Soziale Kontrolle Flashcards
Soziale Kontrolle nach Peters 1995, 2002
Definition: Informelle und formelle Verfahren zur Durchsetzung informeller und formeller sozialer Normen durch soziale Instanzen
Auslöser: Gegenwärtiges oder erwartetes abweichendes Verhalten
Ziel: soll sozial abweichendes Verhalten verhindern oder einschränken
Grundlage: Vorstellungen einer Gruppe über soziale Normen, die die Macht hat, diese durchzusetzen
Werte
generalisierte und zeitlich relativ konstante Überzeugungen zur Gestaltung sozialer, wirtschaftlicher, politischer, kultureller und individueller Gegebenheiten –> dienen der Beurteilung von Handlungszielen
Normen
auf Werten beruhende und spezifischere Regeln (Handlungsanweisungen), die mit Sanktionen (positiven und negativen Handlungsfolgen) verbunden sind -> dienen der Durchsetzung von Handlungszielen
Instanzen sozialer Kontrolle
informell: Familie, Freundes-/ Bekanntengruppen, Vereine, Berufsleben, Schule
formell: Polizei, Justiz, Strafvollzug
Strafverfolgungssystem Input
Anzeigeerstatter 90% -> Torhüter des Strafverfahrenssystems
Polizei/StA 10% -> Kontrollkriminalität
Norm-> Legalitätsprinzip
Legalitätsprinzip
Die StA ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen
Strafverfolgungssystem Output StA/ Polizei
Legalitätsprinzip: wenn kein hinreichender Tatverdacht besteht, Einstellung
bei hinreichendem Tatverdacht Anklage oder Strafbefehl
Opportunitätsprinzip (Ermessensspielraum)
hinreichender Tatverdacht, Einstellung
aber geringe Schuld, kein oder mit Auflagen kompensierbares öffentliches Interesse -> Diversion - Umleitung vom formellen ins informelle Verfahren
Verfahrensökonomie
Strafverfolgungssystem: Output - Strafgericht
Legalitätsprinzip: kein hinreichender Tatverdacht, Ablehnung der Eröffnung, Freispruch, Verurteilung zu Geldstrafe, Freiheitsstrafe mit Bewährung oder ohne Bewährung
Legalitätsprinzip ist…
zwar als gesetzlicher Grundsatz die Regel, aber in der Praxis gleichbedeutend wie das Opportunitätsprinzip oder gar die Ausnahme
-> Diversion
bis zu einer gewissen Quantität ist Nichtverfolgung funktional
organisatorisch: eine vollständige Strafverfolgung ist weder organisierbar noch finanzierbar -> Implosion des Strafverfolgungssystems
sozial- kognitiv: vollständige Strafverfolgung würde wegen Ubiquität der Kriminalität im kollektiven Normbewusstsein zur Umkehrung des Regel- Ausnahme- Verhältnisses zwischen Konformität und Delinquenz führen
Normverletzungen ermöglichen Bildung, Stärkung oder notwendige Änderung des Normbewusstseins
Selektivität und soziale Kontrolle
strafrechtlich: ultima ratio Prinzip
keine totale Kontrolle, kein Überwachungsstaat
materiellrechtlich: nicht jedes abweichende Verhalten wird kriminalisiert
verfahrensrechtlich: Opportunitätsprinzip: selbst bei hinreichendem Tatverdacht wird nicht jede Straftat angeklagt
Selektivität als das strukturierende Operationsprinzip sozialer Kontrolle
- ohne soziale Kontrolle keine Gemeinschaft, keine Gesellschaft
- ohne Selektivität keine funktionierende Struktur (informeller und formeller) sozialer Kontrolle
- Kriminalitätstheoretische Ausformulierung: Labeling Approach