Sitzung 8: Moralische Entwicklung Flashcards
Nenne ein Beispiel für eine klassische moralische Situation
Beispiel: s. Folie 5
- Michael & Meister
- Meister macht einen Fehler und schiebt es Michael in die Schuhe
- Michael wird gefeuert
- der Vater ruft an und entschuldigt sich für seinen Sohn
- Michael kriegt seinen Job wieder
In moralischen Situationen sind immer unterschiedliche Handlungsalternativen denkbar. Handlungsalternativen haben zutun mit …
Gerechtigkeit (Fairness)
Wahrhaftigkeit (Du sollst nicht lügen)
Bindung (Du sollst diejenigen unterstützen, die dich lieben)
Was ist moralisches Handeln? (Duden)
Moral aus lat. moralis = die Sitten betreffend
- Gesamtheit von ethisch-sittlichen Normen, Grundsätzen, Werten, die das zwischenmenschliche Verhalten in einer Gesellschaft regulieren und von ihr als verbindlich akzeptiert werden
- philosophische Lehre von der Sittlichkeit
- das sittliche Verhalten eines einzelnen oder einer Gruppe
Was sind moralische Normen?
- regeln das Zusammenleben von Menschen
- bestehen in Form von Gesetzen, Geboten, Rechten, Pflichten
- beantworten Fragen menschlichen Zusammenlebens
- soziale Kompetenz setzt Wissen über Normen voraus
- individuelle Normen oder eigene Interessen können in Konflikt mit gesellschaftlichen Normen kommen -> moralische Urteilsfähigkeit
Was ist die moralische Urteilsfähigkeit?
Entscheidung, ob etwas gut oder schlecht ist
- Begründungen dieses Urteils
WICHTIG: Fragen zur moralischen Entwicklung thematisieren häufig Veränderungen des moralischen Urteils über die Lebensspanne
-> bei Kindern zeigt sich das in anderen Situationen, als bei Erwachsenen
= nicht das Verhalten ist moralisch oder unmoralisch, sondern die zugrundeliegende Absicht (der “gute Wille”)
- nicht das WAS sondern das WARUM
Moralische Entwicklung nach Piaget
Nenne ein Beispiel
Beispiel: s. Folie 10
- Mädchen schneidet Loch ins Kleid der Mutter
- einmal aus guter Absicht, großes Loch
- einmal aus Versehen, kleines Loch
Frage: Wer ist schuldiger? Warum?
jüngere Kinder orientieren sich eher an der Schadensgröße
altere Kinder orientieren sich eher an den Absichten
Beschreibe die drei Stufen der moralischen Entwicklung nach Piaget
Amoralisches Stadium:
keine soziale Verpflichtung, kein Regel- oder Normbewusstsein
(bis ca. 4-5 Jahre)
Heteronome Moral:
Orientierung an Bestrafung
(ab 4-5 Jahre bis ca. 7-8 Jahre)
begrenzt durch:
- kognitive Entwicklung (Egozentrismus, Fokus auf Anschauliches)
- Respekt vor Erwachsenen
= etwas ist nicht moralisch, wenn es gegen die Normen der Erwachsenen verstößt
Autonome Moral:
Orientierung an eigenen moralischen Standards
(ab ca. 11 Jahre)
Vergleich heteronome und autonome Moral (Piaget)
fremdbestimmt/selbstbestimmt?
Heteronome Moral = fremdbestimmt
Autonome Moral = selbstbestimmt
Vergleich heteronome und autonome Moral (Piaget)
Normen und Regeln sind …
Heteronome Moral:
- etwas absolutes
- nicht veränderbar
Autonome Moral:
- relativ (Berücksichtigen unterschiedlicher Standpunkte)
- können einvernehmlich verändert werden
Vergleich heteronome und autonome Moral (Piaget)
Wer stellt Regeln auf?
Heteronome Moral:
Autoritäten (Erwachsene, Gott,..)
Autonome Moral:
Man nimmt selbst teil am Aufstellen von Regeln und Normen
Vergleich heteronome und autonome Moral (Piaget)
Beurteilung des Verhaltens anhand der Handlungsfolgen oder Handlungsabsicht?
Heteronome Moral:
Handlungsfolgen
(objektive Verantwortlichkeit)
Autonome Moral:
Handlungsabsicht
(subjektive Verantwortlichkeit)
Vergleich heteronome und autonome Moral (Piaget)
Alle Belohnungen, Bestrafungen und Verteilungen von Gütern durch Autoritäten …
Heteronome Moral:
werden akzeptiert
Autonome Moral:
sollen gerecht sein
Vergleich heteronome und autonome Moral (Piaget)
Bevorzugung der Strafe durch …
Heteronome Moral:
Autoritäten
Autonome Moral:
das Opfer der Verfehlung selbst
Welche Kritik wurde an Piagets Modell der Moralischen Entwicklung ausgeübt?
- keine Unterscheidung zwischen moralischen Normen und sozialen Konventionen (aber bereits 3-jährige machen hier Unterschiede)
- Autonome Moral deutlich später (teilweise fühlen sich selbst 18-jährige noch überfordert)
- Kombination größerer Schaden und gute Absicht (war hauptsächlich in seinen Beispielen so)
- Nichtbeachtung dessen, wie sich Personen in moralischen Situationen verhalten sollten
- Endet mit Jugendalter
Beschreibe das Modell von Kohlberg.
ist entwicklungspsychologisch orientiert und baut auf Piaget auf
Modell umfasst:
- Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit als Stufenfolge
- Äquilibrationsmodell
Beschreibe die Methodik im Modell von Kohlberg anhand eines Beispiels.
Methode:
- Vorlage moralischer Dilemmata, die eine Entscheidung für einen Wert bzw. eine gesellschaftliche Norm erfordern
- andere Werte werden bei dieser Entscheidung zwingend verletzt
= Situation, in der ich nicht nur positiv reagieren kann
bedeutendes Beispiel im Bereich der moralischen Entwicklung:
Heinz Dilemma
(s. Folie 17)
Was ist das Moral Judgement Interview? Beschreibe anhand eines Beispiels.
Moral-Judgement Interview (teil-standardisiert)
- Interpretative Einordnung der Aussagen: Begründung, nicht die Entscheidung selbst ist relevant (heute auf der Basis eines Manuals)
Beispiel: Heinz Dilemma
- Sollte Heinz das Medikament stehlen? Warum oder warum nicht?
- Sollte Heinz das Medikament auch stehlen, wenn er seine Frau nicht lieben würde?
- Verstößt Heinz gegen ein Gesetz, wenn er einbricht?
- Angenommen, die Person die im Sterben liegt ist nicht seine Frau, sondern ein Fremder. Sollte Heinz das Medikament für einen Fremden stehlen? Warum oder warum nicht?
- Angenommen es handelt sich um ein Haustier, das Heinz sehr liebt. Sollte er das Medikament stehlen, um ein Haustier zu retten? Warum oder warum nicht?
Beschreibe den Ablauf eines Moral Judgement Interviews.
- Vorlesen eines moralischen Dilemmas
- Bitte um spontane Entscheidung (inhaltliche Norm) und Begründung
- Standardisierte Nachfragen
- Offene Nachfragen, um zu verstehen, was der/die Befragte “wirklich” gemeint hat
- Dasselbe mit zwei weiteren Dilemmata bzw. Dilemma-Fortsetzungen
= damit situative Bedingungen oder Erinnerungen an eine ähnliche Situation das Ergebnis nicht verfälschen
Was sind die Kennzeichen moralischer Entwicklung nach Kohlberg?
Erweiterung der Perspektive:
- von egozentrischer Sichtweise zu Berücksichtigung der Ansprüche anderer Gesellschaftsmitglieder
= mehr Gesellschaft und soziale Kontakte in den Fokus - Zunahme der moralischen Selbstbestimmung durch Entwicklung der Fähigkeit zur kritischen Bewertung von Regeln und Normen
= hinterfragen, inwieweit diese Werte veränderbar oder universell sind - Anstieg der Güte der Begründung der Regeln und Normen zu abstrakten Abwägungen
= mehr abstrakte Prinzipien spielen eine Rolle und weniger soziale Kontakte oder eigene Bedürfnisse
=> von der egozentrischen zur universalistischen Begründung normative Urteile
Beschreibe den Aufbau des Stufenmodells von Kohlberg
Präkonventionelle Ebene:
stärker an sich selbst orientiert, noch nicht so an den anderen
Konventionelle Ebene:
Orientierung an den Konventionen
Was ist eigentlich Gang und Gebe?
Postkonventionelle Ebene:
moralisches Urteil, das auch über die gesellschaftlichen Normen und Werte hinaus geht
Beschreibe die Präkonventionelle Ebene.
- Orientierung an Strafe und Gehorsam
- > die erwarteten Konsequenzen einer Handlung bestimmen diese als “gut” oder “schlecht”
Beispiel: Folie 23
- Naiver instrumenteller Hedonismus
-> Richtig ist ein Handeln, das die eigenen Bedürfnisse befriedigt. Die Bedürfnisse von anderen werden im Sinne des pragmatischen Austausches anerkannt
(immer noch an Konsequenzen orientiert, aber stärker an den eigenen Bedürfnissen)
Beispiel: Folie 25
Beschreibe die Konventionelle Ebene
- Orientierung an zwischenmenschlicher Übereinstimmung
-> Richtig ist ein Handeln oder eine Absicht, die mit den Erwartungen der eigenen sozialen Bezugsgruppe übereinstimmt
(man sieht sich eher in einem sozialen Kontext)
Beispiel: Folie 27
- Orientierung an Gesetz und Ordnung
-> Richtig ist, die gegebene gesetzliche Ordnung zu respektieren und seine darin verankerten Pflichten zu erfüllen
(stärker an Gesetzgebung)
Beispiel: Folie 29
Beide Stufen= Welchen Eindruck mache ich? Wie sieht die Gesellschaft das?
Beschreibe die Postkonventionelle Ebene
- Orientierung am Gesellschaftsvertrag und an individuellen Rechten
- > Orientierung an allgemein anerkannten Persönlichkeitsrechten; gegebene gesetzliche Ordnungen werden als veränderbar angesehen
Beispiel: Folie 31
- Orientierung an universellen ethischen Prinzipien
- > Orientierung an abstrakten, universellen ethischen Prinzipien, wie z.B. an Kants Kategorischem Imperativ
Welche Kritik wurde an Kohlbergs Modell ausgeübt?
- Methode wird kritisiert (bestimmte Dilemmata evozieren bestimmtes Argumentationsmuster)
- Geschlechtsunterschiede (haben Männer und Frauen eine unterschiedliche Moral? ABER: wenn Bildung kontrolliert wird, verschwinden Geschlechtsunterschiede meistens)
- Zusammenhang zwischen moralischem Urteilen und Handeln unklar
(inwieweit manifestiert sich moralisches Urteilen in moralischem Handeln? - s. Folie 36) - universeller Geltungsanspruch
- zu kognitiv (fehlen von Ansätzen zu Gefühlen und Empathie sowie Bezug zu Identität)
- Dilemmasituationen (z.B. auf Hunger stehlen) sind komplex und können größere Probleme bei der Verarbeitung bereiten als die Beurteilung prototypischer Regelverletzungen (Schlagen, Stehlen, etc.)