Forschungsperspektiven & Ablauf eines Projekts Flashcards

1
Q

Zentrale Forschungsperspektiven und dazugehörige Forschungsfragen in der qualitativen Forschung

A
  • SYMBOLISCHER INTERAKTIONISMUS=Analyse des subjektiven Sinns:
    Welche BEDEUTUNG verleihen Menschen bestimmten Erfahrungen, Ereignissen, Gegenständen? (Familie, Erfolg, Karriere)
    INDIVIDUUM und seine Sichtweisen.
  • ETHNOMETHODOLOGIE=Herstellung sozialer Wirklichkeit:
    Mit welchem Handeln stellen Menschen in interaktiven Prozessen SOZIALE WIRKLICHKEIT her? (Wie bringen sie es zustande, dass ihn einem Gespräch eine Person als Berater erscheint und die andere als Klient?)
    INTERAKTIONEN, Kommunikation, soziales Verhalten, Diskurse, Routine
  • SOZIALWISSENSCHAFTLICHE HERMENEUTIK=Analyse von Kultur, von implizitem Wissen:
    Welche handlungsleitenden ORIENTIERUNGEN liegen dem Denken, Handeln, Urteilen von Menschen zugrunde? (Z.B. bei der Arbeit)
    In welchem spezifischen lokalen Milieus sind diese Orientierungen verankert (z.B. Generation, Unternehmen)
    KULTURELLE SINNSYSTEME&WISSENSBESTÄNDE

Die drei Perspektiven hängen zusammen!

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2
Q

Grundannahmen des Symbolischen Interaktionismus

A
  • Die Bedeutung die wir den Dingen zumessen bestimmt immer unser Handeln (Wenn ich Umweltthemen wichtig finde, werde ich mich umweltbewusst verhalten und andere aufrufen sich umweltbewusst zu verhalten)
  • Die Bedeutung der Dinge entsteht in sozialen Interaktionen (Menschen interagieren symbolisch miteinander)
  • Die Bedeutungen werden in einem interpretativen Prozess hervorgebracht, verwendet und verändert (Darf ich mich einem Hund nähern? Bedeutung von Corona?)
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3
Q

Grundfrage des Symbolischen Interaktionismus

A

Welche Bedeutung verleihen Menschen den Ereignissen, Erfahrungen, Dingen?

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4
Q

Ziel der Forschung im Symbolischen Interaktionismus

A

Subjektive Sichtweise (Bedeutung, die wir den Dingen zumessen) zu REKONSTRUIEREN, also zu analysieren und zu verstehen

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5
Q

Erfinder des Symbolischen Interaktionismus?

A

Herbert Blumer, Chicagoer Schule

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6
Q

Grundannahmen der Ethnomethodologie

A
  • Menschen stellen ihre SOZIALE WIRKLICHKEIT in INTERAKTIVEN PROZESSEN her (z.B. Beratungsgespräch)
  • Diese Interaktionen sind „STRUKTURELL ORGANISIERT“, laufen also geordnet ab (Sie folgen ganz konkreten Regeln, Routinen, ein Beratungsgespräch wird erst durch spezifische „Herstellungsleistungen“ ein Beratungsgespräch)
  • Die Interaktionen sind VON SPEZIFISCHEN KONTEXTEN GEFORMT und schreiben diese Kontexte zugleich auch fort (Beratungsgespräch ist auch von der Institution geformt, in der ich mich befinde, Kultur der Institution oder des Berufs)
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7
Q

Grundfrage der Ethnomethodologie

A

Mittels welchen konkreten Alltagshandlungen stellen Menschen in interaktiven Prozessen soziale Wirklichkeit und soziale Ordnung her?

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8
Q

Ziel der Forschung in der Ethnomethodologie

A

Soziale Interaktionen zu REKONSTRUIEREN, also analysieren und verstehen, oft auch das zentrale Medium (die Gesprächsverläufe)

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9
Q

Erfinder der Ethnomethodologie?

A

Harold Garfinkel 1967, basierend auf Chicagoer Schule

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10
Q

Was ist die Forschungsrichtung „Workplace Studies“ (Analyse von Arbeitsprozessen, gehen im Grunde auch ethnomethodologisch vor)?

A
  • Widmen sich Beobachtung und Verstehen von Arbeitsprozessen
  • Analysiert werden z.B. Interaktion im Arbeitsalltag, Prozesse für Entscheidungen, Umgang mit Instrumenten
  • Wichtig für Arbeitspsychologie
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11
Q

Grundannahmen der Sozialwissenschaftlichen Hermeneutik

A
  • Was wir zu wissen glauben geht auf sozial und kulturell geteilte Wissensbestände zurück, diese beeinflussen unsere individuellen Wahrnehmungen, Erfahrungs- &Handlungsweisen (z.B. gesellschaftlich-kultureller Kontext und Bildung: In Schweiz hat Bildung hohen Stellenwert, somit wird kulturell geteilt, das Bildung ein wesentlicher Aspekt von beruflichem Erfolg ist, dies ist kulturell geteiltes Wissen, wir die in Schweiz aufwachsen finden Bildung wichtig) Dies gilt auch für Unternehmen, nicht nur Gesellschaft.
  • In Bezug auf diese Wissensbestände gibt es subjektive Bedeutungen&Handlungen, die der Reflexion zugänglich sind, sind sie aber zu selbstverständlich oder verankert, sind sie uns nicht unmittelbar zugänglich (implizites oder latentes Wissen)
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12
Q

Grundfragen der Sozialwissenschaftlichen Hermeneutik

A
  • Welche kulturellen Sinnsysteme rahmen die Wahrnehmung subjektiver&sozialer Wirklichkeit?
  • Welche kulturell geteilten Wissensbestände (Werte, Ideen, Handlungsweisen) liegen unseren Denken, Handeln, Urteilen zugrunde?

Z.B. im Unternehmen: Welches kulturelle Sinnsystem rahmt das Vorgehen der Mitarbeitenden z.B. in Bezug auf Work-Life-Balance?

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13
Q

Ziel der Forschung in der Sozialwissenschaftlichen Hermeneutik

A

Kulturelle Sinnsysteme und kulturelle Wissensbestände zu identifizieren und erkennen, also zu REKONSTRUIEREN

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14
Q

Gemeinsamkeiten der drei Forschungsperspektiven?

A
  • Das VERSTEHEN steht im Mittelpunkt=Verstehen ist das Erkenntnisprinzip
    (Verstehen der Sicht von Subjekten, Verstehen des Ablaufs von sozialen Situationen, Verstehen der kulturellen bzw. Sozialen Regeln)
  • REKONSTRUKTION von konkreten Fällen bildet Ausgangspunkt der Analyse
  • WIRKLICHKEIT als SOZIALE KONSTRUKTION
  • TEXTE bilden wichtigstes empirisches Material
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15
Q

Beispiele für Themen zur Untersuchung mit den drei Forschungsperspektiven

A
  • Symbolischer Interaktionismus: Individuelle Vorstellungen von Kollegialität im Studium
  • Ethnomethodologie: Handlungsroutinen im Feuerwehreinsatz
  • (Workplace Studies: Analyse der Triage (Einteilung) von Patienten in der Notaufnahme)
  • Sozialwissenschaftliche Hermeneutik: Unternehmensphilosophie eines Grossbetriebs
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16
Q

Welche Forschungsperspektiven scheint bei der Untersuchung dieser Themen angebracht?

A: Individuelle Vorstellungen von Kollegialität im Studium
B: Handlungsroutinen im Feuerwehreinsatz
C: Unternehmensphilosophie eines Grossbetriebs

A

A: Symbolischer Interaktionismus
B: Ethnomethodologie
C: Sozialwissenschaftliche Hermeneutik

17
Q

Ablauf (Komponenten) eines qualitativen Forschungsprojekts

A
  • Zielsetzung der Studie
  • Konkrete Fragestellung
  • Theoretischer Rahmen
  • Methodisches Herangehen
  • Auswahl der Untersuchungseinheiten
  • Darstellungsziele
  • Ressourcen
  • Generalisierungsziel
18
Q

Überlegungen zur Zielsetzung der Studie? (Forschungsprojekt)

A
  • Was sind denn so die Zielsetzungen anwendungsorientierter Forschungsprojekte? Neues Wissen&Anwendungsbezug, Lösung von aktuellen Problemen, Relevanz für Personen/Unternehmen/Gesellschaft
  • In welchem Masse sollen die Resultate generalisierbar sein?
  • Wie finde ich ein Thema?
    Mögliche Ausgangsfragen finden, z.B. Welche Probleme werden heute in der Praxis erwähnt, aber zu wenig beachtet?
19
Q

Wie erarbeite ich die KONKRETE Fragestellung der Studie? (Forschungsprojekt)

A
  • Nach bestehendem Wissen zur Fragestellung suchen! =Sichtung der Literatur als erster Schritt (Theoretische Literatur, Methoden, empirische Resultate)
  • Mögliche Fragen und Untersuchungseinheiten:
    Ursachen? Prozesse? Konsequenzen?
    Bedeutungen, Handlungen, Orientierungen
    Personen, Organisationen, Arbeitsstile
  • Eingrenzung der Fragestellung: Gesamtfragestellung->Spezifische Fragestellungen->Auswahl von Untersuchungseinheiten->Auswahl von Design&Methoden->überprüfte&Evtl. Reformulierte/zugespitzte Fragestellungen->Sammlung der Daten->überprüfte&Evtl. Reformulierte/zugespitzte Fragestellungen->Analyse der Daten->Verallgemeinerung der Überprüfung der Analysen->Ergebnisformulierung
20
Q

Das zirkuläre Modell des Forschungsprozesses (Forschungsprojekt)

A

Quantitative Forschung verwendet lineare Strategie (Hypothese->Erhebung->Auswertung), qualitative verwendet ZIRKULÄRE STRATEGIE:
Vorverständnis->Verfahrensauswahl->Auswahl der Personen->Datenerhebung->Datenauswertung->neue Auswahl des Verfahrens->neue Auswahl der Personen usw., man kommt dann zu neuen Theorien

21
Q

Theoretischer Rahmen der Studie? (Forschungsprojekt)

A
  • Welchen Stellenwert hat die THEORIE im Rahmen qualitativer Forschung?
    Theorien werden nicht geprüft, sondern Ziel ist es Theorien zu GENERIEREN!
  • Aber man muss auch ein VORVERSTÄNDNIS und Vorstellungen und ex-ante-Hypothesen haben, also ein SENSITIZING CONCEPT:
    • Dies ist immer von provisorischem Charakter
    • Kann auch im Forschungsprozess aus der Perspektive der Beforschten abgeleitet werden
    • Wichtiges Instrument zur: Konstruktion eines analytischen Rahmens, Auswahl von Untersuchungseinheiten, Organisation von Feldnotizen, Auswahl von Gesprächsmaterial, Transformation von Daten in Theorie
    • z.B. Welche Auswirkungen von Homeoffice auf die Arbeitsproduktivität können wir erwarten? Auf Basis von Vorerfahrung, von was wir gelesen haben. Effizienz von Arbeit steigt im Homeoffice, geringere Konzentration wegen Ablenkung durch Kinder etc. Vielleicht würde man hier als Untersuchungseinheit daher 1 Familie mit Kindern und 1 ohne aussuchen
22
Q

Methodisches Herangehen: Wie untersuche ich das Ganze? (Forschungsprojekt)

A
  • Dafür brauche ich ein FORSCHUNGSDESIGN, es gibt mehrere: Einzelfallstudie, Verbindung mehrer Fallstudien, Vergleichsstudie, Momentaufnahmen, Retrospektive Studie, Längsschnittstudie
  • Es gibt verschiedene graphische Darstellungsmöglichkeiten von Forschungsdesigns
  • Nach der Auswahl des Forschungsdesigns muss ich eine METHODE auswählen (Erhebungsverfahren&Auswertungsverfahren)
23
Q

Auswahl der Untersuchungseinheiten (Sampling) in verschiedenen Stadien? (Forschungsprojekt)

A
  • Bei der Erhebung von Daten (Welchen Fall will ich auswählen?)
  • Bei der Interpretation der Daten (Was innerhalb des Materials, z.B. eines Interviews, soll interpretiert werden, ist interessant)
  • Bei der Darstellung der Daten (Welche Resultate möchte ich darstellen? Was ist aussagekräftig und interessant?)
24
Q

Samplingstrategien (Forschungsprojekt)

A

Welche Fälle will ich untersuchen? Es gibt unterschiedliche Samplingstrategien:

  • Vorab-Auswahl
  • Vollerhebung
  • Sampling extremer Fälle
  • „theoretical sampling“
25
Q

Theoretical Sampling (Forschungsprojekt)

A

Theoretical Sampling: z.B. ich möchte Personen mit Familie und Personen die alleine leben untersuchen (Vorab-Auswahl), dann merke ich, dass Zusammenleben generell eine Rolle spielt, also möchte ich auch noch Personen, die in einer WG leben untersuchen (theoretical Sampling)

  • bezeichnet schrittweise Festlegung der Samplestruktur im Forschungsprozess
  • Auswahl der Untersuchungseinheiten wird nach konkret-inhaltlichen Kriterien&Relevanz festgelegt
  • zielt auf Entwicklung einer „Grounded Theory“ (gegenstandsbezogene Theorie, d.h. Theorie die verankert ist in empirischen Daten)
  • „Theoretical Saturation“ bezeichnet die Sättigung einer gegenstandsbezogenen Theorie, ich sättige meine Resultate mit der Zeit mit zusätzlichen Informationen und komme so zu einer gesättigten Theorie
26
Q

Darstellungsziele (Forschungsprojekt)

A

Wer soll es lesen? (Bedeutung des Wissenstransfers)

  • Artikel in wiss. Journale
  • Anleitungen, Konzepte, Broschüren
  • Sammelbänder
  • Workshops/Vorträge
  • Filme
  • Ausstellungen
27
Q

Ressourcen (Forschungsprojekt)

A

Spielen eine grosse Rolle!

  • zeitlich
  • personell
  • materiell/finanziell
  • Kooperationen
28
Q

Generalisierungsziel (Forschungsprojekt)

A

Bei der Zielsetzung des Projekts muss ich mich fragen: will ich eine gesamthafte, übergreifende Analyse des Phänomens, dass ich messen und bezüglich Verteilung&Häufigkeiten darstellen kann? (Quantitativ empirisch)

Oder möchte ich einen sozialen Ausschnitt untersuchen und beabsichtige keine Generalisierung? (Qualitativ empirisch)

Z.B. Will ich über alle Homeofficemitarbeitenden etwas aussagen? Oder will ich etwas ganz spezifisches herausarbeiten, dass keinen Generalisierungsanspruch hat?