Rechtfertigungsgründe Flashcards

1
Q

Übersicht Rechtfertigungsgründe

A
  1. Notwehr, § 32 StGB
  2. rechtf. Notstand, § 34 StGB
  3. Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB (Beleidigung)
  4. vorläufiges Festnahmerecht, § 127 StPO
  5. Defensivnotstand, § 228 BGB
  6. Agressivnotstand, § 904 BGB
  7. Selbsthilfe des Besitzers, §§ 229, 230 BGB
  8. Besitzwehr und -kehr, §§ 859, I, II, III BGB
  9. rechtf. Einwilligung
  10. mutmaßliche Einwilligung
  11. rechtf. Pfichtenkollision
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2
Q

Schema: Notwehr, § 32 StGB

A

I. Notwehrlage

  1. gegenwärtiger
  2. rechtswidriger
  3. Angriff
  4. auf notwehrfähiges Rechtsgut

II. Notwehrhandlung

  1. gegen Rechtsgüter des Angreifers
  2. Erforderlichkeit
  3. Gebotenheit

III. Subjektives Rechtfertigungselement
=> Verteidigungswille

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3
Q

Angriff i.S.v. § 32 StGB

A

Jede unmittelbare Bedrohung rechtlich geschützter Güter durch menschliches Verhalten.

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4
Q

Gegenwärtigkeit des Angriffs

A

wenn Angriff aus objektiver Sicht unmittelbar bevorsteht, bereits begonnen hat oder noch fortdauert.

unmittelbar bevorstehend
1.A.: wenn Warten letzte Abwehrmöglichkeit
verstreichen ließe
2.A.: unmittelbares Ansetzen iSd § 22
3.A.: auch schon während der Versuchsnahen
Vorbereitung
Rsp.: wenn Verhalten unmittelbar in Rechts-
gutsverletzung umschlagen kann, sodass
Herausschieben den Erfolg der Abwehr-
handlung gefährden kann

noch fortdauernd = solange Gefahr für Rechtsgut noch besteht und ein endgültiger Verlust noch nicht eingetreten ist.

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5
Q

Erforderlichkeit d. Notwehrhandlung

A

Handlung muss das mildeste Mittel sein, dass geeignet ist, den Angriff sofort und ohne Risiko endgültig abzuwehren.

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6
Q

Wann entfällt die Gebotenheit d. Notwehrhandlung?

A

Entfällt bei

  1. schuldlos Handelnden
  2. Familienbeziehungen
  3. Bagatellangriffen
  4. bes. krassem Missverhältnis zwischen den Rechtsgütern
  5. Notwehrprovokation
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7
Q

(P) Kann Unterlassen einen Angriff i.S.v. § 32 StGB darstellen?

A

Unterlassen als Angriff?

1 Ansicht: nie (Wortlaut)

2 Ansicht: wenn allg. Hilfeleistungspflicht iSd § 323c

3 Ansicht: wenn Garantenstellung iSd § 13
Arg. 1: Gleichwertigkeit von Tun und Unterlassen grds. von Rechtsorndung anerkannt
Arg. 2: selbe Verantwortung wie für aktives herbeiführen möglich

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8
Q

(P) Kann ein “Scheinangriff” eine Rechtfertigung nach § 32 StGB begründen?

A

Nein. Ein „Scheinangriff“ ist kein Angriff. Die irrige Vorstellung des Täters angegriffen zu werden (Putativnotwehr), kann den fehlenden Angriff nicht ersetzen.

Achtung! = möglicherw. ETBI!

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9
Q

Was ist ein Putativnotwehrexzess?

A

Eine Kombination aus Notwehrexzess
iSd § 33 StGB und Erlaubnistatbestandsirrtum iSd § 16 StGB entspr.

Dabei nimmt der Täter irrig an, sich in einer Notwehrlage zu befinden und überschreitet zusätzlich aus Angst, Furcht oder Schrecken die Grenzen des eingebildeten Notwehrrechts.

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10
Q

Folgen der Notwehrprovokation

A

Bei Absicht: Notwehrrecht entfällt (BGH: “da kein Verteidigungswille)

Bei bedingtem Vorsatz/Fahrlässigkeit: Abgestuftes Notwehrrecht. Je stärker der Provokationsvorwurf, desto mehr muss sich der Angegriffene zurückhalten.

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11
Q

Schema: rechtf. Notstand, § 34 StGB

A

I. Notstandslage

  1. gegenwärtige
  2. Gefahr
  3. für ein notstandsfähiges Gut

II. Notstandshandlung
1. nicht anders abwendbar (Erforderlichkeit)
2. Interessenabwägung
(geschütztes Interesse muss das beeinträchtigte
wesentlich überwiegen)
3. Angemessenheit

III. Subjektive Rechtfertigungselemente

  1. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände
  2. Handelns zur Gefahrenabwehr
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12
Q

Gefahr i.S.d. § 34 StGB

A

Gefahr ist ein Zustand, bei dem es nach den konkreten tatsächlichen Umständen wahrscheinlich ist, dass es zum Eintritt eines schädigenden Ereignisses kommt.

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13
Q

Gegenwärtigkeit der Gefahr i.S.d. § 34 StGB

A

Eine Gefahr ist gegenwärtig, wenn sie sich bei natürlicher Weiterentwicklung der Dinge jederzeit realisieren kann.

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14
Q

Schema: Defensivnotstand (Sachwehr), § 228 BGB

A
I. Notstandslage
   1. gegenwärtige
   2. Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut
   3. durch eine Sache
II. Notstandshandlung
   1. Beschädigung dieser Sache
   2. Erforderlichkeit
   3. Interessenabwägung (Schaden nicht außer Verhältnis
       zur abgewandten Gefahr
III. Subjektive Rechtfertigungselemente
   1. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände
   2. Handeln zur Gefahrenabwehr
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15
Q

Schema: Aggressivnotstand, § 904 BGB

A

I. Notstandslage
1. gegenwärtige
2. Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut
II. Notstandshandlung
1. Einwirkung auf eine Sache, von der diese Gefahr nicht
ausgeht, zur Abwendung der Gefahr
2. Erforderlichkeit
3. Interessenabwägung (drohender Schaden ggü.
Schaden durch Einwirkung unverhältnismäßig groß)
III. Subjektive Rechtfertigungselemente
1. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände
2. Handelns zur Gefahrenabwehr

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16
Q

Schema: vorläufige Festnahme, § 127 StPO

A
  1. Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
    a) Auf frischer Tat oder
    b) verfolgt
  2. Festnahmegründe
    a) Fluchtverdacht
    b) Identitätsfeststellung
  3. Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit
  4. Subj. Rechtfertigungselemente
    a) Kenntnis Umstände
    b) Festnahmeabsicht
17
Q

auf frischer Tat betroffen, § 127 StPO

A

Auf frischer Tat betroffen ist, wer am Tatort oder in dessen Nähe bemerkt wird und noch ein zeitlicher Zusammenhang gegeben ist.

18
Q

auf frischer Tat verfolgt, § 127 StPO

A

Verfolgt wird der Täter, wenn er sich bereits vom Tatort entfernt hat und sichere Anhaltspunkte auf ihn als Täter hinweisen und die Verfolgung seiner Ergreifung dient.

19
Q

der Flucht verdächtig

A

Der Täter ist der Flucht verdächtig, wenn er den Tatort verlassen will bzw. verlässt um sich der Strafverfolgung entziehen.

20
Q

Schema: Selbsthilfe d. Anspruchsinhabers, §§ 229, 230 BGB

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Selbsthilfelage
    a. fälliger und einredefreier Anspruch
    b. Keine rechtzeitige obrigkeitliche Hilfe
    c. Gefährdung der Anspruchsverwirklichung
  2. Selbsthilfehandlung
    a. insb. Wegnahme einer Sache oder Festnahme des fluchtbedächtigen Verpflichteten
    b. Erforderlichkeit

II. Subjektive Rechtfertigungselement

a. Kenntnis der Umstände
b. Selbsthilfeabsicht (Vgl. „zum Zwecke“); streitig

21
Q

Schema: Selbsthilfe des Besitzers (Besitzwehr-/kehr), § 859 I und II

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Besitz
  2. Verbotene Eigenmacht
  3. auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
  4. Erforderlichkeit d. Handlung

II. Subjektive Rechtfertigungselement
a. Kenntnis der Umstände

22
Q

Verbotene Eigenmacht

A

Ungerechtfertigte Besitzentzug oder -störung ohne Willen d. Besitzers

23
Q

Schema: Rechtfertigende Pflichtenkollision

A

I. Notstandslage

1 Kollision zweier rechtlicher Handlungspflichten

2 Gleichwertigkeit der Handlungspflichten

zu beurteilen nach:

  • Wert d. gefährdeten Güter
  • rechtl. Stellung zum Normadressaten (Garant oder bloße Hilfspflicht)
  • Wahrscheinlichkeit d. Schadenseintritts

II. Notstandshandlung

besteht darin, die eine Handlungspflicht zugunsten der anderen zu unterlassen.

III. Subjektive Rechtfertigungselemente

1 Kenntnis der rechtfertigenden Umstände

2 Handeln zur Gefahrenabwehr

24
Q

Schema: rechtfertigende Einwilligung

A

I. Disponibilität des Rechtsguts

  1. Individualrechtsgut
  2. alleinige Inhaberschaft des Einwilligenden

II. Einwilligungserklärung

  1. Kundgabe nach außen vor der Tat
  2. Fortbestehen im Zeitpunkt der Tat

III. Wirksamkeit

  1. Einwilligungsfähigkeit (natürliche Einsichts- u. Urteilsfähigkeit)
  2. Keine Willensmängel
  3. Handeln bewegt sich im Rahmen der Einwilligung

IV. Keine Sittenwidrigkeit bei Körperverletzung, § 228 StGB

V. Subjektives Rechtfertigungselement
=> Handeln in Kenntnis der Einwilligung

25
Q

Schema: mutmaßliche rechtfertigende Einwilligung

A

I. Disponibilität des Rechtsguts

  1. Individualrechtsgut
  2. alleinige Inhaberschaft des Einwilligenden

II. Keine Einwilligungserklärung

  1. kein erkennbar entgegenstehender Wille
  2. Befragung des Betroffenen
    a. nicht rechtzeitig möglich oder
    b. entbehrlich bei mangelndem Interesse
  3. Beachte § 1666 BGB bei Kindeswohl

III. Einwilligungsfähigkeit

IV. Übereinstimmung Handlung - hypothetischer Wille des Betroffenen

V. Subjektives Rechtfertigungselement

  1. Gewissenhafte Prüfung aller Umstände
  2. Absicht
    a. im Interesse des Betroffenen zu handeln oder
    b. (bei mangelndem Interesse) nicht gegen die Interessen des Betroffenen zu handeln