Block 5 Flashcards

Strafen und Konkurrenzen

1
Q

Wieso wird der Zweck von Strafen immer wieder diskutiert?

A

Strafen stellen den härtesten Eingriff des Staates in die Grundrechte eines Individuums dar,
daher benötigen sie als ultima ratio eine besondere Rechtfertigung.
Da sich die Ansichten in der Gesellschaft immer wieder verändern, wird auch der Zweck und
die Zielsetzung des Strafens entsprechend immer wieder diskutiert und auch hinterfragt.

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2
Q

Zeigen Sie den Inhalt und den Unterschied zwischen den absoluten und relativen Strafzwecken
auf.

A

Absolute Strafzwecke setzen sich mit der Vergangenheit auseinander, sind also ursachen-ori-
entiert. Im Zentrum stehen die ausgleichende Gerechtigkeit sowie die Ideen der Vergeltung und
der Sühne. Durch eine Straftat entsteht ein Tatunrecht, das beseitigt werden muss. Die Strafe
ist eine ethische Notwendigkeit, weswegen ein absoluter Anspruch auf Bestrafung besteht. Die
Strafe hat also einen Selbstzweck, der sie rechtfertigt.
Relative Strafzwecke gehen davon aus, dass Strafen keinen Selbstzweck haben, sondern eine
äussere Rechtfertigung benötigen. Eine Strafe ist demnach nur gerechtfertigt, wenn sie für die
Zukunft kriminalitätsvermindernd ist. Relative Strafzwecke sind also ziel- bzw. zukunftsorientiert.
Die Spezialprävention zielt auf den Täter – sowohl mit positiven (Resozialisierung) als auch
negativen, abschreckenden Anreizen (bspw. Denkzettel, Unschädlichmachung). Die General-
prävention zielt auf die Gesellschaft – wiederum mit positiven Anreizen (Normbekräftigung, ein
Leben in Legalität soll sich lohnen) aber auch mit negativen (Abschreckung potenzieller Straf-
täter).
Der hauptsächliche Unterschied liegt also in der Rechtfertigung der Strafen. Sowohl die abso-
luten als auch die relativen Strafzwecke können je nach Rechtssystem brutal, hart oder milde
ausgestaltet sein.

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3
Q

Analysieren Sie die Vereinigungstheorien anhand der Straftaten (1) eines Kriegsverbrechers, (2)
eines Drogenabhängigen, der Drogen konsumiert, (3) eines Gewalttäters und (4) einer mittello-
sen Ladendiebin, die für ihr hungerndes Kind Essen stiehlt.

A

Vereinigungstheorien versuchen die absoluten und relativen Strafzwecken zu berücksichtigen.
Es ist ein gesellschaftliches Bedürfnis, dass für Straftaten eine gewisse Vergeltung stattfindet
(absolute Strafzwecke). Allerdings steht bei den meisten Straftaten heute die Resozialisierung
im Vordergrund, d.h. unter anderem die Frage, wie man in der Zukunft die Begehung weiterer
Straftaten verhindern kann (relative Strafzwecke). Die Gewichtung der Strafzwecke kann aber
je nach Delikt stark variieren, da das Strafrecht sowohl leichte als auch schwere Tatbestände
unter Strafe stellt, m.a.W. ein sehr heterogenes Spektrum besteht.
(1) Kriegsverbrecher: Das Tatunrecht wiegt derart schwer, dass die absoluten Strafzwecke Vor-
rang haben. Das Strafrecht muss hier zwingend Härte im Sinne einer ausgleichenden Gerech-
tigkeit zeigen, damit das rechtstaatlich korrekte Verfahren sozial akzeptiert ist und die Bürger
nicht zur Selbstjustiz greifen. Kriminalpräventive Ziele hinsichtlich des Kriegsverbrechers haben
hier eine eher untergeordnete Bedeutung. Man würde hier von einer vergeltenden Vereinigungs-
theorie sprechen.
(2) Drogenabhängiger, der Drogen konsumiert: Geschädigt durch seine Taten ist nur er selber,
weshalb das Tatunrecht vernachlässigbar oder gar inexistent ist. Viel wichtiger ist die Frage, wie
er in Zukunft straffrei leben kann. Man würde hier also von einer präventiven Vereinigungsthe-
orie sprechen. Der Konsum von Betäubungsmitteln wird unter Strafe gestellt, um den einzelnen
Menschen vor gesundheitsschädigenden Stoffen zu bewahren. Die Strafen stossen hier an ihre
Grenzen, da das eigentliche Ziel der Entzug ist und sich daraus automatisch ein straffreies Le-
ben ergeben würde. Dem trägt Art. 19a Abs. 3 BetmG Rechnung: «Untersteht oder unterzieht
sich der Täter wegen Konsums von Betäubungsmitteln einer ärztlich beaufsichtigten Betreuung,
so kann von einer Strafverfolgung abgesehen werden. Das Strafverfahren wird durchgeführt,
wenn sich der Täter der Betreuung oder der Behandlung entzieht.»
(3) Gewalttäter: Eine pauschale Einordnung ist hier schwierig, da sie stark von der konkreten
Schwere der Gewalt abhängt. Hinsichtlich der Leiden des Opfers besteht klarerweise ein Tat-
unrecht, das ausgeglichen werden muss. Dies ist wiederum für die Akzeptanz des Strafrechts
in der Gesellschaft wichtig und hat eine befriedende Funktion. Andererseits wird häufig auch die
Wiedereingliederung des Straftäters ein Thema sein, womit auch die relativen Strafzwecke be-
rücksichtigt werden müssen. Strafen darf nicht zu einer Verrohung des Täters führen, da es
kontraproduktiv wäre und bei seiner Entlassung eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen
würde. Häufig muss nach dem Grund für die Gewalt gefragt werden. Dessen Beseitigung bspw.
durch Massnahmen kann zielführend sein. Daher sieht das Strafrecht in der Schweiz nicht nur
die Möglichkeit von Strafen, sondern auch von Massnahmen vor. Je nach Schwere der Tat
können hier also entweder die präventive oder die vergeltende Vereinigungstheorie überwiegen.
(4) Mittellose Ladendiebin, die für ihr hungerndes Kind stiehlt: Vernünftigerweise haben Strafen
nach beiden Straftheorien nur dann einen Sinn, wenn ein rechtmässiges Alternativverhalten zur
Verfügung gestanden hätte. Das Strafrecht stösst hier an seine Grenzen, da einerseits das Tat-
unrecht angesichts des hungernden Kindes stark relativiert wird und da andererseits die Strafe
in keinem Fall kriminalitätsvermindernd wirken würde, weil das Problem des hungernden Kindes
bestehen bleibt. Das Strafrecht ist daher nur ein Teilbereich einer funktionierenden Gesellschaft,
zu der bspw. auch ein System der sozialen Sicherheit gehört. Dies ist heute in der Schweiz
weitgehend vorhanden. In diesem Fall könnte eventuell auch Art. 52 StGB zur Anwendung kom-
men (Opportunitätsnorm). In Art. 52 StGB wird festgehalten, dass die zuständige Behörde von
einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung absieht, wenn
Schuld und Tatfolgen geringfügig sind.

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4
Q

Welche Strafen kennt das Erwachsenenstrafrecht?
Welche Mindest- und Höchststrafen bestehen bei den jeweiligen Strafarten?

A

Das Erwachsenenstrafrecht kennt drei Strafarten: Busse, Geldstrafe und Freiheitsstrafe.
Busse
* Art. 103 StGB: Übertretungen werden mit Busse bestraft
* Art. 106 StGB: Höchstbetrag ist CHF 10‘000 (sofern es das Gesetz nicht anders bestimmt,
d.h. höhere Bussen sind möglich, wenn es im Gesetz vorgesehen ist. Vgl. z.B. bei der Un-
ternehmensstrafbarkeit, Art. 102 Abs. 1 StGB: Busse bis zu 5 Millionen Franken).
* Minimum von CHF 1 (ist im Gesetz nicht ausdrücklich festgehalten)
Geldstrafe
* Art. 34 Abs. 1 StGB: grds. 3 bis 180 Tagessätze (sofern es das Gesetz nicht anders be-
stimmt).
* Die Anzahl Tagessätze richtet sich nach dem Verschulden.
* Die Höhe des Tagessatzes bestimmt sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Ver-
hältnissen, i.d.R. min. CHF 30 und max. CHF 3‘000.
Das Gericht kann die Höhe des Tagessatzes ausnahmsweise bis auf CHF 10 senken und
es kann die maximale Höhe des Tagessatzes (d.h. CHF 3‘000) überschreiten, wenn das
Gesetz dies vorsieht (vgl. Art. 34 Abs. 2 StGB)
* Geldstrafe = Anzahl Tagessätze x Höhe des Tagessatzes
Freiheitsstrafe
* Art. 40 Abs. 1 und Abs. 2 StGB: grds. min. 3 Tage bis max. 20 Jahre
* Art. 40 Abs. 2 StGB: lebenslängliche Freiheitsstrafe, wo es das Gesetz vorsieht (z.B. Mord,
Art. 112 StGB)

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5
Q

Wann können bedingte Strafen ausgesprochen werden?

A

Die Idee der bedingten Strafen orientiert sich stark an den relativen Strafzwecken.
Art. 42 Abs. 1 StGB sieht vor: «Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer
Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe
nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen
abzuhalten.»
Bedingung für eine bedingte Strafe ist also das Fehlen einer ungünstigen Legalprognose.
Bei Ersttätern ist daher grds. eine bedingte Strafe anzuordnen, wenn auch die übrigen Bedin-
gungen erfüllt sind.

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6
Q

Worin liegt der Sinn und Zweck einer Verbindungsbusse?

A

Begeht der Täter eine Übertretung, wird er mit einer Busse bestraft. Bussen müssen immer
vollzogen werden, d.h. sind zu bezahlen.
Begeht der Täter hingegen ein Verbrechen oder Vergehen profitiert er unter Umständen von
einer «lediglich» bedingten Strafe.
Lösung: Art. 42 Abs. 4 StGB: Eine bedingte Strafe (FS und GS) kann mit einer Busse nach Art.
106 StGB verbunden werden. Eine solche Verbindungsbusse ist in jedem Fall zu bezahlen.
Die Verbindungsbusse soll dem Täter einen «Denkzettel» verabreichen. Die Problematik der
bedingten Strafe soll entschärft werden, indem die Verbindungsbusse es ermöglicht, in allen
Fällen eine «spürbare Sanktionen» zu verhängen (vgl. BGE 134 IV 8; HK-Wohlers/Gon-
denzi/Schlegel, Art. 42 N 13).

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7
Q

Was passiert, wenn der Täter sich der Bewährungshilfe entzieht oder Weisungen missachtet?

A

Art. 95 Abs. 3 - 5 StGB:
«3 Entzieht sich der Verurteilte der Bewährungshilfe oder missachtet er die Weisungen oder sind
die Bewährungshilfe oder die Weisungen nicht durchführbar oder nicht mehr erforderlich, so
erstattet die zuständige Behörde dem Gericht oder den Strafvollzugsbehörden Bericht.
4 Das Gericht oder die Strafvollzugsbehörde kann in den Fällen nach Absatz 3: a. die Probezeit
um die Hälfte verlängern; b. die Bewährungshilfe aufheben oder neu anordnen; c. die
Weisungen ändern, aufheben oder neue Weisungen erteilen.
5 Das Gericht kann in den Fällen nach Absatz 3 die bedingte Strafe widerrufen oder die Rück-
versetzung in den Straf- oder Massnahmenvollzug anordnen, wenn ernsthaft zu erwarten
ist, dass der Verurteilte neue Straftaten begeht.»

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8
Q

Wann kann eine teilbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen werden?

A

Art. 43 Abs. 1 StGB: «Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens
einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um
dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.»
Vgl. GIAN EGE: «Aufgrund der überschneidenden Anwendungsbereiche von bedingtem und teil-
bedingtem Vollzug ist die Legalprognose je nach ausgesprochener Strafhöhe unterschiedlich
zu berücksichtigen:
Freiheitsstrafe zwischen 1 und 2 Jahren:
In diesem Bereich ist neben dem teilbedingten auch der vollständig bedingte Vollzug möglich
(Art. 42 Abs. 1 StGB). Sind dessen Voraussetzungen [vollständig bedingter Vollzug] erfüllt,
so ist er zwingend anzuordnen.
Der teilbedingte Vollzug ist erst anzuordnen, «wenn dem Täter zwar keine günstige Prog-
nose gestellt werden kann, der bloss teilweise vollzogene Strafteil jedoch ausreicht, um
den Täter von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten».
Das Bundesgericht verdeutlicht dieses Stufensystem, indem es ausdrücklich festhält, dass aus
einer negativen Prognose hinsichtlich des vollständigen Strafaufschubs nicht folgt, dass kein
teilbedingter Vollzug möglich ist (vgl. BGer vom 5.7.2018, 6B_377/2017, E. 3.1.1.)-
.
Freiheitsstrafe zwischen 2 und 3 Jahren:
Hier ist ausschliesslich eine teilbedingte Strafe möglich, weshalb zu prüfen ist, ob dem Täter
eine günstige Prognose gestellt werden kann. Ist dies zu bejahen, ist die Anordnung des
teilbedingten Vollzugs zwingend.»1

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9
Q

Was sind Ordnungsbussen? Wo sind Ordnungsbussen anzufinden?

A

Bei Übertretungen aus dem Nebenstrafrecht, die besonders häufig begangen werden und wo
das Verschulden leicht wiegt, gilt in der Schweiz das Ordnungsbussenverfahren.
Die Höhe der entsprechenden Bussen werden im Voraus gesetzlich festgelegt, damit nicht jedes
Mal eine Strafverfolgungsbehörde darüber entscheiden muss. Das Ordnungsbussenverfahren
trägt weder dem Vorleben noch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten Rechnung.
Daher darf die Ordnungsbusse höchstens CHF 300 betragen (vgl. Art. 1 Abs. 4 und 5 OBG,
Ordnungsbussengesetz).
In der Ordnungsbussenverordnung, OBV, sind im Anhang die Bussenlisten für Übertretungen
nach den verschiedenen nebenstrafrechtlichen Erlassen geordnet aufgeführt und mit einer
Nummer versehen.

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10
Q

Wie funktioniert das Übertretungsstrafrecht der Kantone?

A

Art. 123 Abs. 1 BV: Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafprozess-
rechts ist Sache des Bundes.
Art. 335 Abs. 1 StGB: Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht
insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. (Kantonale Geld-
strafen und Freiheitsstrafen sind nach Abs. 2 nur bei Widerhandlungen gegen das kantonale
Verwaltungs- und Prozessrecht, also bspw. in Steuersachen möglich).
Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist alles, was durch ein geschlossenes System von Nor-
men bereits geregelt wurde wie bspw. das Sexualstrafrecht. Somit wird auch stillschweigend
zum Ausdruck gebracht, was in der ganzen Schweiz straflos sein soll (qualifiziertes Schweigen).
Die Kantone können also nur Übertretungstatbestände in Bereichen schaffen, die nicht bereits
Teil dieser Bundesgesetzgebung sind.
«Entsprechend bleibt Raum für kantonales Übertretungsstrafrecht, sofern im betreffenden
Bereich nicht von einem geschlossenen System von Normen gesprochen werden kann
und sofern überhaupt keine oder nur ein Teil der möglichen Tatbestände unter Strafe ge-
stellt werden. In dieser Konstellation besteht für den kantonalen Gesetzgeber die Möglichkeit,
den von Kanton zu Kanton wechselnden Ansichten über die Strafwürdigkeit einer Handlung
Rechnung zu tragen. Beispielsweise sind daher die Kantone zuständig, für Wald- und Feld-
frevel Strafbestimmungen zu erlassen.» (DONATSCH/GODENZI/TAG, S. 17).

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11
Q

Was sind Verbrechen, Vergehen und Übertretungen? Wo werden sie geregelt?

A

Art. 10 StGB:
«1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Stra-
fen, mit der die Taten bedroht sind.
2 Verbrechen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind.
3 Vergehen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht
sind.»
Art. 103 StGB: «Übertretungen sind Taten, die mit Busse bedroht sind.»

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12
Q

Was bedeutet «echte Konkurrenz»?

A

Echte Konkurrenz liegt vor, wenn der Täter mehrere nebeneinander anwendbare Tatbe-
stände verwirklicht hat.

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13
Q

X. wird am 5. August 2021 wegen Diebstahls verurteilt. Im Oktober 2021 stellt sich heraus, dass
er am 25. Juli 2021 einen weiteren Diebstahl begangen hat. Was ist bei der Bestrafung des
Diebstahls vom 25. Juli 2021 zu beachten?

A

Wenn das Gericht eine Tat zu beurteilen hat, die der Täter begangen hat, bevor er wegen
einer anderen Tat verurteilt wurde, so muss das Gericht eine Zusatzstrafe aussprechen und
darf den Täter nicht härter bestrafen, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt
worden wären (vgl. Art. 49 Abs. 2 StGB: sog. retrospektive Konkurrenz).

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14
Q

Wie ist es möglich, dass in den USA jemand zu 4’060 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt werden
kann?

A

Wenn ein Rechtssystem hohe Strafdrohungen vorsieht, Konkurrenzen nicht berücksichtigt
und statt des Asperationsprinzips das Kumulationsprinzip anwendet, können unter Umstän-
den extrem hohe Strafen resultieren.
Faktisch handelt es sich um eine lebenslange Freiheitsstrafe. Die darüberhinausgehende
Strafe soll aber eine Abstufung und eine gewisse soziale Ächtung zum Ausdruck bringen.

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15
Q

Ein Gericht verzichtet auf die Ausfällung einer Zusatzstrafe. Geht das?

A

Wenn das Gericht zum Ergebnis kommt, die erste Strafe sei auch unter Berücksichtigung der
nachträglich zu beurteilenden Tat angemessen, verzichtet es auf eine Zusatzstrafe (vgl. Jo-
sitsch/Ege/Schwarzenegger, Strafrecht II, S. 126; BGE 102 IV 239, 241).

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16
Q

Erklären Sie das Asperationsprinzip nach Art. 49 Abs. 1 StGB.

A

Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere
gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten
Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten
Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der
Strafart gebunden (sog. Asperationsprinzip).
Gleichartig sind die Strafen nur, wenn das Gericht konkret für jeden einzelnen Norm-
verstoss eine gleichartige Strafe ausfällt. Der Umstand, dass das Gesetz abstrakt gleich-
artige Strafen androht, genügt nicht (BGE 144 IV 217 E. 2.2).
Bei der Ausfällung von ungleichartigen Strafen werden diese hingegen kumuliert (sog.
Kumulationsprinzip).

17
Q

Was ist Konsumtion?

A

Konsumtion ist eine Kategorie der unechten Konkurrenz und liegt vor, wenn ein Tatbe-
stand zwar nicht notwendigerweise mit der Erfüllung eines zweiten Tatbestandes verbunden
ist, jedoch der (erste) Tatbestand den Unrechtsgehalt des anderen mitumfasst (vgl. DO-
NATSCH/GONDENZI/TAG, Strafrecht I, S. 428).
* z.B. konsumiert Raub (Art. 140 StGB) die einfache Körperverletzung (Art. 123 StGB).

18
Q
A