Diagnostisches Interview Flashcards
diagnostisches Interview - Definition
Überbegriff für Methoden zur Erhebung von diagnostisch relevanten Informationen mittels Gespräch. Diagnostische Interview unterscheiden sich in ihrem Grad der Standardisierung und ihrem Verwendungszweck
Diagnostisches Interview - Verwendungszwecke
- Anamnese: Erkundung des Falls (z.B.: Krankengeschichte)
- Exploration: Erkundung des subjektiven Lebenraums und Besonderheiten
- Auswahlgespräche: Diagnostik der Eignung/Passung von Bewerbern
- Klinisches interview: Diagnostik der psychischen Störung
Diagnostisches Interview - Standardisierungsgrade und Strukturierung
- Strukturierung = Gerüst/ Aufbau:
a) unstrukturiert: kein systematischer Aufbau, z.B.: freies Bewerbungsgespräch
b) Teilstrukturiert: Themenblöcke vorgegeben z.B.: Erstgespräch
c) Strukturiertes interview: Ablauf vorgeben, z.B.: Multimodales Interview (Schuler) - Standardisierung = Wortlaut der Fragen:
a) unstandardisiert: Zweck der Untersuchung vorgeben, Fragen können frei formuliert werden
b) Teil-/Halbstandardisiert: Standardisierung angestrebt, Festlegung nicht möglich
c) Exakter Wortlaut der Fragen festgelegt z.B.: Mini-DIPS
s. F. 8
Diagnostisches Interview - Unstrukturierte Interview (meist un-/teilstandardisiert): Eigenschaften & Anwendungsbereiche
- Eigenschaften:
a) Keine festgelegten Fragen/Bewertungsskalen (Auswertung)
b) Globale, subjektive Berwertung durch Interviewer - Anwendungsbereiche:
a) Im Rahmen der Eignungsdiagnostik:
(I) Interviewer sind nicht geschult und haben oft Vorabinformationen über die Bewerber
(II) Interviewer beurteilen schon während des Gesprächs die interviewte Person hinsichtlich der relvant erscheinenden Merkmale
b) Im klinischen Bereich: unstrukturierte, explorative Erstgespräche durch Psychologen mit klinischer Urteilsbildung
Diagnostisches Interview - Unstrukturierte Interview (meist un-/teilstandardisiert): Vorteile
- Vorteile:
a) Unverzichtbar: wenn keine speziellen und abgesicherten Testverfahen für eine psychologische Fragestellung exisitieren
b) individuell angepasster Gesprächsverlauf: Ermöglicht Herausarbeitung einer Fragestellung im Erstinterview
c) perönlicher Austausch: Möglichkeit zum direkten Persönlichen Austausch
d) Akzeptanz: hohe Akzeptanz bei Interviewten
Diagnostisches Interview - Unstrukturierte Interview (meist un-/teilstandardisiert): Nachteile
- Problematische Objektivität: geringe Interraterreliabilität als bei strukturierten Interviews
- Eigendynamik: des Geschsprächsverlauf, schlechte Vergleichbarkeit zwischen Interviews
- Starker Einfluss: des Interviewers auf geäußerte Inhalte, ihre Interpretation und Bewertung
Diagnostisches Interview - Strukturierte Interviews: Eigenschaften
- Fragegerüst vorgegeben: Vorgabe von Form (nicht Wortlaut!), Inhalt und Zeitpunkt der Fragen
- Antwortalternativen: evlt. auch vorgabe der Antwortalternativen
- schriftlich vorgeben: ähnelt Fragebogen
Diagnostisches Interview - Strukturierte Interviews: Vor- und Nachteile
- Vorteile:
a) hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse
b) weitgehende Unabhängigkeit von Interviewern - Nachteile:
a) geringe Felxiblität
b) bewerberinnen bzw. Patientinnen füheln sich evlt. nicht ernst genommen
c) Interviewleitfaden erstellen bedeutet hoher Aufwand
Diagnostisches Interview - Teilstrukturierte Interviews: Eigenschaften
- Themen: Anzusprechende Themen werden festgelegt
- genaue Reihenfiolge der Fragen wird Interviewenden überlassen
- Versucht, die Nachteile von strukturierten und unstrukturierten Interviews zu vermeiden und ihre Vorteile zu kombinieren
–> Beispiel: Erstgesärch mit Patient*innen sind meist teilstrukturiert
Probleme bei der Durchführung eines Interviews
- Ungesprächigkeit: Interviewte Person ist nicht sehr Gesprächig
- Abblocken von Themen: VP i.d.R. gesprächig, block aber bestimmte Themen ab, gibt vor sich nicht zu erinnern oder liefert vage Antworten
- Heikle Themen: wie können dies am Besten angesprochen werden?
- Abschweifen: VP schweift immer wieder vom Thema ab
–> Lösung: Anwendung von Gesprächs- und Fragetechniken
Gesprächs- und Fragetechniken - Welche gibt es?
- Zuweundung
- Aktives zuhören
- unbedingte Wertschätzung
Gesprächs- und Fragetechniken -1. Zuwendung
Grundelemente der Zuwendung:
1. eine offene Haltung einnehmen
- Zum/ zur Klient*in neigen –> unterstreicht Aufmerksamkeit
- Augenkontakt halten und einen zugewandten freundlichen Blick –> zeigt Interesse
- Weitgehend entspannt bleiben –> vertauensfördernd, gibt Sicherheit
Gesprächs- und Fragetechniken - Aktives Zuhören
- Einlassen: sich auf die Person einlassen, konzentrieren –> durch offene Körperhaltung ausdrücken
- Empathie: ausüben, sich in die Situation der VP versetzen
- Geduld: haben und ausreden lassen
- Pausen: aushalten (Zeichen für Angst, Ratlosigkeit, Unklarheit?)
- Bestätigung: bestätigende kurze Äußerungen (nicken, “mhm”, “ja”, Blickkontakt)
- Nachfragen: bei Unklarheiten
- Zurückhaltung: mit der eigenen Meinung –> Zuhören heißt nicht gutheißen
Gesprächs- und Fragetechniken -aktives Zuhören - Technicken
- Paraphrasieren:
Die Äußerungen des Interviewten aufgreifen und in eigenen Worten wiedergeben - Zusammenfassen:
am Ende jedes Themenblocks –> Signal, das Interviewer verstanden hat
Gesprächs- und Fragetechniken - unbedingte Wertschätzung
- Positives Klima: Respekt und Aufmerksamkeit
- Informieren: über Ziel, Aufbau und Ablauf des Gesprächs
- heikle Fragen: ihre Notwendigkeit begründen und nicht um das Thema herumreden
- Überleitungen: von einem Thema zum anderen
Gesprächs- und Fragetechniken: Fragekategorien
- Fragekategorien:
a) offen vs. geschlossen
b) Alternativfragen
c) Mehrfach- oder Kettenfragen
d) Geschlossene W-Fragen (Wo, wer, wann, was, wie…)
e) Paraphrasierung; Reflexion
Gesprächs- und Fragetechniken: Frageformen
–> Unterscheiden sich durch das Frageziel
1. Initialfragen
2. Rhetorische Frage
3. Meinungsfrage
4. Motivfrage
5. Gegenfrage
6. Referenzfrage
7. Skalierende Frage
8. Suggestivfrage
9. Wunderfrage
Gesprächs- und Fragetechniken: Erkennen von Widerstand
- verbalisierter Widerstand: “Darüber will ich nicht reden”
- indirekter Widerstand:
a) Verstätetes Erscheinen
b) Nonverbale Anzeichen dafür, dass das Thema unangenehm ist: Gähnen, Eröten, auf die Uhr schauen, Blickkontakt meiden, Schweigen, …
c) “sich nicht erinnern können”
d) Thema wechseln, ablenkende Bemerkungen machen
e) unpräzise Angaben, Auslassungen
Gesprächs- und Fragetechniken: Umgang mit Widerstand
- Verständnis zeigen
- Abwarten und Verschieben des Themas
- Frage umformulieren
- Gefühle der Klienten ansprechen
- mit indirekter Widerstandsmethode konfrontieren
Gesprächs- und Fragetechniken: Interventionsmöglichkeiten beim Abschweifen vom Thema
- Zurückkommen: Auf die Ausgangsfrage zurückkommen
- Überleitung: Äußerung der VP nutzen für Überleitung auf die eigentliche Frage
- geschlossene Fragen: vermehrt nutzen
- Paraphrasieren: dabei das wichtige aufgreifen
- Nonverbale Signale: geben, dass die Äußerungen nicht wichtig sind:
a) mit dem Anfertigen von Notizen aufhören
b) nonverbale Verstärker aussetzen - Nonverbale Verstärker:bei angemessener Antwort
- unterbrechen: wenn garnichts mehr geht
Gesprächs- und Fragetechniken: interviewfehler
- zu global: oder zu abstrakte statt einfache/ präzise Fragen
- zu viel: auf einmal fragen
- Unterbrechen: von Gedankengängen
- Angst: den Gesprächsfluss zu unterbrechen –> Gesprächsführung wird dann von eloquente Klienten übernommen
- Unkritische Übernahme: von Problemerklärungen der Klienten
- zu straffe Führung: anhand von Frageschemata –> Passivität des Klienten
- Suggesivfragen/ Vorgaben ohne Wahlmöglichkeit
Klinisches Interviews: Durchführung
- ## Leitfaden: Meist strukturiert aber nicht vollständig standardisiert gemäß DSM oder ICD
Klinisches Interviews: Halbstandardisierte & Strukturierte Durchführung durch strukturierte klinische Interviews (SCIP oder DIPS)
- Fragenformulierungen: sind teilweise vorgebene und können angepasst werden
- Bewertung der Antworten: Kategorien zur Bewertung der Antworten vorgeben (z.B.: Verlust von interesse an “allen” oder “fast allen” Aktivitäten an “jedem” oder “fast jedem” Tag)
- Gruppierung nach Störungen: Strukturierung der Fragen durch Grupperiung nach Störungen
- Screening: Beginn mesit mit einem Screening
- Verzweigungsregeln: bestimmen, mit welchen Fragen in Abhängigkeit von Antworten zu einem Fragenkomplex weitergemacht wird (Beispiel Verzweigungsregel s. F. 28)
Klinisches Interviews: Gütekriterien
- Objektivität und Reliabilität:
a) Durchführungs- und Auswertungsobjektivität: steigt und fällt mit dem Grad der Standardisierung
b) Diagnostikerübereinstimmung: schwankt in Abhängigkeit der Störung: .60 bis .95 je nach Störung
Insgesamt: Gut und mittel - Validität:
a) Schwer zu beurteilen, da extrene Krierien fehlen
b) die Interviews gelten in der klinischen Praxis als die beste verfügbare Methoden zur Diagnosefindung
c) Inhaltsvalidität: kann als gegeben angeshen werden (vgl. mit Diagnosekriterien im DMS und ICD)
Insgesamt: mittel
Interviews in der Eignungsdiagnostik: Durchführung, Aufbau, konkrete Fragenentwicklung und Interpretation
- Durchführung:
strukturiert durch “Multimodales Einstellungsinterview” (schuler, 1992):
a) Struktur ist vorgeben
b) Fragenformulierungen sind teilweise vorgeben - Aufbau:
a) 8 Blöcke
b) Herzstück: sind biographische Fragen und Fragen in Bezug auf stellenbezogene situative Anforderungen & Erfahrungen im Umgang mit diesen - Konrkete Fragenentwicklung durch Anforderungsanalyse: schilderung der kritischen Ereignisse in der Vergangenheit und daringezeigtem Verhalten (Critical Incident Technique)
- Interpretation: Vergleich der Beurteilungen mit Anforderungsprofil