Sitzung 9: Positive Entwicklung Flashcards

1
Q

Wie kam es dazu, dass vermehrt zu positiver Entwicklung geforscht wurde?

A

Psychologie zielt zu großen Teilen auf Negatives:

  • mentale Probleme (z.B. psychische Störungen)
  • Verhaltensauffälligkeiten (z.B. Delinquenz)
  • Defizite (z.B. kognitive Einschränkungen)
  • Ziel ist Wiederherstellung durch Interventionsmaßnahmen

= neuere Forschungsströmungen zu positiver Psychologie und positiver Jugendentwicklung versuchen Blick auf positive Entwicklungsergebnisse zu erweitern

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2
Q

Definiere Positive Psychologie

A
  • Positives und Negatives stellen eigenständige Phänomene dar, nicht einfach zwei Endpunkte eines Kontinuums
  • Abwesenheit von Problemen bedeutet nicht ein erfülltes Leben zu haben
  • Positive und negative Outcomes sollten eigenen Erklärungsansätzen folgen
    = man sollte nicht nur negatives sondern auch positives untersuchen

= in der differentiellen Psychologie: Interindividuelle Unterschiede (Warum ist der eine Mensch glücklicher als der andere?)

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3
Q

Definiere Positive Jugendentwicklung

A
  • geschärft auf Veränderungsprozesse
  • Jugendliche haben nicht Probleme, die man lösen muss, sondern Potentiale, die entwickelt und gestärkt werden müssen
  • Bedingungen für diese Entfaltung müssen geschaffen werden
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4
Q

Ist der Ansatz zu den positiven Eigenschaften eher aus der Positiven Psychologie oder der Positiven Jugendentwicklung gewachsen?

A

Positive Psychologie

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5
Q

Ein Ansatz der Positiven Entwicklung: Positive Eigenschaften

A
  • Fokus: positive Eigenschaften als Ziel von Entwicklung

z. B.
- Optimismus (z.B. mit erfolgreichem Coping und besserer Gesundheit assoziiert)
- Wohlbefinden (weil man annimmt, dass es zu einem guten Leben dazugehört sein Leben zu mögen)

= diese Eigenschaften müssen untersucht und vorhergesagt werden, um Psychologie zu befähigen, positive Entwicklung anzustoßen

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6
Q

Eigenschaften: Beispiel Wohlbefinden

Was sind die Erkenntnisse aus vielen Studien und was ist das Ziel dabei?

A

Glücklichere Menschen auch nach Jahrzehnten:

  • höhere Partnerschaftszufriedenheit
  • höheres Einkommen
  • bessere Gesundheitsindikatoren

Ziel ist, Präindikatoren für das Wohlbefinden zu identifizieren und durch Interventionen zu fördern

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7
Q

Was sind Beispiele für Präindikatoren für Wohlbefinden?

A

Einkommen
- hohes Einkommen hat einen positiven Einfluss auf Wohlbefinden
- in unteren Einkommensschichten kann höheres Einkommen zu mehr Wohlbefinden führen, aber ab einer bestimmten Schwelle kann das Einkommen das Wohlbefinden nicht mehr steigern
(Diese Schwelle liegt dort, dass man sich ein Leben leisten kann - Grundbedürfnisse wie Essen, Sicherheit,..)

Bildung

  • höher gebildete Menschen haben mehr Ansprüche an das Leben
  • > kann das WB senken (geringer Zusammenhang)

Intelligenz

  • ähnlich wie bei Bildung
  • Intelligenz kann auch mit mehr Sorgen und Problemen einhergehen

= diese 3 Prädikatoren KÖNNEN Einfluss aufs Wohlbefinden haben, gibt aber nur einen geringen Zusammenhang

Geschlecht

  • bei Frauen ein geringeres WB und höher ausgeprägte Depressivität
  • Erklärungsansatz: Frauen haben mehr Belastung durch vielfältige Rollen in der Gesellschaft

Religiösität

  • Menschen, die religiöser sind haben ein höheres WB
    1. Erklärungsansatz: Religiösität kommt mit sozialer Gemeinschaft/Unterstützung
    1. Erklärungsansatz: mehr Sinn im eigenen Leben -> zufriedener, glücklicher

Persönlichkeit
- Extrovertierte Persönlichkeit -> höheres WB

Genetik
- WB geht mit einem gewissen Heribilitätsindex einher

= diese 4 Prädikatoren HABEN Einfluss auf das Wohlbefinden

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8
Q

Grundlagen des Glücks (Fordyce), die zu beachten, anzustreben und zu erwerben sind und somit das Wohlbefinden steigern

A
  1. bleib aktiv
  2. verbringe Zeit mit anderen Menschen
  3. sei leistungsfähig bei sinnvoller Arbeit
  4. höre auf dir Sorgen zu machen
  5. senke deine Erwartungen und Ansprüche
  6. denke positiv und optimistisch
  7. orientiere dich an der Gegenwart
  8. entwickle eine aufgeschlossene und soziale Persönlichkeit
  9. sei du selbst
  10. beseitige negative Gefühle und Probleme
  11. enge Beziehungen sind die stärkste Quelle von Glück
  12. mache Glück zu Deiner obersten Priorität
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9
Q

Mit welchen drei einfachen Übungen kann man das Glücksempfinden stärken?

A

Dankbarkeit

  • Dankesbrief, positive Dinge für die man dankbar ist
  • kurzfristig konnte mit dieser Methode das WB gesteigert und depressive Symptome abgebaut werden

Drei gute Dinge

  • jeden Tag drei positive Dinge, die einem passiert sind aufschreiben
  • positive Effekte auf das WB
  • geringere Depressivität recht schnell, auch nach mehreren Monaten noch nachweisbar

Neuropsychologische Trainings

  • kleines Spiel: Aufmerksamkeit auf positive Reize lenken und negative Reize ignorieren
  • dadurch werden neuroendokrinologische Prozesse in Gang gesetzt, die die Stresswahrnehmung reduzieren und das WB steigern
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10
Q

Vorteile der Definition über Eigenschaften

A
  • lange Forschungstradition für einige Eigenschaften -> substantieller Forschungsstand und theoretische Modelle
    = z.B. Optimismusforschung und Wohlbefinden
  • etablierte Messverfahren mit guten psychometrischen Eigenschaften
    = z.B. subjektives WB kann man mittlerweile sehr gut erfassen
  • gut vermittelbar (im Sinne von Coaching)
    = z.B. drei Dinge, Dankbarkeit
  • einige Interventionen scheinen auch nach 9-18 Monaten Effekte im Sinne einer Verbesserung des Wohlbefindens zu erbringen
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11
Q

Nachteile der Definition über Eigenschaften

A
  • nicht spezifisch für Jugendalter entwickelt
    = interindividuelle Unterschiede eher Erwachsenenalter
  • z.T. starke genetische Komponente
  • > ca. 50% bei WB begrenzte Interventionsmöglichkeiten
  • Gefahr Vorschriften über “richtige” Lebensführung zu machen
  • WICHTIG: Kontextabhängig
    = Optimismus ist z.B. nicht immer nur helfend (beim Rauchen - falsche Risikoeinschätzung)
  • kulturelle Unterschiede (z.B. Schüchternheit positiv in China)
    = Eigenschaften werden nicht überall als positiv beurteilt
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12
Q

Ansatz der positiven Entwicklung: Kompetenzen und Befähigung

A
  • unterscheidet sich recht stark zu dem Aspekt der Eigenschaften
  • Positive Entwicklung als Entfaltung der eigenen Potentiale

z.B.
- Lebenskompetenzen
- Developmental Assets
- Positive Jugendentwicklung im Sinne der 5 Cs
(werden in der Literatur häufig getrennt, inhaltlich aber große Nähe)

  • > Ansätze betonen Potential in Menschen
  • > weniger Eigenschaften eher Kompetenzen
  • > starker Bezug zu Interventionsmaßnahmen
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13
Q

Was sind die 5 Cs (Lerner)?

A

Confidence (Selbstwert, -wirksamkeit)

Competence (schulische & soziale)

Character (Verantwortungsübernahme, Unabhängigkeit)

Caring (Empathie & Sympathie)

Connection (positive Bindung zu anderen)

  • nur wenn diese 5 gegeben sind kommt es zu

= Contribution (aktive Teilhabe an der Gesellschaft)

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14
Q

Was sind die Developmental Assets (Benson)?

s. auch Folien 23-27

A

Es gibt 20 internale und 20 externale assets

internal:
- Positive Identität
- Positive Werte
- Soziale Kompetenzen
- Lernbereitschaft

external:

  • Unterstützung
  • Verantwortungsübernahme
  • Grenzen und Erwartungen
  • Konstruktive Zeitnutzung

= hohe Anzahl von Assets bedeutet nicht, dass man definitiv einen positiveren Entwicklungsweg einschlägt, aber es ist wahrscheinlicher

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15
Q

Was sind die Lebenskompetenzen (WHO)?

A

Positive Selbstwahrnehmung

Problemlösekompetenzen

Entscheidungen treffen

Kreatives & kritisches Denken

Umgang mit Gefühlen und Stress

Interpersonale Beziehungen

Effektive Kommunikation

Selbstbewusstsein

Empathie

= wird uns am häufigsten begegnen; sehr großer Bereich von Jugendentwicklungsmaßnahmen
= sehr stark Bereiche der eigenen persönlichen Fähigkeiten

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16
Q

Vorteile des Ansatzes zu Kompetenzen und Befähigung

A
  • Jugendzentrierter Ansatz
  • Positive Grundhaltung gegenüber Jugendlichen
    = man sieht sie mehr als Ressource und Potential und nicht als Troublemaker
  • Betonung von Handlungsmöglichkeiten
  • Ansatz bei Kompetenzen und förderlicher Umwelt
  • sehr starker Anwendungs- und Präventionsbezug
  • > Wie viele Assets sind in einem bestimmten Kontext gegeben?
  • > empirischer Nachweis existiert
17
Q

Nachteile des Ansatzes zu Kompetenzen und Befähigung

A
  • Mehr ist nicht bei allen spezifischen Kompetenzen immer besser
  • > zu viel Empathie: Übererregung und weniger prosoziales Verhalten
  • > Jugendliche, die unerreichbare Ziele nicht loslassen können: ansteigende Werte in Entzündungsparametern
  • wenig Bezug zu möglichen Grenzen (Rückschläge, Versagenserlebnisse)
  • Konzepte beziehen sich vor allem auf Anforderungen in westlicher Welt
  • zeitlicher Bezug unklar, wann (Alter) müssen welche Ressourcen/Lebenskompetenzen/Assets wie lange vorhanden sein, um positive Entwicklung zu befördern
18
Q

Ansatz der positiven Entwicklung: Entwicklungsregulation

A

Positive Entwicklung als Fähigkeit, sich auf Widerstände und Ziele kompetent einzustellen
(z.B. Mädchen findet Junge gut, Junge Mädchen aber nicht - mit diesem Widerstand muss man umgehen können)

z. B.
- Agency durch Auseinandersetzung mit neuen Aufgaben
- Optimierung durch primäre und sekundäre Kontrolle
- Selbststeuerung

  • > Ansätze betonen Flexibilität und Notwendigkeit sich an verändernde Gegebenheiten anzupassen
  • > beinhalten auch negative Aspekte (Niederlagen)
  • > stärkere Berücksichtigung des Kontextes und evtl. bestehender Barrieren
19
Q

Vorteile des Ansatzes zu Entwicklungsregulation

A
  • Adaption an verschiedene Gegebenheiten möglich durch jeweils andere Strategien
  • Negative Erfahrungen werden aktiv einbezogen (z.B. negative Emotionen als Motivationsquelle)
  • Einbeziehung eines zeitlichen Rahmens (z.B. Deadlines)
20
Q

Nachteile des Ansatzes zu Entwicklungsregulation

A
  • Geringerer Anwendungsbezug als Ansätze zu Ressourcen/Lebenskompetenzen/Assets
  • wenn keine klare Deadline vorhanden ist, ab wann ist Disengagement sinnvoll?
  • kann für gesellschaftlich weniger gewünschte Ziele eingesetzt werden
21
Q

Fazit zu den drei Ansätzen

A

Jeder genannte Ansatz kann Beitrag zur positiven Jugendentwicklung leisten:

  • Eigenschaften: liefern gut messbare Prädiktoren und Evaluationskriterien
    = ältester Zweig in dem Bereich
  • Befähigung: liefern gute Ansatzpunkte, um Potential jedes Einzelnen hervorzubringen;
    öffnen Blick auf kontextuelle Notwendigkeiten;
    bieten erfolgreiche Interventionsansätze
    = stärkere Betrachtung des Alters
  • Entwicklungsregulation: stellt adaptive Prozesse für den Umgang mit Anforderungen, Veränderungen, Einschränkungen zur Verfügung
    = Strategien zum Umgang mit Rückschlägen, Umgang mit Zielen, Was tue ich bei Barrieren?

= Integration der Ansätze sinnvoll: viele Überschneidungen, aber auch unterschiedliche Stärken
= Einbeziehen der Forschung aus gesamter Lebensspanne: Studien zu höherem Alter können z.B. Hinweise zum Umgang mit Einschränkungen liefern

22
Q

Implikationen für Untersuchung positiver Entwicklung

A

Forschungsperspektiven:

  • Kurvilineare Zusammenhänge: nicht mehr ist besser
    = Nachteile von zu viel Optimismus oder Empathie
  • Interaktionen (unter welchen Umständen ist bestimmtes Verhalten zuträglich oder abträglich?)
    = Zielverfolgung von Jugendlichen, was den Beruf angeht als Beispiel
  • Forschung zum zeitlichen Rahmen (Inkubationszeiten: Wann machen sich Investitionen bezahlt?)
  • Kulturspezifische Erfassung
  • Multiple Entwicklungsergebnisse in verschiedenen Domänen des Lebens z.B. Sport: Zutaten für gute Entwicklung - Kompetenzerleben und positive Emotionen; ABER stärkerer Alkoholkonsum
  • > Adaption in einem Kontext kann Probleme in einem anderen Lebensbereich mit sich bringen
23
Q

Implikationen für Jugendprogramme

A
  1. bestehende Ansätze optimieren, z.B. Programmdurchführung:

S: Sequenz logischer Schritte
A: Aktive Vermittlungsformen
F: Fokus auf Thema mit genügend Zeit für einzelne Inhalte
E: Explizit klare und spezifische Lerinhalte vermitteln (nicht allgemein auf Positives)

  1. neue Elemente entwickeln:
    - stärkere Vorbereitung auf Barrieren und Scheitern: ökologisches Denken
  • Verzahnung verschiedener Kontexte und Inhalte
  • > multidesziplinar
  • > unterschiedliche Kontexte: Familie, Schule, Gemeinde
  • Negatives als Teil positiver Entwicklung schätzen
  • > negative Emotionen als Motivationshilfe
  • > integrate positive und negative
  • Evaluation: Wann welches Outcome evaluieren (positives Leben evtl. erst im Rückblick einzuschätzen)