Kapitel 7 - Grundlagen der Entscheidungs- und Spieltheorie Flashcards
Deskriptive und normative Betrachtungsweise
zwei Richtungen der Entscheidungstheorie:
-
deskriptive Entscheidungstheorie: wie wird in Unternehmen tatsächlich entschieden? Realwissenschaft mit empirischen Daten aus realem Entscheidungsverhalten.
- Es werden Wahrnehmungs-, Urteils-, Erinnerungs-, Denk- und Vorstellungsprozesse bei einer Entscheidung untersucht.
- Es werden zudem Entscheidungsanlass, Informations-, Beschaffungs- und Verarbeitungsprobleme sowie Organisationsfragen während des Entscheidungsprozesses untersucht.
- normative Entscheidungstheorie/Entscheidungslogik: wie soll in Unternehmen entschieden werden? Setzt Ziele bzw- Zielbündel von Entscheidungsträgern voraus und sucht Möglichkeiten der Zielerreichung. Es wird von einer gegebenen Entscheidungssituation und mehreren Handlungsalternativen ausgegangen. Wahl der vorteilhaftesten bzw. optimalen Alternative im Hinblick auf das Ziel unter Annahme von rationalem Handeln unter Verwendung von Entscheidungsregeln. Dies vernachlässigt jedoch psychologische und soziologische Einflüsse auf die Entscheidung. In der realen Welt sind Manager nicht frei von subjektiven Einflüssen, Vorlieben oder Prioritäten.
Für dieses Kapitel wird die normative Entscheidungslogik besprochen.
Notwendige Bestandteile eines Entscheidungsmodells
3 notwendige Bestandteile jeder Entscheidung
Ziele: Rationale Entscheidungen brauchen ein Ziel. Ziellose Entscheidungen sind Zufallsentscheidungen. Entscheidungen, die keine Probleme lösen sind sinnlos.
Alternativen: Alternativen sind Maßnahmen zur Erreichen von Zielen bzw Lösung von Problemen. Ohne Alternativen ist keine Entscheidung möglich. Dann liegt Zwang vor. Manche angedachten Alternativen können jedoch nict zulässig sein oder aufgrund von Ressourcenmangel nicht infrage kommen.
Ergebniswerte: Erwartete bzw. prognostizierte Ergebnisse der Maßnahmen hinsichtlich der Zielerreichung. Messung des Zielerreichungsgrades. Ggf. können hier nur Wahrscheinlichkeitsaussagen getroffen werden.
Optimale Zielerreichung bedeutet eine extreme oder satisfizierendes (befriedigendes) oder ein fixierendes Zielausmaß.
- Extremierung: Ein Entscheidungsträger will möglichst viel oder wenig eines Zielinhalts erreichen
- Satisfizierung: Anstreben eines gewissen Anspruchsniveaus
- Fixierung: Erreichen eines bestimmten Ergebnisses
Alternativenbewertung bedeutet zuweisen einer Zielwirkung. Verschiedene Skalentypen:
- Nominalskala: teilt die Ergebnisse in gleichberechtigte, nebeneinander liegende Merkmale ein, zB Religionszugehörigkeit, Farbe, Geschlecht
- Ordinalskala: Ergebnisse werden in Rangfolge ohne Angabe der Abstände zueinander gebracht, zB Platzierung, Größe/Länge ohne genauen Zahlenwert
- Intervallskala/Kardinalskala: Rangfolge mit Angabe der Abstände zwischen den Ausprägungen, zB Temparaturskala, Längen- und Größenmaße
Für die Messung der Zielerreichung sind Intervallskalen am aussagefähigsten.
**Grundmodell einer Entscheidungsmatrix: **
- Ziele Z
- Alternativen a
- prognostizierte Ergebnisse je Alternative e
- ggf. Zielgewichte G zur Berücksichtigung von Dringlichkeiten/Prioritäten im Zielbündel
- ggf. Umweltzustände U, Situationen, unter denen die Ergebnisse eintreten. Beeiflussen die Entscheidung, sind aber selbst nicht beeinflussbar, zB Gesetzesänderungen
- exogene Faktoren: unternehmensextern
- endogene Faktoren: unternehmensintern
- ggf. Wahrscheinlichkeiten w (Sumem je Ziel = 1)
Drei Varianten von Entscheidungssituationen (Entscheidungsparameter U)
- Entscheidung unter Sicherheit/deterministisches Modell –> die Ergebnisse der rationalen Wahl können vorhergesagt werden
- Entscheidung unter Risiko/stochastisches Modell –> die Ergebnisse sind unsicher, aber deren Eintreten mit gewisser Wahrscheninlichkeit bekannt
- Entscheidung unter Ungewissheit –> die Wahrscheinlichkeiten sind nicht bekannt
Zulässiger Bereich: alternativer Raum, innerhalb dessen die optimale Lösungsmöglichkeit zu suchen ist. Er wird häufig durch Umweltvariablen eingeschränkt, zB Ressorucenknappheit, personelle, finanzielle oder sachliche Einschränkungen
Informationskosten: Für die Beschaffung von Informationen entstehen Kosten. Es stellt sich die Frage nach der Informationsqualität. Zusätzliche Informationen, die überproportional mehr Kosten verusachen müssen die Entscheidung nicht unbedingt positiv beeinflussen.
Grafische Darstellung des Grundmodells der Entscheidungstheorie als Ergebnismatrix (BILD)
Beispiel Entscheidung unter Risiko
Ziel: Klausur mit mindestens Note 2,5 bestehen
**Alternativen: **
- Lernen a1
- Kino a2
Umweltzustände mit Wahrscheinlichkeit
- U1 leichte Klausur, Wu1=0,2
- U2 schwere Klausur, Wu2=0,8
Ergebnisse (e (a,U))
- e11 Note 1,5
- e12 Note 3,5
- e21 Note 2,5
- e22 Note 5,0
Die Alternative Lernen dominiert also die Alternative Kino eindeutig.
In der Realität in Unternehmen wird ggf. nachträglich nochmal überlegt, die Vorhersagen anzupassen um die Prognose für ein gewünschtes Ergebnis zu beeinflussen.
Entscheidungsregeln in unterschiedlichen Situationen
Personen haben unterschiedliche subjektiv geprägte Risikoneigungen, weshalb vergleichbare Entscheidungssituationen nicht von jedermann geich entschieden werden. Der Einbezug dieser Risikopräferenzen wird in der BWL durch die Abbildung von Entscheidungsregeln ermöglicht.
Übersicht:
- Entscheidungen bei Sicherheit
- Lexikografische Ordnung
- Nutzwert
- Entscheidungen bei Risiko
- Bayes-Regel
- Regel µ-sigma
- Bernoulli-Regel
- Entscheidungen bei Ungewissheit
- Maximax-Regel
- Maximin-Regel
- Hurwicz-Regel
- Laplace-Regel
- Savage-Niehans-Regel
Entscheidungen bei Sicherheit
Die erwarteten Ergebnisse der Alternativen je Zielsetzugn sind mit Sicherheit bekannt.
Lexikografische Ordnung
- Ziele werden nach Haupt- und Nebenzielen geordnet
- Alternativen werden hinsichtlich er geordneten Ziele auf ihre Vorteile überprüft
- Sobald eine eindeutg vorteilhafte Lösugn gefunden wird, bricht die Bewertung ab. Bei indifferenten Vorteilen mehrerer Alternativen werden die nachrangigen Ziele zur Bewertung herangezogen. (Beispieltabelle)
- Z (a1,a2,a3,a4): Z1 > Z2 > Z3 > Z4, Z1 (8, 8, 6, 5), Z2 (7, 9, 4, 8), Z3 (3, 4, 3, 10), Z4 (5, 7, 9, 100). Da Z1 bzgl a1=a2=8 nicht eindeutig ist, wird nach Z2 entschieden und Alternative a2=9 ausgewählt. Allerdings werden die höheren Werte für a4 10 und 100 nicht berüksichtigt, da die Methode vorher stoppt.
Dies kann in der Praxis zu gravierenden Fehlentscheidungen führen. Für die ganzheitliche Betrachtung aller Ziele wird eine andere Methode benötigt.
Nutzwertanalyse
Formalisierte Methode, die es ermöglicht, gleichzeitig mehrere Zielsetzungen bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen (multivariates Verfahren).
**Vorgehen bei der Nutzwertanalyse (BILD): **
- Aufstellung der Ziele und **Zielgewichte **
- Zielertragsmatrix/Ergebnismatrix: Ermittlung der Ergebniswerte je Alternative und Ziel –> Bewertung
- Nutzenmatrix: Ermittlung der Nutzen je Alternative und Ziel durch Transformation der Ergebniswerte in Nutzenwerte (Skalierung, notwendig für Vergleichbarkeit und Rechenbarkeit der Entscheidung) –> Wertsynthese mit Hilfe einer Entscheidungsregel
- Entscheidungsmatrix: Entscheidung entsprechend dem optimalen Nutzwert
Transformation von Ergebniswerten eij zu Nutzwerten nih: Jedes Ziel kann eine eigene Nutzenfunktion haben. Nutzenfunktionen sind nicht unbedingt linear ansteigend, zB Bierkonsum (BILD).
Die Nutzwertanalyse wird in der Praxis häufig bei konstitutiven Entscheidungen angewendet. Beispiele u.a.
- Wahl des Standorts / Standortverlagerung
- Rechtsformwahl
- Unternehmenszusammenschluss
- Lieferantenwahl
- Produktionsprogrammauswahl
- Entscheidung über Investitions- oder Finanzierungsalternativen
Beispielaufgabe!
Entscheidungen bei Risiko
Entscheidung bei Risiko haben mehrwertige Erwartungen bzgl des Eintretens von Ergebniswerten je Ziel unter Angabe von Wahrscheinlichkeiten. Die Summe der Wahrscheinlichkeiten muss 100 Prozent sein. Die Wahrscheinlichkeiten sollten möglichst objektiv sein, da sonst die Enscheidungsqualität fraglich ist.
Bayes-Regel/µ-Regel/Erwartungsregel
- Voraussetzung risikoneutrale Grundhaltung des Entscheidungsträgers
- Es wird der Erwartungswert µ gebildet: µ=Summe(Ai*W(Ai))
- Ein risikoneutraler Entscheider wird sich am höchsten Erwartungswert orientieren
µ-Sigma-Regel
- Entscheidungsregel unter Einbezug der individuellen und subjektiven Risikopräferenz
- Es wird die Berechnung der Standardabweichung Sigma, dh der Streuung um den Erwartungwert, mit einbezogen, Sigma= Sqrt (Summe (Wj*(eij-µi)²))
- Ein risikoscheuer Entscheider wird sich für eine Alternative entscheiden, bei der die Ergebnisse nicht so stark streuen. Den Entscheidungswert erreicht er, in dem er die Standardabweichung Sigma ein- oder mehrmals vorm Erwartungswert abzieht (µ-n*Sigma)
- Ein risikofreudiger Entscheider addiert Sigma ein- oder mehrmals zu µ um zum Entscheidungswert zu gelangen.
Bernoulli-Prinzip
- Ordnet den Werten einer Ergebnismatrix gesonderte Nutzenwerte anhand individueller Nutzenfunktionen zu.
- Die Berechnung der Matrix erfolgt fann nach Bayes oder µ-Sigma-Prinzip)
Zahlenbeispiel:
Umweltzustände mit 2 Alternativen U (A1, A2)
- U1 = (80, 90) mit Wahrscheinlichkeit 0,5
- U2 = (100, 110) mit Wahrscheinlichkeit 0,5
- U3 = (150, 100) mit Wahrscheinlichkeit 0,5
Es wird angenommen, dass die Ergebniswerte der Alternativen den Nutzenwerten des Entscheiders entsprechen.
Sigma (A1) = 26,5, Sigma (A2)=8,7
Bayes- / µ-Regel: A1=100, A2=98
µ-Sigma-Regel: A1=73,5, A2=89,3
Entscheidung bei Ungewissheit
Bei Entscheidungen unter Ungewissheit kennt der Entscheidungsträger zwar seine Ziele und Handlungsalternativen, aber nicht die konkreten Ergebnisse, die bei der Wahl einer Alternative auftreten können.
Maximin-Regel
- es wird die Alternative gewählt, die unter ungünstigsten Bedingungen das beste Ergebnis liefert (Maximierung der Zeilenminima)
- Risikoaverser Entscheider
Maximax-Regel
- Wahl der Alternative, die bei günstigsten Umweltzuständen das beste Ergebnis liefert (Maximierung der Zeilmaxima)
- Risikofreudiger Entscheider
Hurwicz-Regel
- Optimismus-Pessimismus-Regel, Mischform der ersten beiden Regeln
- Optimismus-Parameter Lambda l zwischen 0 und 1
- Hurwicz-Wert=l*Maximax + (1-l)*Maximin
- Die Risikopräferenz kann über l eingestellt werden
Laplace-Regel
- die Umweltzustände werden willkürlich als gleichwahrscheinlich angenommen und der Erwartungwert gebildet
- es ergibt sich eine nicht begründbare risiko-neutrale Einstellung des Entscheidungsträgers ggü den Umweltzuständen
Savage-Niehans -Regel
- die Regel des kleinsten Bedauerns, es soll der maximale Nachteil durch eine falsche Entscheidung minimiert werden
- äußerst pessimistische, risikoscheue Grundeinstellung nach Murphys Law
- Es wird für jeden Umweltzustand der größte Vorteil ermittelt (Spaltenmaxima)
- Erstellung der Nachteilsmatrix nach Savage-Niehans durch Differenzbildung der Ergebniswerte zum Spaltenmaximum
- Berechnung der Minima für jede Alternatie in der Nachteilsmatrix
- Das Minimum der ermittelten Minima wird ausgewählt
- es ist fraglich, ob überhaupt ein Entscheider am Werk ist
Zahlenbeispiel
Alternativen U1 U2 U3
A1 3 2 9
A2 8 0 6
A3 2 5 4
Spaltenmaxima 8 8 9
- Maximin 2 0 2
- Maximax 9 8 5
- Hurwicz (l=0,3, 1-l=0,7) 4,1 2,4 2,9
- Laplace 4,7 4,7 3,7
- Savage-Niehans Minimierung des max. Nachteils 5 5 6
Spieltheoretischer Ausbau des Entscheidungstableaus
Spieltheorie als Weiterentwicklung der Modelle zur Entscheidung unter Sicherheit, Risiko und Ungewissheit. Die Grundfrage ist, wie sich Akteure in Entscheidungssituationen verhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich da Handlungsergebnis nicht nur vom eigenen Verhalten, sondern auch von den Reaktionen der Mitspieler (zB Konkurrenten, Kunden, Lieferanten) abhängt (strategische Interdependenz). Ein Spiel ist eine Abfolge interdependenter Handlungen. Der Entscheider muss bei Abschätzung der Folgen seiner Handlungen vor Festlegung seiner eigenen Entscheidung die fremden Entscheidungen berücksichtigen. Es ist eine simultane Entscheidungssituation, die mit einem Entscheidungsbaum oder einem **Entscheidungsspielbrett **dargestellt werden kann.
Beispiel Gefangenendilemma:
Zielgröße Z(U1,U2)
Z11=(42,46), Z21=(44,26)
Z12=(22,52), Z22=(24,32)
Beide Unternehmen spielen individuell ihre dominante Strategie in der Erwartung ihre individuelle Auszahlung zu maximieren. Gleichzeitig mindern sie aber das Gesamtergebnis und stellen sich damit schlechter als bei koordiniertem Vorgehen.