Grundrechte Flashcards
Welchen Begriff verwendet das B-VG selbst statt “Grundrechte”?
“verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte”
Was sind Grundrechte im objektiven Sinn?
Sind subjektive Rechte, die im Verfassungsrang stehen
Was ist die Definition des VfGH für “verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte”? (Mit diesem Ansatz kommt der VfGH zu Rechten, die mit dem normalen Verständnis von Grundrechten iS der Menschenwürde sehr wenig zu tun haben)
Ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht liegt vor, wenn ein “hinlänglich individualisiertes Parteiinteresse an der Einhaltung einer objektiven Verfassungsnorm besteht”
Also die Norm dem Einzelnen ein Interesse einräumt, dass diese objektive Norm eingehalten wird
Grundrechtskonkurrenz: Wenn ein Berechtigter mehrere Grundrechte für einen SV beansprucht. Was gilt im Verhältnis der EMRK zu innerstaatlichen Regeln?
Art 53 EMRK “Günstigkeitsprinzip”: Günstigere innerstaatliche Regelungen gehen der EMRK vor
Österreich hat viele grundrechtliche StV abgeschlossen, die jedoch nicht im Verfassungsrang stehen und nur unter Erfüllungsvorbehalt. Wie wirken diese Verträge trotzdem auf die Grundrechte der österreichischen Bundesverfassung ein?
Weil sie nach dem Grundsatz der völkerrechtskonformen Interpretation des innerstaatlichen Rechts im Einklang mit diesen Bestimmungen auszulegen sind.
Welche drei Grundrechtsquellen müssen im Anwendungsbereich des Unionsrechts verbindlich angewandt werden?
Art 6 EUV:
Abs 1: GRC
Abs 2: EMRK
Abs 3:Grundrechte, die sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der MS ergeben
Die EU-Grundrechte gelten im Anwendungsbereich des Unionsrechts. Der EuGH deutet dies jedoch sehr weit: inwiefern?
Es genügt ein SV mit Zusammenhang, und ein minimaler Konnex zum Unionsrecht. Gesetze, die durch RL-Umsetzung entstanden sind in jedem Fall.
Wie steht der VfGH zur Anwendung der GRC?
Die Bestimmungen der GRC sind wie - NICHT als (!) - verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte anzuwenden, sofern sie in ihrer Formulierung und Bestimmtheit solchen Rechen der Bundesverfassung gleichen.
Deshalb bildet die GRC ausnahmsweise auch einen Prüfungsmaßstab im Normenprüfungsverfahren: widersprechendes staatliches Recht wird demnach vom VfGH, anders als sonstiges Unionsrecht verletzendes Recht, FORMELL aufgehoben. Ausgenommen sind GRC-Bestimmungen, die eine ganz andere Formulierung und normative Struktur aufweisen, z.b sozialen Grundrechte der Art 27-38
Wie hat sich die Rechtsprechung des VfGH in der Geschichte bezüglich Grundrechte geändert grob?
Zunächst war er extrem restriktiv. Erst durch den EGMR, der ihn durch seine richterliche Rechtsfortbildung an eine veränderte soziale Wirklichkeit, änderte der VfGH seine Rsp in den 1980ern.
Nun gelten Grundrechte nicht mehr als (negative) Schranken, sondern auch als Werte, die den Gesetzgeber zu einer positiven Umsetzung verpflichten (wie das Recht auf selbst bestimmtes Sterben jüngst)
Was kannst du zu Grundrechten in Landesverfassungen sagen?
Strittig aber zu bejahen, wobei der Geltungsbereich auf den selbstständigen Wirkungsbereich des Landes beschränkt ist. Und sie dürfen die Bundesverfassungs-Grundrechte nicht einschränken: Günstigkeitsprinzip.
Nenne mir 3 Grundrechtstheorien, die helfen sollen Grundrechte auszulegen! (Viele davon haben sich historisch entwickelt)
A.) Grundrechte als Staats gerichtete Abwehrrechte
- das ist der ursprüngliche Sinn der Grundrechte
B.) Grundrechte als Prinzipien
- Hier ist man davon abgekommen, Grundreche als Regeln zu betrachten (Gebote/Verbote) sondern viel mehr als Ziele, die einen verhältnismäßigen Eingriff erlauben.
C.) Grundrechtliche Gewährleistungspflichten
- Diese Schutzpflicht die angenommen wird trifft Gesetzgeber und Vollziehung. Auch hier geht man von Positiven tun aus und nicht nur Abwehrrechte.
D.) Institutionelle Garantien
- dieser Gedanke überschneidet sich mit der positiven Schutzpflicht. Hier sollen bestimmte Institutionen durch bestimmte Grundrechte garantiert sein.
E.) Soziale und demokratische Grundrechte
- Diese Theorie möchte Grundrechte weniger individuell auslegen. Es geht um demokratische Grundrechte, die eine Zivilgesellschaft garantieren soll und soziale die staatliche Leistungen garantieren sollen
Erkläre kurz die Grundrechtstheorie: “Grundrechte als Prinzipien”
Hier ist man davon abgekommen, Grundreche als Regeln zu betrachten (Gebote/Verbote) sondern viel mehr als Ziele, die einen verhältnismäßigen Eingriff erlauben. Genauer strukturiert wird dieses Abwägungsgebot durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Erkläre kurz die Grundrechtstheorie: “Grundrechte als Staats gerichtete Abwehrrechte”
bzw. wann die galt
das ist der ursprüngliche Sinn der Grundrechte.
Erkläre kurz die Grundrechtstheorie: “Grundrechtliche Gewährleistungspflichten”!
Diese Schutzpflicht die angenommen wird trifft Gesetzgeber und Vollziehung. Auch hier geht man von Positiven tun aus und nicht nur Abwehrrechte.
Der VfGH wendet dies auch unsystematisch an. Zum Beispiel folgt der VfGH dem EGMR zur Versammlungsfreiheit gem Art 11 EMRK: hier beschränkt sich diese nicht auf die Pflicht der Nichteinmischung, sondern verlange auch uU positive Maßnahmen”
Inwiefern kann man sagen das die EMRK ganz allgemein von der Grundrechtstheorie: “Grundrechtliche Gewährleistungspflichten” ausgeht?
Weil Art 1 EMRK die Verpflichtung anspricht, dass ein Vertragsstaat die niedergelegten Rechte und Freiheiten zu gewährleisten hat.
Was ist aus Sicht des VfGH das Problem, wenn man den Schutzpflicht-Charakter von Grundrechten annimmt?
Die Durchsetzbarkeit, da der VfGH nur bestehende aufheben kann, aber nicht fehlende Gesetze erzwingen.
(Für den EGMR ist gem seinem Schutzpflichtkonzept auch eine Unterlassung des Gesetzgebers justiziabel)
Was sind klassische Grundrechte nur für Staatsbürger?
Aufenthalts- und Liegenschaftsfreiheit, sowie politische Grundrechte
Was bedeutet der Begriff der “Grundrechtssubjektivität”?
Dass Grundrechte zwar prinzipiell jedem Staatsbürger zukommen, aber aufgrund von Beschränkungen der Handlungsfähigkeit (z.B von Kindern) kann dies zu unterschiedlicher Wirkung der Grundrechte führen.
Grds. gelten für alle Gleich, jedoch darf durch Gesetze in die Grundrechte eingegriffen werden (z.b bei Kindern)
Sind juristische Personen fähig zur Tragung von Grundrechten?
Laut EGMR und VfGH: ja.
Solange die Grundrechte dem Wesen nach fähig dazu sind: z.b nicht Freiheit der Berufswahl.
Obwohl der VfGH die Grundrechtsfähigkeit von Gebietskörperschaften als zulässig erachtet, sieht das die Lehre als falsch an. Warum?
Weil es sinnwidrig ist, den Staat der sich in den Gebietskörperschaften verkörpert, durch Grundrechte gegen Eingriffe staatlicher Organe zu schützen.
Deshalb sollten auch nicht Äußerungen der BReg zu einer Volksabstimmung als “Ausübung von Meinungsfreiheit” gesehen werden.
Was ist ein “Eingriff”, wenn man von Grundrechtseingriff spricht?
Jeder staatliche Akt - Gesetz, VO, Verwaltungsakt oder Gerichtsentscheidung. Wenn man von einer Schutzpflicht ausgeht, dann auch das Unterlassen
Ist jeder Eingriff in die Grundrechte eine Verletzung der selbigen?
Nein. Es kommt vielmehr drauf an ob die Kriterien der jeweiligen Grundrechtsformel erfüllt sind
Die Bindungswirkung der Grundrechte des einfachen Gesetzgebers wird abgeschwächt. Nämlich dadurch dass viele Grundrechte unter einem Gesetzesvorbehalt stehen. Was heißt das?
Gesetzesvorbehalte sind Ermächtigungen des einfachen Gesetzgebers, Grundrechte näher auszugestalten als auch zu beschränken. (Recht auf Vereinsrecht muss erst die Institution des Vereins geschaffen werden; Recht auf Ehe: das Institut der Ehe)
Die ältere Lehre unterschied zwischen “Eingriffsvorbehalten” und “Ausgestaltungsvorbehalten”. Erkläre beide und warum sie heute als überholt erscheinen.
Eingriffsvorbehalt: ermächtigen den Gesetzgeber zur Einschränkung eines Grundrechts, das zuvor rechtlich bereits festgeschrieben wurde.
Ausgestaltungsvorbehalt: wird als Auftrag an den Gesetzgeber verstanden, das Grundrecht überhaupt erst zu gestalten. (als klassisches Beispiel galt Art 12 StGG “Versammlungsrecht wird durch besondere Gesetze geregelt”
Überholt: Diese Typisierung ist relativ. Auch die Ausgestaltung eines Grundrechts impliziert (aufgrund der Auswahlmöglichkeit von vielen Alternativen) eine Einschränkung. Umgekehrt sind Eingriffsvorbehalte mit einer Ausgestaltung zu verbinden
Was sind die “Schranken-Schranken” im Zusammenhang mit Grundrechtsbindung?
Nach hA ist der Gesetzgeber, der Grundrechte beschränken darf, durch dieselben Grundrechte Schranken gesetzt.
Was ist die “Wesengehaltstheorie”?
Gesetzliche Beschränkungen eines Grundrechts, dürfen nicht gegen das “Wesen” eines Grundrechts verstoßen, was dann der Fall wäre, wenn sie in ihrer Wirkung der Aufhebung des Grundrechts gleichkämen.
“Schranken-Schranken”: Der Gesetzgeber, der Grundrechte beschränken darf, ist durch dieselben Grundrechte Schranken gesetzt.
Was sind formelle Gesetzesvorbehalte und durch was werden sie eingeschränkt in ihrer Gesetzesvorbehaltsmacht?
Manche Grundrechte des StGG stehen unter einem - dem Wortlaut nach - unbeschränkten Gesetzesvorbehalt. Nach der neueren Lehre/Rsp ist dies durch die Wesengehaltstheorie eingeschränkt
In welchem Gesetz stehen Grundrechte unter einem Formellen Gesetzesvorbehalt?
StGG
In welchem Gesetz stehen Grundrechte unter einem materiellen Gesetzesvorbehalt? Und was bedeutet das?
EMRK
Diese materiellen Gesetzesvorbehalte gelten nach ihrem Wortlaut schon nicht unbegrenzt (im Unterschied zu formellen siehe StGG) und erlauben einen Eingriff nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Es werden in der EMRK Güter aufgezählt, für deren Erhaltung ein Eingriff gerechtfertigt ist: nationale Sicherheit etc… Aber auch nur dann wenn er verhältnismäßig ist und für eine demokratische Gesellschaft notwendig.
Wie ist der Prüfungsvorgang des EGMR strukturiert anhand er materielle Gesetzesvorbehalte prüft? Also Einschränkungen von Grundrechten
Geprüft wird zunächst das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage (wobei Gesetz nicht formell sein muss, jedoch eine Rechtsgrundlage die für Betroffene zugänglich ist und nicht Willkür zulässt).
Dann werden die Schutzziele geprüft. Und dann wird geprüft ob der Eingriff in eine demokratische Gesellschaft (übliche Maß an individueller Freiheit) notwendig (hier ist Ermessensspielraum gewährt, aber oft wird dringendes gesellschaftliches Bedürfnis genannt) ist.
Der VfGH entwickelte unter den Ansätzen der Gesetzesvorbehalte, Schranken-Schranken etc… den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der als allgemeine Schranke jeder Grundrechtsbeschränkung dient.
Erkläre die 4 Prüfungsschritte!
Es ist zunächst zu fragen, ob das von der Regelung verfolgte Ziel im öffentlichen Interesse liegt, und sodann die Regelung nach den Kriterien der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit zu prüfen:
1.) Liegt das Ziel der Regelung im öffentlichen Interesse? (Hier hat natürlich der einfache Gesetzgeber riesen politischen Spielraum, außer sie sprechen halt ganz klar gegen öffentliche Interessen)
2.) Ist die Regelung zur Erreichung des (im öffentlichen Interesse liegenden) Zieles geeignet?
3.) Ist die Regelung erforderlich in dem Sinn, dass sie ein möglichst schonendes (gelindes) Mittel zur Erreichung dieses Zieles bildet? Ist sie also jenes Mittel, das die Grundrechtsposition so wenig wie möglich einschränkt? (dabei sind auch Alternativen für den Gesetzgeber in Betracht zu ziehen)
4.) Besteht zwischen dem öffentlichen Interesse und der durch den Eingriff verkürzten Grundrechtsposition eine angemessene Relation (Adäquanz)? Insofern ist eine Güterabwägung vorzunehmen.
Was für eine Rolle spielt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im EU-Recht?
Laut EuGH ist er ein allgemeiner, nicht auf den Schutzbereich von Grundrechten beschränkter Grundsatz des Unionsrechts und genießt damit Über-Verfassungsrang.
Es gibt Grundrechte mit formellen und Grundrechte mit materiellen Gesetzesvorbehalt. Gibt es sonst noch welche?
Ja, welche OHNE Gesetzesvorbehalt (wobei das so nicht ganz stimmt, außer Folterverbot und Sklavereiverbot)
Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt: gelten diese dann unbeschränkt?
Nein. (außer Folterverbot und Sklavereiverbot)
Die Judikatur nimmt immanente Gewährleistungsschranken an, die den einfachen Gesetzgeber zur Beschränkung des Grundrechts ermächtigen.
Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt: Die neuere Rechtsprechung unterscheidet zwischen “intentionalen Beschränkungen” und “allgemeinen Gesetzen” Erkläre beides!
“intentionale Beschränkungen”: Regelungen, die direkt und mit Intention (intentional) auf die Beschränkung eines Grundrechts abzielen (z.b Verbot entarteter Kunst) sind durch ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht ausnahmslos untersagt.
“Allgemeine Gesetze”: Sind dazu im Gegensatz gülitg, solange sie eben nicht intentional gegen das Grundrecht sind und der Kriterien der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Was sind sog “Verfahrensgrundrechte”? Erkläre sie und nenne Beispiele!
Sie sind nicht allgemein auf einen Lebensbereich gerichtet wie Kunstfreiheit, sondern direkt auf staatliches Handeln bezogen und dieses auch gleich verfahrensrechtlich regeln. Z.B: Recht auf gesetzlichen Richter, Recht auf persönliche Freiheit, Recht auf Unterlassung ungesetzlicher Hausdurchsuchungen.
Durch diese unübliche Genauigkeit hat der Gesetzgeber geringeren Gestaltungsspielraum.
Nenne die jeweiligen Schranken des einfachen Gesetzgebers:
A.) Bei Grundrechten unter formellem Gesetzesvorbehalt!
B.) Bei Grundrechten unter materiellem Gesetzesvorbehalt!
C.) Bei Grundrechten ohne Gesetzesvorbehalt!
D.) Verfahrensgrundrechte!
E.) Sonderstellung des Gleichheitssatzes!
A.) Ein Eingriff ist durch jedes denkbare öffentliche Interesse rechtfertigbar: es gilt jedoch das Verhältnismäßigkeitsprinzip.
B.) Hier gilt ebenfalls das Verhältnismäßigkeitsprinzip; jedoch kann ein Eingriff nur mit den im Vorbehalt genannten Zielsetzungen legitimiert werden. Jedoch interpretiert der EGMR dies Zielsetzungen sehr groß, deshalb ist der Unterschied zu formellen Gesetzesvorbehalten sehr gering
C.) Verboten sind intentionale Beschränkungen; darüber hinaus gilt ein Gebot der Güterabwägung (was quasi ein Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist)
D.) Hier beschränkt auf Ausführung ohne großem Spielraum und gleichzeitig zu detaillierten Vollziehungshandeln verpflichtet
E.) Er enthält ein Verbot für die Gesetzgebung unsachlich zu Differenzieren und darüber hinaus ein allgemeines Gebot zur Sachlichkeit.
Bei Grundrechten unter Gesetzesvorbehalt: Welches Gericht im öffentlichen Recht prüft erstinstanzlich Verletzungen solcher Grundrechte? Und warum?
Die VwG, weil sie nicht direkt sich auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht beziehen, sondern auf das einfache Gesetz, das dieses ausführt. (Weil z.B ein Enteignungsbescheid nicht direkt sich auf Art 5 StGG stützt sondern auf eine spezielle Ermächtigung. Selbst wenn die Enteignung ohne spezielle Ermächtigung erfolgt, wird damit jenes Gesetz verletzt, das zu einer Enteignung ermächtigen müsste und eben jene Enteignung nicht vorsieht.
(deren Entscheidungen unterliegen der Grundrechtsprüfungskompetenz des VfGH gem Art 144 B-VG)
Die Erkenntnisse und Beschlüsse des VwG unterliegen einer geteilten Kontrolle: VwGH für einfachgesetzlich Verletzungen und der VfGH für Verletzungen der Grundrechte. Wie hat diese Kontrolle zeitlich nacheinander abzulaufen?
Gem Art 144 Abs 3 hat die Prüfung des VfGHs VOR der des VwGH stattzufinden. Falls der nicht findet dass ein Grundrecht verletzt wurde hat er auf Antrag des Beschwerdeführers dem VwGH abzutreten
Der VfGH eine Formel entwickelt, die auch für Entscheidungen der VwG gültig ist (wenn diese ergangen sind aufgrund von verfassungswidrigen Gesetzen). Erkläre die Formel, mit der man herausfinden kann, ab wann ein Grundrecht unter Gesetzesvorbehalt verletzt wird! (Die Formel besteht aus drei Elementen, wobei jedes für sich die Grundrechtsverletzung darstellt)
- Element: Falls der Bescheid (auch EU-) Rechtsgrundlagenlos (gesetzlos) ergangen ist
- Element: eine (auch EU-)Rechtsgrundlage (oder Gesetz) denkunmöglich angewendet wurde
3.Element: oder wenn sich der Bescheid auf ein verfassungswidriges Gesetz (gesetzeswidrige VO) stützt
Inwiefern führt eine gravierende Rechtsverletzung durch den VwG zu einer Verdoppelung des Rechtschutzes?
Da gem Art 144 der VfGH sich in den meisten Fällen auf eine “Grobprüfung” der E des VwG beschränkt (Dies ist nicht immer so!!! Es gibt auch laut ihm sog. “Feinprüfungsgrundrechte, wo er die Feinprüfung selbst vornimmt). Die Frage, ob diese E den einschlägigen gesetzlichen Regelungen in allen Einzelheiten unterliegt (“Feinprüfung”) verbleibt dem VwGH.
Wie hat früher der Verfassungsgerichtshof dem Einzelnen den Weg zur Normenkontrolle geöffnet?
Durch das 3. Element der klassischen Grundrechtsformel: “Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes” durch z.b eine Behörde. Falls man z.B eine Geldstrafe erhielt, konnte man sagen dass die Entscheidung “gesetzlos” ist weil das zugrundeliegende Gesetz verfassungswidrig ist.
Die neuere Judikatur betrachtet was, als neuen Unterfall der “denkunmöglichen Gesetzesanwendung” nach dem 2. Element der Grundrechtsformel? Betreffend einer Entscheidung eines VwG bei Grundrechten Unter Gesetzesvorbehalt?
Falls das VwG dem Gesetz fälschlich einen verfassungswidrigen, insbesondere dem berührten Grundrecht widersprechenden Inhalt unterstellt.
MaW: diese Formelvariante verlangt, dass das angewendete Gesetz grundrechtskonform interpretiert wird.
Zum Beispiel: Das Gesetz räumt der Verwaltung einen Spielraum ein, Grundrechtliche Interessen zu beachten. Bei Rückkehrentscheidungen im Fremdenrecht kann dann eine verfassungswidrige Interessenabwägung des VwG passiert sein.
Auch eine Denkunmöglichkeit in diesem Sinne liegt bei GROBEN VERFAHRENSFEHLERN vor (wenn in einem Entscheidungsrelevanten Punkt jede Ermittlungsarbeit unterlassen wird), da dem Gesetz ein das Grundrecht einschränkender verfassungswidriger Inhalt unterstellt wird.
Was ist das besondere an der Prüfung der Verfassungswidrigkeit anhand von Verfahrensgrundrechten?
Da hier ein geringer Handlungsspielraum verbleibt, ist die Unterscheidung zwischen einer (einfachen) Gesetzeswidrigkeit und einer qualifizierten Rechtswidrigkeit (im Sinne von “Denkunmöglichkeit”), die allein das Grundrecht selbst verletzen würde, kaum sinnvoll. (Z.B Recht auf den gesetzlichen Richter: der ist dann eben zuständig oder eben nicht)
Deshalb tendiert VfGH zu einer Feinprüfung bei Verfahrensgrundrechten, das zu einer Überschneidung mit der Zuständigkeit des VwGH führt.
Der VwGH kommt dann nur zum Einsatz wenn der VfGH einen bestimmten Bereich aus seiner Zuständigkeit ausklammert, also dass eine bestimmte Rechtswidrigkeit noch nicht als “in die Verfassungssphäre reichend versteht.
Aus was wird der Kontrahierungszwang von Gebietskörperschaften abgeleitet, die Leistungen anbieten und zwar nicht nur lebensnotwenige?
Aus dem Gleichheitssatz
Wieso darf sich eine Behörde nicht auf die in “Selbstbindungsgesetzen” übliche Bestimmung berufen, dass kein Rechtsanspruch auf eine durch Gesetz geregelte staatliche Leistung/Förderung/Auftrag bestehe?
Weil dies laut OGH “nicht mehr ist, als das nach hA gebotene “Feigenblatt” um eine Entblößung des jeweiligen Selbstbindungsgesetzes, als Verletzung der Kompetenzartikel des B-VG, zu vermeiden”
Ein Anspruch auf Leistung ergibt sich aus dem Gleichheitsgrundsatz. (weil nicht einem etwas verwehrt werden darf, was anderen unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wird
(Ein Anspruch auf gleich Behandlung bei Vergabe öffentlicher Aufträge ebenfalls.)
Zu was führt der Gleichheitsgrundsatz laut OGH bei Vergabe öffentlicher Aufträge?
Hier verlangt der Gleichheitsgrundsatz, dass die Bewerber gleich zu behandeln sind. Falls nicht der Bestbieter genommen wird, hat dieser Anspruch auf den entgangenen Gewinn aufgrund culpa in contrehendo.
Welche Bedeutung hat die Unterscheidung von Hoheitsverwaltung und Privatwirtschaftsverwaltung aus der Sicht der EMRK?
keine maßgebliche
Warum kann man dem Trugschluss unterliegen, dass ordentliche Gerichte nicht an die Grundrechte gebunden sind?
Weil der VfGH nicht die Kompetenz hat ordentliche Gerichtsentscheidungen darauf zu überprüfen ob Grundrechte verletzen.
Der OGH versteht sich daher als oberste Instanz des Grundrechtsschutzes ggü Akten der ordentlichen Gerichtsbarkeit
Ist eine Horizontalwirkung der Grundrechte als unmittelbare Drittwirkung möglich?
Nein nur wenn dies extra im Verfassungsgesetz erwähnt wird, wie z.B im DSG!
Inwiefern können oder müssen die Organe der Vollziehung (auch Gerichte) die Grundrechte zwischen Privaten zur Wirkung zu verhelfen?
Durch Grundrechtskonforme Auslegung. Hierbei helfen die Generalklauseln des Privatrechts: § 879 Sittenwidrigkeit oder § 16 Würde jedes Menschen
(Aus z.b Art 8 EMRK iVm § 16 ABGB hat OGH ein Persönlichkeitsrecht auf Achtung des Privatbereichs abgeleitet und somit Videokameras auf Nachbargrundstück verboten)
Wie kann ein Verwaltungsrechtlicher Fall vor den VfGH kommen wegen Verletzung der Grundrechte?
Zunächst werden erstinstanzliche Bescheide und Befehls- Zwangsgewalt Maßnahmen vor dem zuständigen VwG gem Art 130 bekämpft. Erst die Entscheidung desselbigen kommt dann bei Verletzung eines Grundrechts vor den VfGH gem Art 144
Recht auf Leben: Nenne alle drei Rechtsgrundlagen dazu!
Art 2 EMRK, 13. ZP-EMRK, Art 85 B-VG
Was umfasst grob alles Art 2 EMRK “Recht auf Leben”?
Es umfasst neben dem Verbot nicht aktiv in das Leben einzugreifen, auch die Pflicht das Leben sicherzustellen mit Schutzmaßnahmen wenn Menschen in Gefahr sind.
Nenne mir ein praktisches Beispiele, die der EGMR aus Art 2 EMRK “Recht auf Leben” abgeleitet hat!
A.) Staat hat für das Leben von suizidgefährdeten Menschen in Krankenanstalten zu sorgen
B.)Verpflichtet Staat zu Maßnahmen gegen häusliche Gewalt
C.) Positive Schutzpflichten des Staates bei Naturkatastrophen
Enthält Art 2 EMRK: “Recht auf Leben” auch ein Recht auf Sterben?
Nein, dies hat der VfGH ua aus dem Gleichheitssatz Art 7 Abs 1 B-VG abgeleitet.
Da laut ihm “Recht auf freie Selbstbestimmung” auch ein “Recht auf ein menschenwürdiges Sterben” umfasst.
Wie hat der VfGH das “Recht auf menschenwürdiges Sterben” woraus abgeleitet?
dies hat der VfGH ua aus dem Gleichheitssatz Art 7 Abs 1 B-VG abgeleitet.
Da laut ihm “Recht auf freie Selbstbestimmung” auch ein “Recht auf ein menschenwürdiges Sterben” umfasst.
(Aus mehreren grundrechtlichen Gewährleistungen, insbesondere aus dem Recht auf Privatleben, dem Recht auf Leben und dem Gleichheitsgrundsatz, ist das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Einzelnen auf freie Selbstbestimmung ableitbar.)
Welche Handlungen nimmt Art 2 “Recht auf Leben” EMRK von sich aus aus dem Schutzbereich?
Notwehr,
Unterdrückung von Aufständen
Verhinderung der Flucht einer festgenommenen Person
Ist Art 2 Abs 2 EMRK “Recht auf Leben” als Gesetzesvorbehalt ausgestaltet?
Nein. Es braucht dafür keine Gesetze. Es ist eine Beschränkung des Schutzbereiches. (Natürlich braucht es doch welche wenn es sich um staatliche Handlungen handelt, aber dies ergibt sich aus Art 18 B-VG)
Ist doch die Todesstrafe erlaubt? In Art 2 EMRK wird dies ja explizit vom Verbot ausgenommen!
Nein, weil wir einerseits durch Art 85 B-VG dies verboten haben und 13. ZP-EMRK verbietet dies auch.
Inwiefern kann Art 2 EMRK oder Art 3 die Gerichte verpflichten Beschuldigte nicht dem rechtmäßigen Land auszuliefern?
Wenn ihnen dort die Todesstrafe droht oder Folter
Was ist der Schutzbereich des Art 3 EMRK “Verbot der Folter”?
Primär Schutz vor staatlichen Organen, aber auch positive Pflicht an den Staat Misshandlungen durch Private oder Staat zu verhindern
Darf Folter angedroht werden?
Nein, Art 3 EMRK nicht nur Folter verbietet sondern auch unmenschliche Behandlung.
Hängt das Verbot von Folter oder unmenschlichen Behandlungen vom Einzelfall ab?
Bei Folter: nein. Immer verboten
Bei unmenschlicher Behandlung: Grds auch nein. Aber in manchen Situationen wird das staatliche Verhalten einfach nicht als “unmenschlich” eingestuft und ist deshalb aus praktischen gründen legal. Wie zum Beispiel: Unnötige Handschellen sind unmenschlich und damit verboten. Falls Handschellen zweckmäßig sind ist es nicht unmenschlich.
Welcher abstrakte Tatbestand wird vor dem VwG landen, wenn es sich um Art 3 EMRK handel?
Bei unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt
Wann verletzt ein Erkenntnis des VwG den Art 3 EMRK?
A.) Falls es rechtswidriges Vollziehungshandeln einer Behörde nicht wahrnimmt
B.) Oder sich auf Auslegungen eines Gesetzes beruft, die dem Art 3 widersprechen
C.) Wenn VwG grobe Verfahrensfehler unterlaufen
Rechtsquellen für das Verbot von Sklaverei?
Art 4 EMRK und Art 7 StGG (wobei diese sich auf Beseitigung der Grundherrschaft bezieht und nur historische Bedeutung hat)
Ergibt sich auch eine positive Pflicht aus Art 4 EMRK?
Ja, Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen
Nenne die Rechtsgrundlagen des Gleichheitssatzes!
Art 7 B-VG, Art 14 EMRK, Art 20 GRC und Art 21 GRC
Art 7 B-VG: wer ist alles Grundrechtsträger?
Alle Staatsbürger/Unionsbürger und juristische Personen (soweit für sie Gleichheit in Betracht kommt)
Das Verbot von Diskriminierung von Behinderten gilt für alle.
Warum ist Art 14 EMRK ein “akzessorisches Diskriminierungsverbot”?
Erstmal muss der Sachverhalt in den Schutzbereich der Konvention fallen. Es setzt keine Verletzung der Konvention voraus! Also ist es auch verboten einer Gruppe mehr Rechte einzuräumen als der anderen, obwohl diese zusätzlichen Rechte gar nicht von der EMRK verlangt sind.
Z.B: Art 8 gibt kein Recht auf Adoption. Wenn aber verheirateten Paaren dieses Recht gewährt wird, und Unverheirateten nicht, liegt ein Verstoß gegen Art 14 vor.
Ist eine Ungleichbehandlung, die gegen Art 14 grds verstößt, zu rechtfertigen?
Ja, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgt und Verhältnismäßig ist. Also braucht es eine Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Welches Gesetz schützt Fremde vor unsachlicher Unterscheidungen? Und vor Willkür?
Das BVG betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung
Wo sind die Grenzen des Diskriminierungsverbots der GRC?
Bei der “Inländerdiskriminierung”, denn das Diskriminierungsverbot ist auf den Anwendungsbereich des Unionsrechts beschränkt.
Aus unionsrechtlicher Sicht ist es zulässig inlandsbezogene Sachverhalte und Grenzüberschreitende Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln.
Ist eine Schlechterstellung von österreichischen Staatsbürgern ggü Unionsbürgern aus europarechtlicher Sich zulässig?
Ja, bei innerstaatlichen Sachverhalten schon. ( Jedoch im Regelfall verstößt dies gegen innerstaatlichen Gleichheitssatz)
Welches Grundrecht wird am häufigsten genutzt vom VfGH um Gesetze aufzuheben?
Der Gleicheitssatz
Darf der Gleichheitssatz durch Bundesverfassungsgesetz geändert werden?
Laut VfGH nur durch eine Volksabstimmung gem Art 44 Abs 3, weil er so ein wesentlicher Bestandteil des demokratischen Grundprinzips ist
Was verbietet der Gleichheitssatz?
Unsachliche Differenzierung. Heißt es darf schon unterschiedlich behandelt werden, wenn dies auf sachlicher Begründung basiert.
Um welche Frage geht es bei der “Gleichheitsprüfung”?
Ist eine rechtliche Differenzierung, die sich auf tatsächliche Unterschiede abstellt, sachlich gerechtfertigt?
Welcher Zeitpunkt ist bei der Gleichheitsprüfung anzuwenden?
NICHT der Zeitpunkt der Erlassung. Sondern Zeitpunkt der Prüfung.
So kann das G im Erlassungszeitpunkt sachlich gerechtfertigt sein.
Erkläre die Struktur der “Gleichheitsprüfung” des VfGH, der prüft ob ein Gesetz gleichheitswidrig ist!
Es müssen zwei Sachverhalte mit zwei unterschiedlichen Rechtsfolgen (Normen) angeschaut werden, die miteinander vergleichbar sind. Je “näher” ein Sachverhalt dem zu prüfenden
Fall steht, dh je ähnlicher er ihm ist, desto eher
werden für gewöhnlich Zweifel auftreten, ob eine
Ungleichbehandlung sich sachlich rechtfertigen
läßt. Überwiegen die Gemeinsamkeiten zwischen
zwei Sachverhalten schließlich so sehr, daß die
verbleibenden Unterschiede die rechtliche Ungleichbehandlung nicht ohne weiteres zu rechtfertigen scheinen, so ist durch eine eingehendere Prüfung Klarheit zu schaffen.
Dann muss geschaut werden ob die tatsächlichen Unterschiede überhaupt gesetzliche Differenzierungen zulassen. Diese tatsächlichen Unterschiede müssen “wesentlich” sein laut VfGH. Das Ergebnis ist immer ein Werturteil.
(Der VfGH betont immer dass der Gesetzgeber einen legitimen politischen Gestaltungsspielraum hätte, aber zögert heute nicht bewusst politische Entscheidungen als unsachlich zu qualifizieren)
Was ist den Gleichheitssatz betreffend das “Gebot differenzierender Regelungen” und nenne ein beispiel (Gastgewerbe)!
Der Gleichheitssatz verbietet nicht nur, Gleiches ungleich zu behandeln, sondern verbietet es auch Ungleiches unsachlicherweise GLEICH zu behandeln.:
- z.b: Widerspricht es dem Gleichheitssatz, wenn barbetriebe, die unterschiedlich sind im vergleich mit Gastgewerbebetrieben, trotzdem zur gleichen Zeit zusperren müssen
Aus was ist das “Sachlichkeitsgebot” des VfGH abgeleitet und zu was nutzt er ihn?
Auch vom Art 7 B-VG (Gleichheitssatz), dies hat jedoch nichts mehr damit zu tun.
Als unsachlich gelten unverhältnismäßige Regelungen, die damit den Gleichheitssatz verletzen sollen:
- z.B: Dass Dritte nicht vom zuständigen Richter Akteneinsicht erlangen konnten sondern vom Vorstehe des Gerichts.
- z.B Regelung, die dem Rechtschutzsuchenden die Anrufung einer Behörde unnötig erschwert
Gleichheitsgebot: Laut VfGH in welchen Fällen Härtefälle zulässig und was heißt das überhaupt?
Falls durch Durchschnittsbetrachtung auf den Regelfall abgestellt wird, kann es natürlich passieren das Härtefälle entstehen, die nicht gleich gleichheitswidrig sein müssen, wenn diese Härtefälle bloß ausnahmsweise auftreten und nicht von vornherein abstrakt leicht feststellbar wäre.
So können aber fehlende Ausnahmemöglichkeiten zur Gleichheitswidrigkeit führen, wenn berücksichtigungswürdige Einzelfälle vorliegen.
Wie viel Spielraum hat der Gesetzgeber, bzgl Gleichheitssatz, wenn ein Rechtsinstitut geschaffen wird: Rechtsanwalt und ein anderes Notar? Also inwiefern muss hier gleichartig vorgegangen werden?
Es ist jedes Rechtsinstitut FÜR SICH am Gleichheitssatz zu messen.
Der Gleichheitssatz gilt ja seit Anbeginn unserer Republik. Wie konnte es unterschiedliche Gesetze zu Mann und Frau überhaupt geben?
Da laut der Rsp. gesetzliche Differenzierungen zulässig sind, sofern sie sachlich gerechtfertigt sind.
Wie ist Art 7 Abs 2 B-VG (Gleichstellung Mann und Frau) rechtlich zu beurteilen? Ist es ein subjektives Recht?
Nein, es ist eine Staatszielbestimmung. Dadurch kann eine rechtliche Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, wenn sie eine nachgewiesene strukturelle Ungleichheit ausgleichen soll (Quotenregeln z.B)
Nenne zwei Bestimmungen im verfassungsrang, die die Gleichstellung der Frau begünstigen soll?
A.) Art 7 Abs 2: Staatszielbestimmung
B.) Art 5 vom 7. ZP-EMRK
C.) Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau
D.) Art 7 Abs 3: Amtsbezeichnungen dürfen auf das Geschlecht hinweisen
Was alles leitet der VfGH aus Art 7 “Gleichheitssatz” ab? Nenne 5 Grundsätze, die er nutzt um Verfassungswidrigkeiten in der Gesetzgebung zu erklären!
1.) Verbot unsachlicher Differenzierung (Gleiches muss gleich)
2.) Gebot der differenzierenden Regelung (Ungleiches ungleich)
3.) Sachlichkeitsgebot (unverhältnismäßiges verboten)
4.) Ausnahmen für besondere Einzelfälle uU geboten
5.) Vertrauensschutz
6.) Invalidation durch Zeitablauf
Art 7 “Gleichheitssatz”: Vertrauensschutz: welche drei Fragebereiche sind darunter zu subsumieren, die alle zur Verfassungswidrigkeit führen können?
1.) Rückwirkend belastende Normen: besonders im Steuerrecht. Dies ist nicht grds unzulässig aber abhängig von der Intensität des Eingriffs und die besonderen Umstände
2.) Auch in die Zukunft wirkende Beschränkungen “wohlerworbener Recht” (z.B Pensionen), wenn es sich um schwerwiegende und plötzliche Eingriffe handelt. uU länger laufende Übergangsregeln (“Einschleifregeln”) zulässig
3.) gewissen Vertrauensschutz genießen auch “faktisch getroffene Dispositionen” von Privatpersonen, die diese im Vertrauen auf den Bestand bestimmter Rechtsnormen getroffen haben. Gesetzgeber muss also darauf acht geben und insbes Übergangsregelungen treffen
Art 7 “Gleichheitssatz”: Invalidation durch Zeitablauf: was ist damit gemeint?
Dass Gesetze nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung, sondern jederzeit sachgerecht sein müssen. Maßstab für Sachbezogenheit kann sich im Lauf der Zeit ändern
(Deshalb darf auch der VfGH das selbe Gesetz auf den Gleichheitssatz hin noch einmal prüfen wenn eine Zeit vergangen ist)
Art 7 Gleichheitssatz und Vollziehung: “Generelle Verwaltungsakte” wann sind diese gleichheitswidrig und was sind diese? (drei grobe Gründe)
Eine Verordnung wenn sie
- a.) auf einem gleichheitswidrigen Gesetz beruht oder
- b.) wenn sie Differenzierungen schafft, die sachlich nicht gerechtfertigt sind (wie Covid VO: Baumärkte dürfen öffnen andere Handelsbetriebe nicht)
- c.) oder wenn sie schlicht unsachlich ist
Art 7 Gleichheitssatz und Vollziehung: “Individuelle Verwaltungsakte” wann sind diese gleichheitswidrig? (zwei grobe Gründe)
a.) Wenn sie gegen das Willkürverbot verstoßen
b.) Wenn sie nicht Verhältnismäßig sind
Art 7 Gleichheitssatz und Vollziehung: “Individuelle Verwaltungsakte”:
Wann liegt laut VfGH Verletzung des Gleichheitssatzes? 3 mögliche Gründe
Ein individueller Akt der Vollziehung wenn:
- a.) sie sich auf ein gleichheitswidriges Gesetz stützt
- b.) oder die Behörde dem anzuwendenden Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt
- c.) oder wenn sie Willkür geübt hat
Individuelle Verwaltungsakte: diese können wegen subjektiver Willkür und wegen objektiver Willkür aufgehoben werden. Was ist damit gemeint?
A.) Subjektiv: Falls ein absichtliches Zufügen von Unrecht vorliegt
B.) Objektiv: Falls Vollzugsakt durch ein gröbliches Verkennen der Rechtslage mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht
Was kann alles Willkür (bei individuellen Akten der Vollziehung) sein?
(Nenne 3 Beispiele)
A.) denkunmögliche Gesetzesanwendung
B.) gravierende Verletzung von Verfahrensvorschriften
C.) Verletzung von “Treu und Glauben”: heißt wenn die Behörde eine Eingabe als mangelhaft ablehnt, obwohl sie selbst diese bestimmte Form vorgesehen hat
D.) Falls sie bei zwei gegenläufigen Grundrechten keine Abwägung machte und keinen Ausgleich der Interessen schuf
Gleichheitssatz-Individuelle Vollzugsakte: Was kann ich tun, falls eine Behörde bei mir streng ist und mein Bauwerk entfernt, aber in vergleichbaren Fällen untätig bleibt?
Nichts. Es gibt kein Recht auf ein gleiches behördliches Fehlverhalten
Es gibt keinen Rechtsschutz dafür, dass eine Behörde nur in einzelnen Fällen rechtskonform zu lasten der Betroffenen vorgeht. Das Bauwerk war ja immerhin verboten.
Was hat der VwGH für einen Grundsatz aus dem Gleichheitssatz abgeleitet? Und wer ist dadurch gebunden?
Den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die gesamte Verwaltung ist gebunden: je intensiver ein Verwaltungsakt in die Rechtssphäre eingreift, desto höhere Anforderungen sind an seine sachliche Rechtfertigung zu stellen
Gilt auch der Gleichheitssatz in der Privatwirtschaftsverwaltung?
Ja: es nach hA gilt die Fiskalgeltung des Gleichheitssatzes
Hat der Gleichheitssatz Drittwirkung?
Das würde bedeuten, dass er auch zwischen Privaten gilt. Dies ist aufgrund der Privatautonmie nicht der Fall. Jedoch kann durch Gesetz sehr wohl eine Gleichbehandlung/Diskriminierungsverbot angeordnet werden
Inwiefern spielt der Gleichheitssatz im Bundesstaatlichen Prinzip eine Rolle?
Die Gleichheit der Länder beschränkt sich auf ihre Stellung als Träger von Privatrechten Den Ländern steht ein Recht auf Gleichbehandlungen im Finanzausgleich zu.
Gleichheitssatz hindert auch nicht, dass Länder unterschiedliche Regelungen haben (ist ja auch nur normal im Bundesstaat)
Recht auf gleiche Zugänglichkeit öffentlicher Ämter:
1.) wo sind die Rechtsquellen dafür?
2.) Warum ist die praktische Bedeutung so gering?
3.) Was für ein subjektives Recht ergibt sich daraus?
1.) Art 3 StGG, (Art 66 Abs 2 StV St. Germain)
2.) Weil daraus kein Anspruch abgeleitet wird auf Verleihung eines bestimmten Postens sondern
3.) nur das Recht sich um einen Posten zu bewerben
Recht auf gleiche Zugänglichkeit öffentlicher Ämter:
1.) was sind “öffentliche Ämter”?
Sind Organe bei Gebietskörperschaften und sonstige Anstalten des öff. Rechts, die durch (a.) öffentlich-rechtlichen Akt bestellt werden und (b.) hoheitliche Aufgaben besorgen.
Recht auf gleiche Zugänglichkeit öffentlicher Ämter:
Art 3 StGG beschränkt Zugang zu öffentlichen Ämtern auf Staatsbürger. (Abgesehen von den Universitäten)
Was hat die EU in der Hinsicht gelockert?
Nun dürfen Unionsbürger auch öffentlich-rechtlich bestellte Beamte sein, jedoch nicht jene die hoheitliche Aufgaben erledigen.
Freizügigkeit und Freiheit des Aufenthaltes, der Einreise und der Auswanderung:
Nenne die Rechtsquellen!
Art 4 StGG, Art 6 StGG, Art 2, 3 und 4 des 4. ZP-EMRK, Art 1 des 7. ZP-EMRK und Art 21 AEUV
muss nicht alles perfekt wissen
Freizügigkeit und Freiheit des Aufenthaltes, der Einreise und der Auswanderung:
Erkläre Schutz vor Ausweisung! Gilt das auch für Ausländer?
In Art 3 Abs 1 vom 4. ZP_EMRK geregelt. Gilt nur für Inländer, jedoch dürfen Fremde, die sich rechtmäßig in Ö aufhalten nur aufgrund einer rechtmäßig ergangenen Entscheidung ausgewiesen werden.
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens:
Nenne die Rechtsquellen!
Art 8 EMRK
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens:
Nenne 2 Beispiele, welche Rechte sich dadurch ergeben?
1.) Recht auf Sexualverhalten
2.) Recht auf drittes Geschlecht
3.) Pflicht des Staates den guten Ruf eines Menschen zu schützen und ein faires Gleichgewicht herzustellen mit der freien Meinungsäußerung
4.) Recht auf Namen
Wer ist beim Recht auf Familienleben Grundrechtsträger? Eltern oder Kinder?
Beide laut VfGH
Wann ist ein Eingriff in das Rechts auf Privat- und Familienleben zulässig?
Gem Art 8 Abs 2 EMRK nur dann wenn dies (a.) gesetzlich vorgesehen UND (b.) in einer demokratischen Gesellschaft zur Erreichung der dort taxativ aufgeführten Zwecke notwendig ist (dies stellt einen materiellen Gesetzesvorbehalt dar)
Kann sich auch eine positive Pflicht aus dem Recht auf Familien- und Privatleben ergeben?
Ja, Der EGMR sieht eine Schutzpflicht des Staates zusätzlich zu seiner primären Pflicht der Enthaltung von Eingriffen.
Z.B verpflichtet es den Staat geeignete Vorkehrungen zu treffen medizinische Daten zu geheim zu halten.
Inwiefern spielt Art 8 EMRK Recht auf Familien- und Privatleben eine Rolle bei der Versagung von Aufenthaltsbewilligungen und aufenthaltsbeendenden Maßnahmen?
Art 8 EMRK enthält kein Recht von Fremden auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Aber verpflichtet unter Umständen den Staat einen Aufenthalt zu gestatten. (z.b minderjährige Fremde, oder die Dauer des Aufenthalts)
Rechtfertig der Umstand, dass sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Staat aufhält zur Ausweisung?
Der Umstand alleine noch nicht. Die Behörde hat näher zu begründen warum Ausweisung dringend geboten ist
Schutz von Brief- und Fernmeldegeheimnis:
Rechtsquellen?
Art 10, 10 a StGG und Art 8 EMRK
Schutz von Brief- und Fernmeldegeheimnis:
Inwiefern ist die Beschlagnahme von Briefen erlaubt?
Art 10 StGG nur im Zuge einer Hausdurchsuchung und Verhaftung, in Kriegszeiten und falls es einen richterlichen Befehl gibt
(Beschlagnahme inkludiert auch die Öffnung)
Schutz von Brief- und Fernmeldegeheimnis:
Inwiefern ist die bloße Öffnung von Briefen erlaubt?
Dies stellt keine beschlagnahme iSd Art 10 StGG da, und darf deshalb auch in anderen Fällen gesetzlich vorgesehen werden. Schranken ergeben sich nur aus Art 8 Abs 2 EMRK (Das sagt zum die Judikatur. Ist aber stark kritisiert)
Was fällt klassisch unter das “Fernmeldegeheimnis”?
Gem Art 10a StGG: E-Mail und Internet-Telefonie
Fernmeldegeheimnis: welche Eingriffe sind erlaubt?
Nur welche aufgrund eines richterlichen Befehls gem Art 10 a StGG abs 2.
Grundrecht auf Datenschutz:
Rechtsquellen?
§ 1 DSG (eine Verfassungsbestimmung in einem einfachen Gesetz)
Was gewährt das Grundrecht auf Datenschutz grob?
§ 1 DSG:
a.) Geheimhaltung personenbezogener Daten (Abs1)
b.) auf ihre Auskunft ( Abs 3 Z 1) und
c.) Richtigstellung und Löschung (Abs 3 Z 2)
Enthält die EMRK ein Datenschutzgrundrecht?
Nein, aber es ist in Art 8 EMRK inkludiert, jedoch geht das österr Grundrecht auf Datenschutz (§ 1DSG) weiter