LE 7: Verwaltungsverfahren und nationaler Rechtsschutz Flashcards
Verwaltungsverfahrensgesetze
… regeln, wie die Vollziehung von Verwaltungsrecht anzuwenden ist & die gesetzlichen Regelungen vor Verwaltungsgerichten und Verwaltungsbehörden
Normen, anhand denen das konkrete Verwaltungsverfahren durchzuführen ist, ergeben sich aus
-Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG): grundsätzliche Vorgaben für das Verfahren vor Verwaltungsbehörden
-Verwaltungsstrafgesetz (VStG):
Regelungen für Erlassung von Strafbescheiden
-Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG):
Vorgaben zum Verfahren der zwangsweisen Durchsetzung von Bescheiden und Entscheidungen des Verwaltungsgerichts
-Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG):
bestimmt, wann Verfahrensgesetze anzuwenden sin
Verfahren vor der Verwaltungsbehörde: Zuständigkeit
Behörde wird entweder von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages tätig; es ist zu prüfen, ob Behörde überhaupt
zuständig ist
Zuständigkeitsprüfung
-> sachliche Zuständigkeit:
-Kompetenzverteilung zwischen
Bund und Land
-Sonderbestimmungen über die
Vollziehung
-mittelbare Bundesverwaltung:
grundsätzlich BVB zuständig
-> örtliche Zuständigkeit:
-je nach Wirkungsbereich der
Anlage andere örtliche
Zuständigkeit
-bei unbeweglichen Anlagen:
Anlagenstandort
-bei beweglichen Anlagen:
Unternehmenssitz bzw. Wohnsitz
des Antragstellers
Zuständigkeit im Betriebsanlangenverfahren:
grundsätzlich: örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (meist BH)
in Städten mit eigenem Statut: Bürgermeister
Wien: Magistrat der Stadt Wien
Verfahren vor der Verwaltungsbehörde: Beteiligte und Parteien + Parteistellung
Wer darf am Verwaltungsverfahren mit welchen Rechten teilnehmen?
Beteiligter = nehmen Tätigkeit der Behörde in Anspruch oder beziehen sich auf Tätigkeit der Behörde; dürfen am Verfahren
nicht aktiv teilnehmen –> nur Anhörungsrechtbei mündlichen Verhandlungen;
z. B. für Mieter hinsichtlich der Erhaltung der Bausubstanz; in einem baurechtlichen Räumungs-und Abbruchverfahren kommt zwar dem Hauseigentümer Parteistellung zu, nicht aber den Mietern (= Beteiligte)
Partei= sind am Rechtsverfahren aufgrund eines „Rechtsanspruches“ oder eines „rechtlichen Interesses“ beteiligt
-> dürfen aktiv am Verfahren teilnehmen; Grundsatz der „Parteiöffentlichkeit“ = nur Parteien des konkreten Verfahrens dürfen
teilnehmen
-> Eine Partei ist immer auch gleichzeitig ein Beteiligter
Parteistellung bei rechtlichem Interesse:
-ob Parteistellung, ist entweder den expliziten Regelungen von Materiengesetzen (z. B. GewO) zu entnehmen oder Frage zu
klären, ob die Person durch die Tätigkeit einer Behörde rechtlich „betroffen“ ist, indem sie ihre rechtlich geschützten Interessen gegenüber der Behörde verfolgt oder ihr vor der Behörde eine Verpflichtung auferlegt wird (= wird in ihren subjektiven, konkreten, individuellen Rechten unmittelbar berührt)
Verfahren vor der Verwaltungsbehörde: Parteirechte
= grundlegende Verfahrensrechte, mit denen Parteien das Verwaltungsverfahren aktiv beeinflussen können
Parteirechte:
(sind alles subjektive Rechte)
-„Parteiengehör“ = Recht auf Stellungnahme
-Recht auf Akteneinsicht -> Recht, in Verfahrensunterlagen Einsicht zu nehmen (analog und elektronisch), davon Abschriften zu verfassen bzw. Kopien zu erstellen; -> Verwehrung der Einsichtnahme, sofern die Interessen Dritter gefährdet werden
könnten bzw. den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde z. B. Beschuldigte würden zu früh von Beweismitteln informiert werden)
-> Verwehrung der Einsichtnahme ist nicht direkt rechtlich bekämpfbar;
-Recht auf Zustellung des Bescheides
-Recht auf Erhebung von Rechtsmitteln
-Recht, nichtamtliche Sachverständige oder Dolmetscher wegen Befangenheit (= Misstrauen gegenüber Unparteilichkeit
des Richters) abzulehnen
Beteiligtenrechte
-Inkenntnissetzung durch Behörde bei
mündlichem Verfahren
-Möglichkeit der Teilnahme an einer
mündlichen Verhandlung
Verfahren vor der Verwaltungsbehörde: Parteistellung im Betriebsanlagenverfahren
a) Antragsteller
= wer eine Betriebsanlage errichten und betreiben will
„Erfüllt die Anlage alle gesetzlichen Voraussetzungen, hat der Antragsteller ein subjektives Recht, auf Erteilung der Bewilligung.“
b) Nachbarn
„Nachbarn sind all jene Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt werden könnten oder deren Eigentum gefährdet werden könnte (§75 Abs 2 GewO).“
-Nachbarn kommt Parteistellung im Bewilligungsverfahren zu, sofern sie rechtzeitig Einhebungen gegen die Betriebsanlage erheben
-Inhabern von Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten, Heimen und Schulen kommt zum Schutz der beherbergten Personen ebenfalls Parteistellung zu
-„Die durch die GewO geschützten öffentlichen Interessen (z. B. Schutz des Lebens der Kunden) hat die Behörde von Amts wegen, ohne Parteienaufforderung, wahrzunehmen, sofern es sich um den Schutz der Gesundheit und des Lebens sowie den Schutz vor Beeinträchtigungen und
Belästigungen handelt.“
-örtlich zuständige Gemeinde, in der die BA gebaut wird, muss gehört werden (trzd nur Beteiligtenstellung)
Ablauf des Verwaltungsverfahrens:
Verwaltungsverfahren = Tätigkeit der Behörden, die auf Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist
- Einleitung des Verfahrens
- Ermittlungsverfahren
- Erledigung des Verfahrens: der Bescheid
- Zustellung und Fristen
Verwaltungsverfahren: Einleitung des Verfahrens
a) Einleitung auf Antrag oder Amts wegen (=sofern das Verfahren hauptsächlich im öffentlichen Interesse liegt, Einleitung durch Behörde selbst)
Antrag beim Betriebsanlangebewilligungsverfahren muss umfassen:
-Betriebsbeschreibung
-erforderliche Pläne und Skizzen
-Abfallwirtschaftskonzept
-technische Unterlagen zur Beurteilung des Projekts und bezüglich der zu erwartenden Emissionen
b) Verkehr zwischen Behörde und Partei:
-sämtliche Wege der modernen Kommunikation mit Behörde möglich
-weist Behörde bei einem Anbringen auf Mängel hin, können diese innerhalb einer angemessenen Frist verbessert werden –>
erfolgt keine rechtzeitige Verbesserung, wird das Anbringen durch die Behörde abgewiesen
-„Manuduktionspflicht“ = ist eine Partei vor einer Verwaltungsbehörde nicht durch einen berufsmäßigen Vertreter (z. B. RA)
vertreten, muss die Behörde die Partei über ihre Rechte aufklären
c) Befangenheit der Behörde:
-Befangenheit eines Verwaltungsorgans: Überlassung an Vertretung; Enthaltung der Ausübung des Amtes;
(Parteien haben kein Recht, befangene Verwaltungsorgane abzulehnen; Rechtsmittelweg: Anfechtung des Bescheids)
Verwaltungsverfahren: Ermittlungsverfahren
= der Entscheidung der Behörde geht ein Ermittlungsverfahren voraus, in dem die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt erhebt, um auf Grundlage dieser Ermittlung eine Entscheidung zu fällen
a) Grundsätze des Ermittlungsverfahrens:
-Offizialmaxime und Grundsatz der
materiellen Wahrheit:
Sachverhalt muss von Amtswegen festgestellt werden; Behörde muss sich selbst über die wahre Situation klar werden;
-Grundsatz der arbiträren Ordnung:
Behörde steht frei, wie sie das Ermittlungsverfahren durchführt –> „Herrin des Verfahrens“;
-Grundsatz der freien Beweiswürdigung:
keine festen Beweisregeln; Behörde würdigt Beweise nach freier Überzeugung –> kann Zeugen glauben oder nicht (Entscheidung muss begründet und nachvollziehbar erklärt werden)
-Recht auf Parteiengehör:
Parteien müssen Gelegenheit haben, alles vorzubringen, das ihren Rechtsstandpunkt stützt und sich mit jedem Parteivorbringen auseinandersetzen, auch wenn Behörde die Sinnhaftigkeit eines Vorbringens nicht sieht;
Parteiengehör idR schriftlich oder mündlich vor der Behörde mit Protokoll, wenn dies Materiengesetze vorsehen (z. B. Betriebsanlagengenehmigungsverfahren);
-Effizienzprinzip:
Führung des Verfahrens auf mögliche Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis
b) mündliche Verhandlung:
-bei mündlichen Verhandlungen: Leitung durch Behördenvertreter; „Grundsatz der Parteiöffentlichkeit“;
-„Augenscheinsverhandlung“ beim Betriebsanlageverfahren = mündliche Verhandlung an Ort und Stelle der Betriebsanlage
c) Präklusion:
= Verlieren der Parteistellung und damit Verlust der Parteirechte durch nichtrechtzeitige oder nicht subjektiv begründete Einwendungen
-„Einwendungen müssen rechtzeitig, also spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden in mündlicher oder schriftlicher Form bei der Behörde oder während der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden“
-findet bei mündlichen Verfahren keine Kundmachung oder persönliche Verständigung der Anberaumung statt, so geht die Parteistellung bei „nichtrechtzeitigen“ Einwendungen nicht verloren
d) das vereinfachte Verfahren bei Bagatellanlagen:
Gefährdung wird nicht ausgeschlossen, wird aber nicht oder nur in geringem Ausmaß auftreten -> Bagatellanlage -> vereinfachtes Bewilligungsverfahren
-Nachbarn haben keine Parteistellung
e) Exkurs:
-Verfahren in Bausachen richtet sich nach dem AVG und der jeweiligen Landes-Bauordnung; Augenscheinsverhandlung mit Bauherrn und Nachbarn
-ist ein subjektives Recht bereits
durch ein anderes Verfahren gewährleistet, ist dieses subjektive Recht nicht mehr begründet;
z. B. Hotelbetreiber hat seine Einwendung bezüglich Lärmbelästigung schon im Betriebsanlagenverfahren erhoben, diese Einwendung im Bauverfahren steht ihm nicht mehr offen;
Verwaltungsverfahren: was ist ein Bescheid?
Bescheide sind
-aufgrund eines Verfahrens erlassene
-konkrete normative Erledigungen
-einer Verwaltungsbehörde,
-die sich ihrem Inhalt nach an individuell bestimmbare Rechtsunterworfene (z. B. Denise Lang) richet.
-> Berichte stellen keinen Akt der Gerichtsbarkeit dar!
-> Bescheide entweder schriftlich oder mündlich verkündet (& protokolliert)
Keine Bescheide sind:
-Verordnungen einer Behörde (= individuell)
-Rechtsgeschäfte des Staates im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung
-Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt (Ermittlungsverfahren wurde nicht durchgeführt/fehlt)
-„Fehlerkalkül“ =bei Fehlen von Benennung der bescheiderlassenden Behörde, Bescheidadressaten, Genehmigungsdatum, Namen des Genehmigenden, Spruch; Folge: ABSOLUTE NICHTIGKEIT DES BESCHEIDS
-> bei Fehlen des Spruches oder der Rechtsmittelbelehrung Folge: Bescheid ist rechtswidrig (nicht jedoch absolut nichtig)
Arten von Bescheiden:
Leistungsbescheid:
-Vorschreibung der Erfüllung einer bestimmten Leistung
-wird diese nicht erbracht, dann zwangsweise Vollstreckung
zb Verhängung einer Geldstrafe
Rechtsgestaltungsbescheid:
-begründen, gestalten oder heben ein Rechtsverhältnis auf
zb Baugenehmigung
Feststellungsbescheid:
-stellen das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses mit rechtlicher Verbindlichkeit fest
zb Fragestellung, ob Bagatellanlage oder Normanlage
Verwaltungsverfahren: Nebenbestimmungen + Erlassung von Bescheid
Nebenbestimmungen:
(neben dem Spruch können auch Nebenbedingungen enthalten sein, die die Haupterledigung ergänzen)
-Auflagen
z. B. vorgeschriebene Auflage: Verwendung von schalldichten Türen
-Bedingungen
z. B. Bewilligung des Baus einen Schlepplifts an die Bedingung geknüpft, dass auch ein Sessellift gebaut wird
-Befristung
Berechtigung/Verpflichtung wird an ein bestimmtes Ereignis geknüpft (z. B. Datum, Zeitspanne)
Wie wird Bescheid erlassen?
-bei Erlassung eines Bescheides muss von der Rechtslage IM Zeitpunkt der Entscheidung ausgegangen werden;
-„Erlassen“ ist ein Bescheid mit der mündlichen Verkündung oder der Zustellung an den Adressaten
-Achtung! ZP der Erlassung wichtig, weil damit Fristen zur Erhebung von Rechtsmitteln zu laufen beginne
Verwaltungsverfahren: wann ist Bescheid rechtskräftig + persönliche und dingliche Wirkung des Bescheides
Rechtskraft = Unabänderlichkeit des Bescheides, auch wenn dieser rechtswidrig ist (Rechtsrichtigkeit vor Rechtssicherheit und Rechtsfrieden)
-materielle Rechtskraft
Behörde kann in derselben Angelegenheit ihre frühere Entscheidung nicht abändern oder widerrufen; Parteien können in
derselben Sache nicht nochmal eine Entscheidung begehren; Rechtsordnung sieht ausnahmsweise Durchbrechung der
Rechtskraft vor (z. B. Antrag auf Wiederaufnahme bei neuen Beweismitteln)
-formelle Rechtskraft
„Unanfechtbarkeit“; mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht bekämpfbar; während der Rechtsmittelfrist kein Rechtsmittel gegen
Bescheid erhoben (oder VwG hat über erhobene Beschwerde entschieden)
persönliche Wirkung = verbundene Rechte und Pflichten gegenüber dem individuellen Bescheidadressaten
dingliche Wirkung = beim anlagerechtlichen Bewilligungsbescheid = Bescheid haftet an der Betriebsanlage und nicht am
Unternehmer; wird die Betriebsanlage veräußert, geht die Bewilligung auf den Erwerber über
Verwaltungsverfahren: Bescheid: Mandatsbescheid + AuvBZ
Mandatsbescheid = Verwaltungsbehörde entscheidet ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren
Voraussetzungen:
- Geldleistungen nach einem feststehenden Maßstab
-Gefahr im Verzug bei unaufschiebbaren Maßnahmen
zb einer Verhandlung wird Dolmetscher beigezogen, weil Antragssteller nicht deutsch spricht -> Behörde trägt dem Antragssteller Dolmetschergebühren mittels Mandatsbescheids auf
Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ):
-Normalfall: Voraussetzung für Erlassung eines Bescheides ist ein Verwaltungsverfahren
-Eingriff in subjektive Rechte ohne vorangehendes Verfahren = „verfahrensfreie Verwaltungsakte“ = Maßnahmen als Akte der
Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt
-> Fälle ohne vorangehendes Verfahren in Gesetzen geregelt
Verwaltungsverfahren: Zustellung und Fristen
RSA-Zustellung: in besonders wichtigen Fällen, wenn es aufgrund der Rechtsmittelfristen wichtig ist, den Zeitpunkt der Zustellung eindeutig nachzuweisen (z. B. bei Ladungsbescheiden bei Nichterscheinen würde ein Zwangsmittel drohen) (Maßnahmenbeschwerde an das VwG)
Rechtsstaatsprinzip
Österreich ist ein Rechtsschutzstaat -> effektives System von Rechtsschutzeinrichtungen, um Einhaltung des staatlichen Handelns an die Gesetze zu gewährleisten
Rechtsschutzeinrichtungen
Unterscheidung Gerichtsbarkeit und Verwaltung:
zentrales Unterscheidungsmerkmal = organisatorische Stellung -> Gerichtsbarkeit ist nur dem Gesetz verpflichtet und wird von unabhängigen Richtern ausgeübt
Unterscheidung der Gerichtsbarkeit in ordentliche G. und G. des öffentlichen Rechts:
Ordentliche G.: Zivil-und Strafrecht
G. des öffentlichen Rechts: wenn Staat hoheitlich handelt
ordentliche Gerichte:
Oberster Gerichtshof
Oberlandesgerichte
Landesgerichte
Bezirksgerichte
Gerichte des öffentlichen Rechts:
Verwaltungsgerichtshof Verfassungsgerichtshof -> Verwaltungsgerichte -> Landesverwaltungsgerichte / Bundesverwaltungsgerichte -> Bundesfinanzgerichte