Entwicklungspsychologie Woche 2 Flashcards
*“Genetische Epistemologie” (Entwicklung des Erkennens)
- Umfassende Theorie kognitiver Entwicklung:
Geburt bis Adoleszenz (hier Maximum erreicht); bereichsübergreifend
(Sprache, Gedächtnis, Moral, …) - Strukturalismus: Annahme abstrakter
übergeordneter Denkstrukturen, die die
Möglichkeiten und Beschränkungen auf der
jeweiligen Entwicklungsstufe bedingen (→
Strukturgenetische Theorie) - Stadientheorie
- Entwicklung des Denkens in aktiver
Auseinandersetzung mit der Umwelt - basierend auf Beobachtungen und
Befragungen von Kindern verschiedenen
Alters (im Säuglings- und Kleinkindalter
besonders der eigenen Kinder Jaqueline,
Lucienne & Laurent)
Piaget
Entwicklungsverlauf Stadientheorie
Entwicklungsverlauf: Stadientheorie
* vier aufeinander aufbauende Stufen
* Qualitative Veränderung: Kinder verschiedenen Alters denken qualitativ unterschiedlich
* breite Anwendbarkeit: versch. Themen und Domänen
* kurze Übergangszeit
* Invariante Abfolge
Piaget
“Motoren” der Entwicklung: Erkenntnistheoretische Grundannahmen
- Konstruktivistische Erkenntnistheorie
- Wissen als Produkt eines aktiven, erfahrungsgetriebenen Konstruktionsprozesses
- intrinsische Neugier
- lernen durch konstruktive Aktivität wichtiger als direkte Wissensvermittlung
Piaget
Interaktion von Anlage und Umwelt in der kognitiven Entwicklung
- Adaption: Kinder verfolgen ihre Handlungsziele in adaptiver Weise (reagieren auf Umweltanforderungen) –> Anpassung
- Organisation/Strukturierung: Partikuläre Erfahrungen werden in kohärentes Ganzes integriert
- Äquilibration: Nach Gleichgewicht strebender Prozess des Zusammenspiels von Assimilation und Akkomodation
Äquilibration ist ein nach Gleichgewicht strebender Prozess des Zusammenspiels von…
- Assimilation: Integration von Neuem in bestehende mentale Strukturen
- Akkomodation Anpassung mentaler Strukturen in Reaktion auf Anforderungen der Umwelt –> Anpassung Strukturen an neue Erfahrungen
- Vorhandene Strukturen noch nicht ausreichend, um neue
Situation meistern (verstehen, handeln) zu können → Adaptationsprozesse
Die vier Stadien der Denkentwicklung nach Piaget
- 0-2 Jahre Sensumotorisch: Sinneserfahrungen und Handlungen
- 2-6/7 (Vorschulalter) Präoperational: Sprache und Symbolgebrauch
- 7-12 Jahre Konkretoperational: Logisches Denken und Kategorisierung
- ab 12 JahreFormaloperatorisch: Hypothetisches Denken, Wissenschaftliche Rationalität
Sensumotorisches Stadium (0-2 Jahre)
- Handeln im Hier und Jetzt
- Entwicklung der Intelligenz
durch sensorische und
motorische Fähigkeiten in
6 Stufen - ~ 2 Jahre: Fähigkeit zur
zeitlich verzögerten
Nachahmung als Beginn
der Fähigkeit zu dauerhaft
mentaler Repräsentation - Entwicklung der stabilen Obejektrepräsentation:
Entwicklung der Objektrepräsentation
- keine Objektpermanenz (vor 8.Lebensmonat): Wenn ein Objekt außer Sicht ist, wird nicht danach gesucht
- A nicht B Suchfehler (Ende ersten Lebensjahres): Tendenz dorthin zu greifen, wo man ein Objekt zuvor gefunden hat, nicht dorthin, wo es zuletzt versteckt wurde
Übergang zum präoperationalen Stadium (18-24 Monate)
In der letzten Phase des sensumotorischen Stadiums (ab ca 18 Monaten) erlangen die Kinder nach Piaget die Fähigkeit dauerhafte mentale Repräsentationen zu bilden
1. erste Anzeichen für diese neue Fähigkeit ist die zeitlich verzögerte Nachahmung (Imitation): damit ist die Wiederholung von Verhalten anderer Menschen Minuten, Stunden oder Tage nach dem ursprünglichen Auftreten gemeint
2. erste Hinweise auf Symbolgebrauch (Sprachproduktion; Fiktionsspiel)
Präoperationales Stadium (2-6/7 Jahre)
- Sprach und Symbolgebrauch
- Zunehmendes Ersetzen sensorischer Aktivität durch geistige Aktivitäten
- Einbeziehen von Vergangenheit und Zukunft
- Fähigkeit zur symbolischen
Repräsentation - Egozentrismus
- Zentrierung
Beschränkungen:
1. Interne Repräsentationen sind nicht manipulierbar (Irreversibilität
2. Unfähigkeit zur Perspektivenübernahme (Egozentrismus)
3. Unfähigkeit zur Unterscheidung zwischen Schein und Sein
4. Unfähigkeit zur Ableitung von Schlussfolgerungen
Präoperationales Stadium (2-7)
Beschränkungen:
- Egozentrismus: Die Tendenz, die Welt ausschließlich aus der eigenen Perspektive wahrzunehmen
- Zentrierung: Die Tendenz, sich auf ein einzelnes, perzeptuell auffälliges Merkmal eines Objekts oder Ereignisses zu konzentrieren
Piagets Drei-Berge-Versuch und Invarianzkonzept
a) Piagets Drei-Berge-Versuch: Die Kinder sollen das Bild auswählen, das der Perspektive der
Puppe auf dem gegenüberliegenden Stuhl entspricht. Die meisten Kinder unter sechs Jahren
wählen das Bild, das die Szene so zeigt, wie sie ihnen selbst erscheint. Dies illustriert die
Schwierigkeit, die eigene Perspektive von der anderer zu trennen.
b) Verfahren zur Prüfung der Invarianzkonzepte von Flüssigkeitsmenge, fester Masse und Zahl: Die
meisten Vier- und Fünfjährigen sagen, dass die höhere Flüssigkeitssäule mehr Flüssigkeit, die längere Tonwurst mehr Ton und die längere Reihe mehr Objekte enthält.
Präoperationales Denken
Fundamentale Einschränkungen des Denkens im Vorschulalter:
* Wissensrepräsentation
* Kinder bilden interne Repräsentationen, aber sind noch nicht fähig,
diese mental zu manipulieren (Irreversibilität).
* logisches Folgern
* Grundlegende Begriffe (Raum, Zeit, Kausalität) noch nicht entwickelt
* Unfähigkeit zur Repräsentation linearer Ordnungen und
zur Ableitung von Schlussfolgerungen aus solchen Ordnungsrelationen
→ Mangelnde Repräsentation der Inklusionsbeziehungen zwischen Klassen
* Unfähigkeit zur Perspektivenübernahme (Wahrnehmungs-, epistemischer
Egozentrismus)
* Unfähigkeit zur Unterscheidung zwischen Schein und Sein
Konkret-operatorisches Stadium (7-12 Jahre)
- Fähigkeit zu Transformationen durch mentale Operationen => logisch statt intuitiv zu denken
- Konzepte: Invarianz, Inklusion, Kausalität, Perspektiven
- Aber!: logische Denkprozesse auf konkrete Situationen beschränkt
- Probleme beim Nachdenken über hypothetische Situationen
-
Pendelproblem:
Vergleiche die Bewegungen längerer
und kürzerer Schnüre mit leichteren
und schwereren Gewichten, um den
Einfluss von Gewicht, Schnurlänge
und Punkt des Loslassens auf die Zeit
zu bestimmen, in der das Pendel
schwingt.
→ Kinder unter 12 Jahren führen
meistens unsystematische
Experimente durch und gelangen
zu fehlerhaften
Schlussfolgerungen.
Formal-operatorisches Stadium ab 12 Jahre
- Denken in Möglichkeiten (abstrakt, hypothetisch, schlussfolgernd)
- Analyse kompexer Probleme: Prüfung von Hypothesen und systematisches Experimentieren
- Eigene Perspektive ist eine von vielen möglichen
- ! Nicht universelles Stadium: ohne entsprechende Umweltbedingungen (Bildung) erreichen nicht alle Menschen dieses Stadium
Piaget Fazit
+
* Breiter Überblick über die Entwicklung
* Antrieb für weitere Forschung
* Faszinierende Beobachtungen
-
* keine repräsentativen Stichproben (-> hauptsächlich eigene Kinder)
* neue Untersuchungsmethoden zeigen manche Konzepte schon bei deutlich jüngeren Kindern
* mehr Variabilität innerhalb von Stufen In vertrauten Inhaltsbereichen argumentieren/handeln Kinder auf einem höheren Niveau als in unvertrauten
* zu vage in Hinblick auf zugrunde liegende Mechanismen
* Bedeutung der sozialen Interaktion für Denkentwicklung wird kaum thematisiert
Piaget
Pädagogisch-praktische Implikationen
-
Beachtung der kognitiven Voraussetungen in der entsprechenden altersgemäße Erwartungen
1. Bsp: Mangelnde Fähigkeiten zur Perspektivenübernahme erschweren soziales/kooperatives Lernen bei Vorschulkindern
2. ABER: Piaget unterschätzte die Fähigkeiten von Kindern → Wenn
Aufgaben in Inhaltsbereich und Anforderungen passend konstruiert werden,
sind auch junge Kinder schon zu deutlich höheren Leistungen fähig (z.B.
logisches Denken & wissenschaftliches Experimentieren)
Weiterentwicklung durch “kognitive Konflikte
* zwingen das System zur „Akkommodation“ seiner Strukturen
* Lernen nur durch aktive Auseinandersetzung
→ „System verstören“
* Gerade jüngere Kinder: Beginn mit Aktivitäten, „Herumprobieren“
➢ Befunde und Erklärungen aus Sicht der Informationsverarbeitungstheorien
und domänenspezifischer Ansätze zeigen, wie und warum die von Piaget
ursprünglich postulierten Einschränkungen so im pädagogischen Bereich
nicht haltbar sind