Entwicklungspsychologie Woche 1 Flashcards
1.Vorlesung
Entwicklungspsychologie bietet wissenschaftlich fundierte Grundlagen für…
- Vorhersage (Prognose) zukünftiger Entwicklung - Stabilität und Veränderung (z.B) Schuleignungsdiagnostik)
- Bestimmung “normaler” und “atypischer” Entwicklung (was ist “noch normal”, wann ist Verhalten problematisch?)
- Einflussnahme auf Entwicklungsprzozesse (Präventione und Intervention)
-> Wissen um Entwicklungs- und Veränderungsbedingungen
->Planung (Wo? Wann? Wie?)
-> Evaluation von Interventionsmaßnahmen? - Antworten auf sozial-politischen und pädagogischen Fragen; Begründung von Erziehungszielen
Was ist Entwicklungspsychologie?
- Psychologie = Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen
-
Empirische Wissenschaft: prüft Theorien und daraus resultierende
Hypothesen durch wissenschaftliche Methoden
-> Abgrenzung zur „Alltagspsychologie“ - Entwicklung bezieht sich auf relativ überdauernde intraindividuelle
Veränderungen des Erlebens und Verhaltens über die Zeit hinweg (nicht
kurzfristige Befindlichkeitsveränderungen) (Trautner, 1992) - Entwicklungspsychologie beschäftigt sich mit intraindividuellen
Veränderungen des Verhaltens und Erlebens über die menschliche
Lebensspanne (von der Geburt bis zum Tod) sowie mit interindividuellen
Unterschieden der intraindividuellen Veränderungen (Wilkening et al.,
2009) - Entwicklung als lebenslanger Prozess
d.h., Entwicklung endet nicht im frühen Erwachsenenalter. Entwicklung
enthält über die gesamte Lebensspanne gleichzeitig Gewinn (Wachstum)
und Verlust (Abbau)
Grundfragen und Anwendungen der Entwicklungypsychologie?
- Beschreibung (Deskription): WIe verläuft Entwicklung?
- Erklärung (Explanation): Wodurch kommt Entwicklung zustande?
-> Welche Faktoren wirken ein?
-> Wie kommen Unterschiede zustande?
1. Vorlesung
Die Motoren der Entwicklung sind?
- Reifung: Genetisch gesteuerte Ausbildung physiologischer, motorischer oder psychischer Strukturen - Erfahrung nicht als kritischer Aspekt - Aber: Auch Genaktivität ist erfahrungssensibel (-> Epigenetik) –> beispielsweise Pubertät
- Lernen: Relativ überdauernde Verhaltensänderung aufgrund von Erfahrungen und Übung -Aber: auch Lernen hat aber auch eine genetische Basis
- Sozialisation: Lernvorgänge, die das Individuum zum Mitglied einer Gesellschaft werden lassen - was ist die Rolle von Individuum, was die des (sozialen, ökologischen, etc.) Kontextes? Wie wirken Sie zusammen?
Unterschiedliche Entwicklungsbegriffe betonen unterschiedliche Mechanismen, die sich jedoch kaum trennschafr abgrenzen lassen und in Beziehung zueinander stehen (Nativismus bezieht sich z.B. sehr auf Reifung)
=> Stern (1914):
“Allgemeines Entwicklungstheorem”: Entwicklung als Zusammenwirken von Anlage (Reifung), Umwelt (Sozialisation) und aktivem Individuum (Lernen)
Vorlesung 1
Sichten auf das Wesen des Kindes und Entwicklungsmechanismen (Geschichtlich)
- Platon: Annahme angeborenen Wissens, Disziplinierung als primäres Erziehungsziel -> Erziehung muss das angeborene Potential formen (nativistisch); ohne Erziehung ist man akulturell/maßlos
- Aristoteles: Wissen und Verstand aus Erfahrung entwickelt –> man wird durch Umwelt geformt
- Mittelalter: “Präformationstheorie”: Kinder als “kleine Erwachsene”: Kleidung, Haltung etc. werden wie die Erwachsenen dargestellt; Kinderarbeit
-
John Locke:
-> Kinder als “tabula rasa = Epirismus, Bedeutung von Lernen und Erziehung
-> Vorläufer des Behaviorismus
-> Rationale, warmherzige Erziehungspraxis produziert kooperative, tugendhafte Erwachsene
-> was wir dem Kind als Erfahrung bieten, bestimmt seine Persönlichkeit
-> man weiß heute: Kinder werden nicht nur durch Umwelt geformt (vgl. Genetik): Kinder sind quasi schon bekritzelte statt leere Blätter -
Jean-Jacques Rousseau:
-> Kinder von Geburt an Gut, Kinder als “edle Wilde”
-> Bedeutung der freien Entfaltung der kindlichen Persöhnlichkeit
-Entwicklung als endogen programmierte Stufenfolge -> Gewähren von maximaler Freiheit
Vorlesung 1
Beginn der erfahrungswissenschaftlichen Entwicklungspsychologie
Charles Dawin
* Ursprung der Arten (1859) -> WIe ist Artenvielfalt möglich?
* Adaption an die jeweilige Umwelt
* Natürliche Selektion
-> empirisch prüfbare Hypothesen über die Entwicklung der Arten
* 1877 systematische Tagebuchaufzeichnung der frühkindlichen Entwicklung seines Sohnes
* Evolutionstheorie => systematisches Studium der kindlichen Entwicklung als Methode zur Gewinnug von Erkenntnis über die Spezies Mensch
-> Idee, dass Ontogenese die Phylogenese widerspiegelt ist heute nicht mehr haltbar, jedoch Ausgangspunkt systematischer entwicklungspsychologischer Forschung
Vorlesung 1
Deskriptiv-normativer Ansatz
Stanley Hall
Arnold Gesell
- Aufbauend auf Evolutionstheorie, Theorien zu Kindheit und Adoleszenz
- Reifung als zentraler Mechanismus
- Normative Informationen zu vielen Aspekten des Entwicklungssprozesses -> es muss biologische regelgerechte Abläufe geben; alles, was da nicht reinpasst muss behandelt werden
Vorlesung 1
Alfred Binet
- Mitbegründer des psychometrischen Ansatzes: Idee, das man psychische innere Eigenschaften messen kann
- Praktisches Problem: Identifikation von Kindern mit Lernschwierigkeiten
=> Entwicklung von Intelligenztests, Testbewegung
-In der Folge zunehmendes Interesse an interindividuellen Unterschieden
Theorien der Entwicklungspsychologie (Überblick)
nach Seitz-Stein & Berner
- Ansatz: Strukturgenetisch; Vertrter: Piagets Stufenmodell; Mechanismus: Aktional (konstruktivistisch)
- psychoanalytisch; Freud: Psychosexuelle Entwicklung/Erikson: Psychosziale Entwicklung; endogenistisch (von innen gestuerte Entwicklung)
- Ethologisch; Bowlby: Bindungstheorie; endogenistisch (Beispiele: Konrad Lorenz Kükenbeispiel/ Harlow: Affentheorie)
- Lerntheoretisch; Behaviorismus: soziale Lerntheorie; exogenistisch
- Informationsverarbeitung; Gedächtnismodelle (Atkinson/Shiffrin)/Siegler: Modell überlappender Wellen; aktional (da alles Lernen durch Problemlösen zustande kommt)
- soziokulturelle (Aktivität des Individuums ist in soz. Kontext eingebunden –> keine Entwicklung, wenn ein kind allein mit Gegenständen da sitzt); Vygotsky; transaktional (Zusammenwirken von Umwelt u. Individuen)
- systemorientiert; Bronfenbrenner: ökologische Systeme/ Smith: Dynamische Systeme; transaktional
Theorie dynamischer Systeme (Thelen & Smith) -> Meta- Ansatz
Ursprünglich aus der Physik: Theorie zur
Erklärung des Verhaltens komplexer
Systeme
Grundannahmen:
* Intrinsische Motivation zu entdecken und zu handeln
* Interesse an sozialer Umwelt als
entscheidender Entwicklungsfaktor (Imitation, Intersubjektivität)
Bsp.: Wie formen Handlungen der
Kinder ihre Entwicklung (z.B. eigene
Greiffähigkeit wirkt sich auf das
Verständnis der Greifhandlungen
anderer Menschen als zielgerichtet
aus
→ “Handlungen formen also das
Denken genauso, wie das Denken
die Handlungen formt.“ (Siegler)
Vorlesung 1
Piaget’s Stufenmodell
Ansatz: Strukturgenetisch
Mechanismus: Aktional (Konstruktivistisch)
- erste umfassende kognitive Theorie der Entwicklung: er hat sich dafür interessiert, wie Erwachsene die Welt begreifen -> um das zu erforschen, musste er wissen, wie Kinder lernen
- Stufentheorie: vorhergehende Stufen als Basis für weiter Entwicklung -> man muss diese Stufen alle ausnahmslos durchlaufen; Stufen sind qualitativ unterschiedlich
-
Kognitivistisch-konstuktivistischer Ansatz:
Das entwickelnde Individuum
1. Ist aktiv
2. konstruiert Wissen als Reaktion auf Erfahrungen (man muss sich Bild der Welt selbst konstruieren)
3. ist intrinsisch zum Lernen motiviert
Vorlesung 1
Psychoanalytische (sexuell) Entwicklungstheorie nach Sigmund Freud
Ansatz: Psychoanalytisch
Mechanismus: Endogenistisch
Grundinteresse:Urpsrung psychischer Störungen
Grundthese:
* Stadienansatz: In verschieden Entwicklungsstadien müssen Konflikte zwischen Trieben und Umwelterwartungn aufgelöst werden. (1. Lj.: orale Phase; - 3. Lj.: anale Phase; - 6. Lj.: phallische Phase; - 11. Lj: Latenzphase; ab 11 Jahre genitale Phase)
=> Qualität der Bewältigung als Grundlage weiterer Entwicklung
* Ausgangszustand biologische Instinkte (Überlebens- und aggressive Instinkte)
* Hydraulikmodell des psychischen Energiehaushalts => Triebziel: WIederherstellng des seelischen und physiologischen Gleichgewichts
Kritische Würdigung: zentrale Annahmen kaum prüfbar; hat aber nachfolgende Ansätze inspiriert -> heuristischer Wert
Vorlesung 1
Eriksons psychosoziale Entwicklungstheorie
Ansatz: Psychoanalytisch
Mechanismus: Endogenistisch
- Identität als Fokus der Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter
- Modifikation der Freud’schen Stadientheorie durch soziale Faktoren
- Auf jeder der 8 Stufen grundlegender Konflikt; gesunde oder schlechte Anpassung
Aufbau von Selbstkonsistenz - Integrationsleistung (psychosexuelle und psychosoziale Veränderungen, Orientierung in der Erwachsenenwelt)
- Moratorium: Aufschub erwachsener Verpflichtungen
- Entwicklung findet immer in kulturellen Kontexten statt; muss aus jeweiliger Lebenssituation heraus verstanden werden
Vorlesung 1
8 Konflikte nach Erikson
- 0-1: Urvertrauen vs Misstrauen: Verlässlichkeit der Bezugsperson
- 1-3: Autonomie vs Scham und Zweifel: Angemessene Entscheidungsfreiheit, Freiheit in Exploration
- 3-6: Initialtive vs Schuldbewusstsein: Unterstützung in Zielgerichtetheit
- 6-11: Fleiß vs Miderwertigkeit: Werksinn: etwas Nützliches bewirken Kooperation mit Anderen/Fixierung: Überkompensation
- Adoleszenz: Indentität vs Rollendiffusion: Erkundung Wertvorstellungen, Rollen, Platz in Gesellschaft/Fixierung: unbefr. Identität, ewige Pubertät
- Frühes Erw. Alter: Intimität vs Isolierung: Eingehen enger Beziehungen/ Fixierung: sozialer Isolierung; Selbstaufopferung
- Mittleres Erw. Alter: Generativität vs Stagnation: Investition in nachfolgende Generation
- Alter: Integrität vs Verzweiflung: sein Leben annehmen können
Havighurst’s Konzeption der Entwicklungsaufgaben
- Konzept der Entwicklungsaufgabe als sich aus biologischen Veränderungen, gesellschaftlichen Normen und persönlichen Werten und Zielsetzungen und Fähigkeiten
ergebenden lebensabschnittsspezifischen Problemen (Anforderungen), die es zu bewältigen gilt - Durch erfolgreiche Bewältigung Bildung von Fertigkeiten, Kompetenzen,
Persönlichkeitsentwicklung => Basis für die
erfolgreiche Bewältigung folgender
Entwicklungsaufgaben - => ökologisches Modell: Umwelt und Individuum wirken zusammen
-
Quellen der Entwicklungsaufgaben
1. physische Reife / indiv. Leistungsfähigkeit
2. Kultureller Druck / soziokulturelle Normen
3. individuelle Zielsetzung - snesitive Perioden des Lernens