M2 E3 Flashcards
Beschreibe kurz die dimensionale und semantische Analyse, die einer deskriptiven Untersuchung vorausgehen.
Geht es bei einem Forschungsvorhaben in erster Linie um die beschreibende Diagnose eines Sachverhalts (deskriptive Untersuchung), so wird sich der Blick zunächst auf die empirische Struktur des Realitätsausschnitts richten, über den Daten erhoben werden sollen. Hierüber werden möglichst umfassend diejenigen Informationen zusammengetragen, die bereits existieren. Auf der Grundlage dieser – zunächst mehr oder weniger unstrukturierten – Informationssammlung filtert man die Aspekte („Dimensionen“) des empirischen Untersuchungsgegenstands heraus, die für die aktuelle Fragestellung besonders bedeutsam erscheinen. Dieser Arbeitsabschnitt wird im Folgenden als „dimensionale Analyse des Untersuchungsgegenstandes“ (oder kurz „Dimensionsanalyse“) bezeichnet.
Anschließend sind die geeigneten sprachlichen Symbole (objektsprachliche Begriffe) zu wählen, die den Untersuchungsgegenstand in der als problemangemessen erkannten Differenzierung – d.h. kontrolliert selektiv – abzubilden und kommunikativ zu vermitteln erlauben. Um zugleich sicherzustellen, dass die erzielten Forschungsresultate nicht lediglich einen bestehenden Datenfriedhof vergrößern, sollten die verwendeten objektsprachlichen Begriffe dennoch „theoretisch relevant“ sein (darauf wird an späterer Stelle noch weiter eingegangen; vgl. auch Abschnitt 1.3.5: „deskriptives Schema“).
Beschreibe die dimensionale und semantische Analyse, die einer empirischen Überprüfung vorausgehen.
Ist demgegenüber die empirische Überprüfung einer Theorie oder von Theorieteilen (Hypothesen) das Ziel einer Untersuchung, so enthalten die zu testenden Hypothesen bereits explizite Behauptungen über die Struktur des empirischen Untersuchungsgegenstands. Das heißt: Überlegungen darüber, wie der Gegenstand beschaffen ist, über den Daten erhoben werden sollen, sowie welche seiner Aspekte untersuchungsrelevant sind und welche nicht, brauchen hier nicht am Anfang der Phase der „Konzeptspezifikation“ zu stehen; denn die Art und Richtung der Selektion wird bereits durch die Hypothesen vorgegeben. Auch die verwendeten sprachlichen Zeichen (Begriffe) sind in den Formulierungen der Hypothesen bereits festgelegt. Da jedoch Begriffe nicht immer und von jedem eindeutig und einheitlich verwendet werden, wird es in diesem Fall (d.h. bei hypothesentestender Forschung) einer der ersten Arbeitsschritte sein müssen, die Bedeutung der in den Hypothesen verwendeten Begriffe zu klären. Es ist also zu prüfen, was der Autor der Theorie oder der Hypothesen über die empirische Realität präzise behauptet; es ist zu erschließen, was mit den verwendeten Begriffen im Detail gemeint ist.
Nicht nur dies: Im Falle hypothesentestender Forschung hat es der Empiriker mit sog. „theoretischen“ (oder theoriesprachlichen) Begriffen zu tun, das heißt mit Begriffen, die bewusst so allgemein und abstrahierend gehalten sind, dass sie üblicherweise mehr als eine eng abgrenzbare Menge konkreter Ereignisse umgreifen (bitte lesen Sie ggf. noch einmal Abschnitt 2.4.2). In diesem Falle muss festgelegt werden, welches die konkreten empirischen Beziehungen und Sachverhalte sein sollen, auf die die theoretische Aussage anzuwenden sei. Mit anderen Worten: Aus der (allgemeinen) Theorie sind unter Einhaltung logischer Regeln (durch Deduktion) spezifische Hypothesen für spezifische Sachverhalte abzuleiten. Hierzu ist es in aller Regel notwendig, die in der Theorie verwendeten „theoretischen Begriffe“ oder Konstrukte zu spezifizieren und „empirisch zu interpretieren“, d.h. ihren Bedeutungsgehalt für die konkrete Untersuchungssituation festzulegen. Für die dann angesprochenen spezifischen Sachverhalte soll sich die (allgemeine) Theorie „bewähren“. Jede denkmögliche empirische Situation, die von der Theorie ausgeschlossen wird, ist ein „potentieller Falsifikator“ dieser Theorie. Die Aufgabe der Festlegung der zwecks Hypothesentests zu untersuchenden konkreten empirischen Beziehungen und Sachverhalte bedeutet also: aus der Gesamtheit der potentiellen Falsifikatoren einer Hypothese (bzw. Theorie) eine Auswahl zu treffen.4
Dieser Arbeitsabschnitt der Erschließung der Bedeutung von Begriffen (der Rekonstruktion ihrer „semantischen Regeln“, aber auch der „empirischen Interpretation“ theoretischer Begriffe) wird im Folgenden als „semantische Analyse“ bezeichnet. Erst danach kann endgültig entschieden werden, über welche empirischen Gegebenheiten Daten zu sammeln sind.
. 4 Es sei daran erinnert, dass dieser Konfrontation der Theorie mit Beobachtungsdaten drei andere Prüfungsdurchgänge voranzugehen haben (vgl. Abschnitt 1.3.2): 1. der logische Vergleich der Folgerungen (der abgeleiteten Hypothesen) untereinander, d.h. die Suche nach internen Widersprüchen, 2. die logische Analyse der Theorie auf ihren empirischen Gehalt, 3. der Vergleich mit alternativen Theorien (Popper 1971; Opp 1976, Kapitel VIII).
Was ist beiden Ausgangssituationen (beschreibende Diagnose, Theorietest) gemeinsam?
Gemeinsam ist beiden Ausgangssituationen (beschreibende Diagnose, Theorietest) die Notwendigkeit, die empirische Wirklichkeit mit Begriffen zu verknüpfen; also entweder relevante Dimensionen der zu untersuchenden Realität mit Begriffen zu bezeichnen oder umgekehrt – von theoretischen Begriffen ausgehend – die Begriffe mit konkreten Aspekten der Wirklichkeit in Beziehung zu setzen, d.h. anzugeben, welche Aspekte der Realität im konkreten Untersuchungsfall unter den Begriff subsumiert werden sollen. Die Begriffe sind – mit anderen Worten – so zu wählen und ggf. zu definieren, dass eine Korrespondenz zwischen empirischen Sachverhalten und sprachlichen Zeichen hergestellt ist.
Häufig werden die in Frage kommenden Begriffe in der alltäglichen und/oder wissenschaftlichen Sprache nicht genau den Bedeutungsgehalt haben, der für den konkreten Untersuchungsfall zweckmäßig ist. In diesem Fall werden präzisierende und/oder einschränkende Definitionen notwendig, in denen nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten die sprachlichen Zeichen auf damit gemeinte Aspekte der Realität („Referenzobjekte“) bezogen werden. Der Definition hat also entweder eine dimensionale Analyse des Gegenstandsbereichs voranzugehen (bei deskriptiven Untersuchungen), oder der für die Untersuchung geltenden Definition hat eine semantische Analyse der in den Hypothesen vorkommenden Begriffe voranzugehen.
Dadurch wird nicht nur sichergestellt, dass intersubjektive Klarheit über die Bedeutung der verwendeten Begriffe besteht, sondern auch, dass die Begriffe empirischen Bezug haben. In der Erfahrungswissenschaft folgt auf diese semantische Klärung noch als weiterer Schritt die Verknüpfung von Begriffen mit empirischen Sachverhalten, und zwar in einer Weise, dass durch Forschungsoperationen (also durch Beobachtung, Befragung, Inhaltsanalyse usw.) entscheidbar wird, ob der gemeinte Sachverhalt in der Realität vorliegt oder nicht. Dies nennt man Operationalisierung (manchmal auch operationale Definition, Referition).
Erläutere die Ausdrücke „Begriffe“ und „Dimensionen“!
Beide beziehen sich aufeinander; und zwar soll – nach Zetterberg (1973) – unter Dimension (der Realität) eine „Eigenschaft der Wirklichkeit“ (also des zu untersuchenden Gegenstandsbereichs) verstanden werden. Begriffe dagegen sind Bestandteil der Sprache, mit denen der Gegenstandsbereich „besprochen“, bezeichnet wird. Man kann für die gleiche Dimension der Realität verschiedene Begriffe prägen (Synonyme wie Automobil oder Kraftfahrzeug oder Auto oder Kfz). Man kann auch für unterschiedliche Gegenstände der Realität den gleichen Begriff benutzen (Homonyme, Homogramme, z.B. „Hahn“, wobei sich erst aus dem Kontext ergibt, ob der Hahn auf dem Hühnerhof oder der an der Wasserleitung gemeint ist).
Fasse die Gedanken zur dimensionalen Analyse in der deskriptiven und hypothesentestenden Forschung zusammen!
Bei deskriptiver Aufgabenstellung wird es die erste Aufgabe des Forschers sein, die nach der Fragestellung zu erfassenden Dimensionen der Wirklichkeit festzulegen und abzugrenzen. Wenn dies auf der gedanklichen Ebene geschehen ist – zugegebenermaßen eine Abstraktion –, dann muss der Forscher dazu die geeigneten deskriptiven Kategorien definieren. Diesen gesamten Vorgang nannte Zetterberg „dimensionale Analyse“.6 Als Resultat der Verknüfpung mit geeigneten Begriffen erhalten wir das „deskriptive Schema“ des Untersuchungsgegenstands.
6 „In der modernen soziologischen Theorie richtete sich die Aufmerksamkeit in starkem Maße auf die Entwicklung von Definitionen deskriptiver Kategorien (Taxonomien). Wir wollen dies dimensionale Analyse nennen.” (Zetterberg 1973, 105).
Ziel der dimensionalen Analyse bei sozialwissenschaftlichen Forschungen ist also die Aufstellung eines Modells der für die empirische Studie relevanten Dimensionen des Untersuchungsgegenstands und die Zuordnung geeigneter Begriffe der. Dieses Dimensions- und Begriffssystem ist der Orientierungsrahmen bei deskriptiver Forschung. Das (den Untersuchungsdimensionen zugeordnete) Begriffssystem soll aber zugleich „theoretisch relevant“ sein, damit die Ergebnisse zur Theoriebildung und -fortentwicklung verwendet werden können.
Dieses Zusammenbringen von Objektbereich und Sprache ist jedoch nicht lediglich bei deskriptiver Forschung ein zentraler Arbeitsschritt; er ist ebenso unabdingbar bei hypothesentestenden Untersuchungen. Der ins Auge springende Unterschied ist (lediglich) der entgegengesetzte Startpunkt dieses Bemühens: Hypothesentestende Forschung hat von Begriffen auszugehen, die bereits in ihrem jeweils theoretischen Zusammenhang festgelegt worden sind und deren spezifische Bedeutung im gegebenen (Hypothesen-)Kontext zunächst zu klären ist. D.h. am Anfang steht die Notwendigkeit einer präzisen semantischen Analyse: Die Begriffe werden in ihre Bedeutungskomponenten zerlegt; es wird festgestellt, welche Bedeutungsdimensionen der theoretische Begriff anspricht. Dieser semantischen Klärung hat sodann die „empirische Interpretation“ zu folgen; anders formuliert: Es ist zu explizieren, auf welche Dimensionen des Objektbereichs sich die Bedeutungsdimensionen des Begriffs konkret beziehen (sollen).
Was ist nun mit dem zuletzt so häufig benutzten Begriff „Dimension“ praktisch gemeint (und zwar gleichgültig, ob „Bedeutungsdimension“ oder „Dimension der Wirklichkeit“)?
Als Beispiel möge der Begriff „individuelle Lebensqualität“ dienen. Mit ihm wird ein empirischer Sachverhalt bezeichnet, der u. a. dadurch charakterisiert ist, dass er nicht nur einen einzigen Aspekt hat, dass er also nicht „eindimensional“, sondern „mehrdimensional“ ist. Richten Sie jetzt Ihre Überlegungen nicht auf das sprachliche Zeichen, den Begriff „Lebensqualität“, sondern auf den gemeinten realen Sachverhalt. Dieser setzt sich nach übereinstimmender Vorstellung aus einer Vielzahl von Teilaspekten (eben: „Dimensionen“) zusammen, die sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können: Umweltqualität insgesamt, Wohnumwelt, Wohnung, Konsummöglichkeiten, Freizeit, Berufsund Arbeitssituation, Familiensituation und noch manches mehr. Alles dies sind „Dimensionen der Lebensqualität“, Aspekte der Realität, an denen wir unterscheiden (können), ob die Lebensqualität „hoch“ oder „niedrig“ ist, genauer: ob die Lebensqualität als hoch oder niedrig gelten soll. Noch einmal: Auch wenn wir an dieser Stelle zur Wiedergabe unserer gedanklichen Strukturierung des Sachverhalts Lebensqualität sprachliche Zeichen verwenden müssen (wie „Umweltqualität“ oder „Wohnung“) – Ihre Denkarbeit sollte sich im Moment auf die Ebene der empirischen Sachverhalte (nicht der Begriffe) richten.
Nehmen wir von den aufgezählten Dimensionen eine heraus: die Familiensituation. Auch hiermit ist wieder ein empirischer Sachverhalt gemeint, der nicht eindimensional ist. Wiederum kann man verschiedene Aspekte unterscheiden: Grad der emotionalen Sicherheit (z.B. Konfliktfreiheit, Familiengebundenheit der Kinder usw.), materielle Sicherheit, Familienzyklus und einiges mehr. Auch von diesen „Unterdimensionen“ sei eine herausgegriffen: Familienoder Lebenszyklus. Erneut bezeichnet dies einen empirischen Sachverhalt, der offensichtlich nicht eindimensional ist; denn darunter wird eine Kombination der Merkmale Alter, Familienstand, Kinder im Haushalt verstanden. Beispielsweise fassen die Merkmalskombinationen „jung/verheiratet/kinderlos“ zur Vorstellung „Familie im Gründungsstadium“ und „alt/verheiratet/Kinder nicht mehr im Haushalt der Eltern“ zur Vorstellung „reduzierte Familie“ zusammen.
Erst die Teilaspekte, aus denen sich entsprechend diesem Konzept der „Familienzyklus“ zusammensetzt – Alter, Familienstand, Kinder im Haushalt –, sind „eindimensional“: Jeder dieser Teilaspekte kann auf einer einfachen Skala abgebildet werden: Altersangabe in Jahren, Familienstand auf einer Nominalskala (ledig, verheiratet, geschieden etc.) und Kinder im Haushalt in natürlichen Zahlen.
Unter „Dimensionen“ sind also diejenigen Merkmale zu verstehen, nach denen empirische Sachverhalte unterschieden werden können. Je nach Fragestellung kann diese dimensionale Unterscheidung weit vorangetrieben werden (im Beispielsfall etwa bis hin zu Individualmerkmalen wie Alter, Familienstand, Kinderzahl), oder man wird sich auf einer höheren Abstraktionsstufe bewegen (z.B. wenn Dimensionen der Lebensqualität in verschiedenen Regionen zu untersuchen sind). Bitte beachten Sie jedoch: Mit „Dimensionen“ sind nicht die Merkmalsausprägungen gemeint wie „67 Jahre alt“ oder „verheiratet“, mit denen man eine einzelne Person charakterisiert, sondern gemeint ist immer das ganze Spektrum möglicher Ausprägungen eines Merkmals (hier eben: Alter und Familienstand).
Auf derjenigen Ebene, bis zu der die dimensionale Unterscheidung „gedanklich“ vorangetrieben wird, setzt der Forscher für die zu unterscheidenden Dimensionen Begriffe ein, die zu definieren und für die gegebenenfalls Indikatoren festzulegen sind.
Beschreibe noch einmal in wenigen Worten den Unterschied zwischen der dimensionalen Analyse des Gegenstandsbereichs und der semantischen Analyse von Begriffen.
Richten wir den Blick bei unseren Bemühungen um gedankliche Strukturierung (wie im obigen Beispiel) auf den empirischen Gegenstand, dessen Details wir ergründen und ordnen wollen, dann handelt es sich um eine dimensionale Analyse des Gegenstandsbereichs. Setzen wir uns dagegen mit der Frage auseinander, welche Bedeutungen sprachlichen Zeichen zugeschrieben werden (sollen), dann bemühen wir uns um eine semantische Analyse von Begriffen (oder: eine Analyse der Bedeutungsdimensionen von Begriffen).
Um auf unser Beispiel zurückzukommen: Bei einer semantischen Analyse des Begriffs „Lebensqualität“ würde unsere Frage nicht lauten, aus welchen Aspekten sich der „Sachverhalt Lebensqualität“ zusammensetzt, sondern was Personen meinen, wenn sie von „Lebensqualität“ reden.
Die geforderte Unterscheidung zwischen der dimensionalen Analyse eines empirischen Gegenstandsbereichs und der semantischen Analyse von Begriffen fällt – wie bereits angemerkt – manchen Studierenden anfangs schwer; denn beides kann nur sprachlich kommuniziert werden. Vielleicht hilft hier eine Unterscheidung nach der Art der verwendeten Sprache: Begriffe, mit denen wir Sachverhalte, Ereignisse (allgemeiner: Objekte) bezeichnen, gehören zur Objektsprache; Aussagen, die wir über die sprachlichen Zeichen treffen, gehören zur Metasprache. Das bedeutet dann: Als Resultat einer dimensionalen Analyse erhalten wir objektsprachliche Aussagen; das Resultat einer semantischen Analyse formulieren wir in einer Metasprache. Und vielleicht hilft auch ein Satz weiter, den ich bei Wienold (2000, 147) gefunden habe: „Das Bild eines Hundes bellt nicht.“
Aufgabe: Lese für eine dimensionale Analyse Kapitel 3.2.!
Erledigt und verstanden. (Material ist nicht in BS!)
OK
Aufgabe: Lese für eine semantische Analyse Kapitel 3.3.!
Erledigt und verstanden. (Material ist nicht in BS!)
OK
Zusammenfassung: Semantische Analyse und dimensionale Analyse im Vergleich
Beide Aufgaben – dimensionale Analyse (der Struktur eines Gegenstandsbereichs) und semantische Analyse (der Bedeutung eines Begriffs) – haben gemeinsam, dass ein zunächst noch unterbestimmter Sachverhalt gedanklich strukturiert und begrifflich präzisiert werden soll.
Richtet sich der Blick auf einen empirisch existierenden oder gedanklich vorgestellten Gegenstandsbereich, dann sind die Eigenschaftsdimensionen dieses „Gegenstands“ von Interesse. Bei einem physikalischen Gegenstand könnte das sein: das Material, aus dem er besteht, seine Form, Festigkeit, Größe, sein Gewicht usw.; bei Personen etwa: Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf, Familienstand usw.; bei Organisationen etwa: Organisationsziele, Struktur, Zahl der Mitglieder usw.
Ist der Ausgangspunkt ein sprachliches Zeichen (ein „Begriff“), dann geht das Interesse dahin zu erkunden, was dieser Begriff „bedeutet“, d.h. wen oder was er „bezeichnet“ und nach welchen (semantischen) Regeln bei der Anwendung dieses Begriffs auf die „Realität“ entschieden werden kann, ob ein Sachverhalt unter das mit dem Begriff „Gemeinte“ fällt.
Bei einer dimensionalen Analyse ist die Abfolge der Arbeitsschritte entgegengesetzt: Am Anfang steht die gedankliche Strukturierung des Gegenstandsbereichs, gefolgt von der Entscheidung, welche Gegenstandsdimensionen untersuchungsrelevant sein sollen. In einem Denkmodell werden sodann die möglichen Zusammenhänge zwischen diesen „relevanten“ Dimensionen dargestellt (vgl. etwa in Kapitel 3.2 das „Feldschema Massenkommunikation“ auf S. 149). Natürlich sind die Überlegungen über den Gegenstandsbereich ohne das Instrument Sprache nicht kommunikationsfähig. Daher müssen die untersuchungsrelevanten Gegenstandsdimensionen mit geeigneten Begriffen bezeichnet werden, und daher ist auch das Denkmodell über Zusammenhänge zwischen den Dimensionen in die Form forschungsleitender Hypothesen zu gießen.36
Wo wir nicht auf allgemein eingeführte und in der wissenschaftlichen Disziplin eindeutig verwendete Begriffe zurückgreifen können, müssen wir ggf. die für die Untersuchung geeigneten Begriffe explizit durch Definition neu einführen. Genau genommen geht also in der Phase der Ausformulierung des deskriptiven Schemas die dimensionale Analyse in die semantische Analyse über; denn nur mit ihrer Hilfe ist entscheidbar, ob Begriffe existieren, die für unsere Gegenstandsüberlegungen passen und zugleich hinreichend eindeutig verwendet werden.
Was ist Semiotik?
Die Wissenschaft von der Sprache, von der Funktion sprachlicher Zeichen, wird Semiotik genannt. Ihr Arbeitsfeld ist üblicherweise unterteilt in Syntaktik, Semantik und Pragmatik.
– Die Syntaktik handelt von den Beziehungen der Zeichen untereinander (z.B. Grammatik, Zeichensetzung).
– Die Semantik befasst sich mit den Beziehungen zwischen den sprachlichen Zeichen und ihren Bedeutungen, d.h. mit der Relation zwischen sprachlichen Zeichen und den damit bezeichneten Sachverhalten (den „Referenzobjekten“).
– Die Pragmatik schließlich handelt von den Beziehungen zwischen Zeichen und Menschen; sie untersucht z.B. den unterschiedlichen Sprachgebrauch bei verschiedenen Personen oder Gruppen (vgl. vorn: „mehrdeutige“ Begriffe).
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden unter Verwendung von Symbolsystemen weitergegeben und diskursiv (in argumentativer Auseinandersetzung im
Kreis der Wissenschaftler oder zwischen Wissenschaft und Anwendern) auf ihre Haltbarkeit geprüft, „kritisiert“ (vgl. Kapitel 1). Sollen wissenschaftliche Erkenntnisse „kritisierbar“, „intersubjektiv nachprüfbar“ sein, muss die verwendete Sprache zwei Funktionen in möglichst optimaler Weise erfüllen: die Repräsentanz- und die Kommunikationsfunktion.
Was sind Repräsentanz- und Kommunikationsfunktion?
Repräsentanzfunktion der Sprache heißt, dass die Begriffe in eindeutiger Weise die gemeinten Sachverhalte (Referenzobjekte) repräsentieren. Daraus folgt zum einen, dass die Sprache differenziert genug sein muss, um die Struktur des Untersuchungsgegenstandes – wie sie von der Wissenschaftlerin oder dem Wissenschaftler gesehen wird – exakt abzubilden. So kommt es, dass jede Wissenschaft sich ihren Satz von ganz spezifischen Fachausdrücken schafft (fachspezifische wissenschaftliche Terminologie). Aus der Forderung nach optimaler Erfüllung der Repräsentanzfunktion folgt für die verwendeten Begriffe weiter, dass ihnen durch präzise Definitionen eindeutige Bedeutungen zuzuweisen sind.
In teilweisem Widerspruch zur Repräsentanzfunktion der Sprache steht ihre Kommunikationsfunktion. Wissenschaft ist nicht Sache eines Einzelnen, sondern ist auf die Kommunikation zwischen den am Wissenschaftsprozess beteiligten Personen sowie zwischen Wissenschaft und anderen Adressaten (z.B. interessierten Laien, Anwendern) angewiesen. Um die Kommunikationsfunktion zu erfüllen, muss die von den Wissenschaftlern gewählte Sprache daher von möglichst vielen Personen „richtig“ verstanden werden. Soweit es sich bei den Kommunikationspartnern um Angehörige der gleichen wissenschaftlichen Fachrichtung handelt, erfüllen die spezifischen Fachtermini nicht nur die Repräsentanz-, sondern in idealer Weise auch die Kommunikationsfunktion. Schon für Angehörige anderer wissenschaftlicher Fachrichtungen aber – und erst recht für interessierte Laien – kann es sich bei solchen Fachtermini um eine kaum noch verstehbare Fremdsprache handeln. Die Wissenschaftler werden also in ihren Forschungsberichten darauf achten müssen, welches die Zielgruppe ihrer Mitteilungen ist. Bei Veröffentlichungen außerhalb von wissenschaftlichen Fachbuchreihen oder Fachzeitschriften ist entweder eine alltagsnähere Sprache (möglicherweise unter Inkaufnahme von Ungenauigkeiten) zu wählen oder sind zumindest die Fachtermini jeweils zu erläutern.
Erläutere “Begriff”, “Extension”, “empirischen Bezug” und “Indikatoren”!
Begriffe sind sprachliche Zeichen (Wörter), die nach bestimmten Regeln (semantische Regeln, Bedeutungszuweisungen) mit Phänomenen der Realität oder gedanklichen Vorstellungen verbunden sind. Diese Verbindung zwischen sprachlichem Zeichen und dem damit Gemeinten kann man extensional und intensional vornehmen. Unter Extension (Begriffsumfang) versteht man die Menge aller Objekte, die mit einem Begriff bezeichnet werden sollen (z.B. Extension des Begriffs „Haus“ = die Menge aller Häuser, die es irgendwo und irgendwann gibt, gegeben hat oder geben wird). Mit Intension (Begriffsinhalt) ist die Menge aller Merkmale gemeint, die den mit einem Begriff bezeichneten Objekten gemeinsam sind (z.B. Intension des Begriffs „Haus“ = die Menge aller Merkmale, die ein Objekt besitzen muss, damit wir es als Haus akzeptieren).
Begriffe, deren Extension empirische Objekte umfasst (die sich also nicht nur auf gedanklich vorgestellte Sachverhalte beziehen), haben empirischen Bezug. Der empirische Bezug kann direkt sein; dann sind die mit einem Begriff bezeichneten Objekte/Merkmale unmittelbar oder unter Zuhilfenahme von Instrumenten beobachtbar (z.B. sind Eiweiß-Moleküle durch ein Mikroskop beobachtbar). Der empirische Bezug kann aber auch indirekt sein; dann sind die bezeichneten Objekte/Merkmale nicht unmittelbar feststellbar, auch nicht mit Hilfe von Instrumenten. Auf ihr Vorhandensein muss vielmehr aus der Beobachtung anderer, direkt feststellbarer Objekte/Merkmale („Indikatoren“) geschlossen werden. Nehmen wir z.B. „Geiz“ als dispositionales Merkmal, als Charaktereigenschaft einer Person: Das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieses – als solches nicht beobachtbaren – Merkmals wird durch das faktische Verhalten dieser Person in bestimmten Situationen angezeigt, „indiziert“. Trotzdem: Mit dem Begriff „Geiz“ meinen wir eben nicht das beobachtbare Verhalten, sondern eine Charaktereigenschaft, die sich lediglich in einem spezifischen Verhalten äußert.
Welche Rolle spielen Definitionen in deskriptiven Analysen und Hypothesenprüfungen?
In beiden Fällen ist es nötig, die beabsichtigte Benutzung der Begriffe so präzise zu beschreiben (d.h. sie zu „definieren“), dass unsere Argumentation intersubjektiv nachvollziehbar wird. Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass zweifelsfrei klar ist, welche Sachverhalte und/oder Aspekte in die Untersuchung einbezogen werden und welche nicht (s.o. Repräsentanzfunktion der Sprache). Dabei sind zum anderen die Begriffe so zu wählen, dass die an den Forschungsbefunden Interessierten (insbesondere die Zielgruppe des Projekts) die empirischen Ergebnisse und deren Interpretationen ohne schwierige „Übersetzungsleistungen“ nachvollziehen können (s.o. Kommunikationsfunktion).
Was genau bedeutet nun der bisher schon so oft benutzte Terminus „Definition“?
Ganz generell sind Definitionen Verknüpfungen zwischen sprachlichen Zeichen nach bestimmten Regeln. Definitionen sind also nicht Verknüpfungen zwischen Zeichen und „Sachverhalten“ nach Korrespondenzregeln. „Definitorische Aussagen werden dazu verwendet, den wissenschaftlichen Sprachgebrauch festzulegen. Sie sind also Mittel der Festsetzung von Verwendungsregeln für Ausdrücke der Wissenschaftssprache“ (Albert 1973, 73). Die Gesamtheit der Ausdrücke der Wissenschaftssprache (Termini) stellt die spezifische Terminologie einer wissenschaftlichen Disziplin dar, sie ist – vor allen Methoden wie Befragung, Test, Beobachtung usw. – deren „Grundwerkzeug“ (Heller/Rosemann 1974, 19).
An der graphischen Darstellung des Konzepts „Begriff“ (auf S. 154) können Sie sich nun auch veranschaulichen, was eine „Definition“ ist: Sie ist a) die Beschreibung (oder Auflistung) der „semantischen Regeln“ für die Verwendung des „Begriffs“ sowie b) die Zuordnung eines sprachlichen Symbols (Wort), mit dem dieser Begriff „bezeichnet“ werden soll.