Strafrecht AT Flashcards
- Definiere „Handlung“.
- Nenne die wichtigsten Fallgruppen, in denen es an der Handlungsqualität fehlt oder in denen sie problematisch ist.
- Kann es auch bei fehlender Handlungsqualität im Zeitpunkt der „eigentlichen“ Erfolgsherbeiführung eine Strafbarkeit geben?
- Handlung ist jedes menschliche Verhalten, das vom Willen beherrscht oder zumindest beherrschbar und damit auch vermeidbar ist.
- (-) bei vis absoluta, Schlaf, Hypnose (str.) oder Bewusstlosigkeit, Reflexbewegungen (Abgr. Zu Spontan-/Kurzschlussreaktionen), Krankheitssymptome
- Bleibt der Täter bei der „eigentlichen“ Erfolgsherbeiführung straflos, so kann ihm unter Umständen ein zeitlich vorgelagertes sorgfaltspflichtwidriges Verhalten im Rahmen einer Fahrlässigkeitstat angelastet werden (Übernahemfahrlässigkeit).
- Wann ist eine Handlung für einen Erfolg nach hM ursächlich?
- Was ist die Schwäche der herrschenden Kausalitätsdefintion?
- Wie wird die Schwäche behoben?
- Kausal für einen Erfolg ist eine Handlung, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele.
- Sie ist zu weitgehend. Streng genommen hat nach dieser Theorie auch die Mutter des Mörders mit dessen Geburt eine Ursache für den späteren Mord gesetzt.
- Der Erfolg muss dem Täter als „sein Werk“ zugerechnet werden können. Dafür genügt es nicht, dass eine Handlung im Sinne der Äquivalenz-Theorie „bloß“ ursächlich war. Die ganz hL stellt darüber hinaus im objektiven Tatbestand die Frage, ob dem Täter der Erfolg objektiv zugerechnet werden kann. Demgegenüber prüft die Rspr im subjektiven Tatbestand, ob dem Täter der Erfolg subjektiv zugerechnet werden kann. Dies prüft die Rspr innerhalb des Vorsatzes zum Kausalverlauf (als Irrtum des Kausalverlaufs).
- Wann wird dem Täter ein Erfolg objektiv zugerechnet?
2. Nenne klassische Fälle, in denen die Zurechenbarkeit fehlt.
- Dem Täter ist ein Erfolg objektiv zurechenbar, wenn er durch seine Handlung eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten Erfolg verwirklicht hat.
- (-) bei:
- atypischen Kausalverläufen (meist auch bei fortwirkender Kausa.)
- bloßer Risiko- bzw Schadensverringerung
- Schadenseintritt außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögen
- Eigenverantwortlichkeit des Opfers
- Dazwischentreten Dritter
- Erfolg außerhalb des Schutzbereichs der Norm, rechtmäßigem Alternativverhalten/Pflichtwirdrigkeitszusammenhang (nur bei Fahrlässigkeit)
Löse die folgenden Fälle (ohne Mordmerkmale):
- T schießt auf O, um ihn zu töten. O wird aber nur verletzt, kommt in den Krankenwagen und stirbt dann bei einem vom Krankenwagenfahrer verursachten Verkehrsunfall.
- Wie ist Fall 1 zu lösen, wenn sich der Unfall ereignet, weil sich der Fahrer des Krankenwagens wegen der Schwere der Verletzung des O nicht mehr an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält?
Fall 1:
- Handlung, Erfolg, Kausalität (+)
- Objektive Zurechnung: Im Unfalltod hat sich nicht die Gefahr realisiert, die T durch den Schuss geschaffen hat, da der Unfalltod allgemeines Lebensrisiko ist. (Fall des atypischen Kausalverlaufs)
- > Versuchter Totschlag (+)
- > Schwere KV (+)
Fall 2:
Problem des „Blaulichtrisikos“
Zurechnung (+): Es sei grade nicht mehr atypisch, dass der Fahrer des Krankenwagens wegen schwerer Verletzung des Opfers Geschwindigkeitsbegrenzungen überschreite und über rote Ampeln fahre.
Zurechnung (-): Auch hier dürfte der Fahrer gem §§ 1,2 StVO nur so fahren, dass er andere nicht gefährde, weshalb sich doch die allg. Gefahr des Straßenverkehrs realisiert habe.
Löse den folgenden Fall (ohne Mordmerkmale):
A und B verabreichen dem O jeweils eine „halbtödliche“ Dosis Gift. Dabei agieren beide nicht als Mittäter, sondern als Nebentäter. O verstirbt.
- Handlung / Erfolg (+)
- Kausalität (+)
Ohne die halbtödliche Dosis des A wäre O nicht verstorben. - Objektive Zurechnung (-)
Durch Verabreichung einer „halbtödlichen“ Dosis Gift schafft A nicht die Gefahr, dass B dies - unabhängig von ihm - parallel auch tut
(Kumulative Kausalität - atypischer Kausalverlauf)
-> versuchter Todschlag (+)
-> Schwere KV (+)
-> Tateinehti § 52 StGB
Gleiches gilt für B.
Löse den folgenden Fall (ohne Mordmerkmale):
A und B deponieren in den Wagen des O - unabhängig voneinander - jeweils eine Autobombe, die bei der Zündung explodiert. Als O die Zündung betätigt, zünden beide Bomben. O ist sofort tot. Jede Bombe alleine hätte zur sofortigen Tötung des O ausgereicht.
- Handlung/Erfolg (+)
- Kausalität:
Nach der Äquivalenztheorie eigentlich keine Kausalität, weil die Bedingung
Löse den folgenden Fall (ohne Mordmerkmale):
T will O mit einer Eisenstange heftig auf den Kopf schlagen, In letzter Sekunde gelingt es D, den O noch ein Stück zur Seite zu stoßen, so dass O von T nur an der Schulter getroffen wird. Durch den Stoß erleidet T zusätzlich einen blauen Flecken, was D in Kauf genommen hatte.
Strafbarkeit des D?
§§ 223 I, 224 I Nr.2 - Schulterverletzung
Erfolg/Handlung/Kausalität (+)
Objektive Zurechnung: D hat die bestehende Gefahr für O nicht geschaffen, sondern abgemildert. Wegen dieser Risikoverringerung wird ihm der Erfolg objektiv nicht zugerechnet.
=> (-)
§ 223 I - blauer Fleck
I. Tatbestand (+), auch objektive Zurechnung, da sich die von D geschaffene Gefahr der Stoßes in dem blauen Fleck realisiert hat.
II. Rechtswidrigkeit (-), da mutmaßliche Einwilligung des O.
Was ist die Grunddefinition der Heimtücke?
- Heimtückisch tötet, wer die Arglosigkeit und die gerade infolge der Arglosigkeit vorhandene Wehrlosigkeit des Angegriffenen bewusst zur Begehung der Tat ausnutzt und dabei in feindlicher Willensrichtung handelt.
Arglos ist, wer sich zur Zeit des Beginns der Tötungshandlung keines Angriffs von Seiten des Täters versieht,
Die Wehrlosigkeit resultiert beim Heimtückemord aus der gerade aufgrund von Arglosigkeit eingeschränkten oder ausgeschlossenen Verteidigungsmöglichkeit.
Keine feindliche Willensrichtung, wenn der Täter „zum vermeintlich Besten des Opfers“ handelt, zB Mitnahmeselbstmord und Mitleidstötung.
Warum verlangt die ganz hM bei der Heimtücke eine restriktive Auslegung ? Wie ist diesbezüglich der Meinungsstreit?
Bei der Grunddefinition der Heimtücke droht jede plötzliche Tötung als Heimtücke gewertet zu werden. Dadurch würde der Mord zum Regelfall bei den Tötungsdelikten werden. Dies ist schon vor dem Hintergrund der absoluten Strafandrohung nicht hinzunehmen. Deshalb ist eine restriktive Auslegung nötig.
BGH: „Rechtsfolgenlösung“: die analoge Anwendung von § 49 I StGB ist aber der „letzte Ausweg“, weshalb alle anderen Möglichkeiten der Strafmilderung vorher geprüft werden müssen (zB Irrtum gem. § 35 II beim „Tyrannenmord“)
wohl hL: Zusätzliche ist ein besonderes verwerflicher Vertrauensbruch nötig.
Stellungnahme: hL ist abzulehnen, da damit das Mordmerkmale „in die Familie getragen“ wird und „Meuchelmörder“ und Auftragskiller nicht erfasst werden könne.
- Was ist die Definition des „sonst niedrigen Beweggrundes“?
- Welche Indizien kann man bei einer Argumentation in der Klausur regelmäßig heranziehen?
- Beweggrüned sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verwerflich sind.
- Argumentationsindizien:
- spontane oder geplante Tat
- „verständiges“ Motiv oder gerade nicht
Ist der Täter aus einem „verständigen“ Motiv spontan zur Tat hingerissen, scheidet des Niedrige Beweggrund idR aus.
Löse den folgenden Fall:
T will seinen Feind F ertränken. Er hat ihn zu diesem Zweck gefesselt und geknebelt und wirft ihn über ein Brückengeländer in einen Fluss. F schlägt beim Sturz mit dem Kopf am Brückenpfeiler auf und stirbt durch Genickbruch.
(Ohne § 211 StGB)
§ 212 StGB Objektiver TB (+): Auch objektive Zurechnung ist gegeben, da T durch sein Verhalten mehrere Todesgefahren geschaffen hat, von denen sich eine verwirklicht hat.
Subjektiver TB: Vorsatz bzgl Handlung + Erfolg (+)
P: Vorsatz zum Kausalverlauf
Weicht der tatsächliche Kausalverlauf von der Vorstellung des Täters ab, so hat der Täter dennoch Vorsatz, wenn die Abweichung unwesentlich ist.
Unwesentliche ist die Abweichung, wenn sich das Geschehen in den Grenzen des allgemeinen Lebenserfahrung hält und keine andere Bewertung der Tat gerechtfertigt ist.
Hier ist das Geschehen in der Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung. Eine andere Bewertung der Tat ist nicht gerechtfertigt, weil sich der Täter von mehreren geschaffenen Erfolgseintrittsgefahren nicht eine spezielle aussuchen kann.
Löse den folgenden Fall:
T hat O in einer plötzlichen Gefühlsaufwallung so lange gwürgt, bis dieser das Bewusstsein verloren hat. T hält den noch lebenden O für tot. Um seine Tat zu verdecken, will er einen Selbstmord des O vortäuschen. T bindet deshalb mit einem Strick eine Henkersschlinge, knüpft O daran auf und kippt in der Nähe einen Stuhl um. Der noch lebende O findet in der Schlinge den Tod. (Ohne § 211 StGB)
In Betracht kommt eine Strafbarkeit wegen Todschlag gem. § 212 I
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand (+) - auch nicht atypisch, dass der Täter versucht, die Tötung zu vertuschen und Opfer daran stirbt) 2. Subjektiver Tatbestand: - Vorsatz Handlung/Erfolg (+) - P: Vorsatz bzgl Kausalverlauf (-), wenn wesentliche Abweichung Unwesentlich ist eine Abweichung, wenn sich das Geschehen in der Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung hält und keine andere Bewertung der Tat gerechtfertigt ist.
Als Wertungskriterien kommen vor allem in Betracht
- welcher Grad des Vorsatz liegt beim Täter vor ?
- ist der Täter als „Angreifer“ oder eher als „Verteidiger“ einzuordnen?
Sofern eine „andere Bewertung der Tat“ gerechtfertigt ist, liegt kein Vorsatz zum Kausalverlauf vor. Stattdessen ist das Geschehen in Teilakte aufzuspalten. Werden beide bejaht -> § 53!!
MM: Versuchslösung = immer Aufspaltung in Versuch und Fahrlässigkeit
MM: Lehre vom Gesamtvorsatz = Maßgeblich, ob 2. Akt anfänglich geplant war
Welche Argumente sprechen beim Irrtum über den Kausalverlauf im Fall des mehrtaktiger Geschehens (Klassiker „Jauchegruben-Fall“) gegen die Mindermeinungen?
Gegen die Theorie vom Gesamtvorsatz:
- öffnet Einlassungsgeschick des Täter Tür und Tor
- Täter muss vor Gericht nur vortragen, dass er den Entschluss zum zweiten Teilakt erst später gefasst habe (was in der Praxis nur schwer zu widerlegen ist), um sich der Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Vollendung zu entziehen
Gegen die Versuchslösung:
Sie spaltet das Geschehen stets willkürlich in zwei Teile auf, obwohl es sich (zumindest in den meisten Fällen) um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt.
Auch verkennt sie, dass der Vorsatz nicht im Zeitpunkt des Erfolgseintritts vorliegen muss, sondern lediglich zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Täter die Tathandlung vornimmt.
Löse die folgenden Fälle:
- A will mit seinem neuen Jagdgewehr eine Schießübung machen. Zu seinem Entsetzen verwechselt er den Bauern B mit einer Vogelscheuche und tötet B.
- A will den B töten und ist im Nachhinein enttäuscht, nur die Vogelscheuche getroffen zu haben, die er für B gehalten hat.
- T beschädigt eine Sache des 6-jährigen Kindes K. T glaubt, dass Sachbeschädigungen nur gegenüber Erwachsenen strafbar seien.
- N lässt seinen PKW unverschlossen auf der STraße stehen. T kann nicht widerstehen und setzt sich hinter der Lenkrad, weil auch er einmal in seinem Leben in einem Jaguar sitzen möchte. T glaubt, er gehe einen Hausfriedensbruch.
- Strafbarkeit des A § 212 I StGB
(-), mangels Vorsatz, § 16 I StGB, da A den Umstand, dass es sich bei seinem Zielobjekt um einen Menschen handelt, nicht kannte. (Sachverhaltsirrtum = Tatbestandsirrtum)
Aber Strafbarkeit wegen § 222 (+), vgl § 16 I 2 StGB - Versuchter Totschlag (oder Mord) (+)
Da die Vogelscheuche kein taugliches Tatobjekt zur Tötung eines Menschen ist, handelt es sich insoweit um einen untauglichen, aber dennoch strafbaren Versuch (vgl insoweit § 23 III) (Sachverhaltsirrtum des A) - § 303 I (+)
Schuld: § 17 Verbotsirrtum (-), da der Irrtum vermeidbar war, also die Strafe nicht ausschließt. - Ein KFZ ist kein befriedetes Besitztum, weshalb der Tatbestand des § 123 I nicht verwirklicht ist.
Dass T aufgrund eines Wertungsirrtums glaubt, einen Hausfriedensbruch zu begehen, stellt ein strafloses Wahndelikt dar.
Löse den folgenden Fall:
T erschießt O, weil er ihn in der Dunkelheit mit seinem Feind F verwechselt.
§ 212 I StGB
Objektiver TB (+)
Subjektiver TB:
Fraglich ist, ob T hinsichtlich der Tötung des O vorsätzlich gehandelt hat, da er eigentlich den F töten wollte. Aufgrund dieses Umstandes, der einen Sachverhaltsirrtum darstellt, könnte er sich in einem Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB befunden haben. In diesem Fall müsste er einen Umstand nicht gekannt haben, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört (vgl. § 16 I StGB).
Zum gesetzlichen Tatbestand des § 212 I StGB gehört jedoch nur das Merkmal Mensch und nicht die Frage welche konkrete Mensch betroffen ist. Dass er überhaupt auf über Menschen zielt, ist jedoch bewusst gewesen.
Folglich stellt sich die Personenverwechslung nicht als error in persona und damit nicht als Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB dar. T handelte vorsätzlich.
II. In Betracht kommt weiterhin ein versuchter Totschlag am eigentlich gewollten Objekt F gem. §§ 212 I, 22, 23 I StGB. Hier fehlt es jedoch am Tatentschluss, da der Vorsatz des T bereits beim Totschlag bzgl. O verwertet wurde und T keinen Vorsatz hatte, zwei Menschen zu töten.
-> Verbot der Doppelverwertung