Einbandkunde Flashcards
Was ist der “Wert” des historischen Bucheinbands?
ästhetisch: kunsthandwerkliches Objekt mit jeweils spezifischer stilistischer Gestaltung
(aber: nur ein geringer Prozentsatz der Einbände künstlerisch dekoriert)
- buchgeschichtlich: Träger wichtiger Indizien für die Herkunft und Geschichte des Buches
- konservatorisch: stark verlustgefährdet, da der am
stärksten beanspruchte Teil des
Buches; je älter, desto seltener
Die Entwicklung des Bucheinbands beim Übergang
von der Rolle zum Codex
ROLLE
Aufbewahrung stehend in Krügen oder Gefäßen oder liegend in Schränken (Schutzhülle aus Pergament, Köcher)
=> kein Einband, sondern um Stab aufgewickelt, dessen gebogene Enden herausragten und der beim Lesen herausgezogen wird:
mit rechter Hand abrollen, mit linker aufrollen, bisweilen Anfang und Ende verstärkt
Die Entwicklung des Bucheinbands beim Übergang
von der Rolle zum Codex
CODEX
Pergamentlagen bedürfen der Verbindung durch Heften und des Schutzes durch einen Umschlag aus Leder oder Holz
Zwischenstufen der Entwicklung: antike Dypticha und Polypticha,
Einlagencodex aus Papyrus mit Holzdeckeln (2. Jh.), Mehrlagencodex seit dem 4. Jh.
=> beim Übergang zu Pergament als Beschreibstoff schwere, lederüberzogene Holzdeckel und Schließen erforderlich
=> Verzierung des Leders und Verwendung des Äußeren als Informationsträger (Titel, Besitzer)
Von wem wurden Prachteinbäde hergestellt?
meist nicht von Buchbindern, sondern von Goldschmieden und Elfenbeinschnitzern
hergestellt
Für welche Schriften eigneten sich Prachteinbände besonders?
=> hauptsächlich für (illuminierte) liturgische Handschriften (Evangeliare und Evangelistare, Sakramentare etc., oft mit Reliquien) als dem wichtigsten Buch geistlicher Institutionen
=> auch für herausragende Einzelhandschriften im Privatbesitz (Stundenbücher)
Verwendete Materialien von Prachteinbänden:
- Edelmetalle (Gold, Silber)
- Edelsteine, antike Gemmen und Kameen, Perlen
- Elfenbein
- Stoff (Samt, Seide), auch bestickt
Was gab es für Schnittdekor?
Punzierung oder Bemalung
Welche Materialien wurden für Gebrauchseinbände verwendet?
- Deckel aus Holz oder Pappe (seit der Renaissance)
- Überzug aus Leder (Ganz-, Halb-, Viertel-), Pergament oder Papier
- Lederarten: Rind, Kalb, Schwein, Schaf, Ziege (Maroquin)
- Metallbeschläge und -schließen
Welches Dekor wurde für Gebrauchseinbände verwendet?
- Pressung blind, schwarz oder in Gold (ab Ende 15. Jh.)
- Streicheisenlinien, Stempel, Rollen, Platten, seit der Renaissance auch ornamentaler
Dekor (über Venedig aus islamischen Ländern vermittelt)
karolingische/ottonische Einbände (9./10. Jh.)
nur 78 Originaleinbände erhalten, aus Klosterwerkstätten wie Freising, Fulda, Reichenau,
St. Gallen.
Sehr dicke Holzdeckel, meist mit Wildleder bezogen, Rückenlappen, schlichter Dekor:
In der Regel wurde aus Streicheisenlinien ein Rahmen gebildet, das rechteckige Feld dann durch Diagonalen geteilt, schließlich über den ganzen Deckel Einzelstempel (seit etwa 700 Blinddrucktechnik) unregelmäßig verstreut.
- romanische Einbände (12./13. Jh.)
Etwa 139 bekannt, Ursprung: Paris, dann England; Import nach Deutschland.
Meist braunes Rinds- oder Kalbleder, manchmal auch rötlich gefärbtes Wildleder;
Neubildung und Differenzierung der Formen, reicher Formenschatz mit Menschen- und
Tierdarstellungen, Flechtwerkstempel, pflanzliche Motive.
Geschichte der gotischen Blinddruckeinbände (1460-1510/20)
Hergestellt in Kloster- und zunehmend auch in bürgerlichen Werkstätten; in den Städten
erste Laien-Buchbinder.
Die ansteigende Buchproduktion des Spätmittelalters zog auch eine erhebliche Zunahme der Zahl der erhaltenen Einbände nach sich.
Als Handelsobjekt wurde das Buch zunächst ungebunden (in Fässern) vertrieben und erst vom Endabnehmer mit einem Einband versehen; bereits im 15. Jh. lassen sich aber enge Geschäftsverbindungen zwischen Buchdruckern und Buchbindern feststellen.
gotische Blinddruckeinbände (1460-1510/20)
- Kalbleder und weißgegerbtes Schweinsleder
- stark betonte Bünde
- Abschrägung der Deckelkanten
- Dekor mit Metallstempeln, dabei Einbandgestaltung durch den Buchbinder mittels der in seiner Werkstatt vorhandenen Stempel
- viele Buchbinder namentlich bekannt (archivalische Quellen und Namensstempel).
Sonderformen mittelalterlicher Einbände:
- Kettenband
- Beutelbuch
- Kopert
- Hornplatteneinband
- Holzschnittumschlag (für dünne Drucke, ohne Holzdeckeleinband)
- Lederschnitt
Vorteile der Einzelstempel?
weisen eine große Vielfalt der Motive und Formen auf und können zu größeren Motiven kombiniert werden, damit sehr individuelle Gestaltungen möglich