Auswertung qualitativer Daten 4 - Objektive Hermeneutik Flashcards
Objektive Hermeneutik
Ursprünge und Hintergründe
Objektivitätsbegriff
- Ulrich Oevermann (1970er)
- Wurzeln in der kritischen Theorie (Habermas)
Grund: Mangelnden intersubjektive Überprüfbarkeit von Ansätzen (jeder Mensch muss in der Lage sein den Behauptung, Befund, Experiment nach prüfen zu können)
-Aus der Forschungspraxis?
Wie funktioniert sozialisatorisches Lernen?
Objektiven Hermeneutik
Ausgangsthese
- Objekte sind in Handlungszusammenhänge verwickelt die sie nur teilweise deuten können
- (weil) allgemein-gültige Regeln der Bedeutungserzeugung in Kulturen
Objektiven Hermeneutik
Kern
Was möchte man Erforschen ?
- nicht die mögliche Absicht einer Person, sondern die Handlung selbst („Objektivierungen“)
- Herausarbeitung des sozial Unbewussten (latente Sinnstrukturen), übergeordneter Strukturen, die hinter dem Handeln stehen
Objektive Hermeneutik als Kunstlehre
Das Interpretieren muss ich praktisch Üben
Objektive Hermeneutik als Gegenstück zu oberflächlichen Analyseverfahren
-Tiefe des Falls ist interessant
-ausführliche Beschäftigung mit
wenigen Einzelfällen
Objektive Hermeneutik
Was ist Gegenstand der Analyse
Was ist der präferierte Typus
Die Welt als Text (Garz und Krämer 1994): alle menschlichen Interaktionen sind potenzieller Gegenstand einer Analyse
–> alles in Text übersetzen und interpretieren (Übersetzung umstritten, visuelle Übersetzung)
-Präferierte Typus: natürliche Protokolle sozialer Interaktionen (Interviewprotokolle)
Objektive Hermeneutik
Interaktionskrisen
Interaktionskrisen:
subjektiv gemeintem Sinn und objektiver Sinn
-OH möchte diese Differenz durch Rekonstruktion erfassen
Objektive Hermeneutik
Die vier Perspektiven der Analyse
Analysehaltung
1) Latente Sinnstruktur (sozial Unbewusste) eines Textes
2) Genese der Fallstruktur (Verhältnis von A zu B)
3) Fallstruktur
4) Bedeutungen die vom Sprechenden intentional verwirklicht werden
–> Warum hat die Person sich für eine Handlung entschieden ?
–> eigene Normalitätsvorstellungen hinterfragen
Zwei zentrale methodische Grundprinzipien der objektiven Hermeneutik
1) Gedankenexperimentelle Kontextvariation
- Welche Handlungen wurden nicht durchgeführt?
- Wie kann ich auf jeden Redebeitrag anschließend eingehen ?
Zwei zentrale methodische Grundprinzipien der objektiven Hermeneutik
2)Sequenzanalytische Vorgehensweise
-Die Analyse erfolgt Schritt für Schritt
nicht mit Blick auf die Gesamtheit des Textes
Prämissen und methodisches Vorgehen der objektiven Hermeneutik
Lesearten und Gedankenexperimente
-Bildung einer Lesart (Deutung und Interpretation eines Textes auf eine bestimmte Art und Weise) durch Gedankenexperiment
–>Äußerungen (auf die Gedankenexperimente) beruhen auf den Normalitätsvorstellungen
Prämissen und methodisches Vorgehen der objektiven Hermeneutik
Kontrastierung
Herausarbeitung des Kontextes
Kontrastierung: Was ist der mögliche Kontext der Äußerung und was ist tatsächliche Kontext der Äußerung?
–>Herausarbeiten des inneren fallspezifischen Kontextes
1) Sequenzanalyse
2) Fallstruktur (Strukturhypothesen erstellen(mit Blick auf die Forschungsfrage) und überprüfen an anderen Stellen des Falls)
3) Strukturgeneralisierung (Wie kann ich das übertragen im generellen Sinne, Millieu)
Objektive Hermeneutik
Untersuchungsebenen der Interpretation
-Auswertung in einer nicht homogenen Interpretationsgruppe
-Interpretation als Abduktion:
Schlussfolgern als Entdecken von Neuem durch Beschäftigung mit dem Fall
Objektive Hermeneutik
Verfahrensschritte der Interpretation
1) Hypothesengenerierung
- ->(durch die Gedankenexperimente)
2) Auswahl und Systematisierung der beständigen Lesarten
3) Hypothesenverifikation
4) Entwickeln der Fallstruktur
- ->Welche Lesearten haben sich verifiziert unter Einbezug versch. Theoretischer Ansätze
- -> Welches Verständnis einer Aussage ist wie an den Kontext gebunden ?
Kritik an der objektiven Hermeneutik
- Interpretation stark geprägt durch die Perspektive und Erfahrungen der Forschenden
- -> Vorwissen kann schwer ausgeklammert werden
-Starke Fixierung auf den Einzelfall
-bei nicht-textuellen Daten? Sequenzielle Analyse (z.B. bei Bildern) problematisch?