigt eine Sache des 6-jährigen Kindes K. T glaubt, dass Sachbeschädigungen nur gegenüber Erwachsenen strafbar seien.
  4. N lässt seinen PKW unverschlossen auf der STraße stehen. T kann nicht widerstehen und setzt sich hinter der Lenkrad, weil auch er einmal in seinem Leben in einem Jaguar sitzen möchte. T glaubt, er gehe einen Hausfriedensbruch.
A
  1. Strafbarkeit des A § 212 I StGB
    (-), mangels Vorsatz, § 16 I StGB, da A den Umstand, dass es sich bei seinem Zielobjekt um einen Menschen handelt, nicht kannte. (Sachverhaltsirrtum = Tatbestandsirrtum)
    Aber Strafbarkeit wegen § 222 (+), vgl § 16 I 2 StGB
  2. Versuchter Totschlag (oder Mord) (+)
    Da die Vogelscheuche kein taugliches Tatobjekt zur Tötung eines Menschen ist, handelt es sich insoweit um einen untauglichen, aber dennoch strafbaren Versuch (vgl insoweit § 23 III) (Sachverhaltsirrtum des A)
  3. § 303 I (+)
    Schuld: § 17 Verbotsirrtum (-), da der Irrtum vermeidbar war, also die Strafe nicht ausschließt.
  4. Ein KFZ ist kein befriedetes Besitztum, weshalb der Tatbestand des § 123 I nicht verwirklicht ist.
    Dass T aufgrund eines Wertungsirrtums glaubt, einen Hausfriedensbruch zu begehen, stellt ein strafloses Wahndelikt dar.
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15
Q

Löse den folgenden Fall:

T erschießt O, weil er ihn in der Dunkelheit mit seinem Feind F verwechselt.

A

§ 212 I StGB
Objektiver TB (+)
Subjektiver TB:
Fraglich ist, ob T hinsichtlich der Tötung des O vorsätzlich gehandelt hat, da er eigentlich den F töten wollte. Aufgrund dieses Umstandes, der einen Sachverhaltsirrtum darstellt, könnte er sich in einem Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB befunden haben. In diesem Fall müsste er einen Umstand nicht gekannt haben, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört (vgl. § 16 I StGB).
Zum gesetzlichen Tatbestand des § 212 I StGB gehört jedoch nur das Merkmal Mensch und nicht die Frage welche konkrete Mensch betroffen ist. Dass er überhaupt auf über Menschen zielt, ist jedoch bewusst gewesen.
Folglich stellt sich die Personenverwechslung nicht als error in persona und damit nicht als Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB dar. T handelte vorsätzlich.

II. In Betracht kommt weiterhin ein versuchter Totschlag am eigentlich gewollten Objekt F gem. §§ 212 I, 22, 23 I StGB. Hier fehlt es jedoch am Tatentschluss, da der Vorsatz des T bereits beim Totschlag bzgl. O verwertet wurde und T keinen Vorsatz hatte, zwei Menschen zu töten.
-> Verbot der Doppelverwertung

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16
Q

Löse den folgenden Fall:

T erschießt O, weil er sein eigentliches Ziel, den Feind F, verfehlt hat. T ging davon aus, mit seinem Schuss F sicher treffen zu können.
(Ohne § 211)

A

§ 212 I
Objektiver Tatbestand (+)
Subjektiver Tatbestand
P: Vorsatz - (+), wenn wenigstens doula eventualis bzgl O; hier (-)
=> aberratio ictus
Meinungsstreit:
- formelle Gleichwertigkeitstheorie: Täter wollte den Erfolg herbeiführen und hat ihn auch herbeigeführt, deshalb sind objektiver und subjektiver TB deckungsgleich; Vorsatz (+)
- Konkretisierungstheorie: auf anvisiertes Objekt konkretisiert und damit bzgl getroffenem Objekt kein Vorsatz; Vorsatz (-)
(- materielle Gleichwertigkeitstheorie
- aberratio ictus als Unterfall zum Irrtum über den Kausalverlauf)

17
Q

Was spricht im Fall eines Fehlgehens der Tat (aberratio ictus) gegen die Mindermeinungen?

A

Gegen formelle Gleichwertigkeitstheorie/materielle Gleichwertigkeitstheorie:
Eventualvorsatz am getroffenen Objekt der tatsächlich nicht feststellbar ist, wird dem Täter aus Rechtsgründen unterstellt. Dadurch wird dem Täter im Ergebnis ein genereller (Tötungs-)Vorsatz unterstellt, den dieser jedoch gerade nicht hatte.

Gegen Adäquanztheorie:
Ausgangspunkt schon unzutreffend. Beim Irrtum über den Kausalverlauf tritt der Erfolg an sich am richtigen Objekt ein, nur eben anders als gedacht. Hingegen tritt bei der aberratio ictus der Erfolg am an sich falschen Objekt ein. Somit ist die aberratio ictus bereits ein Irrtum über den Erfolgseintritt und nicht erst ein Irrtum über den Kausalverlauf

18
Q

Löse den folgenden Fall:

T will seinen Konkurrenten K töten. T vergiftet deshalb heimlich die Wasserflasche des K. Der Freund des K fragt diesen, ob er mal einen Schluck Wasser haben könne. K schenkt großzügig ein und F verstirbt.
Strafbarkeit des T?

A

P: mittelbare Opferindividualisierung - Abgrenzung error in persona vs aberratio ictus

Error in persona = T wollte die Person töten die aus der Flasche trinkt
aberratio ictus = T wollte K töten

MM: In den Fällen, in denen eine unmittelbare sinnliche Objekterfassung durch den Täter nicht stattfindet, ist nach einer Meinung alleine auf die geistige Identitätsvorstellung, also die „geistige Anvisierung“, des Täters abzustellen. Der Täter visiert in diesen Fälle also stets (nur) dasjenige Objekt an, von dem er glaubt, dass es getroffen werde. Werde ein anderes getroffen, liege eine aberratio ictus vor.

hM: Im Fall der mittelbaren Opferindividualisierung liegt bei der Personenverwechslung ein error in persona vor, der gem. § 16 I unbeachtlich ist, da der Name des Opfers kein Umstand ist, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört.

Stellungnahme:
Bei der mittelbaren Opferindividualisierung gibt der Täter das Geschehen aus der Hand und kann nur noch hoffen, dass „der Richtige“ in die Falle tappen werden. Wegen dieser erhöhten Gefahrschaffung kann der Täter bei bloß mittelbarer Opferindividualisierung nicht besser stehen, was bei der aberratio ictus aber der Fall wäre, da in diesem Fall nur eine Strafbarkeit wegen Versuchs oder Fahrlässigkeit in Betracht kommt (sog. Konkretisierungstheorie). Folglich ist auch bei der mittelbaren Opferindividualisierung von einem error in persona auszugehen.

19
Q

Nach welchen generell Prüfungsschema deine die meisten Rechtfertigungsgründe (außer zB die (muitmaßliche) Einwilligung) zu prüfen?

A
  1. Rechtfertigungslage
    = „Ob“ des Vorliegens einer Rechtfertigungssituation
    - Prüfungsperspektive beachten: ex ante/ex post
  2. Rechtsfertigungshandlung
    = „Wie“ der Rechtfertigungshandlung
    - welche Regeln muss der Täter im Rahmen des einschlägigen Rechtfertigungsgrundes beachten und welche Grenzen sind dem gesetzt?
  3. Subjektives Rechtfertigungselement
    Nach ganz hM ist ein subjektives Rechtfertigungselement bei Vorsatzdelikten notwendig, um das Handlungsunrecht zu kompensieren. Dies wird euch den Wortlaut zB von § 34 StGB bestätigt, der davon spricht, dass der Täter handeln muss, UM die Gefahr abzuwenden.
20
Q

Löse die folgenden Fälle:

  1. T erschießt O. O war gerade dabei, D zu erschießen. Objektiv gab es keine andere Möglichkeit, D zu retten. T hat jedoch nicht erkannt, was O vorhatte.
  2. Im obigen Fall erkennt T, dass O dabei ist, D zu erschießen. Das Leben des D ist T jedoch völlig egal. Er schießt, weil er sich über die Gelegenheit freut, O straflos töten zu können.
A

1.
P: Subjektives Rechtfertigungselement - hM „um zu“
Streitig ist, wie das das Fehlen des subj. Rechtfertigungselements bei objektiver Rechtfertigung zu lösen ist.
Nach zutreffenden (und inzwischen wohl auch vom BGH vertretenen) Ansicht kompensiert das objektive Vorliegen des Rechtsfertigungsgrundes das objektive Erfolgsunrecht. Es bleibt bloß das subjektive Handlungsunrecht, welches (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) eine Strafbarkeit wegen Versuchs begründet.

Nach a.A. ist der Täter nicht gerechtfertigt und folglich aus dem vollendeten Delikt zu bestrafen.

  1. Auch hier ist fraglich, ob das subjektive Rechtfertigungselement vorliegt.
    Der subjektive TB eines Rechtfertigungsgrundes verlangt ein Handeln in Kenntnis der rechtfertigenden Sachlage.

Kenntnistheorie: T hat diese Kenntnis und ist deshalb gerechtfertigt.

Lehre vom Verteidigungswillen (hM): Hinzukommen muss das Motiv, zumindest auch aufgrund der dadurch verliehenen Befugnis zu handeln. Daran fehlt es, wenn der Verteidigungswille neben anderen Motiven bei Vornahme der Abwehrhandlung gänzlich in den Hintergrund tritt. Wortlaut „um…zu“

21
Q

Prüfungsschema Notwehr bzw. Nothilfe, § 32 StGB

Definiere dabei die jeweiligen Merkmale

A

I. Notwehrlage = gegenwärtiger rechtswidriger Angriff (ex-post!)
Angriff = jede drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder Güter durch menschliches Verhalten
Gegenwärtig = wenn der Angriff unmittelbar bevorsteht, bereits begonnen hat oder noch andauert
Rechtswidrig = wenn der Angriff nicht seinerseits gerechtfertigt ist oder aus anderen Gründen geduldet werden muss

II. Notwehrhandlung (ex ante!)
1. Geeignet
= jede Handlung die nicht von vornherein als völlig abwehruntauglich erscheint
2. Erforderlich
= wenn sie das relativ mildeste Mittel unter mehreren gleichermaßen sicher den Angriff abwehrenden Mitteln darstellt
3. Geboten= kein Rechtsmissbrauch
= sozialethischen Einschränkungen

III. Subjektives Rechtfertigungselement

22
Q
  1. Nenne typische Fallgruppen, in denen die Notwehrhandlung nicht geboten, also rechtsmissbräuchlich ist.
  2. Was sind die Fallgruppen der Notwehrprovokation und wie sind diese Fälle jeweils zu lösen?
A

1.

  • Notwehrprovokation
  • krasses Missverhältnis
  • Näheverhältnis (enge persönliche Beziehung)
  • ersichtlich schuldlos Handelnde (wenn nicht extrem gefährlich)
  • Bagatellangriffe

2.
- schuldlose Provokation: Keine Einschränkung; volles Notwehrrecht
- Absichtsprovokation: nach hM Auschluss des Notwehrrechts
-Fährlässige Provokation: Rechtsfolge = Ausweichen, Schutzwehr, Trutzwehr
Vor allem streitig ist, ob neben dem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zwischen Vorverhalten und Notwehrhandlung ein rechtswidriges Vorverhalten notwendig ist (zB Straftat), oder ob bereits ein „sozialethisch zu missbilligendes Verhalten“ ausreicht (so BGH).

(In der Prüfung immer erst das uU provosierende Vorverhalten prüfen, um Inzidentprüfungen zu vermeiden!)

U.U kann ein Fahrlässigkeitsvorwurf an das Vorverhalten angeknüpft werden.

23
Q

Kann sich auch ein Polizist während des Dienstes auf die §§ 32, 34 StGB berufen?

Fall: Die Diebesbande D ist gerade dabei, ihre letzten Beutestücke in der vor dem Haus geparkte Fluchtauto zu laden, als sie von Polizist P erblickt werden. Dieser hat keine andere Möglichkeit, die Flucht zu verhindern, als dem F, der sich gerade ans Lenkrad setzen will, ins Bein zu schießen.

A

Z.B teilweise in den Landesgesetzen zum POR scheidet ein Schusswaffengebrauch in diesen Fällen aus.

Teilweise regeln diese Vorschriften aber, dass die Vorschriften über Notwehr und Notstand unberührt bleiben.
Die Voraussetzungen für Nothilfe gem. § 32 II StGB sind gegeben.

P: Wenn es richtig ist, dass sich die Polizei wie jeder Bürger bei der Ausübung von NOtwehr und Nothilfe auf § 32 berufen kann, welchen Sinn machen dann die den Schusswaffengebrauch einschränken Regelungen in den Polizeigesetzen? Wie dieser gesetzliche Widerspruch zu lösen ist, ist umstritten.

hM (auch BGH): Der Polizist darf sich generell in Ergänzung der polizeigesetzlichen Regelungen bei der Ausübung von Notwehr und Nothilfe auf § 32 berufen. § 32 begründet unmittelbar auch hoheitliche Eingriffsrechte. Dies hat der Gesetzgeber durch die Notrechtvorbehalte ausdrücklich klargestellt.
(Ob das Verhalten des Polizisten Beamten- oder polizeirechtlich aber zu missbilligen ist, kann in einer Strafrechtsklausur dahinstehen.

24
Q

Löse die folgenden Fälle:

  1. O wird von T angegriffen. Weil o am Vorabend einen Bericht über gewalttätige Überfälle gesehen hat, reagiert es völlig panisch, zieht seine Waffe und erschießt T, obwohl schon ein Schuss in die Beine zur Abwehr des Angriff ausgereicht hätte.
  2. In Fall 1 hat O en Angriff des T durch einen erforderlichen Schuss in die Beine abgewehrt. Immer noch panisch, tritt O jedoch noch mehrfach auf den am Boden liegenden T ein.
A
  1. Eine Rechtfertigung des O wegen § 32 StGB scheitert an der mangelnden Erforderlichkeit des tödlichen Schuss. § 34 StGB scheitert an der Güterabwägung.
    In Betracht kommt jedoch eine Entschuldigung wegen Notwehrexzess gem. § 33 StGB.
    Gutachten: § 33 „ersetzt“ auf Schuldeben nur die fehlende Erforderlichkeit (bzw. Gebotenheit). Im Rahmen der Schuld muss di Prüfung der weiteren Notwehrvoraussetzungen, als (der Gebotenheit und) des Verteidigungswillens nachgeholt werden. Nur wenn auch diese vorliegen, greift § 33 StGB. In Fall 1 ist O entschuldigt gem. § 33 StGB.
  2. Es ist streitig, ob § 33 auch auf den sog „extensiven Notwehrexzess“ anwendbar ist. Bei diesem überschreitet der Täter die zeitlichen Grenzen des Notwehrrechts und „verteidigt“ sich noch weiter, obwohl gar kein Angriff (mehr) gegenwärtig ist.

Nach wohl hM (-), da der Täter in diesem Fall schon begrifflich gar kein Notwehrrecht (mehr) habe, dessen Grenzen er überschreiten könne.

Nach aA (+), da der Täter auch in diesem Fall die (zeitlichen) „Grenzen der Notwehr“ überschreite.

25
Q

Prüfungsschema Festnahmerecht § 127 I StPO

Definiere dabei die jeweiligen Merkmale

A

I. Objektive Voraussetzungen
1. Festnahmelage
a) Frische Tat = str ob dringender Tatverdacht ausreicht (ex ante) oder ob die Straftat objektiv vorliegen muss (ex post) -> idR Folgeproblem ETBI
b) Betroffen oder verfolgt
Def.: Auf frischer Tat betroffen ist, wer bei Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird

Def.: Auf frischer Tat verfolgt ist, wer sich zwar bereits vom Tatort entfernt hat, aber sichere Anhaltspunkte auf ihn als Täter hinweisen und seine Verfolgung zum Zwecke der Ergreifung aufgenommen wird.

c) Festnahmegrund = Fluchtverdacht, Identitätsfeststellung
Def.: Fluchtverdacht liegt vor, wenn die gerechtfertigte Annahme besteht, der Betroffene werde sich der Verantwortung durch Flucht entziehen, wenn er nicht alsbald festgenommen wird.
Def.: Die Identität des Betroffenen ist dann nicht sofort feststellbar, wenn sie nicht augenblicklich und an Ort und Stelle so festgestellt werden kann, dass der weiteren zügigen Strafverfolgung insoweit nichts im Wege steht.

  1. Festnahmehandlung
    Schuss in die Beine nur bei Kapitalverbrechen (selbst das ist str.)
    II. Subjektives Rechtfertigungselement (Festnahmewille)
26
Q

A) Prüfungsschema der Einwilligung

B) Vergleiche Einwilligung und Einverständnis

A

A)
I. Objektive Vss: (Reihenfolge nicht zwingend)
1. Dispositionsbefugnis: (-) bei Leben und Rechtsgütern der Allgemeinheit
2. Kundgabe vor der Tat
3. Einwilligungsfähigkeit: entspricht nicht §§ 105ff - Verstandsreife genügt
4. Keine Willensmängel
5. Keine Sittenwidrigkeit (nur bei Körperverletzung, § 228!)
II. Subjektive Vss

B) Einwilligung = Rechtfertigung / Einverständnis hingegen lässt schon den Tatbestand entfallen.
Das Einverständnis ist auch wirksam, wenn es durch Täuschung erschlichen wurde. Maßgeblich ist alleine der natürliche Wille des Rechtsgutsträgers. Die Einwilligung ist unwirksam, wenn sie durch Täuschung erschlichen wurde.
(Einverständnis bei auszuschließenden Merkmal im obj. TB zu prüfen)

27
Q

Prüfungsschema rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

Definiere dabei die jeweiligen Merkmale.

A

I. Objektive Vss:
1. Notstandslage
Auch ein unbeteiligter Dritter kann Opfer einer Notstandstat sein. Nach wohl hM muss deshalb eine fachkundige Bewertung der Sachlage zum Befund führen, dass eine Gefahr vorliegt. Folglich muss zB eine Verletzung oder Krankheit aus der Situation eines Arztes bewertet werden.
a. Notstandsfähiges Rechtsgut
b. Gefahr für das Rechtsgut
Def.: Eine Gefahr liegt vor, wenn die tatsächlichen Umstände den Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich erscheinen lassen
c. Gegenwärtigkeit
Def.: Eine gegenwärtige Gefahr ist ein Zustand, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt, wenn nicht alsbald Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
2. Notstandshandlung
a. Eignung und Erforderlichkeit („nicht anders anwendbar“)
= geeignet, relativ mildestes Mittel
b. Interessenabwägung („Abwägung der widerstreitenden Interessen“)
= geschütztes RG muss das verletzte RG wesentlich überwiegen; Wertungen der §§ 228, 904 BGB beachten! -> völlig unbeteiligter Dritter muss weniger RG-Beeinträchtigungen hinnehmen als derjenige, von dem (oder von dessen RG) die Gefahr ausgeht.
c. Angemessenheit ( § 34 S.2 StGB)
hM: eigener Prüfungspunkt zur Begrenzung des Solidaritätsgedanken (Blutspendefall)
II. Subjektives Rechtfertigungselement

28
Q

Nach ghM gibt es bei § 34 keine „Abwägung Leben gegen Leben“. Wie sind Fälle zu lösen, in denen der Täter dennoch eine derartige Abwägung vornimmt? Welche Fallkonstellationen sind zu unterscheiden?

A

Eine Rechtfertigung gem. § 34 scheidet nach hM steht aus. Dies gilt auch in dem Fall, in welchem der Täter sein eigenes Leben auf Kosten des Lebens eines Dritten rettet, weil sonst beide Leben verloren wären (sog. Bergsteiger-Fall).

Sofern der Täter eine Abwägung „Leben gegen Leben“ vornimmt, um sein eigenes Leben oder dasjenige einer „Sympathieperson“ zu retten, kommt eine Entschuldigung seiner Tat gem. § 35 StGB in Betracht (so zB im Fall „Brett des Karneades“ und im og „Bergsteiger-Fall).

In allen anderen Fällen kommt allenfalls eine Entschuldigung gemäß eines „übergesetzlichen Notstandes“ in Betracht (so zB im „Weichensteller-Fall), bei den „Euthanasie-Fällen“ und beim Flugzeugabschuss im Fall „11. September“).
Ob eine derartige Entschuldigungen anzuerkennen ist, weil der Täter das mildere Übel wählt, ist streitig.
(In solchen Konstellationen nur Punkte für ausgewogene und unemotional Abwägung; kein richtig oder falsch)

29
Q
  1. Welche Fallkonstallation ist mit der vorsätzlichen „actio libera in causa“ gemeint ?
  2. Welche Meinungen werden zur a.l.i.c. Im Bereich der Vorsatzdelikte vertreten?
A
  1. Der Täter führt vorsätzlich den Zustand seiner Schuldunfähigkeit herbei, hat Vorsatz bezüglich seiner später zu begehenden Straftat und handelt bei Begehung der späteren Tat ebenfalls vorsätzlich. („3-Fächer Vorsatz“)
  2. Der BGH vertritt das „modifizierte Tatbestandsmodell“
    Grundsätzlich ist nach dem BGH das Berauschen an sich bereits die Tathandlung, die dann in kausaler und zurechenbarer Weise in die „eigentliche“ Tathandlung im schuldunfähigen Zustand einmündet.
    Diese Vorverlagerung der Tathandlung auf das Stadium der Berauschung ist aber nach BGH nicht bei alles Deliktsarten möglich. Vielmehr ist zu differenzieren:
    Beim reinen Erfolgsdelikte ist die vorsätzliche a.l.i.c. (schon wegen der Äquivalenztheorie) möglich, also zB § 212 oder § 223.
    Demgegenüber kann die a.l.i.c. Bei sog „verhaltensgebundenen Delikten“ nach BGH nicht angewendet werden, da zB das Berauschen nicht die Tathandlung des „Führens des Fahrzeugs“ ersetzen kann.

MM: a.l.i.c. Ist Verstoß gegen das Analogieverbot (§ 20 „bei Begehung der Tat)
MM: Ausnahmemodel: Ausnahmsweise muss die Schuld nicht bei Begehung der Tat vorliegen, sondern es genügt, wenn sie bei der Berauschung gegeben ist.
MM: a.l.i.c. Ist Fall der mittelbaren Täterschaft, wobei sich der Täter zu seinem eigenen, schuldlos handelnden Werkzeug macht.

30
Q

Sobald vom auf KK (1) genannten „3-fachen Vorsatz“ auch nur eine Komponente fehlt, ist generell nur eine Fahrlässigkeitstat gegeben. Ist bei einer Fahrlässigkeitstat eine a.l.i.c. Denkbar ? Wie differenziert insoweit der BGH?

A

Grundsätzlich ist es bei Fahrlässigkeitsdelikten immer möglich, auch ein der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung vorausgehendes Verhalten als Sorgfaltspflichtverstoß zu werden. Dies hat mir der Rechtsfigur der Alice nicht zu tun, sondern entspricht dem Charakter der Fahrlässigkeitsdelikte unter Hinzuziehung der Äquivalenztheorie.

Wenig Probleme bereiten insoweit die reinen Erfolgsdelikte. Wenn zB der Täter massiv trinkt, obwohl er weiß, dass er später och Auto fahren muss, so stellt bereits das Trinken an sich einen Sorgfaltspflichtverstoß dar. Sollte der Täter dann später im schuldunfähigen Zustand einen anderen Verkehrsteilnehmer verletzen oder gar töten, weil er die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat, so kommt ohne Rückgriff auf die alic eine Strafbarkeit gem. §§ 222 oder 229 StGB in Betracht.

Sofern es jedoch um ein verhaltensgebundenes Delikt geht, wie zb §§ 315c, 316, kann die Tathandlung nicht (unter Rückgriff auf die Äquivalenz-Theorie) im Berauschen an sich erblickt werden. Denn das Verhalten muss tatsächlich und in schuldhafter Weise an den Tag gelegter werden. Am Beispiel der §§ 315c, 316:
Diese Delikte verlangen ein Führen des Fahrzeugs im Straßenverkehr. Dies verlangt das „Anrollen der Räder“. Das Trinken kann vor diesem Hintergrund nicht als Tathandlung herangezogen werden, weil in diesem Zeitpunkt sich noch keine Räder am Fahrzeug bewegen.
=> Bei verhaltensgebundenen Delikten ist die alic nach dem modifizierten Tatbestandsmodell des BGH nicht anwendbar. Es bleibt bei § 323a StGB.

31
Q

Wann liegt ein unmittelbares Ansetzen zum alic-Versuch vor ?
Setze die vertretene Meinungen in Bezug zu den unterschiedlichen Theorien zur Begründung der Rechtsfigur der alic.
(Bisher keine Rspr dazu)

A

In der Lehre werden 3 Meinungen vertreten:

1) Die Theorie „vom ersten Schluck“
2) Die Theorie vom Eintritt der Schuldunfähigkeit
3) Die Theorie von der eigentlichen Ausführungshandlung

Nach dem Ausnahmemodell gilt Meinung 3.
Nach den Tatbestandsmodellen kann „eigentlich“ nicht auf Zeitpunkt 3 abgestellt werden, weil die Tathandlung ja schon in der Berauschung liegen soll.

In der Klausur sollte darauf geachtet werden, dass keine „lebensfremden“ Ergebnisse begründet werden!
Ein „alic-Mordversuch“ durch das trinken eines Schnapses in der Kneipe wäre zB eine völlig lebensfremde und bloße Gesinnungsstrafrecht darstellende Lösung.
Grade die Tatsache, dass es keine Rspr zu diesem Problemkreis gibt, zeigt, dass in der Praxis entsprechende Fälle nicht verfolgt werden und meist - weil es schlicht nicht herauskommt, was der Täter sich beim Trinken so denkt - auch nicht verfolgt werden können.

32
Q

Löse den folgenden Fall:

T betrinkt sich bis zur Schuldunfähigkeit, um keine Hemmungen mehr zu haben, seinen Feind F zu erschießen. Im Zustand der Schuldunfähigkeit verwechselt er F und D und erschießt D. Strafbarkeit der T?

A

Nach BGH ist dieser error in persona im Zeitpunkt der Ausführungshandlung im Rahmen der Rechtsfigur der alic für den Tatbestandsvorsatz unbeachtlich.
In der Personenverwechslung habe sich gerade eine typische Gefahr starker Alkoholisierungen (Wahrnehmungsstörungen, Tunnelblick etc.) verwirklicht. Für diese durch die Alkoholisierung geschaffene Gefahr müsse der Täter einstehen.

In der Lehre wird demgegenüber herrschend ein Fall der aberratio ictus angenommen. Da das Tatgeschehen an dem im schuldfähigen Zustand gefassten Plan zu messen sei, führe die Verwechslung zu einer wesentlichen Abweochung der geplanten von der ausgeführten Tat. Im Falle der Objektsverwechslung nach dem Verlust der Schuldfähigkeit sei die den Vorwurf der alic tragenden Verbindung zwischen Tatplan und Tatgestaltung beseitigt.

Wer der Lehre folgt, kann noch auf die folgenden Punkte eingehen:

  • rechtliche Behandlung der aberratio ictus (hM Versuch + Fahrlässigkeit)
  • Zeitpunkt der Ansetzens zum alic-Versuch
  • Keine „fahrlässige alic“, sondern „normale“ Fahrlässigkeit