Altklausur 2021 Flashcards
Diskutieren Sie kurz die Tauglichkeit von „Barock“ und „Wiener Klassik“ als musikalische Epochenbegriffe!
- Barock: Der Begriff ist problematisch, da er ursprünglich abwertend war (“unregelmäßig”, “bizarr”) und die Vielfalt der Musik zwischen ca. 1600 und 1750 nicht erfasst. “Generalbasszeitalter” wäre eine technischere, aber ebenfalls nicht perfekte Alternative.
- Wiener Klassik: Der Begriff ist problematisch, da er sich auf Wien konzentriert und andere wichtige Musikzentren ausschließt. Zudem ist “Klassik” mehrdeutig (kann auch “klassische Musik” allgemein bedeuten). Der Begriff suggeriert eine “Zeitlosigkeit”, die nicht auf alle Werke zutrifft.
Wodurch unterscheiden sich die Ästhetik des galanten Stils und die Ästhetik der Empfindsamkeit?
- Galanter Stil: Betont Natürlichkeit, Einfachheit, Sanglichkeit und Gefälligkeit. Die Musik soll unterhaltsam und leicht verständlich sein.
- Empfindsamkeit: Betont den Ausdruck subjektiver, individueller Gefühle. Die Musik soll rühren und die inneren Empfindungen des Komponisten widerspiegeln.
Wann, durch wen und weshalb wurde in der Ästhetik der Schönen Künste die reine Instrumentalmusik zur höchsten Kunst erhoben?
In der Romantik, insbesondere durch Autoren wie Wackenroder, Tieck und E.T.A. Hoffmann. Die Instrumentalmusik wurde als höchste Kunstform angesehen, weil sie als frei von außermusikalischen Zwecken und als Ausdruck des Unaussprechlichen und Unendlichen galt.
Welcher Ästhetik würden Sie wichtige Komponisten aus der Leipziger Familie Bach jeweils zurechnen, und welcher Hector Berlioz?
- J.S. Bach: Nachahmungsästhetik (Barock)
- C.P.E. Bach: Ästhetik der Empfindsamkeit (und galanter Stil)
- W.F. Bach: Ästhetik der Empfindsamkeit, Sturm und Drang
- J.C. Bach: Galanter Stil
Berlioz: Romantische Musikästhetik
Nennen und charakterisieren Sie kurz einige Arientypen, die in einem Dramma per musica vorkommen können. Welche Rolle spielt dort der Chor?
- Da-capo-Arie: Dreiteilige Form (ABA), wobei der A-Teil am Ende wiederholt wird.
- Abgangsarie: Arie, nach der die singende Person die Bühne verlässt.
- Kofferarie: Beliebte Arie, die Sänger in verschiedene Opern einfügten.
- Handlungsarie (seltener): Arie, die die Handlung vorantreibt.
- Chor: Spielt im Dramma per musica (Opera seria) eine untergeordnete Rolle, oft nur am Ende zur Bestätigung des “lieto fine”.
Was für Personen kommen typischerweise in einem Dramma per Musica von Metastasio vor, wie entwickelt sich die Handlung, und in welchen Stimmlagen wird gesungen?
- Personen: Adelige Personen (Herrscher, zwei Liebespaare, Vertraute). Keine Götter oder Personen niederen Standes.
- Handlung: Ernste Handlung mit Verwicklungen, die sich am Ende durch einen Gnadenakt des Herrschers zum Guten wenden (“lieto fine”).
- Stimmlagen: Sopran (oft Kastraten), Alt, Tenor. Keine Bässe in der Opera seria.
Welche poetische Form hat üblicherweise der Text für eine Dacapo-Arie in einem Dramma per musica von Metastasio, und wie sieht die häufigste musikalische Form einer Dacapo-Arie in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts aus, auch im Tonartenplan?
- Poetische Form: Zweiteiliger Text (A-Teil und B-Teil), oft mit unterschiedlichen Affekten.
- Musikalische Form: ABA (Da capo).
A-Teil: Oft zweiteilig (A1 und A2), mit Ritornellen. Tonartlich meist von der Tonika zur Dominante (oder parallelen Dur-/Molltonart).
B-Teil: Kürzer, kontrastierend im Affekt, oft in Moll.
A’-Teil: Wiederholung des A-Teils, oft mit Verzierungen.
Beschreiben Sie kurz das Duettino Nr. 1 von Mozarts Le nozze di Figaro im Hinblick auf für die Opera buffa und Mozart Typisches.
- Typisch Opera buffa: Handlungsorientiert, lebendige Interaktion zwischen den Charakteren (Susanna und Figaro), humorvolle Elemente, natürliche Stimmlagen.
- Typisch Mozart: Fein ausgearbeitete musikalische Gestaltung, die die Charaktere und die Handlung subtil widerspiegelt, kunstvolle Verbindung von Text und Musik, Ensemblesätze, die die Handlung vorantreiben.
Nennen Sie kurz jeweils typische Merkmale von a) Haydns Opus 1, b) Haydns Opus 33 und c) Beethovens Opus 18 Nr. 1. Wann etwa wurden diese Werke publiziert?
- Haydn op. 1 (Ende 1750er): Fünfsätzig, Divertimento-Charakter, erste Geige dominiert, einfache Motivik.
- Haydn op. 33 (1781): Viersätzig, stärkere Gleichberechtigung der Stimmen, humorvolle Elemente, “scherzandi”.
- Beethoven op. 18 Nr. 1 (um 1800): An Haydn orientiert, aber mit Beethovens Temperament, Hauptsatz enthält bereits alle wesentlichen Elemente.
Beschreiben Sie neuartige kompositorische Merkmale in Beethovens Klaviervariationen F-Dur op. 34 und versuchen Sie, deren Sinn plausibel zu machen.
- Neuartig: Jede Variation steht in einer anderen Tonart (absteigende Terzverwandtschaft). Das Thema ist ungewöhnlich einfach (“quasi Menuett”).
- Sinn: Beethoven demonstriert seine kompositorische Meisterschaft, indem er aus einem einfachen Thema eine Vielfalt von Charakteren und Stimmungen entwickelt. Die unterschiedlichen Tonarten erzeugen einen “Farbwechsel” und zeigen die Variationsmöglichkeiten.
Welche Merkmale bzw. Strategien lassen sich in Beethovens Dritter Symphonie mit dem Diktum vom „neuen Weg“ in Verbindung bringen?
- Thematische Konfiguration statt klar definiertem Thema.
- Destruktive Exposition: Keine eingängige Melodie, Seitenthemen wenig überzeugend.
- Konstruktive Durchführung: Neues, melodisch starkes Thema wird eingeführt.
- Coda als “Korrektur”: Beginnt wie zweite Durchführung, endet wie zweite Reprise.
- Verlagerung des Schwerpunkts: Nicht mehr der Anfang, sondern die Entwicklung und der Schluss sind entscheidend.
Wann etwa könnte man den Beginn einer musikalischen „Romantik“ ansetzen, und mit welchen neuen Gattungen bzw. Werken könnte man dies begründen?
- Beginn: Um 1800/1814 (Übergang von Klassik zu Romantik).
- Gattungen/Werke:
Beethovens Spätwerk (z.B. späte Klaviersonaten, Streichquartette)
Schuberts Lieder (z.B. “Gretchen am Spinnrade”)
Romantische Oper (z.B. E.T.A. Hoffmanns “Undine”, Webers “Freischütz”)
Lyrisches Klavierstück
Beschreiben Sie den Beginn von Schuberts Streichquintett C-Dur (wie evtl. auch andere Merkmale des Werks) als typisch „romantische“ Musik.
- Beginn: Unklares Metrum, Tempo und Besetzung. Klangfarbe als wichtiges Gestaltungsmittel (Kontrast zwischen hellem C-Dur und dunklem vermindertem Akkord). Anschwellen des Klanges.
- Weitere Merkmale: Kein eindeutiges Thema, sondern eine Entwicklung (“davor und danach”). Extravagante Harmonik. Verschwinden des Zeitgefühls (2. Satz). Identitätsspaltung (Dur-Moll-Wechsel).
Beschreiben Sie kurz, in welcher Weise Hector Berlioz sich in seiner Symphonie fantastique auf Werke von Ludwig van Beethoven bezieht.
- Berlioz greift in seiner Symphonie fantastique auf Beethovens Idee der Programmmusik zurück, wie sie in der 6. Symphonie (“Pastorale”) zu finden ist.
- Er verwendet eine “idée fixe”, ein wiederkehrendes musikalisches Motiv, das die Geliebte des Künstlers repräsentiert, ähnlich wie Beethoven motivische Arbeit in seinen Symphonien einsetzt.
- Die fünfsätzige Form der Symphonie fantastique könnte von Beethovens 6. Symphonie inspiriert sein.
- Die Verwendung von Naturklängen und -stimmungen (z. B. im “Szene auf dem Lande”-Satz) erinnert an die “Pastorale”.
- Die drastischen, teils “dämonischen” Klänge (z.B. im “Gang zum Richtplatz” und “Hexensabbat”) könnten von Beethovens expressiven Ausbrüchen (z.B. in der 5. Symphonie) beeinflusst sein.
68,4s